DER STÄDTEBAU
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sogar noch Weingärten, deren gutes Gedeihen nach Aus
sage der Besitzer hauptsächlich auf die geschützte Lage
gegen die hier so häufig auftretenden heftigen Stürme zurück
zuführen ist.
Außer den bisher angedeuteten Vorteilen in der Ge
samtanlage ergeben sich noch weitere bei der Anord
nung der Stiegen und Gänge, sowie der verschiedenen Neben
räume. Abb. 2 stellt auf demselben Baublock eine ähn
liche Anordnung für eine Doppelschule dar. Die Eingänge
sind dabei vollständig getrennt und ist der gegenseitige
Einblick in die Klassenfenster ausgeschlossen. In Abb. 3
und 4 sind weitere Möglichkeiten für die Errichtung der
Schulgebäude in „Innenhöfen“ vorgeführt, ln Abb. 5 ist
auf die Straßenfront völlig verzichtet, was natürlich nur
unter der Voraussetzung geschehen kann, daß zu beiden
Seiten Eingänge gesichert sind und zwar entweder als
Durchhäuser oder durch Unterbrechung des Häuserkranzes,
Diese Anlage ist aber auch nur dann zu empfehlen, wenn
sie in Verbindung mit einem anderen öffentlichen Ge
bäude z. B. einem Rathaus steht, so daß für eine würdige
architektonische Gestaltung des Durchgangshofes gesorgt
werden kann, welcher stellenweise von Arkaden umgeben,
mit Denkmälern, Brunnen und dergl. geziert, sich wie ein
Platz gestalten lässt, auf dem lediglich der Wagenverkehr
ausgeschlossen ist.
Beispiele von ausgeführten Schulbauten, die den hier
entwickelten Anschauungen nahe stehen, geben Abb. 6
und 7. Die Hofgebäude sind daselbst besonders durch
gebildet und gibt Abb, 6 den Typus der sogenannten L-för
migen, Abb, 7 den der j_"f örr mg en Grundrißanordnung.
Ferner gehört hierher noch die U-fÖrmige Grundriß
bildung, welche Dr. Maggenot in seinem „Essay d’hygiene
des construction scolaires“*) für städtische Schulen
vorschlägt. Bei dieser letzteren Anordnung werden sich
aber bereits Schwierigkeiten für die Lage der Klassen
fenster in den beiden Flügelbauten ergeben. Sind diese
*) Revue d’hygifcne 1895.
gegen den Mittelhof gerichtet, so ist ein gegenseitiger
Einblick, der den Unterricht stört, die Folge, und wird
notwendigerweise auch die eine Flucht schlechte Orien
tierung haben. Sind die Klassen aber nach der gleichen
Weltgegend gerichtet, so muß auf einer Seite noch für
einen unverbauten Platz gesorgt werden, wodurch die
Kosten der Anlage sich wesentlich erhöhen. Eine U-för
mige Anlage mit einem Seitenflügel an der Straße liegend,
wie in Abb. 8, wäre, abgesehen von der Straßenlage einiger
Klassen, vorteilhafter, doch sind dabei übermäßige Flur
flächen und finstere Räume in den Eckanschlüssen nicht
zu vermeiden.
Diese Nachteile stellen sich ebenso bei allen Eckbau
plätzen von annähernd quadratischer Form, noch mehr
bei den an drei oder allen vier Seiten von Straßen be
grenzten Grundstücken ein, sobald man versucht die Flur
gänge an die Straße, die Klassen gegen den Spielplatz und
Garten zu legen. Behält man aber das alte System der
Innengänge bei und behilft sich als Schutz gegen die Straße
und zur Sicherung des nötigen Lichteinfallswinkels mit
Vorgärten, dann schrumpft mit jedem Meter Breite die
Baufläche im quadratischen Verhältnisse zusammen, der
Innenhof wird für Gartenanlagen zu klein und dient
nur mehr als Lichthof und der sogenannte Vorgarten
kann in einzelnen Streifen zerschnitten schon der schlechten
Übersicht halber nicht als Spielplatz und Erholungs
stätte für die Schuljugend benutzt werden. Auch eine
architektonische Gliederung des Bauwerkes ist bei diesem
geometrisch schematischen Systeme (siehe Abb. 9) nur
bei ganz besonders großer Ausdehnung
möglich. Für niedere Schulen, die gleich
mäßig auf die verschiedenen Stadtgebiete
zu verteilen sind, wird immer eine ge
wisse Sparsamkeit zu beobachten sein,
und da ist es ausgeschlossen, in einen
solchen Gebäudewürfel eine anmutige
Gruppierung mit schlichter Einzelbildung
gemäß der heutigen Geschmacksrichtung
hineinzubringen; dem widerspricht aber
schon die Grundform des Ganzen, eine echte Folgeer
scheinung jener Schachbrett-Bebauungspläne. Die besten
Beispiele für die Anordnung von Schulhausbauten zeigt
die Stadt Brüssel. Das in jeder Beziehung ausgezeich
nete Programm, welches mit geringen Ergänzungen seit
dem Jahre 1879 daselbst bis heute besteht, wurde von
Mr. Charles Buls, ehemaligen Bürgermeister von Brüssel,
verfaßt. Der erste Abschnitt desselben lautet: „Lage (des
Schulhauses): 1. Trockener oder leicht zu trocknender
Boden; 2. geschützt gegen den Einfluß von Ausdünstungen;
3. so luftig als möglich; 4. geschützt gegen den Lärm der
Straße; 5, leicht zugänglich; 6. Ausgang in
eine verkehrsarme Straße“. Beigefügt ist
das in Abb. 10 wiedergegebene Planschema.
Die Abb. 11*) zeigt ein Beispiel für die
allgemein anerkannten Erfolge dieses Pro
gramms.
Nach dem bisher Gesagten läßt sich
der Grundsatz aufstellen, daß für kleine
und mittlere Schulhausbauten in geschlosse-
*) Durch Herrn Bürgermeister Ch. Buls-Brüssel
zur Verfügung gestellt.
Abb. 10.
Abb. 9.