DER STÄDTEBAU
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Garten architektonisch zu gestalten, so war mir ein Hin
weis auf den bekannten Behrens-Garten mehr hinderlich
wie förderlich. Und nun Olbrich. Seine Farbengärten
sind noch in aller Erinnerung.
Die Verwendung von Blumen, die auf einen Ton ab
gestimmt werden (übrigens früher schon mit Erfolg, aller
dings ohne das schmückende Beiwort Farbengärten, ver
sucht), hat sicherlich eine hohe künstlerische Berechtigung
und wird zweifelsohne in Zukunft an passender Stelle, be
sonders bei Ausschmückung von Stadtplätzen, bei Einzel
dekorationen usw. gute Verwendung finden; der allgemeinen
Einführung, etwa bei den Vorgärten, sprechen aber so
manche Gründe entgegen, daß ich an diese allgemeine Ein
führung nicht glaube, sie auch nicht erhoffe. Beherzigens
wertes zeigenBehrens und Olbrich wieder in derVerwendung
plastischen Schmucks im Garten, und wünsche ich dieser
Anregung reichsten Erfolg. Auch ist beiden gemeinsam die
reichliche Verwendung der Blumen. Vielleicht könnte ich
nun noch andere Vertreter derselben Richtung nennen, doch
wesentlich Neues bringen diese Neuen nun nicht mehr, es
ist ja auch nunmehr Hauptaufgabe zu verwirklichen, was
jene Männer erstrebten.
Leicht erklärlich ist es nun, daß solche Lehren, solche
Auffassungen den Widerspruch mancher Fachleute heraus
forderten, die in anderer Auffassung ihren Beruf bisher
ausübten, und diese andere Richtung auch ihre Kämpen
ins Feld schickte. Der bedeutendste und interessanteste
dieser Gegenkämpen scheint mir unstreitig Willy Lange
zu sein. Auch Lange ist keiner, der Stillstand, während
alles um ihn voran strebte, im Gegenteil. Rastlos arbeitete
auch dieser Mann an seiner Weiterentwicklung und an der
Weiterentwicklung seiner Kunst. Er kommt, auf anderen
Gartenbegriffen aufbauend, unter Ausnutzung der neu
zeitlichen Forschungen auf dem Gebiete der Naturwissen
schaft (Ökologie), zu ganz anderen Ergebnissen, als jene
Modernen. Und trotzdem ist auch Lange ein durchaus
Moderner. Er verteidigt nicht etwa, was jene Männer ver
urteilten; denselben Verirrungen, die jene so scharf geißeln,
gilt auch sein Kampf, aber seine Auffassung von Garten
kunst ist trotzdem eine andere. Nach seiner Auffassung ist
es, wenn ich ihn recht verstanden habe, Aufgabe der
Gartenkunst, das Charakteristische (Physiognomie) einer
Pflanzenformation zu erfassen und, im Ausdruck und Stim
mungswert gesteigert, bei Schaffung neuer Gartenszene
rien wiederzugeben. Hierzu gehört ein feines, tiefes Natur-
empflnden, beruhend auf warmer Naturliebe, hierzu gehört
nicht zum geringsten als Grundlage eine eingehende Kennt
nis der Natur.
Was man in der Landschaftsgärtnerei bisher gar
nicht oder sehr selten kannte, ein klares Leitmotiv, wie es
jedes echte Kunstwerk hat, hält Lange auch für den Garten
notwendig, immer wieder betont er dies und sucht es in
seinen Arbeiten folgerecht durchzuführen, oft verstandes
gemäß. Lange ist Philosoph und Künstler zugleich, meistens
überwiegt der Philosoph, und dies Philosophieren Langes
macht seine Aufsätze oft so schwer verständlich. Es ist
dies wohl auch der Grund, daß seine Theorien unter
Fachleuten so wenig Anerkennung gefunden haben, ob
wohl sie als Weiterentwicklung der Skelleschen, von
Pücklerschen, Meyerschen Theorien, aber wohlgemerkt
der unverwässerten Theorien jener Männer, betrachtet
werden können.
Nachdem ich so in kurzen, skizzenhaften Umrissen
die neuzeitlichen Bestrebungen auf dem Gebiete der Garten
gestaltung geschildert habe, seien hierzu einige Bemer
kungen gestattet, Fragen wir uns zunächst einmal, sind
nun die Ausführungen dieser Theoretiker — das sind die ge
nannten mehr oder weniger alle — von Einfluß auf die
Praxis gewesen, sind jene Theorien in der Praxis in frische,
fröhliche Tat umgesetzt worden ? Da kann man nun
ruhigen Gewissens antworten: Ja. Der Einfluß ist fast
überall zu erkennen, hier nur in Ansätzen sich offenbarend,
ab und zu aber auch ganz vollendete Tat zeigend.
Wenn diese Tat nicht vor den Augen der breiten
Öffentlichkeit sich abspielt, wenn weder Gartenbesitzer
noch Ausführender diese Werke sofort in den Kunstzeit
schriften und Fachblättern bekannt geben, so ist dies aus
mancherlei Gründen wohl erklärlich. Gehen Sie z. B. ein
mal nach Cöln und sehen, wie Enke dort seine Willgraben-
anlage im Volksgarten behandelte, obwohl noch ein Haupt
stück, die Skulptur auf dem Mittelbeete fehlt! Das ist
übrigens landschaftlich und architektonisch zugleich, dabei
durchaus neuzeitlich geschaffen, durchaus kein Hervor
kramen alter Stilformen.
Aber auch in anderem Sinne ist dieser Einfluß zu
merken. Der architektonische Garten beginnt Mode zu
werden, nicht aus der Erkenntnis seines wahren, edlen
Wertes, sondern lediglich seines Neureizes halber. Hui,
Mode, vor dem Wort habe ich schon ein Grauen. Wenn
schon Mode helfen kann, etwas Gutes rasch zur Geltung
zu bringen, sie macht meist das Gute bald zur wert
losen Schablone. Man kann heute schon regelmäßig
gestaltete Gärten sehen, die ebenso sehr von echter
Kunst entfernt sind, wie jene sogenannten landschaftlichen
Gärten, welche Schultze-Naumburg als abschreckendes
Gegenbeispiel aufführt. Oh, könnten wir doch dies
Übel unterdrücken, es bedroht eine junge, Hoffnung er
weckende Gartenkunst schon hei den ersten Schritten ins
rauhe Leben,
Aber auch die andere Richtung, welche in ähnlichem
Sinne wie Lange arbeitet, macht sich bemerkbar. Ich
führte Sie eben nach Cöln in Enkes Wallgraben; weil wir
nun einmal dort sind, so begleiten Sie mich in seinen Natur
park am Klettenberg. Nun, da sehen Sie eine ähnliche Auf
fassung, wie Lange sie hegt, aber trotzdem völlig unabhängig
von Lange entstanden, in Wirklichkeit umgesetzt, vielleicht
nicht nach den streng wissenschaftlichen Gesetzen. Wenn
aber hier Wissenschaft durch Gefühl und Phantasie ersetzt
wird,ist’s um das Werk kein Schade. Lassen Sie diese Werke
der Gartengestaltung, denen man noch andere zur Seife
stellen könnte, beweisen, welche Auffassung richtig ist,
oder könnten beide richtig sein, trotz Muthesius und trotz
Bauer? Hat die alte Schule nichts Mustergültiges hervor
gebracht? Ein einziges positives Beispiel müßte ja die
Muthesiusche Behauptung der Wachsßgurenkabinettskunst
widerlegen, viel besser als lange theoretische Erörterungen.
Also die Augen auf, die Herzen auf, und dann kommen
Sie mit mir nach Düsseldorf, begleiten Sie mich, vom Cor
neliusplatz kommend, in den Hofgarten; wir gehen über
die goldene Brücke und nun schauen Sie im Hofgarten
das sich uns bietende Parkbild an, besonders bei Abend
beleuchtung mit dem schräg einfallenden Licht,
Wer findet das sich nun bietende Bild nicht schön,
wer hält diese Gartenszene, und es ist eine landschaftliche,