DER STÄDTEBAU
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Die beiden Zugänge in der nordwestlichen und nord
östlichen Ecke — die Fläche ist sonst geschlossen ge
schnitten — bedingen zwei Verkehrsstraßen, die sich dem
ganz leicht gesenkten Gelände in flacher Krümmung' an
passen und in einer Platzerweiterung treffen. Alle übrigen
Straßen sind als Wohnstraßen behandelt und schmal ge
lassen (9 m breit); die meisten haben am Eingang eine
Krümmung, um ein geschlossenes Bild zu erzielen, verlaufen
im übrigen aber — mit Ausnahme einer Versetzung „Am
Rasenwinkel“ — gerade. Nicht ein spielerisches Versuchen
malerischer (mittelalterlicher!) Straßenbilder also, sondern
ein Befolgen gegebener Bedingnisse, wie der Grundstücks
größen, bestimmt den Plan; als Hauptsache der Straßen-
führung gilt, den Grundstücken überall Luft und Sonne zu
zuführen. Auf dem noch nicht bebauten südlichen Teile
des Landes sind deshalb im ganzen parallel von Nord
nordost nach Südsüdwest laufende Straßenzüge beabsichtigt,
welche den besten Zuschnitt von Grundstücken gestatten.
Neben dieser nüchtern erscheinenden, aber in der end
gültigen Durchführung sehr abwechslungsreichen und an
mutigen Straßenführung ist es das Recht des bauleitenden
Architekten, den Platz für die Häuser innerhalb der Grund
stücke anzuweisen, der für die architektonische Einheitlich
keit Gewähr leistet. Denn ein Zwang, bei bestimmten Bau
meistern bauen zu lassen, ist den Grundstückseigentümern
nicht auferiegt; außer den (vor der Hand noch nicht zahl
reichen) Miethäusem der gartenstädtischen Genossenschaft,
die natürlich der Bauleiter entwirft, herrscht Wahlfreiheit.
Hier verbessert wenigstens oftmals die einsichtige Bau
polizei gröbere Verstöße. Aber das Recht, die Bauplätze
anzuweisen, ist, wie man sieht, unentbehrlich: bei den
durchweg kleinen Häusern kann dergestalt wenigstens die
Geschlossenheit des Raumeindrucks erzielt werden, auch
wenn die künstlerische Eigenschaft der Bauten zu wünschen
übrig läßt; es können Gruppenhäuser, Verengerungen oder
Verbreiterungen der Straßen, Durchblicke, Versetzungen
und Blickpunkte usf. erreicht und weniger Gelungenes un
schädlich gemacht werden. In der Tat ist der Erfolg nach
dieser Hinsicht schon jetzt aufs erfreulichste festzustellen;
die Straßenbilder, die sich bereits ergeben, noch ohne
Gartenwuchs, teilweise selbst noch ohne Zäune (ein Wesent
licher Faktor, da nur Holzzäune und Mauern an der Straße
zugelassen werden), berechtigen zu den schönsten Hoff
nungen, daß es auch auf diesem mittelbaren Wege gelingen
wird, schöne Städtebilder neuen Geistes zu erreichen. Vgl.
Tafel 38 u. 39.
Der Bebauungsplan — siehe Textbild — rührt, wie
schon bemerkt, vom Architekten Franz Amelung in Magde
burg her, der für die Gartenstadt auch eine besondere Bau
ordnung durchgesetzt hat, um dem Bedürfnis nach billigerer
Herstellung der Bauten einigermaßen zu entsprechen. Es
wird noch vieler Aufklärung und manchen Kampfes be
dürfen, um die baupolizeilichen Anforderungen, ohne Mängel
in Kauf zu nehmen, so weit herunterzudrücken, daß es
möglich ist, preiswerte Kleinwohnungen zu schaffen. Diese
Frage hat eine große Bedeutung für die Wohnungsreform,
Die Hauptstraßen der Gartenstadt sind 20, 18 und 16 m
breit, mit 8 m breitem Fahrdamm, Die Fahrdämme sind
mit Kleinsteinpflaster auf Schotterung befestigt, die Bürger
steige mit Mosaikpflaster, Die Schwemmkanalanlage führt
die Haus-, Dach- und Straßenwässer ab. Die Gärten
werden nicht entwässert.
Die Geländepreise sind zurzeit 4,25 Mk. an den hinteren
Nebenstraßen, 5,— Mk. an den vorderen, an den Haupt
straßen 5,50, 6,— und 7,— Mk. für den Quadratmeter bau
reifes Land. In diesen Preisen sind die Straßenherstellungs
kosten einbegriffen.
Diese geringen Preise decken die Selbstkosten und sind
möglich durch die sehr sparsame Straßenführung. Von dem
37,2 ha großen Gelände entfallen auf Straßen 5,05 ha = 13,6 %,
auf den Schul-, Spiel- und Sportplatz 1,57 ha = 1,4 so
daß 30,57 ha = 85% Bauland bleiben. Der durchschnittliche
Erwerbspreis betrug 1,40 Mk. für 1 qm. Die durchschnitt
liche Grundstücksgröße beträgt rund 600 qm.
Im März 1910 wurde der Bau des ersten Hauses be
gonnen. Im Oktober 1910 wohnten schon 49 Familien in
der Gartenstadt. Im April 1911 werden zusammen 90 Familien
ihr eigenes Haus haben.
DIE REGELUNG EINES ALTEN STADTTEILES
VON BUDAPEST.
Von Dr.-Ing. EMERICH FORBÄTH, Budapest.
Von dem rechtsuferigen Gebiete der Stadt Budapest
führte bis zum Ende des vorigen Jahrhunderts nur eine
einzige Brücke nach der auf dem linken Ufer gelegenen
inneren Stadt hinüber, nämlich die in den 40 er Jahren des
vorigen Jahrhunderts erbaute Kettenbrücke. (Auf dem Lage
plan Abb. b, Doppeltafel 40/41 mitLänczhid bezeichnet.) Eine
weitere Verbindung wurde mit der Zeit immer dringlicher.
Als passendster Ort für diese zweite Überbrückung wurde
die Richtung der Kossuth-Lajos-Gasse gewählt, deren stadt
seitige Fortsetzung eine der Hauptverkehrsadern der Stadt,
die vom Zentralbahnhof ausgehende Raköczystraße, bildet.
Bis zu den 90er Jahren des vorigen Jahrhunderts war jedoch
diese Straße nicht bis zur Donau geführt, sondern mündete
in ein Gewirr von engen winkeligen Gassen, die zur Ab
wicklung eines lebhafteren Verkehrs vollständig ungeeignet
waren.
Den Zustand vor der Regelung dieses Stadtteiles zeigt
der Lageplan Abb. a. Wir sehen das Ende der damals
noch nicht verbreiterten Kossuth-Lajos-Gasse (auf dem
Plan mit Kossuth-Lajos-Utca bezeichnet) und die zwischen
dieser Gasse und der Donau gelagerten unregelmäßigen
Baublöcke. Die Richtung der neuen Brücke, sowie die
nach durchgeführter Regelung entstandenen neuen Bau
blöcke sind mit gestrichelten Linien angedeutet.
Die Regelung soll nach dem Lageplane b erfolgen und
ist bereits bis auf den Abbruch der im Lageplanc „a“ bzw,
„b“ bezeichneten Innerstädter Pfarrkirche und des Piaristen-
ordenshauses durchgeführt. Die Kossuth-Lajos-Gasse ist