DER STÄDTEBAU
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Abb. i.
Gartenanlage des Herrn Dr. Klostermann, Gelsenkirchen. Entworfen und ausgeführt von Hardt & Nauen, Gartenarchitekten, Düsseldorf.
sich gegenseitig zu heben und zu schmücken, beeinträch
tigen sich Gartenkunst und Architektur, und doch sollten
sich beide zu einem Kunstwerk vereinen.
Mit Recht mag man den französischen Garten wegen
seiner Steifheit und der nur zu oft gekünstelten Formen
verurteilen, doch wird niemand leugnen können, daß in
einer Anlage, wie die zu Versailles und ähnliche, der
Garten mit dem Bauwerk in innigsten Einklang gebracht
ist. Der Grundgedanke des architektonischen Gartens geht
also dahin, die ganze Garten- und Parkanlage in regel
mäßigen und architektonischen Formen und Linien aus
zuführen, also gewissermaßen selbst zur Architektur zu
machen. Ein großer Gedanke will hier Architektur und
Natur vereinen. Neben dieser architektonischen Auffassung
der Anlage im allgemeinen ist auch die architektonische
Behandlung der Bäume und Sträucher nicht zu verwerfen.
Buxbaum und Taxus wird man stets in geraden Linien
und Formen pflanzen und schneiden dürfen, und jedem
Künstler ist es erlaubt, besonders Linden, Rot- und Hain
buchen in regelmäßige Formen zu zwingen. Weiter wird
man Schlinggewächse zu Laubengänge heranziehen oder
zwischen Säulen und Bäumen ziehen, und ferner wird man
nach Art der früheren Teppichbeete Muster aus niedrig-
bleibenden Pflanzen bilden dürfen.
Abb. 2.
Vorgarten für Herrn Böttcher, Berlin. Ans der „Gartenkunst“.
In das gerade Gegenteil verfiel der englische Garten
des 18. Jahrhunderts, der in dem Bestreben, nur Natur zu
bieten, so weit ging, die Schrecknisse der Wildnis, Berge
und Täler, Schluchten, Felsen, Ruinen usw. in engem
Raume zu vereinen. Man errichtete aller Art Tempel, Ein
siedeleien, Borkenhäuschen und Denkmäler und bevöl
kerte den Park mit Wild und Haustieren. So verwerflich
auch diese Auswüchse waren, so steckte doch, ebenso wie
in dem französischen Garten, ein vernünftiger Gedanke in
diesem Naturgarten. Wie der französische Gartenarchitekt
davon ausging, die Natur der Architektur unterzuordnen,
so fand der englische Landschaftsgärtner seine Befriedigung
in dem Garten, der als Schmuck der Landschaft diente.
Wer von beiden nun Recht hatte, ist schwer zu sagen.
Ist ein Park von Wald, Feld und Wiesen umgeben, mag
man ihn im landschaftlichen Stil anlegen; je mehr aber
der Garten von der Architektur beherrscht wird, wird er
sich den regelmäßigen Formen anpassen müssen. In den
Städten ist daher in den Vorgärten, den Gärten hinter den
Häusern und in den meist sehr engen Höfen eine land
schaftliche Anlage, wie sie meist beliebt ist, ohne jede
künstlerische Wirkung, ja sie ist durchaus ein Zeichen
eines sehr ungebildeten Kunstempfindens. Hier ist fast nur
der regelmäßige Garten am Platz (Abb. 14 im Text und
Tafel 9).
Mit wie geringen Mitteln ließen sich hier durch die
beim Bau gewonnenen Erdmassen kleine Terrassenanlagen
schaffen. Die nötigen Treppen und Brüstungen ließen
sich ebenso billig aus dem warmen, roten Backstein her-
stellen, die Lauben im sogenannten Biedermeierstil, Bänke,
Stühle und Tische in der einfachen, schlichten Art, wie sie
jetzt z. B. von den Dresdner Werkstätten für Handwerks
kunst hergestellt werden. Grünberankte Gartenmauern, ein
freundliches Gartentor werden ein anmutiges Bild geben.
Von großen Bäumen ist hier Abstand zu nehmen, da sie
den Zimmern Licht und Luft rauben und schon die Lauben
hinreichend Schatten geben. Oft wird auch gegen die
Rücksicht auf die Architektur verstoßen, deren Wirkung
man durch starke Baummassen beeinträchtigt und die man
dadurch von den Anlagen loslöst, anstatt beides zusammen
wirken zu lassen. Als gutes Beispiel mögen auch die An
lagen an der Kölner Bismarcksäule gelten, die selbst bei
hohem Alter die wuchtige Größe der Säule nie in ihrer