DER STÄDTEBAU
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sind. Diesen und anderen Forderungen, denen wir in den
Schriften der Bodenreformer begegnen, denen nacbzugehen
hier aber zu weit abführen würde, muß die Allgemeinheit
ihre volle Unterstützung leihen, damit die Wohnungen ver
billigt und Plätze zur Erholung gewonnen werden können,
dann erst würden den Forderungen der Gesundheitspflege
die ärgsten Hindernisse aus dem Wege geräumt.
Davon abgesehen, wird man sich damit begnügen
müssen, schrittweise bei jeder neuen Bauordnung eines
Ortes die vorhandene Baudichtigkeit wo es nötig ist, herab
zumindern. Damit ruiniert man nicht, wie es immer dar
gestellt wird, die Eigentümer, man beschränkt nur in
einem gewissen noch erträglichen Maße den zukünf
tigen Ertrag oder den Gewinn bei zukünftigem Verkauf.
Zum Vergleich darf angeführt werden, daß die Inhaber
von Staatspapieren nicht vermögenslos werden, wenn der
Staat den Zinsfuß herabsetzt; die Besitzer der Papiere
werden in ihrem Einkommen nur in einem Maße ge
schmälert, welches der Staat glaubt vertreten zu können.
So ungern und zögernd man zu solchen Maßnahmen
schreitet, so müssen sie doch getroffen werden, wenn die
Rücksichten auf die Allgemeinheit, insbesondere deren
Gesundheit, es erfordern. Es ist manchen Ortes höchste
Zeit, daß die Bauordnungen und Bebauungspläne darauf
hin untersucht werden, ob sie den heutigen Anforderungen
der Gesundheitslehre noch Genüge leisten und ob das noch
unbebaute Gelände nicht rechtzeitig nach vor zu weit
gehender zum Schaden der Allgemeinheit führender Aus
nützung zu schützen wäre.
Wenn ich nun ein Beispiel wählen soll, um zu zeigen,
in wie vielen Punkten und in welchem Maße die bessernde
Hand zur Herbeiführung gesundheitlich möglichst ein
wandsfreier Zustände in einem bestimmten Orte angelegt
werden kann, so darf ich auf Königsberg i. Pr. hinweisen.
Für diese Stadt ist erst unterm 26. März 1907 eine neue
Bauordnung erschienen, bei der in Verbindung mit dem
zugehörigen Bebauungsplan die königlichen Behörden so
wie der Magistrat der Stadt bestrebt waren, die neuesten
Fortschritte auf den einschlägigen Gebieten des Städte
baues, insbesondere der Gesundheitspflege, zu berücksich
tigen, soweit die wirtschaftlichen und die anderen örtlichen
Verhältnisse dies gestatten. Wenn auch manches Gute
anderweitig entlehnt wurde, so hat sich die ganze Arbeit
doch fern von Abschreiberei gehalten. Bauordnung und
Bebauungsplan dürfen im Gegenteil beanspruchen, selbst
wieder als Vorbilder oder wenigstens als Unterlagen zu
Zusammenstellung der nach Bauzonen abgestuften hauptsächlichsten Bestimmungen der Bauordnung
zu Königsberg 1. Pr. vom 26. März 1907.
I.
2,
3-
4*
5*
6.
7-
Bebauungsfläche*)
(§ iS)
Anzahl der Aufenthaltsgeschosse
(§ 44)
Absolute Bauhöhe
(§ IC Nr. 1)
Relative Bauhöhe
§ xöNr.a. § 16Nr.7
Fensterabstand***)
(§ 44 Nr. 9)
Bau
zone
(§14)
Bau
weise
(5 14)
Zwischen
grund
stücke
Eck-
grund-
stücke
in
Vorder
gebäuden
in Hinter
gebäuden
bis zu 40 m
Orundstücks-
tiefe
in Hinter
gebäuden
über 40 m
Grundstücks
tiefe
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m
Hintergebäude
bis zu 40 ra
Grundstücks
tiefe
m
Hintergebäude
über 40 m
Grundstücks-
tiefe
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VI.
Industriezone
5**
*) Bel der Berechnung der zulässigen Bebauungsfläche (Baufläche) sind Vorgärten und Vorplätze bis zu 4 m Tiefe vorweg in Abzug zu bringen.
**) Die Angaben Uber dem Strich bedeuten die zulässige Ausnutzung des Dachgeschosses, die unter dem Strich die Ausnutzung des Keller
geschosses, wenn im übrigen die Zahl der zulässigen Aufenthaltsgeschosse erreicht ist. W — Waschküche.
***) Das ist der Abstand, welcher zwischen gegenüberstehenden Urofassungswänden von Gebäuden oder Gebäudeteilen auf demselben Grundstück,
soweit sich darin Fenster von Aufenthaltsräumen befinden, vorhanden sein muß. Die gleiche Bestimmung gilt auch für den Abstand der Fensterwand
von der Nachbargrenze, wobei davon auszugehen ist, daß auf dem Nachbargrundstück ein Gebäude in der zulässigen Höhe steht.
f) h bedeutet die Höhe des der Fensterwand gegenüberstehenden Gebäudes oder Gebäudeteiles bezw. der an der Nachbargrenze zuässigen Bauten.