DER STÄDTEBAU
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Die bebaute Fläche für Wohnhäuser ist also in beiden
Plänen fast die gleiche, ein wenig höher sogar noch im
neuen Plane, der besondere Wohnstraßen vorsieht. Nicht-
destoweniger bleiben für öffentliche Gebäude und Plätze,
Gärten und Höfe ungefähr 67 000 qm Fläche mehr übrig.
Die Grundfläche für viergeschossige Bebauung ist zwar
um rund 33200 qm kleiner geworden; dafür sind aber
33 600 qm Grundfläche für eine niedrigere Bebauung ge
wonnen. Werden im Durchschnitt für eine Feuerstelle
35 qm gerechnet, so bot der alte Plan, wenn das Erd
geschoß als Wohngeschoß mitgerechnet wird, rund 19660
Feuerstellen, Nach dem neuen Plane ergeben sich da
gegen 14920 Feuerstellen in viergeschossigen Häusern und
1500 in kleineren Häusern, zusammen 16430; der Unter
schied beträgt also 3200. Die Kosten für die Anlage
der Straßen und zwar für 1 qm der Hauptstraßen und
der öffentlichen Plätze zu io Kronen und für 1 qm der
Nebenstraßen zu 5 Kronen angenommen, würden nach
dem älteren Plane aber auch rund 2026000 Kronen
ausgegeben werden, nach dem neueren nur 1 275 000, also
750000 Kronen weniger. Auf eine Feuerstelle bezogen,
im ersten Falle 103 Kronen, im zweiten Falle etwa
73 Kronen.
Durch diese soziale und wirtschaftliche Plangliederung
wird außerdem erzielt, daß eine größere Anzahl von
Häusern in die Nähe kleiner Gartenanlagen rückt, die Er
satz bieten für größere Garten- und Platzanlagen, deren
Anordnung nicht zur Aufgabe diese Planes gehörte.
ANLAGE EINES LANDHAUSVIERTELS
BEI HANNOVER.
Von G. AENGENEYNDT, Hannover.
Der Anbau von Einfamilienhäusern in Hannover war
im Vergleiche zu anderen Städten bisher nur ein spärlicher.
Das Miethaus, mit abgeschlossenen Wohnungen in jedem
Geschoß, in Größe und Ausstattung den verschiedenen
Bedürfnissen angepaßt, wurde weitaus bevorzugt. Erst in
den letzten beiden Jahrzehnten machte sich der Anbau von
Eigenhäusern im Stadtgebiete und in einigen benachbarten
Vororten in wachsendem Umfange bemerkbar. Bei einer
im Jahre 1894 vorgenommenen Umarbeitung der städtischen
Bauordnung wurden in richtiger Erkenntnis der zunehmen
den Beliebtheit der Einzelhäuser erleichternde Vorschriften
für die Erbauung derartiger Häuser erlassen, und besondere
Teile des Bebauungsplanes als sog. Landhausviertel fest
gesetzt. Dabei wurden Landhausviertel mit Bauwich und
solche ohne Bauwich unterschieden. Bei Bestimmung der
für Landhausviertel festzusetzenden Flächen ist selbst
verständlich auf passende Lage und Umgebung möglichste
Rücksicht genommen. Namentlich sind die in der Nähe
des Stadtwaldes „Eilenriede“ liegenden, für die Bebauung
geeigneten Flächen zu Landhausvierteln bestimmt. —
Das auf der Doppeltafel 63 und 64 dargestellte Land
hausviertel ist auf einem Gelände angelegt, das sich mit
Ausnahme der Provinzial-Blindenanstalt ganz im Eigentums
der Stadtgemeinde befand. Es ist am Rande der Eilen
riede anmutig gelegen und von der Stadtmitte nur etwa
3 km entfernt. Eine vorzügliche Straßenbahnverbindung,
mit einer für großen Verkehr zweckmäßig eingerichteten
Haltestelle zwischen der städtischen Waldwirtschaft
„Pferdeturm“ und einem Haupteingange zur Eilenriede,
macht es von allen Seiten leicht erreichbar. Der Be
bauungsplan für das Gelände vor der Blindenanstalt ist
bereits im Jahre 1892 von dem Verfasser aufgestellt
und mit einigen nicht wesentlichen Abänderungen für die
Ausführung beibehalten. Dieses Gelände gehört zu den
Landhausvierteln ohne Bauwich, mit der Einschränkung,
daß längst der lebhaften Kirchröder Straße die Häuser mit
drei vollen Geschossen, anstatt der sonst nur zulässigen zwei
vollen Geschosse, erbaut werden dürfen. Das hinter der
Blindenanstalt gelegene, nicht zur Eilenriede gehörende
Waldgelände wurde im vergangenen Jahre auch zum
Aufschluß für die Bebauung bestimmt und durch einen
neuen Bebauungsplan an das vorerwähnte Gelände ange
schlossen. Das Waldgelände soll in seinem ganzen Um
fange mit Bauwich und in besonderer, durch Verkaufs
bedingungen sicher gestellter Weiträumigkeit bebaut
werden, um auch denjenigen Baulustigen, welche Wert auf
einen großen Garten legen, passende Gelegenheit zur An
siedlung zu geben. Die auf dem Plane dargestellte vor
läufige Bauplatzeinteilung, die für die einzelnen Plätze
nicht unter 1300 qm hinuntergeht, zeigt, daß diese Plätze
nach Tiefe und Frontmaß viel reichlicher bemessen sind,
als diejenigen in dem vorderen Teile. Auch sind die Bau
platzpreise geringer angesetzt; sie sollen hier etwa 16 bis
18 M. für das qm, frei von allen Straßen- und Kanalbau
kosten, betragen, während ln dem vorderen Teile, ent
sprechend der größeren Ausnutzung 23—28 M. für das qm
bezahlt werden.
Der Bebauungsplan zeigt eingangs des Geländes einen
größeren Kirchplatz, auf dem inzwischen durch den
Architekten E, Hillebrand die Petrikirche in gotischen
Formen mit Sandstein-Fassaden erbaut worden ist. Die
Stadtgemeinde hat nicht nur den Kirchplatz frei her
gegeben, sondern auch noch einen erheblichen Beitrag zu
den Baukosten geleistet, um eine monumentale Ausführung
des Kirchenbaues zu erreichen. Die schön gestaltete Kirche
bildet einen wirkungsvollen Abschluß der breiten Allee
straße „Misburgerdamm“ und gibt mit den umgebenden
Gartenanlagen dem Eingänge zum Landhausviertel ein
sehr willkommnes vornehmes Gepräge. Der weiterhin
am Treffpunkte der Scheide-mitder Kirchröder Straße — dem
lebhaftesten Verkehrspunkte des anschließenden Vorortes
Kleefeld angeordnete Kantplatz ist als zukünftiger
Marktplatz gedacht; er ist vorläufig mit Gartenanlagen
versehen, da zunächst ein Bedürfnis für einen Marktverkehr
noch nicht vorliegt.
Durch die dem Rande der Eilenriede folgende Kaul-
bachstraße haben die beiden Viertel, außer der Zuwegung
durch die Kirchröder Straße, noch eine namentlich für den
Fußgängerverkehr bestimmte durchgehende Verbindung
mit einander erhalten. Hinter der Blindenanstalt verläßt