DER STÄDTEBAU
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sich nicht an erster Stelle im neuen Städtebilde breit mache und der ganze Bau,
seinen Charakter als Tor verlierend, nicht als ein unerklärlicher Ausbau
über dem Bürgersteig erschiene. Das alte Tor hätte aber dann durch den
unten im Sinne des 20., oben in dem des 15, Jahrhunderts gehaltenen
Ausbaue seinen archäologischen und geschichtlichen Wert verloren, während
die verschiedenen Torwege bald als lästig empfunden worden wären.
Ein dritter Plan auf Abb. 5 dargestellt, wurde vom Architekten S. de
Clercq veröffentlicht. Er wollte einen Teil des Hofteichs zuschütten, damit
eine breite Kaianlage für Straßenbahn und Wagenverkehr möglich würde
und außerdem noch Raum übrig bliebe zur Errichtung eines öffentlichen
Abb. 3.
Gebäudes. Dieser Plan bietet viele Vorteile. Alle Forderungen des Ver
kehrs sind berücksichtigt. Das öffentliche Gebäude würde dieser Schmal
seite des Hofteiches einen passenden Abschluß geben und es würde auch
den auf Plaats und Buitenhof mündenden Straßen als Point-de-vue dienen.
Dazu würde der „Gevangenpoort“, der für Fußgänger geöffnet bleibt
und einen geschützten Durchgang bietet, seinen Charakter behalten, ohne
daß das traurige Gebäude an die erste Stelle rückte. Endlich wäre dieser
Plan bei weitem billiger, als die Enteignung der Häuser, welche nach den
beiden anderen Entwürfen nötig wäre.
Es ist aber sehr die Frage, ob die öffentliche Meinung eine, sei es auch
nur teilweise und für die Gesamtwirkung nicht schädliche ZuschUttung von
„Hofvyvcr“ gutheißen würde. Das Kunstgefühl der Haager Bevölkerung ist
inbezug auf den Haagschen Bosch und auf den Hofvyver ein sehr empfind
liches und etwas sentimental angehauchtes, und läßt sich nicht leicht
überzeugen.
Die Platzfrage für den Friedenspalast war dadurch eine lange Leidens
geschichte und wenn das Gebäude jetzt in eine sehr ungünstige Lage
kommt >), so ist die Schuld bei dem Haager Gemeinderat zu suchen, welcher
') Vergl, dieserhalb den Beitrag von K. de Bazel in No. 3 der Zeitschrift.
dem einstimmigen Wunsche der Künstler zum Trotz seine Mitwirkung
verweigerte, nach dem Regierungsplane das Malieveld im Haager Wald
für das Gebäude zur Verfügung zu stellen.
Wenn also der dem Entwürfe von de Clercq zu Grunde liegende Ge
danke, der übrigens auch nicht neu ist, zur Ausführung kommen soüte
und ein Teil vom Hofteich zugeschüttet würde, dann wäre dies wahr
scheinlich dem finanziellen Schwergewichte anderer Pläne zuzuschreiben.
Der Haager Magistrat hat versucht, einen Mittelweg einzuschlagen, indem
er jetzt dem Gemeinderate den Plan unterbreitet hat, die Zuschüttung eines
Streifens von 27 m Breite zur Anlage eines Kais, ohne aber den Gedanken
Abb. 4.
an die Errichtung eines öffentlichen Gebäudes überzunehmen. Das wäre
sehr schade und würde auch die grundsätzlichen Gegner jeder Veränderung
des Hofteiches nicht versöhnen. Der Streit hat sich sehr zugespitzt. Ein
Hauptpunkt darin ist, daß jüngst der als Kunst- und AJtertumsfreund
bekannte Mr. Freiherr Victor de Stuers, ehemaliger Referendar für Künste
und Wissenschaften im Ministerium des Innern, sich für den Magistrats
plan, als den einzig praktisch ausführbaren, mit einer kleinen, nicht
prinzipiellen Änderung, ausgesprochen hat. Ihm können die dadurch
völlig überraschten Gegner wenigstens nicht eines schnöden Vandalismus
beschuldigen!
Unterdessen hat der Zeitungskrieg und die Einsendung von Beschwerden
in Form von Adressen nicht aufgehört.
In einer Hinsicht ist solches erfreulich, denn es hilft mit, das in
Städtebaufragen schlummernde allgemeine Interesse zu wecken und wach
zu halten — so weit das in Kunstfragen architektonischer Art überhaupt
heutzutage möglich ist.
Zwei neuere Platz- beziehungsweise Straßenbilder bieten
die Tafeln 31 und 32 durch geschickte Aufstellung und Gruppierung von
Schulhäusern.