DER STÄDTEBAU
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verlegt — die Hauptwache tritt
stark gegen die Elbe hin in den
Vordergrund. Tafel 46 — Ent
wurf „Veto“ von P. Winkler,
Loschwitz — zeigt, davon ab
weichend, die Hauptwache ein
mal senkrecht zum Elbufer,
wodurch der Restaurationsgar
ten noch größer und der Blick
auf den Strom noch freier wird.
An Stelle des Restaurations
gartens öffnet sich dagegen im
Entwürfe „Einblick“ von A.
Schmidt, Dresden — siehe Tafel
47 — der Theaterplatz selbst
mit Pylonen geschmückt nach
dem Wasser hin. Hauptwache
und Restaurationsbau haben
hier ihre Lage vertauscht und
sind symmetrisch zur Platzaxe angeordnet.
Einer besonderen Betrachtung ist der Entwurf des
Architekten R. Schleinitz Vorbehalten worden. Dazu teilt
uns Herr Oberbaurat Klette freundlichst Folgendes mit:
„Von den nach Abschluß des allgemeinen Wettbewerbes
eingeforderten Überarbeitungen der durch Preise ausge
zeichneten Entwürfe schien den Beurteilern — es waren dies
die Mitglieder des früheren Preisgerichtes — der Entwurf
des Architekten Schleinitz der beachtenswerteste. Er ist
ausgezeichnet durch einfache klare Verhältnisse, bringt die
Schinkel sehe Hauptwache — das einzige Bauwerk Sachsens
in rein hellenischen Formen — gut und zweckentsprechend
zur Geltung und bietet auch an alter Stelle und in nicht
vordrängender Weise guten Ersatz für die jetzt den Theater
platz nach der Elbe zu abgrenzende Restauration Helbigs.
Auch hält sich die Planung in den, besonders durch bestehende
Anlagen gezogenen Grenzen. Von diesen Anlagen sind zu
nennen der große linksufrige Abflußkanal, mit dem die ge
samten Abwässer der Altstadt unterhalb der Stadt abgeführt
werden und der in geringer Tiefe unter Straßenoberfläche
liegende große Fernheizkanal, der vom Fernheizwerk her
die Staatsbauten der Umgebung mit Licht und Wärme ver
sorgt. Beide Bauwerke sind vor Hochwasser tunlichst zu
bewahren. Die Verkehrsbedürfnisse fordern dagegen eine
möglichst bequeme Verbindung des Terrassenufers mit dem
Theaterplatze, wodurch insbesondere der schwere Verkehr
von dem Brückenkopf und vom Theaterplatze ferngehalten
werden soll. Hieraus geht hervor, daß Planungen, wie die
Hallersche — Deutsche Bau
zeitung 1904 No. 3 — unmög
lich sind.
Bei der Beurteilung des
Schleinitz sehen Entwurfes, wie
er aus der Überarbeitung her
vorgegangen ist, durch die Mit
glieder des früheren Preisge
richtes wurde die Meinung ver
treten, daß ein weiteres Ver
schieben der Baumassen nach
Hotel Bellevue zu die Wirkung
erhöhen dürfte, insbesondere,
weil dadurch die Katholische
Kirche mehr freigehalten und
weil der Ausblick vom Theater
nach dem Elbthale damit ge
winnen werde. Auch die Platz
wirkung könne hierbei nur
günstig beeinflußt werden.
Daraufhin ist der Schleinitzsche Entwurf einer noch
maligen Überarbeitung unterworfen worden — vergl. Tafel
48 und die Textbilder 9 bis 11. Der Abstand der Haupt
wache von der Kirche ist auf 60 m erweitert, an Stelle der
erst getrennten Restaurationsgärten ein einziger zusammen
hängender getreten; an der Elbseite entsteht eine lang
gestreckte niedrige Terrasse, die den Einblick in den
Theaterplatz, auf dem militärische Schauspiele, Huldi
gungen und ähnliche festliche Veranstaltungen stattfinden,
fördert und die Ausblicke nach dem Strom und der Brücke
in keiner Weise beeinträchtigt. Es unterliegt kaum einen
Zweifel, daß der neue Entwurf gegen die früheren wesent
lich gewonnen hat.“
Der so gewonnene Entwurf entspricht sicherlich am
genauesten den Programmbedingungen. Durch weitgehende
Ausnutzung des Terrassenunterbaus ordnet er die Restau
ration völlig der Hauptwache unter. Ob damit dem Theater
platze aber ein monumentaler Abschluß gegeben, ob zur
Herbeiführung eines solchen die Hauptwache überhaupt
geeignet ist, wird die Versammlung namhafter Dresdener
Architekten noch zu prüfen haben, deren Beurteilung dieser
Entwurf und zwar in Verbindung mit der gesamten Be
bauungsfrage unterbreitet werden soll, um der Stadt
gemeinde die endgiltige Entscheidung zu erleichtern.
Man mag bedauern, daß es nicht zu einem nochmaligen
Wettbewerbe, der eben die ganze Platzgestaltung mitum
faßt, gekommen ist, muß aber anerkennen, daß das in Aus-
Abb. 7,
Abb. 8.