DER STÄDTEBAU
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3. Wenn ein Wagen N in entgegengesetzter Richtung zu
der allgemeinen Bewegung der Reihe (Abb. 2) kommt und in
einem spitzen Winkel, kann er ohne große Schwierigkeit
durch eine schräge Bewegung die Reihe durchkreuzen.
Um dies zu erreichen, genügt es, daß die Pferde von B
und N sich ein wenig seitwärts wenden, jedes in entgegen
gesetzter Richtung, damit N durchfahren kann. Diese Be
wegung des schrägen Durchkreuzens der Reihe in ent
gegengesetzter Richtung kann die Wagen N und B an
einanderstoßen lassen, wenn ihre Führer ungeschickt sind.
4. Die Bewegung eines Wagens O, der eine in Be-
Jj wegung befindliche Linie A B C D senkrecht zu durch-
£ kreuzen sucht, bietet noch mehr Schwierigkeiten. Wenn
B das Pferd des Wagens O zu sehr laufen gelassen wird,
kann es ein Aufeinanderstoßen und einen Unfall herbei
führen; im entgegengesetzten Fall ist es gezwungen, stehen
zu bleiben, so lange die Reihe ABCD nicht Auflösung
des Zusammenhangs darbietet; aber indem er stehen bleibt,
bewirkt er nach und nach das Anhalten von PQRS usw.
und veranlaßt eine gefährliche Stockung.
Aus dem Vorhergehenden ergibt sich, daß in der all
gemeinen Verkehrsbewegung die einfachsten Bewegungen
zweier in Beziehung zueinander stehender Wagen diese
sind; Bewegung der prise de file und sortie de flle =
Eintritt ln die Reihe und Austritt aus der Reihe in der
selben Richtung; diese sind am leichtesten auszuführen
und am wenigsten gefährlich.
Setzen wir den Fall und betrachten wir eine Kreu
zungsstelle mit fünf Verzweigungen (Tafel 61/62, Abb. a), ge
bildet von einer ringförmigen Fahrbahn der Platzmitte, auf
die fünf Straßen von verschiedener Breite radial zulaufen.
Erweitern wir die Öffnung der Straßen bei ihrer Einmün
dung in die Kreuzungsstelle und stellen wir in ihre Mitte
ein dreieckiges Hindernis (Zufluchtsinsel), um die Wagen,
die ln die ringförmige Straße wollen, zu zwingen, die
Reihen des Ringes schräg anzuschneiden. Nehmen wir
eine Reihe von Wagenlinien an, die sich alle in derselben
Richtung bewegen (entgegengesetzt den Zeigern einer Uhr)
um eine mittlere Plattform herum, die für jede Art von
Beförderungsmitteln, auch für die Straßenbahnen ver
boten ist.
Prüfen wir nun, was in irgend einer dieser Straßen
geschieht. Jeder Wagen M, der bei der Kreuzungsstelle an
langt, wird sich durch eine schräge Bewegung des Ein
tritts in die Kreiselbewegung der ringförmigen Reihe hinein
begeben; er wird an dieser Kreiselbewegung teilnebmeu bis
er in die Nähe der ihm passenden Straße kommt, und er
wird dann die Kreiselbewegung durch eine einfache Bewe
gung des Austritts die Reihe wieder verlassen.
Daraus ergibt sich, daß irgend ein Wagen, der aus
irgend einem Wege in die Kreuzungsstelle eintritt, diesen
auf dem von ihm gewählten Wege auch wieder verlassen
wird, ohne die Kreiselbewegung aufzuhalten, vorausgesetzt,
daß er sich nach rechts oder links wenden muß, gemäß
den im Lande üblichen Polizeimaßregeln. Das damit ver
bundene längere Herumfahren kann außer acht gelassen
werden, wenn man bedenkt, was man durch den Fortfall
des Anhaltens an Zeit gewinnt.
Dieselbe Regel
muß für die Straßen
bahnen angewandt
werden, denn andern
falls würde deren
Oberfahrt über die
Kreuzungsstelle die
kreiselnde Bewegung
unterbrechen. Es ge
nügt übrigens ein ein
ziges kreisförmiges
Gleis in der Mitte
(Tafel6i/62,Abb.b),um
die zehn hinaufgehen
den oder herunter
kommenden Gleise
der fünf Straßen auf-
zunehmen.
Wenn die Bewe
gung der Wagen fort
laufend ist, werden
die Fußgänger viel
Schwierigkeit haben,
um die Kreuzungsstelle zu überschreiten. Es ist vorzuziehen,
für sie unterirdische Gänge S anzulegen, um ohne Gefahr von
einem Punkt des Platzes zum anderen zu gelangen. Die
über der Erde befindlichen schmalen Brücken sind nicht
zu empfehlen, denn sie haben eine größere Ausdehnung
und Treppenhöhe als die unterirdischen Durchgänge.
Diese können durch einen offenen Lichtschacht erhellt
werden, der ohne Schwierigkeit im Mittelpunkt der Kreu-
zungastelle anzubringen ist.
Die Bestimmung der Breite des Fahrbahnringes ist sehr
wichtig, denn es ist nötig, daß die der kreiselnden Bewe
gung der Wagen dargebotene Bodenüäche im Verhältnis
zu der Breite der Wege steht. Es ist leicht zu beweisen,
daß „die Breite des Kreiselringes gleich l f 4 der
Gesamtbreite der darauf hinauslaufenden Fahr
bahnen sein muß“. Unter Fahrbahn verstehen wir den
Teil des öffentlichen Weges, der von den Wagen befahren
wird. Die Breite der Bürgersteige und der mittleren Platt
form wird io die Berechnung nicht mit aufgenommen.
Nehmen wir an (Abb. 3 im Text) 3 Fahrbahnen A D,
BE, CF; diese sollen die Breiten m, n, p haben; beständig
in ihren ganzen Längen m = A = D;n*®B =E; p — C— F;
jede dieser Bahnen teilt sich in zwei Halbwege für die
hinaufgehenden oder herunterkommenden Wagen. Es ist
klar, daß wir, ohne den Verkehr zu stören, inmitten dieser
Wege kreisförmige Plattformen mit irgend einem Durch
messer errichten können, vorausgesetzt, daß wir um diese
Abb. 3.