DER STÄDTEBAU
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werden muß, aber für die Bewertung des Entwurfs wegen
seiner sonstigen Vorzüge nicht von ausschlaggebender Be
deutung sein kann.
Auffällig erscheint, wie hier eingeschaltet sein möge,
die wiederholt, auch im Programm schon hervorgetretene
Betonung des Querverkehrs auf der Brücke. Ein solcher
sollte möglichst verhütet werden, eben aus verkehrstech
nischen Gründen. Sucht man doch heute schon in belebten
Straßen auf eine Teilung des Verkehrs hinzuarbeiten, den
verschiedenen Verkehrsrichtungen bestimmte Bahnen zuzu
weisen — um wie viel mehr noch ist dies auf Brücken
notwendig und auch tatsächlich häufig Gewohnheit. Die
Brückenträger ergeben sich dazu wie von selbst als Scheide
grenzen zwischen Fahr- und Fußverkehr und lassen somit
dem Fußgänger den Ausblick frei über den Fluß, die Ufer
und die ganze Landschaft.
Für die Auswahl der zum Ankauf empfohlenen Ent
würfe waren in erster Linie Rücksichten künstlerischer
Natur maßgebend, die in der Gesamtsitzung mündlich ein
gehend besprochen wurden.
Es sind die Entwürfe mit dem
Kennwort: „Kasseler Wappen“, Nebenentwurf (mit
Blechbogen von 51 m Stützweite) von der Brückenbau
anstalt Gustavsburg, Ph. Holzmann & Co., Frankfurt a. M.
und Architekt M. Elsässer, Stuttgart. Siehe Tafel 61b,
Kennwort: „Denkmalpflege“ (Betonbrücke von 51,5 m
mittlerer und 6 bezw. 9,65 m seitlicher Stützweite mit
schöner Anpassung an das Landschaftsbild) von Grün &
Bilfmger, Mannheim und Architekt Professor H. Billing,
Karlsruhe. Siehe Tafel 62a.
Kennwort: „Stein und Eisen“ (dem vorigen verwandt,
jedoch mit Blechbogen in der Hauptöffnung) von der Guten
Hoffnungshütte, Oberhausen, Grün & Bilfmger, Mannheim und
Architekt Professor H. Billing, Karlsruhe. Siehe Tafel 62b.
Kennwort: „Gedeckt“ (mit gedecktem Überbau aus
Kupfer in der Art wie die gedeckten Holzbrücken, an den
Seitenwänden offen, so daß Aussicht möglich ist, von
Harkort, Duisburg, Säger & Woerner, München und Archi
tekt Professor Theodor Fischer, Stuttgart. Siehe Tafel 63 a.
Für den Ankauf des Entwurfes „Kassel-Fuldabrücke“
von Ingenieur W. Maelzer, Charlottenburg und Architekt
Karl Römert, Berlin, sprach neben sonstigen Vorzügen
der gute Gedanke, den tiefliegenden Sichelträger noch mit
Zugstange zwischen zwei in der Fahrbahn liegenden
Kurven zu versehen und so die Schwierigkeiten der Grün
dung erheblich einzuschränken. Siehe Tafel 63b.
Diese fünf Entwürfe wurden zu je 500 M. angekauft.
Zum Schlüsse noch einige Worte zu den auf den
Tafeln 57b und 64 wiedergegebenen Entwürfen, die von
Bruno Möhring als Architekten gemeinsam mit der Brücken
baugesellschaft Flender in Benrath und C. Zulehner & Co.
in Kassel bearbeitet worden sind und in künstlerischer
Beziehung mit in der ersten Reihe der Wettbewerbs
entwürfe gestanden haben. Nach Möhrings Meinung waren
— und das Ergebnis des Wettbewerbs hat dies bestätigt —
die beiden Bedingungen, daß der Fluß in einer Öffnung
überspannt und daß doch eine gute architektonische
Wirkung erzielt werden solle, wohl bei der Hafenbrücke,
nicht aber bei der Fuldabrücke zu vereinigen. Denn jeder
hoch über der Fahrbahn sich erhebende Brückenträger
müsse durch die dabei unvermeidlichen häßlichen Unter
schneidungen und das Mißverhältnis des Maßstabes das
liebliche Landschaftsbild zerstören. Für eine Konstruktion
unter der Fahrbahn reichte aber bei einer Spannweite
von 73 m die zur Verfügung stehende Höhe nicht aus.
Deshalb sei eine Zerlegung in drei Öffnungen geboten
und, um den durch die Pfeiler verringerten Durchflußquer
schnitt wieder zu ergänzen, in Erwägung zu ziehen, ob
nicht eine Ausbauchung der Flußufer oder eine geringe
Vertiefung der Fußsohle zu ermöglichen wäre.
Damit wird bestätigt, was vorhin schon über das Pro
gramm gesagt wurde und bleibt es deshalb zu bedauern,
daß, falls wirklich nur aus wasserbautechnischen Gründen
nicht auf jene Anregungen eingegangen werden konnte,
in einer für das Stadtbild so vielseitigen Frage schon vor
Eröffnung des Wettbewerbs, bevor also noch die Mög
lichkeit einer günstigen Lösung zu übersehen war, der
Flußregelungsplan einseitig festgelegt worden ist.
STÄDTEBAU UND STADTVERMESSUNGS
WESEN.
Von A. ABENDROTH in Berlin-Friedenau.
Zuerst bedarf es einer
a) Kataster- oder Eigentumskarte.
Diese wird in der Regel aus der ersten Aufzeichnung
der Neumessung gewonnen. Hamburg, Frankfurt a. M.,
Berlin, Hannover und andere bekannte Stadtvermessungen
haben für diese erstmalige Kartierung, weil sie zugleich
die letzte zeichnerische Probe für Messung und Be
rechnung, namentlich auch für die Flächenberechnung ist,
den großen Maßstab 1 :250 gewählt, der eine Kartierungs
genauigkeit von rund 2 cm auf den Stichpunkt gestattet,
vorausgesetzt, daß Anlegemaßstab oder Kartierungsinstru
ment und nicht die veralteten und schwerfälligen Hilfs
mittel des Zirkels und Transversalmaßstabes angewandt
werden. In diesem Maßstab erhält man ein außerordent-
(Schluß aus Heft 7).
I lieh umfangreiches, allerdings auch beinahe mathematisch
zuverlässiges Kartenmaterial, das ein sehr genaues Ab
greifen von Maßen und vorzügliche graphische Flächen
ermittelungen gestattet.
Da aber in großen Städten auch diese Genauigkeit für
eine Reihe von Zwecken nicht ausreicht und dann doch
immer auf die rechnerische] Ermittlung von Längen- und
Flächenmaßen aus rechtwinkligen Koordinaten zurück-
gegriffen werden muß, so wird es das zweckmäßigste sein,
die eigentliche Urkarte in keinem größeren Maßstabe
als 1 :500 anzufertigen, dafür aber schon die Handrisse
in dem für die eigentliche Stadtlage überall gleichen Maß
stabe von 1 : 200 zu kartieren und von diesen Handrissen
Abzüge ohne Zahlenmaterial an Stelle der Kartenauszüge