DER STÄDTEBAU
6
wird in den weitaus meisten Fällen gelingen, die notwendigen
Übergänge mit den Straßenbahnhaltestellen zu vereinigen
und außerdem das Planum ununterbrochen durchzuführen.
Es ist schon vorher darauf aufmerksam gemacht, daß der
Verkehr in der Richtung um die Stadt heru mim allgemeinen
ein sehr geringer ist. Für durchgehende längere Verkehrs
straßen in dieser Richtung besteht also nur ein geringes Be
dürfnis, und es würde vollauf genügen, wenn etwa in Ent
fernungen von 5—600 m voneinander solche Verkehrsstraßen
vorgesehen werden. Das ist aber ira höchsten Falle als
Haltestellenentfernung anzunehmen. Zwischen diesen Ver
kehrsstraßen würden lediglich „Wohnstraßen“ anzulegen sein.
Mit solchen Straßen aber die Hauptstraße, welche die Bahn
aufnimmt, zu kreuzen, ist vollkommen überflüssig, und man
kann solche Straßengestaltung gänzlich vermeiden ohne Miß
stände irgendwelcher Art befürchten zu müssen.
Aber auch die Zahl der einseitigen Einmündungen von
Wohnstraßen auf die Hauptstraße wird man sehr vermindern
können, wenn man von dem Gedanken ausgeht, möglichst
lange Häuserblöcke seitwärts der Hauptstraße anzuordnen.*)
Auch hierdurch wird eine Verkehrsbehinderung nicht ein-
treten! Im Gegenteil ergibt sich dabei von selbst die Not
wendigkeit, die Querstraßen bis zu einem gewissen Grade
nach den Haltestellen zu verlaufen zu lassen, und gerade
das würde in besonderem Maße dem Verkehr zugute kommen,
weil die Haltestellen für die überwiegende Mehrzahl der
Fußgänger das Ziel bilden. Andererseits wird aber auch der
aus den Wohnvierteln kommende Wagenverkehr fast stets
einer der großen Verkehrsstraßen, sei es der radialen, sei
es der ringförmigen, zustreben, und auch ihm würde damit
sehr wohl gedient sein, wenn die Wohnstraßen ungefähr
nach dem Kreuzungspunkt der Hauptverkehrsstraßen ge
richtet sind.
Werden diese Gesichtspunkte bei der Aufstellung des
Bebauungsplanes im Auge behalten, so ergibt sich ganz von
selbst eine sehr strenge und scharfe Trennung zwischen
Verkehrs- und Wohnstraßen. Während die ersteren breit
und in schlanken Linien geführt sein sollen, können nicht
nur, sondern müssen auch die letzteren schmal und wink-
lich gebaut sein. Sie sollten so angelegt werden, daß sie
von vornherein für jeden durchgehenden Verkehr unmöglich
sind. Dabei kann durch größte Beschränkung in den bau
lichen Anlagen der Straßen nicht nur viel Geld gespart werden,
*) Auch aus praktischen und ästhetischen Gründen für die Be
bauung erwünscht. D. S.
sondern es wird auch gleichzeitig den Bewohnern ein Gut
gesichert, daß jeder Großstädter zu Hause leider heute oft
vergeblich sucht, nämlich Ruhe! Die vorstehenden Erwä
gungen zeigen, daß bei Aufstellung des Bebauungsplanes
nicht nur die Straßen, welche zur künftigen Aufnahme von
Bahnen bestimmt sind, für diesen Zweck besonders einge
richtet und angeordnet sein sollten, sondern daß auch über
die Haltestellen von vornherein Bestimmung getroffen werden
sollte und daraufhin der ganze Bebauungsplan sich aufbauen
müßte. Die Entfernung der Haltestellen ist dabei nicht zu
enge zu wählen. Je geschwinder eine Bahn fährt, desto
größer ist offenbar die Zeit, welche nötig ist, um aus der
größten Geschwindigkeit den Wagen zum Halten zu bringen,
und desto größer ebenfalls die Zeit, um ihm wieder seine
volle Geschwindigkeit zu geben. Mit der größeren Geschwin
digkeit der Bahn wächst also der Zeitverlust, den sie durch
jedes Anhalten erleidet.
Wenn eine geringe Entfernung der Haltestellen vonein
ander den Anwohnern die Annehmlichkeit kurzer Zu- und
Abgangswege zur und von der Haltestelle gewährt, so wird
doch oftmals der dadurch gewonnene Zeitgewinn mehr als
eingebüßt durch die längere Fahrzeit, welche die Bahn in
folge der vielen Halte
stellen hat. Man sollte
daher dort, wo man
für die Möglichkeit
einer besonders großen
Fahrgeschwindigkeit
der Bahn Sorge ge
tragen hat, Halte
stellenentfernungen
von mindestens 450
bis 500 m, unter Um
ständen auch darüber
hinaus, wählen.
Wo Übergänge
oder Überfahrten über
die Gleise außerhalb der Haltestellen nicht zu umgehen
sind, wird unter allen Umständen für eine möglichste Über
sichtlichkeit des Übergangs Sorge getragen werden müssen!
Wo Querstraßen münden, vermeide man, den Übergang
unmittelbar in die Flucht der Querstraße zu legen. Man
versetze den Übergang gegen die Achse der Querstraße, so
daß es den Fuhrwerken überhaupt unmöglich gemacht
wird, in flotter Fahrt die Gleise zu kreuzen.
Die Textbilder 2 u. 3 zeigen Beispiele, wie man durch die
vorerwähnten Mittel die Gefahr der Bahnkreuzung so außer
ordentlich herabmindern kann, daß Unfälle nur bei über
großer Unvorsichtigkeit der Beteiligten möglich erscheinen.
Faßt man alle die vorbesprochenen Mittel zusammen,
welche geeignet sind, die Betriebsgefahr einer Straßenbahn
zu vermindern und ihre Geschwindigkeit zu erhöhen, also
die schlanke Linienführung, die Herstellung eines eigenen
Planums, die Abgrenzung des Bahnplanums von der Straße,
die Vermeidung von Übergängen in Schienenhöhe außerhalb
der Haltestellen, und wo solches untunlich, die übersichtliche
und zweckmäßige Ausgestaltung der Übergänge, die Anord
nung von Haltestellen in angemessenen Entfernungen und
die Herrichtung von Rettungsinseln daselbst zum schnellen
Aus- und Einsteigen, so unterliegt es wohl keinem Zweifel,
daß ohne Gefahr erheblich größere Fahrgeschwindigkeiten
der Bahn eingeführt werden könnten, als sie heute üblich