DER STÄDTEBAU
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der alten Grafschaft seit dem Beginn des 18, Jahrhunderts,
Ihre Eigenart ergab sich durch die gegen die Gefahren
der Wetterunbilden und des Feuers damals eingeführte
* VerSchieferung und schwarzgestrichene Verschindelung.
Zur Milderung des allzuernsten Eindrucks strich man das
Holzwerk der Türen und Fenster weiß, die Läden grün
und brachte damit zujgleich die drei Farben des bergischen
Landes zum Ausdruck. Während am Rhein und Main
die Verschieferung bis an die Tür- und Fensterlichter
reicht, bildet hier ein hölzerner weißer Rahmen die Grenze,
Gemeinsam ist allen diesen Häusern die Lage des
Haupteingangs inmitten der Front; er ist stets von zwei
Fenstern eingefaßt, so daß die Diele vor Treppe und
Stuben gute Beleuchtung erhält. Über der Tür ist häufig
ein gerades, im Bogen oder geschweift überdachtes Ober
fenster, oft mit nach innen und außen leuchtender ge
schmiedeter, ln Eisen- oder Messingblech getriebener und
kunstvoll verglaster Laterne mit Namenszügen und anderem
Schmuck. Diese Gruppe von drei Öffnungen ist bei reicheren
Häusern noch mit Säulen, Gebälken und Verdachungen in
Holz vervollständigt im Zopf-, Empire- oder Biedermeier
stil, stets weiß gestrichen. Stil und Farbe sind dieselben
für den in der Hausachse am oberen Dachrand hinzu
tretenden wirkungsvollen Ziergiebel.
Die reichste Ausbildung aber zeigen die nicht selten
vor, neben und hinter dem Wohnbause bei Einfriedigungen
in Holz, Eisen und Stein hinzutretenden überaus phantasie-
vollen Gartenhäuser mit rundem, polygonem oder daraus
zusammengesetztem Grundriß. Besonders ihre Dach
ausbildungen als Kuppeln, Pyramiden mit Unterbrechungen
durch Gaupen und Endigungen in Wetterfahnen, Wimpeln,
Blitzableitern u. dergl. bieten mannigfachste Abwechselung
in meistermäßiger Holz-, Schmiede- und Spenglerarbeit.
Als hervorragendes Beispiel eines derartigen Kunst
werkes führte Herr Regierungsbaumeister Walter Morin,
der kürzlich im Frankfurter Architekten- und Ingenieur
verein über Bergische Bauweise sprach, das Landhaus
des Fabrikanten Harkort in Haspe im Bilde vor, zugleich
mit den besten Werken dieses besonderen Zweiges deut
scher Baukunst, dargestellt in den ersten Lieferungen des
vortrefflichen, bei Ernst Wasmuth A.-G, in Berlin er
scheinenden Werkes: Bergische Bauweise, heraus-
gegeben vom Ausschuß zur Förderung Bergischer Bau
kunst.
SCHUTZ FÜR BERLINS
Von THEODOR GOECKE, Berlin.
Nach den §§ 2—7 des sich gegen die Verunstaltung von
Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden
gerichteten Gesetzes vom 15. Juli 1907 können Baudenk
mäler, wozu auch Straßen- und Platzbilder gehören, auf
Grund eines Ortsstatuts geschützt werden, der die Polizei
verpflichtet, einzugreifen, wenn es sich um keine gröbliche
Verunstaltung nach § 1 handelt. Danach kann also sowohl
in offen als auch in geschlossen bebauten Orten und Orts
teilen die baupolizeiliche Genehmigung zu Bauten und bau
lichen Änderungen an Straßen und Straßenteilen, an Plätzen,
auch neuangelegten in künstlerischer bezw. geschicht
licher Bedeutung versagt werden, wenn dadurch die Eigen
art des Orts- und Straßenbildes beeinträchtigt werden
Die Bemühungen der Kunsthistoriker, die verdienst
vollsten Meister dieser auch die Neuzeit in jener Gegend
der Rheinlande stark beeinflussenden Bauweise zu er
gründen, ließen einen Meister Harmann, der zu Pompa-
dourschen Zeiten beim Bau des Schlosses Benrath tätig
war, samt seinen Söhnen in Hagen als besonders begabte
Künstler erkennen, der jedenfalls beim Bau der schönen,
leider durch die Vertreibung der Bergischen Grafen unter
brochenen Hauptstraße Barmens hervorragenden Anteil hat.
Einen höchst wertvollen Beitrag zur Kenntnis dieser
eigenartigen Kunst lieferte 1908 die gelegentlich der Ein
weihung der Barmer Ruhmeshalle zur Hundertjahrfeier
der Stadt Barmen veranstaltete Ausstellung der herr
lichen kunstgewerblichen, im Besitz der Wuppertaler
Patrizierfamilien befindlichen Schätze. Sie sind photo
graphisch nachgebildet (im Handel in Barmen bei Wilh.
Fülle) und haben reichliche Nahrung geliefert zur Weiter
förderung des durch die Kunstgewerbeschule in Elber
feld erzogenen Kunsthandwerkes des Wuppertals. Merk
würdigerweise ist es trotz der musterhaften Leitung dieser
hervorragend tüchtigen Handwerker in diesen reichen
Fabrikstädten, wie leider in so vielen des deutschen
Vaterlandes, noch immer Unsitte, beim Bedarf für Hoch
zeitsausstattungen die Bestellungen schlendriangemäß in
Cöln, Berlin oder gar Paris zu machen!
Gegen diesen Unfug der Patrizier haben nun Kunst
schule und Kunsthandwerk im Verein kräftig Front ge
macht, an der Spitze Alfred Altherr in Elberfeld, der
mit festem Künstlerwillen und unermüdlicher Schöpfung
von Plänen und Einzelheiten zu mustergültigen Innen
ausstattungen die Bürgerliche Wohnungsausstellung
zu Elberfeld zustande brachte, welche soeben nach drei
monatiger Wirksamkeit ihre Pforten mit dem Bewußtsein
schließen durfte, ihren vaterstädtischen Zweck erreicht
zu haben.
Diesen Eindruck hatte der Verfasser dieser Zeilen
wenigstens im Verkehr mit maßgebenden Persönlichkeiten
der Wuppertaler Patrizierschaft. —
Möge dieser hervorragende Künstler samt der hinter
ihm stehenden, dem Führer für seine Verdienste tief dank
baren wackeren Schar der Elberfelder Kunsthandwerker
ein Vorbild sein für die so häufig einer ähnlichen wirk
samen Belehrung bedürftigen Einwohner anderer Städte
des deutschen Vaterlandes.
BAU DEN KMÄLER.
würde. Und dasselbe ist für bauliche Änderungen ein
zelner Bauwerke von künstlerischer oder geschichtlicher
Bedeutung, sowie bei Bauten und baulichen Änderungen
in deren Umgebung zulässig, wenn dadurch die Eigenart
oder der Eindruck einzelner Bauwerke und ihrer Um
gebung beeinträchtigt werden würde. Die Verunzierung
durch Reklame und die Schädigung besonderer Ortsteile,
wie Landhausviertel, Prachtstraßen usw. oder der äußeren
Gestaltung einzelner Häuser (über das baupolizeilich zu
lässige Maß hinaus) soll verhütet werden.
Der Magistrat von Berlin hat nun mit Zustimmung der
Stadtverordnetenversammlung durch Erlaß des Ortsstatuts
zum Schutze der Stadt Berlin gegen Verunstaltung vom