DER STÄDTEBAU
Baugruppen, die das Straßen- bezw. Stadtbild mitbestimmen (Altenheim in Büch bei Berlin* Schlacht-
ünd Viehhof in Dresden, Schulgruppe in Frankfurt a. M., Kommunales Forum in Weißensee), endlich
von der künstlerischen Bewältigung schwierigen Geländes (Schlößbmnnkolonnade in Karlsbad i. B ),
Von Schnellbahnanlagen (Berlin, Boston, Chikago, London, Paris) und Brücken (Berlin, München),
Aufstellung von Denkmälern und Brunnen (Prof. Ohmann und Wrba). Dazu kommt eine Übersicht
über die einschlägige Fachliteratur im Lesezimmer und eine besondere historische Abteilung (Berlin,
Bremen, Brünn, Budapest, Kairo, Konstantinopel, Nürnberg* Salzburg, Römerstädte in Syrien, Wien).
Beschickt ist die Ausstellung aus der Fremde, soweit bis jetzt festgestellt werden konnte, von
Dänemark (Kopenhagen), England (R. Unwin, Hampstead, Liverpool)* Frankreich (Ministerium der
Schönen Künste, E. Henard, Paris), vom Deutschen Reich (Preußische Stäatseisenbafanverwaltung,
deutsche Baalbek-Expedition, zahlreiche deutsche Städte und Künstler), Österreich-Ungarn (Budapest,
Örünn, Wien), von den Vereinigten Staaten von Nordamerika (Museum für soziale Ethik der Harvard-
Ühiversität, Cambridge; John Nolen, Cambridge, Massachusetts), von Schweden (Gotenburg, Helsingborg,
Stockholm) usw. Einer Zeitschrift, unter deren Gründern der Name Camillo Sitte steht, darf schließlich auch
noch auf die kleine Sammlung hinterlassener Arbeiten des Begründers moderner Städtebaukunst
aufmerksam machen.
Wir beabsichtigen, in der nächsten Nummer unserer Zeitschrift als einer besonders der Städte
bau-Ausstellung zu widmenden Nummer einen Überblick über das Gebotene in Wort und vornehmlich
Bild zu geben. Außerdem wird ein Sonderheft „Wettbewerb Groß-Berlin“ für den Städtebau vorbe
reitet, das unseren Abonnenten zu einem Vorzugspreise geliefert werden wird! —
GENUA, EIN BERGSTADTIDEAL.
Von Beigeordneten Stadtbaurat SCHOENFELDER, Elberfeld.
Für den Städtebaukünstler fängt das Interesse für eine
Stadt da an, wo die Schwierigkeiten beginnen. In der
Ebene ist es leicht, Stadtbanpläne zu entwerfen. Schwerer
ist die Aufgabe in der Hügellandschaft. Am schwersten ist
sie in den Bergen zu lösen. Ob noch weiterhin Städte in
einem stark bewegten Gelände gegründet werden, ob die,
welche nun einmal so liegen, ein starkes Wachstum noch
finden werden, wer kann das sagen! Es scheint fast, als
ob man in der heutigen Zeit mit ihrem Eisenbahnpersonen-
und Lastenverkehr den ebenen Städten eine größere Zu
kunft vorher zu sagen berechtigt wäre, als ob die Städte,
die an großen Strömen liegen, der Industrie leichtere Zu-
fuhrgelegenheiten böten. Wie dem auch sei, die vorhan
denen Berggroßstädte mit ihrer alten Kulturarbeit bilden
noch heute gewaltige kaufmännische Firmen, deren Er
löschen, obwohl die Konjunktur ihnen ungünstig scheint,
in absehbarer Zeit nicht zu erwarten ist. Wie der Kauf
mann beim Niedergange seines Geschäftes doppelt darauf
bedacht sein muß, neue Wege zu seiner Hebung zu finden,
so die Bergstädte. Mit allen Mitteln müßten die Reize,
welche die alten Stadtbilder ln ihnen bieten, erhalten,
neue geschaffen werden. Auf alle Weise müßte man ver
suchen, die Verkehrsschwierigkeiten, welche die beständige
Überwindung von Berg und Tal in seinen Straßen Fuhr
werk- und Fußgängerverkehr entgegenstellen, zu verrin
gern, auf ein erträgliches Maß zurückzudrücken. Die
Technik, so heißt es, kann heute alles! — Hic Rhodus,
hic salta. Hier zeige sie, was man kann.
Und welche Möglichkeiten für reizvolle Platzbil
dungen und Straßenzüge bietet gerade das bergige Gelände
der Phantasie des schaffenden Architekten. Plastisch denken
ist hier das Losungswort wenn Irgendwo im Städtebau. Die
Tüchtigsten müssen sich die Zähne ausbeißen an solchen
Bebauungsplänen. Ein Bleistiftstrich kann hier Nachkom
men Milliarden von Meterpferdekräften an Arbeitskraft und
Geld kosten. Riesenverantwortlichkeiten ruhen hier oft auf
wenigen Schultern. Wohl den Städten, die, wie Stuttgart,
Pforzheim und andere, erkannt haben, welche Bedeutung
nun einmal dem Bebauungsplan einer Bergstadt zukommt
und alle Hebel in Bewegung setzten, um auf dem Wege
eines Wettbewerbes oder durch Heranziehung erster Kräfte
einen Idealplan zu erhalten.
Ein glänzendes Beispiel für eine Bergstadt, wie sie
sich entwickeln kann trotz der größten Schwierigkeiten
des Geländes, ist Genua. Bin Studium dieser Stadt eröffnet
weite Gesichtspunkte. Eingezwängt zwischen die Felsen
massen wie kaum eine zweite europäische Stadt, abge
schnitten von fruchtbarem Hinterland durch himmelhohe
Bergketten, gegründet in einem Lande, das überhaupt für
die Industrie weniger geeignet scheint als irgend ein an
deres wegen des Fehlens weiter Ebenen, schiffbarer Flüsse,
größerer Kohlenlager hat es dennoch nicht nur im Mittelalter
seine gewaltige Rolle gespielt, nein, es spielt sie heute weiter.
Man wende nicht ein, der Hafen bringe das mit sich. Auch er
leidet unter der Ungunst derVerhältnisse. Natürliche Häfenin
vorhandenen Ausbuchtungen der Küste stehen heute zurück
gegenüber den Kunsthäfen. London, Hamburg, Antwerpen
genügen als Beweisstücke. Auch hier hat die Technik
Vorteile erzielt, die die Natur nicht zu bieten vermag.
Immerhin mag zugegeben werden, daß für Italien, dessen
Küste nun einmal überall so bergig ist, Genua auch als
Hafen einen Schatz darstellt. Aber der Hafen könnte die
Stadt nicht groß machen, wenn die Stadt dem Hafenver
kehr, dem Fremdenzuapruch, dem Wohnbedürfnis der
es