DER STÄDTEBAU
das Brandunglück Überwiegend di« kleineren und neueren Städte getroffen
hat, so liegt dies daran, daß sie des bequemeren Handels wegen am
offenen Meer, zwischen Strand und Fels mit nahe aneinander liegenden
Straßen erbaut sind. Die Rücksicht auf die leichtere Erwärmung spielt
dabei eine Rolle, denn trotz des Golfstroms ist der Winter furchtbar kalt;
aus dem gleichen Grund wird, abgesehen von den geringeren Kosten, der
Holzbau bevorzugt. Steht nun auf eine solche Küstenstadt ein scharfer
Sturm, dann kann ein brennendes Haus die Stadt binnen einer halben
Stunde in ein Flammenmeer verwandeln,
I N DÜSSELDORF hat sich eine durchgreifende ABÄNDERUNG
DES BEBAUUNGSPLANES für das gesamte Gelände zwischen
der Himmelgeister Straße, dem Stoffeier Damme und der Fruchtstraße als
notwendig erwiesen mit Rücksicht auf das im Bau begriffene Krankenhaus
und die an der Werstener Straße geplante Kirche, die nach dem alten
Plane im Laufe der Zeit völlig zugebaut worden wäre. Nach dem ab
geänderten Plane ist die Kirche auf drei Seiten frei und auf der vierten
angebaut. Es ist auf dieser Seite eine schmale Straße vorgesehen, an
welcher die- Wohnungen der Geistlichen und andere Dienstgebäude er
richtet werden sollen. Auf das neue Krankenhaus erschien es angebracht
eine große Verkehrsstraße von Oberbilk aus zuzuführen. Sie soll mit
Promenaden in wechselnder Breite geschmückt werden, wie solche auch
bei verschiedenen anderen Straßen geplant sind. Im übrigen ist beim
Entwerfen der Straßenzüge, soweit angängig, immer auf die vorhandenen
Wege Rücksicht genommen worden, um Enteignungen möglichst zu ver
meiden.
Die Breite der Hauptstraßen wechselt zwischen 20—32 m. Die üb
rigen Straßen, die einen geringeren Verkehr aufzunehmen haben, sollen
eine solche von 15 m erhalten, während für die reinen „Wohnstraßen“
eine Breite von 10 m geplant ist. Bei letzteren ist durchweg die An
lage von Vorgärten vorgesehen, die nur auf der Nordseite in Wegfall
kommen. A. W.
r?VR ERLANGUNG VON BAUPLÄNEN FÜR DIE STADT
^ BAUTZEN, die den Ansprüchen der Stadt genügen, ohne den
eigentlichen Baucharakter der Stadt zu beeinträchtigen, wird vom Stadtrat
ein Wettbewerb unter den deutschen Architekten ausgeschrieben. Der
Wettbewerb soll sich auf Schauseiten oder auch Teile von solchen er
strecken wie Ladeneinbauten, Erker, Ladenschilder, Essenköpfen usw. Die
Frist läuft am $1, Oktober d, J. ab. Zu den Preisrichtern gehören u. a.
Geh. Rat Dr. Gurlitt und Prof. Schuhmacher-Dresden. Es sind 3 Preise
von 1200, 900 und 600 Mark ausgesetzt.
IE QUADRATSTADT MANNHEIM. Gegen das Vorurteil,
das in dieser schon stehend gewordenen Bezeichnung liegt, und das
insofern unbegründet ist, als es sich auch gegen die neueren Stadtteile
Mannheims richtet, wendet sich eine ausführliche Zuschrift des Mann
heimer Oberbürgermeisters Beck, die dem Verfasser dieses auf seine
Anfrage zu teil wurde. Das Schreiben ist in sofern interessant, als
es nicht nur die neueren Stadtteile Mannheims gegen den Vorwurf
des Eintönigen usw. in Schutz nimmt, sondern auch einige Gründe zu
gunsten der alten Quadratanlage ins Treffen führt. „Die Beantwortung
Ihrer gefälligen Anfrage könnte ich mir leicht machen“, schreibt Herr
Oberbürgermeister Beck, „indem ich Sie auf Goethes ,Hermann und
Dorothea* verweisen würde. Die Anlage Alt-Mannheims, welche vielen
Leuten so tödlich monoton erscheint, hat Goethes aesthetisches Empfinden
in hohem Grade befriedigt, und das mit gutem Grund (die betr. Stelle
lautet: „Und das freundliche Mannheim, das gleich und heiter gebaut
ist.“ Der Verf.). Der Erbauer Mannheims hat die Stadt keineswegs aus
Erfindungsarmut so strickt geradlinig gebaut, sondern er hat damit neben
dem praktischen Gesichtspunkte der Durchlüftung der in der heißen Rhein
ebene gelegenen Stadt ein feines Verständnis für die Verbindung der
Stadt mit der Natur bekundet. Die Straßen sind nämlich so gerichtet,
daß im Norden und Osten die Berge des Odenwaldes bezw. der Berg
straße, im Süden die Bäume des Schloßgartens hereinsehen; im Westen
gelangt man an den Rhein. Bei winkeliger Bauart der Stadt wäre diese
Beziehung zur umgebenden Natur verloren gegangen. Im ig. Jahrhundert
ist aber das aesthetische Empfinden bekanntlich stark verkümmert, und
die Menschen sehen in dem „quadratischen Mannheim“ das Spiegelbild
ihrer eigenen Nüchternheit.
Wer aber vom heutigen Mannheim als der „Quadratstadt“, dem
geradlinigen, monotonen, literierten etc. spricht, der beweist damit nur,
daß er das moderne Mannheim nicht kennt. Denn in den Quadraten,
d. h. innerhalb der Ringe, wohnen von den 146000 Einwohnern nur
55 000, Die Aufgaben der Neuzeit liegen jenseits des Ringes, wo demnach
schon jetzt ? / 3 aller Mannheimer wohnen. Von diesen Außenstadtteilen
sind einige Fabrikviertel, welche wenig Charakteristisches aufweisen, eben
sowenig als sie das in Paris oder München oder sonstwo tun. Das
„bessere“ Wohnviertel dagegen, die sog. Östliche Stadtcrwcitcrung, ist
schon jetzt ein Stadtteil, der sich nach dem Zeugnis aller, die sie gesehen
haben, den vornehmsten Schöpfungen des modernen Städtebaues ruhig an
die Seite stellen kann. Insonderheit ist der von Bruno Schmitz entworfene
Friedrichsplatz mit der Festhalle, wie man schon während der Bebauung
erkennt, ein vielleicht ohne Gleichen dastehendes architektonisches Meister
stück. ..... So schmerzlich es daher auch sein mag, ein liebgewon
nenes Vorurteil fallen zu lassen, die Fabel vom monotonen Mannheim ist
nicht zu halten. Die alte Quadratstadt war eine sehr feinsinnige Anlage;
daß Mannheim einst darüber hinaus wachsen würde, konnte ihr Erfinder
nicht ahnen. Er würde sich wohl damit getröstet haben, daß für die
neuen Aufgaben neue Meister erstehen werden, — wie es ja auch ge
kommen ist.“ —
Soweit Herr Oberbürgermeister Beck, dessen Ausführungen eine Be
achtung wohl verdienen, wenn man sich im übrigen auch kaum seiner
hohen Schätzung besonders des Friedrichsplatzes allgemein anschließen wird.
Die imposanten, geschlossenen Platzwandungen mit ihren wirkungsvollen
Arkaden machen diese Anlage zwar im großen und ganzen zu einem effekt
vollen Stück, dagegen steht die Stilsprache der an den Platz stoßenden
Gebäude doch noch zu sehr im Zeichen der Nachahmung, um als gute,
moderne Lösung bestehen zu können.
NGLISCHE ARBEITERWERKSTÄTTEN, ihre Geschichte
und technische Entwicklung, mit Benutzung eines Teües des vom
Regierungs- und Gewerbeschulrat Dr, Ing. Muthesius gesammelten Materials
von Regierungsbauführer Walter Schweß in der Zeitschrift für Bauwesen
1904, Heft I bis HI. Es werden behandelt die englische Gesetzgebung,
die Tätigkeit auf Grund der Wohngesetze, die verschiedenen Arten der
Arbeiterwohnungen mit Beispielen, an denen für den Städtebau namentlich
die Sanierungspläne einzelner Stadtteile von London (darunter der von
C. Sitte in seiner Abhandlung „Enteignungsgesetz und Lageplan“ mit
geteilte), Manchester, sowie der Bebauungsplan für das Fabrikdorf Port
Sunlight von Interesse sind.
US Anlaß der VERLEGUNG DES BAHNHOFES AACHEN
TEMPLERBEND in das Süsterfeld sind Bebauungspläne für den
Königshügel und das Gelände des Templerbend-Bahnhofes nebst Sonder
plänen für die Fortführung der Promenade vom Ponttor über die Turm-
und Junkerstraße bis zum Jakobstor aufgestellt worden. Die Wichtigkeit
dieser Pläne für die zweckmäßige Ausnutzung und Aufschließung des Ge
ländes hat die Stadtverordneten-Versammlung veranlaßt, einen besonderen
Prüfungsausschuß einzusetzen, der außer dem Stadtbaurate für Tiefbau
von Mantitgny auch aus dem Stadtbaurate für Hochbau (sehr zu begrüßen!)
und dem Stadtgartendirektor Weßberge, dazu Herrn Ober- und Geheimen
Baurat Dr. Ing. Stübben und Herrn Professor Pützer-Darmstadt bestehen
soll. Es hätte nahe gelegen, dazu in erster Linie den ortsansässigen
Geheimen Regierungsrat Professor Dr. Ing. Henrici zu berufen.
I m Anschluß an den neuen Rheinhafen Krefeld-Linn beabsichtigt die
Stadtgemeinde KREFELD den Bebauungsplan einer neu zu schaffen
den Hafenstadt festzustellen, deren Kern der alte kurkölnische Markt
flecken Linn sein soll. Ein interessanter Entwurf ist vom städtischen
Bauamt aufgestellt worden. Die Herren Geh. Oberbaurat Prof. K. Hofmann
in Dannstadt und Ober- und Geh. Baurat Dr. Ing. J. Stübben in Posen
sind von der Stadtverwaltung damit beauftragt worden, diesen Entwurf
au begutachten und soweit nötig abzuändem.
Verantwortlich für die Schriftleitung: Otto Dom, Gr .-Lichterfelde - Berlin. — Verlag von Ernst Wasmuth, Berlin W., Markgrafenstrasse 35.
Inseratenannahme C, Behling, Berlin W.66. — Gedruckt bei Julius Sittenfeld, Berlin W. — Klischees von Carl Schütte, Berlin W.