DER STÄDTEBAU
Baden umklammert, oder bei Gainfarn der Fall ist, das sich von Vöslau
genährt entwickelt.
Derlei Dinge werden aber in England als gegen das „Commonwealth“
(das Gemeinwohl oder allgemeine Beste) verstoßend angesehen. Es be
durfte daher nur eines Einschreitens der Gemeindevertretung von Torquay,
damit das Parlament trotz der heftigsten Gegnerschaft der Dorfgemeinde
Cockington diese in Torquay einverleibe. Die vergrößerte Gemeinde, die
ihre ersten Neuwahlen in diesem Frühjahre hatte und deren neue Gemeinde
vertretung sich vor wenigen Monaten bildete, zählt nun 35 000 Seelen
ortsansässiger Bevölkerung. Der englische Begriff des Commonwealth
fordert eben große und lebenskräftige Gemeinden, die sogar befähigt sein
sollen, Außergewöhnliches zu leisten, ohne die Steuerkralt ihrer Ange
hörigen zu stark anzuspannen.
Duodez-Gemeinden, wie wir sie bei uns in verschiedenen Teilen des
Landes haben, hat es in England nie gegeben. Die Ortsgemeinden
Österreichs beruhen auf der Steuer- oder Katastral-Gemeinde, die erst zu
folge des vorübergehenden Gemeindegesetzes vom Jahre 1849 für sich
allein, oder mit einer oder mehreren angrenzenden Katastral-Gemeinden
zur Ortsgemeinde erklärt wurde. Diese Schaflung der Ortsgemeinden er
folgte aber nach keinem einheitlichen Grundsätze und so kam es, daß
man Ortsgemeinden schuf, die die Last der ihnen schon damals und
später immer mehr und mehr auferlegten gesetzlichen Verpflichtungen
durchaus nicht zu erfüllen vermögen.
Die englischen ländlichen Ortsgemeinden verdanken ihr Entstehen
erst der bill of lokal government, die kaum zwei Jahrzehnte alt ist. Bis
dahin kannte England als Gemeinde nur die Pfarrgemeinde oder das
Kirchspiel, das von altersher viel größeren Umfang besitzt, als unsere
Katastral-Gemeinden. Diese Pfarrgemeinden wurden nun Ortsgemeinden
kraft des neuen Gesetzes. Erst seit jener kurzen Spanne Zeit haben sie
eigene gewählte Vertretungen, während bis dahin die Gemeindeverwaltung
in den Händen des Pfarrers und der Kirchenältesten lag.
Eine Gemeinde-Selbständigkeit in unserem weitausgedehnten Sinne
ist noch heute in England ganz unbekannt. Ein Selbstbestimmungsrecht
haben diese Ortsgemeinden, die boroughs ausgenommen, nur in sehr
geringem Umfange; nur von einem gewissen Selbstverwaltungsrecht —
selfgoverment — kann hier die Rede sein. Der Schwerpunkt der örtlichen
Verwaltung liegt in England im county-council, in der Grafschafts- oder
Bezirksvertretung; diese hat jenen polizeilichen Wirkungskreis, der bei uns
der Ortsgemeinde obliegt. Trotzdem beschäftigt sich das Parlament damit,
durch zwangsweise Vereinigungen mehrerer Ortsgemeinden zu einer,
lebensfähigere, das heiOEsich besser verwaltende Organismen zu schaffen.
Was die Gemeindesteuern in England im allgemeinen anbetriflt, so
ist vom Staate den Gemeinden der Mietzins als Steuergegenstand überlassen
worden. Der Mietzins der Häuser und einzelnen Wohnungen wird ähnlich
wie bei uns geschätzt oder durch Kommissionen festgesetzt. Die Miet
zinssteuer-Umlage in den Gemeinden pflegt in der Regel nicht höher als
^5% zu .sein, womit den wesentlichsten Gemeindebedürfnissen Genüge
geleistet wird, denn die Mietzinse sind hoch. So kostet zum Beispiel ein
größeres, eingerichtetes Landhaus in Bournemouth wöchentlich 20 Pfund
Sterling Miete, ein kleines 12 Pfund Sterling. Außerdem beziehen die
Gemeinden noch gewisse Einnahmen (unseren Lizenzgebühren ähnlich)
von öflentlichen Schaustellungen, Verkehrsuntemehmungen und dergleichen.
Alle anderen Steuergattungen, wie die Einkommen- und Gewerbesteuern
und auch die wenigen in England bestehenden Konsumsteuem auf Bier
und Tabak fließen in den Staatsschatz. Die größeren und lebenskräftigen
Gemeinden Englands schaffen sich aber Einnahmequellen aus ihren eigenen
Unternehmungen, als da sind Gas-, Elektrizitäts- und namentlich Wasser
leitungsanlagen.
Den Kurorten an der Seeküste wirft der Pier (die Landungsbrücke)
alljährlich einen bedeutenden Ueberschuß ab. Jeder, der mit dem Schiffe
dort landet, oder der vom Festlande aus seine Unterhaltung auf dem Pier
sucht, und der Pier ist ja mit Rücksicht auf die dort mehrmals täglich
stattfindenden Konzerte der Mittelpunkt des geselligen Lebens, hat den
Drehstand zu durchschreiten und jedesmal einen Zoll von z (in kleineren
Kurorten) oder a Pence (20—40 Heller) zu entrichten. Dagegen werden
Kur- oder Musiktaxen von den Fremden in den englischen Kurorten
nirgends eingehoben, das würde den Fremdenzuzug beeinträchtigen und
— praktisch ist ja der Engländer und stets ein guter Rechenmeister.
Deshalb trägt England sein kleines Kapital an Naturschönheiten so hohe
Zinsen,
Ich schließe mit der Frage ob die Verzinsung unseres ungeheueren
Kapitals an Naturschönheiten, Heilquellen und historisch interessanten
Punkten eine genügend hohe ist?
er ESCHWEILER BERGWERKSVEREIN hatte s. Z. einen
Wettbewerb zur Erlangung von Bebauungsplänen unter den deutschen
Architekten ausgeschrieben. Es war dies eines der größten Ausschreiben
seiner Art, da es die Bebauung zweier großen Gelände mit über Tausend
Beamten- und Arbeiterhäusern, nebst sämtlichen zugehörigen öffentlichen
Gebäuden, Verkaufshäusem, Saalbauten, Volksschulen, Badeanstalten usw.
zur Aufgabe stellte und zwar unter der Bedingung, daß jedes einzelne
dieser Gebäude eine durchweg künstlerische Lösung erführe. Trotz der
außerordentlich großen Arbeit wurden überaus viele Entwürfe eingeliefert,
von denen u. a. der von Prof. Henrici in Aachen preisgekrönt wurde.
Von diesen Entwürfen werden wir demnächst noch den einen oder anderen
mitteilen.
V on besonderer Bedeutung ist eine baupolizeiliche Anordnung, die
Polizeipräsident von Borries für bestimmte Teile CHARLOTTEN-
BURGS erlassen hat. Danach ist verboten die Errichtung neuer und die
Erweiterung bestehender, gewerblicher Anlagen, die bei ihrem Betriebe durch
Verbreitung schädlicher oder übler Dünste, starken Rauches oder durch
Erregung eines ungewöhnlichen Geräusches Gefahren, Nachteile oder Be
lästigungen des Publikums herbeiführen können. Dieser neue Nachtrag zur
Baupolizeiordnung für die Stadt Charlottenburg betrifft nach der Tägl.
Rundschau drei Teile der Stadt: die Gegend zwischen dem Zoologischen
Garten und dem Savignyplatz, Westend und die ganze Bismarckstraße,
er „VEREIN DEUTSCHER GARTENKÜNSTLER“ hielt
seine 17. Hauptversammlung unter sehr zahlreicher Beteiligung vom
3.- 6. August zu Düsseldorf ab. Von den verschiedenen Vorträgen er
weckte besonderes Interesse derjenige des Stadt-Gartendirektors Encke-Köln
über „Architektonische Motive in der Gartenkunst“. Im Verlauf seiner
Ausführungen äußerte sich der Redner äußerst abfällig über die Cesamt-
anordnung der Düsseldorfer Gartenbauausstellung. (S. S. 124 d. Städtebau),
U. a. fehlten große Achsen vollständig, dem praktischen Verkehr sei keine
Rechnung getragen. Auch die Anordnung der Ausstellungspflanzen auf
großen ebenen Rasenflächen sei durchaus verfehlt, sie beweise aber, daß
bei der ganzen Anlage kein Zusammenwirken vieler Einzelheiten zu einem
großzügigen Ganzen vorhanden sei. Es wäre Pflicht dies hier auszusprechen,
um der Ansicht entgegenzutreten, daß die deutschen Gartenkünstler mit
der Anordnung der Ausstellung einverstanden wären. Im Anschluß hieran
wurde eine scharf gehaltene Entschließung eingebracht, diese jedoch mit
geringer Mehrheit abgelehnt, weil darauf hingewiesen wurde, daß man
der sonst verdienstlichen Ausstellung nur schaden würde und die Aus
sprache vollständig genügt hätte, um die Ansicht des Vereins wiederzu
spiegeln. Dagegen wurde in der Niederschrift zum Ausdruck gebracht,
„die Versammlung erachtet es für bedauerlich, daß für die im einzelnen
hochinteressante und hervorragende Ausstellung eine dem heutigen Stande
der Gartenkunst entsprechende Gesamtanordnung nicht gewählt worden ist,
um so mehr, als das vorhergegangene Preisausschreiben ausgezeichnete
Anregungen gegeben hatte“.
■ "\ie STADT DORTMUND beabsichtigt ein Preisausschreiben
zu veranstalten zur Gewinnung von Plänen für einen würdigen und
harmonischen Ausbau des dortigen Marktplatzes, soweit dafür die Gestaltung
der Häuserfassaden in Betracht kommt.
A uf dem BRANDENBURGISCHEN STÄDTETAGE ZU
KOTTBUS ist am ig. September Uber die allgemeinen Grundzüge
verhandelt worden, nach denen Städtische Straßen und Plätze anzulegen
sind. Der als Berichterstatter bestellte Herausgeber unserer Zeitschrift
hatte dazu Leitsätze aufgestellt, deren Veröffentlichung noch Vorbehalten
bleibt. Zunächst soll hier aber der frohen Genugtuung darüber Ausdruck
verliehen werden, daß überhaupt eine derartige Aufgabe in den Arbeits
plan des Städtetages aufgenommen worden ist.
Verantwortlich für die Schriftleitung: Otto Dom, Cr.-Lichterfelde - Berlin. — Verlag von Emst Wasmuth, Berlin W„ Markgrafenstrasse 35.
Inseratenannahmc C. Behling, Berlin W, 66, — Gedruckt bei Julius Sittenfeld, Berlin W. — Klischees von Carl Schütte, Berlin W.