DER STÄDTEBAU
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Abb. 19. East-Avenue in Rochestei.
E. Die Parkanlagen in Chicago.
Die Parkanlagen Chicagos unterstehen nicht der städti
schen Verwaltung, sondern sind auf Grund eines Staats
gesetzes vom Jahre 186g einer selbständigen Behörde, der
Board of Park Commissioners, unterstellt. Diese Behörde
ist berechtigt, zur Deckung ihrer jährlichen Ausgaben
einen gewissen Prozentsatz der städtischen Steuer für ihre
Bedürfnisse zu erheben. Die Folgen dieser eigenartigen
Verwaltung, die sehr viel unabhängiger von politischen
Verhältnissen ist, als die Stadtverwaltung, waren für die
Entwicklung der Parkanlagen Chicagos sehr segensreich.
Die Parks und die zugehörigen Parkstraßen (vgl. den Lage
plan der Parkanlagen West-Chicagos auf Tafel 72) sind
asphaltiert und größtenteils mit elektrischem Licht be
leuchtet.
Die drei selbständigen Verwaltungen der Chicagoer
Parkanlagen
South-Park Board
Lincoln-Park Board
West-Park Board
haben ihre eigenen Treib- und Gewächshäuser, ihre eigenen
Stallungen für Wagen und Pferde, ihre eigenen Kraft
zentralen für die Erzeugung des elektrischen Lichtes, so
wie ihre eigenen Reparaturwerkstätten. Sämtliche Ein
richtungen sind so getroffen, daß jede einzelne Verwaltung
so unabhängig wie möglich und so selbständig wie mög
lich arbeiten kann. Da den Parkverwaltungen reichliche
Mittel zur Verfügung stehen, so unterscheiden sich die
Parkstraßen sehr vorteilhaft von den übrigen städtischen
Straßen Chicagos. Der Fremde, der die Anlagen der Stadt
besichtigt, wird meist außer den mit leidlich gutem Pflaster
versehenen Straßen der Geschäftsstadt nur die Parkstraßen
und die zugehörigen Parkanlagen zu sehen bekommen.
Der Gesamteindruck der Stadt wird daher für viele Be
sucher Chicagos ein sehr viel günstigerer sein, als ihn der
jenige erhält, der von den großen Parkstraßen seitwärts
den Schmutz und den schlechten Zu
stand der Seitenstraßen gesehen und be
obachtet hat, in wie mangelhafter Weise
in den, dem großen Verkehr entzogenen
Stadtvierteln für die Unterhaltung der
Straßen und deren Reinigung und Be
leuchtung gesorgt wird.
Einzelne Querschnitte der Parkstraßen
geben die Abbildungen 8 bis 10. Die
vorhandenen Parkflächen und Park
straßen werden zielbewußt dauernd
vergrößert und ausgebaut, da man in
Amerika schon lange den großen Nutzen
öffentlicher Parkanlagen in hygienischer
Beziehung erkannt und gewürdigt hat.
Sehr interessant ist in dieser Hinsicht,
was im 31. Jahresbericht der „West-
Chicago - Park - Commissioners“ vom
Jahre 189g über die Parkausdehnung von
Chicago gesagt wird. Es möge daher
ein kurzer Auszug aus diesem Berichte
im nachfolgenden gegeben werden;
„Die Bestrebungen derjenigen, welche
sich in den letzten Jahren mit der Ent
wicklung der Parkanlagen der amerika
nischen Großstädte befaßt haben, sind
nach zwei verschiedenen Richtungen auseinandergegangen.
Die eine Richtung war bestrebt, in den Außenteilen der
Stadtgebiete möglichst große Flächen für die Parkanlagen
zu sichern, die anderen hatten sich die Aufgabe gestellt, in
den dicht bebauten Innengebieten offene Plätze, kleine
Parks und Spielplätze für die Jugend einzurichten.
„Die Gründe derjenigen, welche große Parkflächen
befürworten, sind mannigfache und stützen sich auf weit
gehende Forschungen. Zur Unterstützung der Theorie,
daß Parkflächen ein wichtiges Mittel bilden, um der Ver
breitung von Epidemien in großen Städten vorzubeugen,
wird angeführt, daß, solange die Pontinischen Sümpfe von
Rom durch einen Wald getrennt waren, der anschließende
Teil der Stadt gesund und frei von Malaria war. Später,
als der Wald beseitigt wurde, brach Fieber aus und der
betreffende Teil der Stadt ist noch jetzt fortdauernd unge
sund. Ein ähnliches Beispiel stammt von Alabama (Stadt
im Süden der U. S.), wo eine Negerkolonie in der Nähe
eines Flusses lebte, ungestört durch Malaria, solange Bäume
im Überflüsse zwischen ihnen und dem Flusse wuchsen.
Aber in demselben Sommer, als die Bäume beseitigt waren,
wurden die Neger von der Malaria befallen. Die Ver
legung der Kolonie, und zwar nicht weiter vom Fluß,
als daß ausreichend Bäume zwischen ihr und dem Fluße
wuchsen, brachte wieder Immunität vom Fieber. Während
einer Epidemie in Jowa (Staat und Stadt westlich von
Chicago) wurde durch das Gesundheitsamt die Beobachtung
gemacht, daß ganz allgemein diejenigen Familien der An
steckung entgingen, welche in Häusern lebten, die von
Bäumen umgeben waren.
„Bäume dienen dazu, sagt man, das Klima gleichmäßig
zu machen, im Sommer kühler und im Winter wärmer.
Die Wirkung des Laubes im Sommer ist die, daß es
Feuchtigkeit abgibt und diese die Luft kühlt, während im
Winter die Äste als Wärmeleiter vom Untergründe dienen,
der wärmer ist als die umgebende Luft und daher den