DER STÄDTEBAU
130
denken das Interesse an guter Bauweise und die Verach
tung gegenüber der technischen ästhetischen Schundware.
Damit entzieht sie dem unfähigen Bauunternehmertum den
Boden und leistet Pionierdienste für das solide Bauhand
werk und die Baukünstler.
Wenn man sich die ganze Tragweite dieser Tatsache
vor Augen hält, so sind doch die paar Bauentwürfe, welche
eine Bauberatungsstelle in Ausübung ihrer Tätigkeit an
sich einnimmt, nichts weiter, als die Handvoll Korn, die
der vorhin als Bild hervorgeholte Säemann ausstreut, da
mit die reiche Saat daraus ersprieße.
Zum dritten steht die Bauberatungsstelle der wirk
lichen Baukunst schützend und fördernd zur Seite. Die
Bauberatungsstelle weist das Publikum unmittelbar auf die
Notwendigkeit hin, zum Architekten zu gehen! Die Bau
beratungsstelle kann verhindern, daß ein gutes Bauwerk
durch schlechte Nachbarbauten erdrückt werde. Ihr Ein
spruch bei der Baupolizei kann bewirken, daß der tote
Buchstabe des Baugesetzes, der soviel Schönheit schon
erwürgt hat, seine Kraft verliert, daß ein Kunstwerk ent
stehen darf, obgleich es nicht mit Paragraph so und soviel
übereinstimmt. Die Schönheit eines Bauwerks wird ihm
als Verdienst angerechnet und belohnt.
Ja sogar die Beseitigung von Vorschriften, die vom
architektonischen Standpunkte aus als schief oder schäd
lich empfunden werden, ist durch die Bauberatungsstellen
spielend zu erreichen, wo lange Beratungen am grünen Tisch
erfahrungsgemäß nur zu einer neuen Verklausulierung
führen.
Nun stellen die unentwegten Gegner der Bauberatungs-
stellen die Behauptung auf, sie schränken die indivi
duelle Freiheit des Künstlers ein. „Selbständige künst
lerische Regungen werden unterdrückt zugunsten einer
NEUE BÜCHER.
Wir bitten um gefällige Zusendung aller einschlägigen neuen
Bücher und Schriften, die wir unter dieser Übersicht regelmäßig an«
zeigen werden; wir übernehmen aber keine Verpflichtung zur Be
sprechung und Rücksendung.
EWERBE-MUSEUM BREMEN. Bericht über das Jahr igio.
^ Erstattet vom Direktor Professor E. HÖgg. Hauschild, Bremen.
■py.-Ing. Gerold E. Beetz. „DAS EIGENE HEIM UND SEIN
GARTEN.“ Westdeutsche Veriagsgesellschaft m. b. H„ Wies
baden. 3. Auflage.
A US ENGLISCHEN GARTENSTÄDTEN. Beobachtung™
und Ergebnisse einer sozialen Studienreise. Veröffentlicht und
herauegegeben von der Deutschen Gartenstadtgesellscbaft, Berlin - Rehfelde
(Ostbahn) 1910. Deutscher Renaissance-Verlag Robert Federn, Berlin-
Grunewald.
/"GRUNDLAGEN DES STÄDTEBAUES von Raymond Unwin,
deutsch von L. Maclean, Regienrngsbaumeister a. D. Verlag Otto
Baumgärtel, Berlin* Preis so M., geh. 32,50 M.
ORSCHLAG ZU EINEM GRUNDPLAN VON GROSS
BERLIN von Hermann Jansen, Architekt, Berlin 1909, Heraus
geber des „Baumeister“. Mit 14 Abbildungen und 4 Plänen. Preis 5 M.
Verlegt bei Georg D, W. Callwey, München.
einseitigen, diktatorisch aufgezwungenen Geschmacksrich
tung ästhetischer Machthaber,“ Ja, meine Herren, ein
solcher Vorwurf könnte vielleicht ein Körnlein Wahrheit
enthalten, wenn wir in einer Zeit lebten, wie etwa um
1500, als schlechtweg alles, was gebaut wurde, schön
gebaut wurde, weil ein untrüglicher, sicherer Kunstinstinkt
dem ganzen Volk in den Knochen saß. Damals wäre wohl
eine Sachverständigen - Kommission sehr von Übel ge
wesen, die erklärt hätte: „Von heute ab darf nur noch in
deutscher Renaissance gebaut werden“. Aber bei uns han
delt es sich doch um ganz andere Dinge! § 1 des Kunst
schutzgesetzes, der von der „gröblichen Verunstaltung“
handelt, verhindert ja an sich schon eine unerwünschte
Einwirkung auf die Werke der Architekten. Der Be
griff „gröbliche Verunstaltung“ ist so weit gespannt, daß
ein Bauwerk schon recht herzlich schlecht ausschauen
muß, bis eine neunköpfige Kommission dazu kommt, es
abzulehnen. Der Architekt — Baukünstler — mit seinen
Werken hat nichts von der Kommission zu befürchten,
aber alles zu erhoffen.
Und die übrigen, die Kurpfuscher der Baukunst, haben
die ein Recht auf Respektierung ihrer künstlerischen Indivi
dualität? Nein, gewiß nicht, hier ist nur blödes Unvermögen
völligster Geschmacksdürre, und hiergegenüber haben wir
nur eine Pflicht: rücksichtslose Beseitigung! Damit
der Boden frei werde für Besseres. Es genügt für unser
liebes Deutschland nicht, daß es sich um ungezählte
Millionen vermehrt und daß diese Millionen verdrossen
hin-lebende Proletarier bleiben. Was nun dringend not
tut, ist ein Volk, das sich wohl fühlt ln seinen Wohn
sitzen und das aus diesem Wohlbehagen Kräfte des
Lebens saugt; Herzensbildung, Schönheitsgefühl, Liebe
zur Heimat!
/“G ROSS-BERLINS BAULICHE ZUKUNFT. Vorschläge zur
Reform der Bebauungsbestimmungen. Verfaßt von Dr. Karl Keller
und Stadtbauinspektor Tb. Nitze. Mit einer Einleitung von Dr. Karl v.
Mangoldt. Preis 1,50 M. 1910. Renaissance-Verlag von Robert Federn,
Berlin-Grunewald.
^UR SCHNELLBAHNFRAGE VON GROSS-BERLIN.
Von Richatd Petersen. Sonderabdruck aus der Elektrotechnischen
Zeitschrift 1909, Heft 32.
onderabdruck aus dem „ARCHIV FÜR VOLKSWOHL
FAHRT“. Herausgegeben vom Stadtbibliothekar Dr. O. Fritz,
Charlottenburg; Professor Dr. A, Wolfstieg, Berlin (Volkserziehungswesen);
Direktor Dr. O. Most, Düsseldorf (Volkswirtschaft); Professor Dr. med.
H. Wolpert, Berlin (Hygiene). Deutscher Verlag für Volkswirtschaft,
Berlin W. 30.
S TATISTIK DER AN DEN HÖHEREN TECHNISCHEN
STAATS- UND KOMMUNALSCHULEN, SOWIE AN
DEN PRIVATEN TECHNIKEN, POLYTECHNIKEN UND
AKADEMIEN GELEHRTEN DISZIPLINEN, sowie der für die
einzelnen Unterrichtsfächer aufgewendeten Stundenzahlen. Herauegegeben
von Georg Matthes, Direktor der Gewerbe-Akademie zu Berlin. Druck und
Verlag von Wilhelm Ißleib, Berlin SW. 48, Wilhelrastr. ng/iao. Preis
l Mark. Der Verfasser hat in vier Tabellen eine Übersicht Ober die an
den obengenannten Anstalten gelehrten Disziplinen und die hierfür aufge
wendeten Stundenzahlen gegeben.