DER STÄDTEBAU
Während bei einer Stadt bis zu 50 000 Einwohnern die
Markthalle als Zentralanstalt, weil nur einmal verkommend
und deshalb möglichst in der Mitte liegend, aufzufassen
ist, rechnet man sie für eine Stadt von 150000 Einwohnern
wohl richtiger zu den Verteilnngsanstalten, die sich also
mehrmals wiederholen. Es ist städtebaulich besser, den
Verkehr zu verteilen, als ihn zu sammeln.
Die geräumige große Eisenhalle würde also den Markt
betrieb ein für alle Mal zentralisieren. Sie müßte deswegen
in der Nähe des neuen Schlußes, etwa in der Glogauer
Straße oder Comeniusstraße ihren Platz finden. Die gegen
wärtige Magistratsvorlage aber will dem Marktplatz der
Altstadt, d. i. dem Sapiehaplatze eine Schutzhalle geben.
Hierbei bleibt der gesamte Marktbetrieb in seiner gegen
wärtigen Form erhalten, indem er auf den Plätzen der ver
schiedenen Stadtteile wechselnd abgehalten wird. Daraus
dürfte sich bald ergeben, daß die drei Vorstädte, ebenso
wie die Altstadt, für ihren Marktplatz den gleichen Schutz
verlangen werden. Es spricht jedoch für die Vorlage, daß
vier derartige offene Hallen immer noch geringere Bau
kosten verursachen, als eine große Eisenhalle, deren Unter
haltung die Stadt überdies dauernd stark belasten würde.
Man kann sich also, ganz abgesehen von noch anderen
Gründen, unbedenklich der in der Stadtverordneten-Ver
sammlung gezeitigten Auffassung anschließen, daß die
grundsätzliche Lösung der Markthallenfrage, wie sie der
Magistrat vorgeschlagen hat, die richtige ist. Im folgenden
bleibt nun noch zu untersuchen, wo die geplante Schutz
halle auf dem Sapiehaplatze Aufstellung finden sollte.
In einer Posener Tageszeitung schreibt ein Leser:
„Man vergesse nicht, daß wir Posener an öffentlichen
Plätzen, die mit Recht die Lungen der Großstadt genannt
werden, sehr arm sind, und daß es daher sehr mißlich ist,
einen dieser wenigen Plätze nunmehr zubauen zu wollen.
Selbst wenn die Stadt an Plätzen reich wäre, so würde
es zweifellos in der jetzigen Zeit der Gartenstadtbewegung
einen Rückschritt bedeuten, wollte eine Stadt von den
freien Plätzen, die sie besitzt, auch nur einen beseitigen.“
Als Anhänger der Gartenstadtbewegung unterschreibe
ich diesen Satz. Aber ich frage: Inwieweit handelt es sich
denn überhaupt um ein Zubauen des Sapiehaplatzes? Die
Raumverhältnisse des Sapiehaplatzes sind im allgemeinen
gute. Höchstens könnte man wünschen, daß seine Längs
achse ein wenig kürzer sei. Der ursprünglichste Gedanke
wäre der, eine einfache Halle in die Mitte des Platzes in seine
Längsache zu setzen. Geschieht das so, daß die Längs
achse der Halle mit der des Platzes gleichläuft, so haben
wir allerdings nahezu dasjenige, was jener Einsender be
fürchtet. Dies ist die einzige Lage, in der man, selbst
Abb. 1. Vorschlag des Magistrats in Posen.
Abb. 2. Vorschlag des Architekten Dipl.-Ing. Georg Strach, Posen.