DER STÄDTEBAU
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Scherenschleifer seine Arbeitsstätte aufgeschlagenundDienst-
mannskarren usw. „beleben“ den ehemaligen Ziergarten der
Mönche. Eine gründliche Wiederherstellung und Verwen
dung der Kirche zu Museums- oder Ausstellungszwecken
wäre angebracht, um so mehr, da hier inmitten der Stadt für
Einheimische und Fremde ein Bedürfnis vorliegen dürfte.
Aber auch eine geschichtliche Bedeutung besitzt das
alte Gotteshaus. An seiner Schwelle verweigerte im Jahre
1347 Abt Nikolaus de Luna dem plötzlich auf der Jagd im
Kirchenbanne verstorbenen, zu den Augustinern gebrachten
Kaiser Ludwig dem Bayern die letzte Ruhestätte. Herzog
Maximalian I. ließ zwar später, 1364, dem Entschlafenen
durch Peter Candit das künstlerisch hervorragende, von
Krümper gegossene Denkmal in der Frauenkirche errichten;
ob er aber dort begraben liegt, ist ungewiß. Vermutungen
nach, deren Grundangaben jedoch hier zu weit führen
würden, soll der Kaiser, trotz der Verweigerung, in den
Grüften de* Augustiner, für die er stets sehr viel getan,
beigesetzt worden sein. —
Die Kirche, ein elfjochigcr, ehemals unverputzter Back
steinbau, wie die meisten der mittelalterlichen Kirchen und
öffentlichen Bauten Münchens, stammt vom Ende des
13. Jahrhunderts, wo Herzog Ludwig der Strenge die
Augustiner-Eremitenmönche nach München berief und
ihnen, damals noch außerhalb der Mauern, unweit des
schönen Turmes, den Platz zur Errichtung von Kirche
und Kloster anwies. 1294 wurden Kirche, Kloster und
Friedhof zu Ehren der beiden heiligen Johannes durch
Bischof Emicho von Freising geweiht.
Den ältesten Teil der Kirche bildet der Chor mit seinen
gotischen Streben, dem man 1458 das Langhaus von acht
Jochen mit Seitenschiffen anbaute. Am Sandtnerschen Stadt-
modell im Nationalmuseum zu München ist der Bau in
letzterer Gestalt ersichtlich. 1620 wurde unter Herzog
Maximilian I. das Innere der Kirche in den jetzt noch er
haltenen Spätrenaissanceformen umgebaut, wobei die mittel
alterlichen Gewölbe, Spitzbogenfenster usw. zum Opfer
fielen. Äußerlich erhielt der Bau die graziöse Giebelsil
houette und schöne Eingangsportale, die aber seit der
Säkularisierung ihres Schmuckes beraubt sind. Im Chore,
der übrigens den prächtigsten Teil der Neugestaltung bildet,
ist hinter dem Altäre eine Sakristei eingebaut. Wie aus dem
Grundriß ersichtlich, ruhen deren Sterngewölbe auf einer
einzigen schlanken, von einer Steinbank umschlossenen
Säule inmitten des Raumes.
Das Kircheninnere bietet jetzt einen traurigen Anblick.
Die prächtigen Tonnengewölbe des Schiffes mit den feinen,
graziösen Stuckaturen, die herrliche Orgelempore, auf
welche Prosa blicken sie herab? Fässer, Ballen, Säcke
und Kisten werden ein- und ausgefahren, gewogen und
geworfen. Der Verputz der unteren Mauern ist abge
schlagen, die Fensterscheiben sind blind und zersprungen.
Und doch, welch großer Zug, ein mystischer Zauber liegt
trotz aller Profanierung noch immer über diesen einst ge
weihten Hallen! Es ist ein Kircheninneres von wahrhaft
erhebender, andachterweckender Wirkung, dessen Zerstö
rung vom künstlerischen Standpunkte aus lebhaft zu be
dauern wäre.
Bei der Säkularisierung wurden Kirche und Kloster
aufgehoben, ersteres zur Mauthalle erniedrigt, letzteres zu
Justizbureauzwecken verwendet; einige der Klostergebäude
gingen in Privathände über, das wertvolle Kircheninventar
aber zerstreute man in alle Winde. Die prächtige Orgel
kam in den Dom zu Speyer; das 12 m hohe, 6 m breite
Altarbild von Tintoretto nach Schleißheim, wo es, übrigens
stark erneuerungsbedürftig, in der kleinen Kapelle zu gar
keiner Wirkung kommt. Endlich sei noch bemerkt, daß
einige der inneren Abschlußgitter in die Kreuzkirche zu
München herübergenommen wurden. Weitere, in den
Chroniken erwähnte Gemälde von Rubens, Peter Candit usw.
verschwanden, unbekannt wohin, desgleichen gingen Altäre,
Kelche, kunstvolle Grabplatten und Skulpturen für immer
verloren.
Um das Fallen der an die Kirche grenzenden, jetzt
völlig schmucklosen Klostergebäude istwirklich kein Schade,
aber mit dem Abbruche der ersteren würde das herrlichste
Straßenbild Altmünchens, das kein Neubau ersetzen kann,
für immer verloren gehen.
BEBAUUNGSPLAN FÜR EINEN TEIL VON
ENSKEDE BEI STOCKHOLM (SCHWEDEN).
Von P. HALLMAN, Stockholm,
Stockholm hat jetzt eine Bevölkerung von mehr als
300000 Einwohnern, auf einer verhältnismäßig kleinen
Fläche zusammengedrängt und meist in fünf- und sechs
stöckigen Häusern wohnend. Rings um die Stadt in
bedeutender Ausdehnung liegen gruppiert, teils an den
zahlreichen Seen und Flüssen entlang, teils in Wäldern
mehrere Villenkommunen (Gartenvorstädte), die noch nicht
der Mutterstadt einverleibt sind, worüber jedoch jetzt ver