urbanplus
Droste&Partner
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt:
Interventionsmöglichkeiten in Berlin
Gutachten im Auftrag der Landesstelle für Gleichbehandlung
gegen Diskriminierung im Land Berlin
(Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminierung)
Gesamtgutachten
Berlin, Februar 2017
Bearbeitung
Dr. Christiane Droste (Projektleitung), Thomas Knorr-Siedow
Janina Dobrusskin, Valentin Domann
Externe Expertinnen
Prof. Dr. Ingrid Breckner, Dr. Heike Hanhörster, Dr. Azra Dzajic-Weber
UrbanPlus Droste & Partner
Geusenstraße 2
10317 Berlin
Tel. 030-80924759
Mail: info@urban-plus.eu / Web: www.urban-plus.eu
2
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
5
2 Aus der Perspektive der Antidiskriminierungsberatung relevante Formen der Diskriminierung
im Wohnungswesen
8
3 Kontext und Zielsetzungen
14
3.1
Kontext des Gutachtens
14
3.2
Zielsetzungen des Gutachtens
17
4 Forschungsdesign / Struktur des Gutachtens
19
5 Rechtliche und wohnungspolitische Rahmensetzungen für ein nicht diskriminierendes
Wohnungswesen und gute Beratung
22
5.1.
Der EU-rechtliche Hintergrund
22
5.2
Der Rechtsrahmen für ein Handlungssystem gegen Diskriminierung im Wohnungswesen in
Deutschland
27
5.3
Internationale Praxis – Vorbild für Berlin?
34
5.4
Wohnungspolitische Optionen zum Schutz vor Diskriminierung
37
5.5
Vorschläge zur Weiterentwicklung des rechtlichen Rahmens
38
6 Ergebnisse + kritische Reflektion der Bestandsaufnahme
39
6.1
Mapping der Beratungslandschaft / räumliche Verteilung
39
6.2
Fachliches Beratungsangebot und Beratungsanlässe
45
6.3
Arbeitslogiken relevanter Akteure und Beratungspfade
51
6.4
Beratungspfade
55
7 Bedarfsklärung für eine Koordinations- und Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt
7.1
Voraussetzung für die Beteiligung an Vernetzungsaktivitäten
63
64
8 Standards guter Beratung bei Diskriminierung in Wohnungs-angelegenheiten
66
9 Beispielgebende Interventionen gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt
72
10 Vorschlag für ein Interventionssystem gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt
76
10.1
Struktur und Verantwortlichkeiten in der Umsetzung des Interventionssystems
76
10.2
Struktur und Aufgaben einer Koordinierungs- und Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt
79
Struktur und Aufgaben der bezirklichen Erst-Anlaufstellen
86
10.3
3
10.4
Diskriminierung sichtbar machen: Vorschlag für ein niedrigschwelliges Beschwerdesystem und
Kontrollinstrumenten
87
10.5
Notwendige Kooperationen für eine diskriminierungsfreie Vermietungspraxis im Land Berlin
89
10.6
Weiterer Begleitungs- und Forschungsbedarf
90
11 Quellen / Abbildungsverzeichnis
92
4
1
Einleitung
Das vorliegende von der Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung im Land Berlin
beauftragte Gutachten zu Interventionsmöglichkeiten gegen Diskriminierung auf dem Berliner
Wohnungsmarkt hatte zum Ziel, eine Bestandsaufnahme zum in Berlin existierenden Beratungsange
bot bei Betroffenheit von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zu leisten. Weiter sollten
begründete Vorschläge für ein Interventionssystem unterbreitet werden, das einen gleichberechtig
ten Zugang zu Wohnraum und eine Diversity orientierte Vermietungspolitik unterstützt.
Diskriminierendes Handeln auf dem Wohnungsmarkt wird vor allem auf folgenden Ebenen wirksam:
aufgrund individueller ökonomischer Überlegungen der Wohnraum Anbietenden, aufgrund von
subjektiven Präferenzen beziehungsweise auf der Basis von individuellen Vorurteilen und Stereotypen
sowie auf der Ebene institutionalisierter Benachteiligungen. Auf Basis multivariater Modelle konnten
darüber hinaus wissenschaftlich Einflüsse der Merkmale Geschlecht und Herkunft bei gewerblichen
Wohnungsanbieter_innen als wirksam für das Ausmaß der Ungleichbehandlung festgestellt werden
(Schmid, 2014).
Ungeachtet der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit dem Thema Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt und der im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG) vorgegebenen rechtlichen
Definition von Diskriminierung wurde seitens der im Kontext der Erarbeitung des Gutachtens
befragten Expert*innen eine Arbeitsdefinition aus interdisziplinärer Perspektive für notwendig
erachtet. Dabei sind aus der Perspektive der Gutachter*innen zwei Ebenen zu unterscheiden: Dies ist
zum einen die Ebene der rechtlichen Definition, die sich im gegebenen Rechtsrahmen bewegen muss,
aber antizipieren sollte, dass ein zukünftiges Landesantidiskriminierungsgesetz weitere, durch die
professionelle Antidiskriminierungsberatung aufgrund gesellschaftlicher Entwicklungen als relevant
bewertete Merkmale aufnehmen wird, insbesondere „soziale und räumliche Herkunft“ und
„Familienstand“. Zum anderen geht es um eine Anerkennung von „Formen der Diskriminierung“, aus
interdisziplinärer Perspektive. Für die Argumentation des Gutachtens wurde, aufbauend auf der
Literaturanalyse, den Interviews und den Diskussionen der Fachtage der LADS die folgende Definition
für Diskriminierung im Wohnungswesen herangezogen:
Formen von Diskriminierung
Diskriminierung am Wohnungsmarkt und bei der Nutzung von Wohnraum kann unmittelbare (individuelles
Handeln und Vorurteile) oder mittelbare Formen (durch Umsetzung vermeintlich neutraler Regeln,
Satzungen und Vorschriften) annehmen und wirkt sich für die Opfer als Behinderung der Teilhabe an
Wohnungsmarkt und -versorgung aus.
Rechtlicher Rahmen
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das auf übernationalem Recht basiert, fordert die
Gesellschaft und die Akteure des Wohnungswesens in ihrer Gesamtheit auf unmittelbare oder mittelbare
*
Diskriminierung bzw. Benachteiligungen aus „Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft,
des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, wegen Behinderung, Alter oder der sexuellen
Identität zu verhindern oder zu beseitigen“ (§ 1 AGG). Ausnahmen sind nur zu dulden, wenn sie auf einer
gesonderten rechtlichen Grundlage beruhen. Aktuelle Diskriminierungsrealitäten erfordern jedoch eine
Erweiterung der bisher anerkannten Gründe. Auch die Gründe und Regelungen, die Diskriminierung im
Wohnungswesen von der Verfolgung ausnehmen, reduzieren die Anwendbarkeit auf ein zu geringes
Wohnungsmarktsegment.
5
Adressat*innen des Diskriminierungsverbotes
Das Diskriminierungsverbot des AGG bezogen auf das Wohnungswesen wendet sich sowohl an öffentliche
Stellen und Unternehmen als auch an private vermietende und verwaltende Individuen und Organisatio
nen, soweit sie nicht ausdrücklich von der Gesetzesanwendung ausgenommen sind (z.B. Kleinvermieter).
Abgeleitete Rechte
Bei Verstößen gegen das AGG entstehen für die Opfer zivilrechtliche Rechtsansprüche auf Unterlassen und
im Hilfsfall auf Entschädigung in Geld zu, die die Opfer direkt oder mit Hilfe anerkannter Beratungsorganisa
tionen einklagen können. Das AGG sieht keine direkten Strafsanktionen vor, so dass Opfer von
Diskriminierung durch das Wohnungswesen hierbei an das allgemeine Strafrecht (Mobbing, Nötigung,
Betrug) verwiesen sind.
Dynamisierung des Rechts aufgrund gewandelter gesellschaftlicher Anforderungen
Insbesondere die Opferorganisationen fordern präzise und über die derzeitige Rechtslage und –praxis
hinausgehende Erweiterungen des allgemeinen und für den Wohnbereich spezifischen Antidiskriminie
rungsrechts und seiner praktischen Anwendung. Notwendige Erweiterungen sind die „soziale und
räumliche Herkunft“ und der „Familienstand Großfamilie“.
* Die Verwendung des Begriffs „Rasse“ in Gesetzestexten und internationalen Menschenrechtsdokumenten wird von
den Autor*innen als problematisch betrachtet. Vgl. Cremer (2010): Ein Grundgesetz ohne Rasse. Policy Paper No 16.
Hrsg. Deutsches Institut für Menschenrechte, Berlin. Wo es sich nicht um wörtliche Zitate handelt, wird der Begriff
„Rasse“ daher in Anführungszeichen verwendet.
In Kapitel 2 wird dazu ergänzend dargestellt, welche Formen der Diskriminierung die befragten
Akteure und auch die Gutachter*innen als relevant für die Anwendung des AGG und eines
zukünftigen Landesantidiskriminierungsgesetzes halten.
Auf den Kontext von Diskriminierung am Berliner Wohnungsmarkt, die Motivation der LADS zur
Vergabe des Gutachtens und dessen Zielsetzungen geht das dritte Kapitel ein. Dabei wird die
Diversität der Menschen, die aufgrund der extrem angespannten Situation des Wohnungsmarkts in
Berlin durch Wohnungslosigkeit bedroht sind bzw. Diskriminierung hinsichtlich des Zugangs zu
Wohnraum, der Mietkonditionen, der Wohnungsqualität, des Wohnumfelds, des nachbarschaftlichen
Miteinanders und der Beteiligungsmöglichkeiten erleben, aufgezeigt.
Das Forschungsdesign und der methodischen Herangehensweise in den einzelnen Bausteinen des
Gutachtens werden in Kapitel 4 erläutert. Ausgehend von dem im Allgemeinen Gleichstellungsgesetz
(AGG) definierten Begriff von Diskriminierung zeigt Kapitel 5 im Anschluss auf, welche rechtlichen
Rahmenbedingungen für ein Interventionssystem gegen Diskriminierung bzw. bei Diskriminierungser
fahrungen am Wohnungsmarkt vorauszusetzen sind. In die Analyse werden an dieser Stelle darüber
hinaus wohnungspolitische Instrumente einbezogen.
Die Ergebnisse der Bestandsaufnahme werden in Kapitel 6 dargestellt und reflektiert, unter anderem
mithilfe eines Mappings der Beratungsangebote und von Beispielen für typische Weiterleitungspfade
und Problemlagen im Beratungsverlauf. Das siebte Kapitel widmet sich dem konkreten Bedarf für eine
Koordinierungs- und Fachstelle gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt. In Kapitel 8 wird
geltenden Standards der Antidiskriminierungsberatung nachgegangen und der Frage, was diese mit
Standards der Mieterberatung gemeinsam haben.
6
Konkrete Beispiele für Interventionen, die sich in andere Ländern und Kommunen im hier
bearbeiteten Handlungsfeld bewährt haben, zeigt Kapitel 9 auf. Im 10. Kapitel werden, der
Zielsetzung des Gutachtens folgend, Handlungsempfehlungen für ein Interventionssystem gegen
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt formuliert, dass auf den folgenden vier Ebenen wirksam
wird:
(1) Eine Koordinations- und Fachstelle (zentrale Steuerungsebene), verbunden mit
(2) einem dezentralen Netzwerk von bezirklichen Erst-Anlaufstellen, die kooperieren mit den
(3) auf Bezirksebene existierenden Beratungsangeboten (fachspezifisch/ nicht-fachspezifisch,
institutionalisiert/selbstorganisiert). Als übergreifende, netzwerkstabilisierende Netzwerkstruktur
wird
(4) ein Informations-, Beschwerde und Dokumentationssystem vorgeschlagen, das allen in das
Interventionssystem eingebunden Akteuren und zu Teilen der Öffentlichkeit zugänglich ist.
7
2
Aus der Perspektive der Antidiskriminierungsberatung relevante
Formen der Diskriminierung im Wohnungswesen
Diskriminierung im Wohnungswesen 1 und bei der Nutzung von Wohnraum hat – das belegen erneut
die Ergebnisse der im Rahmen des Gutachtens durchgeführten Befragungen und Fachgespräche
viele Gesichter. Sie erfolgt seitens der verantwortlichen Sachbearbeiter*innen des Wohnungsmarktes
häufig „mit einem Lächeln“ („discrimination with a smile“, ADS 2015, Chochran 1999, Hanhörster
2014, Yiğit et al. 2010) und nimmt unmittelbare Formen (individuelles Handeln und Vorurteile) oder
mittelbare Formen (durch Umsetzung vermeintlich neutraler Regeln, Satzungen und Vorschriften) an.
Mittelbare Formen setzen dabei strukturelle oder institutionelle Diskriminierung um, deren
Verfolgung erst seit der Einführung des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) im Jahr 2006
politische Bedeutung erlangt hat (vgl. ADS 2016, Gomolla 2010, LADS 2010).
GESETZLICHER RAHMEN
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) fordert die Gesellschaft – hier vor allem die im
Handlungsfeld Wohnraumversorgung verantwortlichen Akteure des Wohnungswesens, der
Stadtentwicklung und der Liegenschaftsverwaltung auf, Diskriminierung bzw. „Benachteiligungen aus
Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder
Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu
beseitigen.“ (§ 1 AGG). Zur Definition von Diskriminierung wird in §3 des AGG formuliert, „eine
mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder
Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in
besonderer Weise benachteiligen können.“ (§ 3 Abs. 2 AGG).
NORMATIVE GRUNDLAGEN UND DOKUMENTATION VON DISKRIMINIERUNG
Im Kontext des im Rahmen dieses Gutachtens durchgeführten Fachtags „Wohnen in Berlin: offen für
alle! Interventionsmöglichkeiten gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“ wurde ausgeführt:
„Diskriminierung liegt eine Unterscheidung und Bewertung zugrunde, die vorgibt, wie Menschen zu
sein haben, bzw. was als Norm gelten soll; z.B. deutsch, weiß, christlich, heterosexuell usw. …).
Vielfach wird nicht nur aufgrund von Einzelmerkmalen diskriminiert, sondern die Überschneidung
mehrerer Merkmale verstärkt und erweitert Diskriminierungstatbestände. Soziale Herkunft oder
bisheriger Wohnort/bisheriger Wohnbezirk sind dabei Diskriminierungsfaktoren, die (bisher) nicht
durch das AGG erfasst und geschützt sind.“ (Dzajic-Weber, 2016)
Damit sind zunächst der Rechtsrahmen, im Sinne des AGG zu verfolgende Diskriminierungsmerkmale
und mögliche Formen der Diskriminierung beschrieben und auf das Handlungsfeld Wohnraumversor
gung anwendbar (siehe dazu weiter in Kapitel 7). Zu verschiedenen Betroffenengruppen, vor allem
Menschen nicht-deutscher Herkunft/rassistisch verfolgten Menschen liegen weiter Fallbeschreibun
gen zu Diskriminierungserfahrung vor, nachzulesen in wissenschaftliche Studien (siehe Literatur und
ab Frühjahr 2017 ADB Potsdam/Land Brandburg), auf Internetseiten der Antidiskriminierungsberatun
gen, anderer NGOs (z.B. Mieterverein Berlin) und Blogs von Menschenrechts- und mietenpolitischen
Aktivist*innen.
1
In der fachlichen Diskussion zum Handlungsfeld wird in der Regel der Begriff „Wohnungsmarkt“ verwendet, der im
Gutachten weitgehend beibehalten wird. Aus der Perspektive der Gutachter*innen würde in der Entwicklung des
Interventionssystems jedoch der Begriff „Wohnungswesen“ der Komplexität des Handlungsfelds eher gerecht werden.
8
HANDLUNGSBEDARF EINER ARBEITSDEFINITION „DISKRIMINIERUNG AM WOHNUNGSMARKT“
Gleichwohl formulierte die Mehrzahl der im Kontext des Gutachtens befragten Expert*innen
dringenden Bedarf für eine aus interdisziplinärer Perspektive operationale Arbeitsdefinition von
„Diskriminierung am Wohnungsmarkt“, als Grundlage für die weitere Zusammenarbeit im Kontext
eines Interventions- und Beratungssystems gegen Diskriminierung beim Zugang zu oder der Nutzung
von Wohnraum“. Dies nicht zuletzt im Kontext der Beobachtung, dass eine deutliche Diskrepanz
besteht zwischen den empirischen Belegen der Diskriminierung und einer vor allem durch
Modellprojekte und bei landeseigenen Wohnungsunternehmen auch durch die Beteiligung am
Geschützten Marktsegment gestützte positive Selbstwahrnehmung vieler Wohnungsunternehmen in
diesem Bereich.
Eine solche Arbeitsdefinition sei in Regelungen und Verwaltungsvorschriften eines Landesantidiskri
minierungsgesetzes zu verankern. Sie abzustimmen erfordere
• einen sensiblen und interdisziplinären Blick dafür, wie sich Diskriminierung darstellt und wie
und wo sich verstärkende Mehrfachdiskriminierung (Intersektionalität) entsteht.
• Weiter gilt es nicht nur Diskriminierungserfahrung, sondern auch Diskriminierungserwartung
als Einflussfaktor aufzunehmen (Hanhörster, 2014; Horr, 2008).
Seitens der Wohnungsunternehmen und ihrer Dachverbände werden belegbare Diskriminierungser
fahrungen/Opferperspektiven weitgehend ausgeblendet. Sie beschränken sich hinsichtlich des
Themas Diskriminierung beim Zugang zu oder der Nutzung von Wohnraum auf einen Austausch mit
und Abfragen bei den Wohnungsunternehmen und auf deren Auswertungen zu strukturellen
Problemlagen (vgl. Doku Fachgespräch Sept. 2016).
Daher wird weiter empfohlen,
• einerseits über einen interdisziplinären Austausch- und Kommunikationsprozess der
Interessenvertreter*innen unterschiedlicher Betroffenengruppen den Einbezug der Erfahrun
gen Betroffener in die Abstimmung der Arbeitsdefinition sicherzustellen,
• andererseits in einem Dialog mit Wohnungsunternehmen und ihren Interessenvertretungen
sorgfältig zu prüfen, wie eine solche Arbeitsdefinition, die der gesetzlichen Lage, aktuellen
fachlichen Einschätzungen beratender Akteure und gesellschaftlichen Zielen von Gleichheit
und Diversität Rechnung trägt, in ihre Unternehmenskultur, Vermietungspraxis und Bele
gungsmanagement Eingang finden kann.
VORSCHLÄGE ZUR ERWEITERUNG DEFINITION VON DISKRIMINIERUNG AUF DEM WOHNUNGSMARKT
Als Aspekte, die inhaltlich neben den Merkmalen des AGGs oder zu ihrer Ausdifferenzierung in eine
operationale Arbeitsdefinition von Diskriminierung am Wohnungsmarkt aufzunehmen wären wurden
im Rahmen der Expert*innen-Interviews und des Fachgesprächs benannt:
• der Umgang mit dem Geltungsbereich des AGGs erst ab einem Bestand, der größer ist als 50
Wohneinheiten,
• die restriktiven Bedingungen, unter denen der WBS für Geflüchtete ausgestellt wird,
• das Nicht-Ausnutzen gesetzlicher Spielräume beim Bindungsgesetz,
• Nutzung des AGG als Vorwand für Diskriminierung,
• Bezugnahme auf eine „Soll-Erfüllung“ des Geschützen Marktsegments,
9
• Konkurrenz betroffener Gruppen beim Zugang zu Wohnraum/ bezüglich der Wahrnehmung
ihrer Lage,
• Effekte/Betroffenheit von Mehrfachdiskriminierung (z.B. Überforderung Betroffener durch
verschiedene Anlaufstellen; Rolle von Scham, insbesondere bei Frauen jeder Herkunft und
älteren Menschen) sowie
• soziales Engagement von Wohnungsunternehmen und der Zielkonflikt, der in der Bewertung
derselben entsteht (Wertschätzung oder Verweis auf häufige Alibi-Funktion?).
Zu prüfen wäre, inwieweit (z.B. entsprechend dem Auftrag der landeseigenen Wohnungsunterneh
men) auch eine Vernachlässigung von Empowerment Betroffener und Unterlassung rechtzeitiger
Vermeidung von Wohnungsverlust als eine Form der Diskriminierung bewertet werden kann.
BENANNTE MERKMALE FÜR DISKRIMINIERUNG
Im Rahmen der Expert*innen-Interviews flossen – wie an untenstehenden (ausgewählten) Beispielen
sichtbar wird - in die Vorschläge für eine operationale Arbeitsdefinition von Diskriminierung am
Wohnungsmarkt ihre verschiedenen fachlichen Perspektiven ein.
„Ich denke da an die unmittelbare Diskriminierung, de jure. Also beispielsweise aufgrund bestimmter
Regularien, Gesetze, Verwaltungsvorschriften usw. Hürden geschaffen werden, die explizit marginalisierte
Menschen, jetzt in meinem Fall geflüchtete Menschen oder hauptsächlich nicht-weiße Menschen vor
Zugang zum Wohnungsmarkt hindern, Hürden, die es erschweren eine Wohnung zu erhalten. Aber ich
fasse darunter auch die mittelbare Diskriminierung, die auch de jure sein kann. Also auch rechtlich, aber
auch durch Einzelpersonen, Hausverwaltungen, WGs, alle, die darüber entscheiden können, ob man
einziehen darf oder nicht. Diese mittelbare Diskriminierung findet natürlich direkt statt, wenn man sagt:
„Du darfst nicht einziehen, weil dein Status ist so oder so.“ Aber es gibt auch andere Formen zu
diskriminieren: Es gibt Verschleierungstaktiken und es gibt bürokratische Hürden, die zu einer mittelbaren
Diskriminierung führen – die so nicht angedacht sind, dass sie diskriminieren, aber faktisch diskriminieren
sie. Beispielsweise die Papierflut die man einreichen muss: Schufa“. (Interview Q3)
„Benachteiligung bestimmter Gruppen bei Erlangung und Erhalt von angemessenem [...] Wohnraum sowie
bei der Wahl des Wohnbezirks/Kiezes – zunehmend aufgrund der Knappheit (bezahlbaren) Wohnraums.
Die Diskrepanz zwischen Nachfrage und Angebot begünstigt Selektion. [Aktuell relevante Diskriminierungs
kategorien sind] Diskriminierungskategorie sozioökonomischer Status: Alle Geringverdienenden; u.a.
Studierende, von Sozialleistungen Abhängige, Frauen (aufgrund des höheren Armutsrisikos), alleinstehende
Rentnerinnen (mit geringer Rente aufgrund geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung in der Ehe),
Alleinerziehende …; Menschen, die Schulden, insbesondere Mietschulden haben bzw. keine Mietschulden
freiheitsbescheinigung einreichen können [...]; Sozialleistungsempfänger*innen insbesondere durch die
zeitraubenden Bewilligungsverfahren in den Behörden (wenn erst nach einigen Tagen eine Kostenüber
nahme-Zusage vom JobCenter ausgestellt wird, ist die entsprechende Wohnung häufig an andere
Interessierte vermietet); zunehmend auch Normalverdienende (insbesondere Alleinstehende oder
Familien), die nicht in der Lage oder willens sind, „Bewerbungsmappen“ mit Lebensläufen, Fotos bei der
Bewerbung um eine Wohnung einzureichen oder die keine gesamtschuldnerischen Bürgen angeben
können). Diskriminierungskategorie Nationalität/Herkunft: (Post)- Migrantinnen. Diskriminierungskate
gorie bio-psycho-soziale Einschränkungen: Menschen mit (psychischen) Erkrankungen/gesundheitlichen
Einschränkungen; Menschen mit Behinderung, Menschen, die Schwierigkeiten im Umgang mit Behörden
und bürokratischen Anforderungen haben. Diskriminierungskategorie sexuelle Identität/Orientierung:
Trans*Personen, homosexuelle Paare.“
10
„Ganz klar: die erste amtliche Diskriminierung ist aus meiner Sicht der WBS, der ja nur unter sehr
restriktiven
ausgestellt
wird. [...] und
dassmeiner
jemand Sicht
nicht der
genommen
wird
Ganz
klar: dieBedingungen
erste amtliche
Diskriminierung
ist aus
WBS, der
ja [als
nur Mieter*in]
unter sehr
aufgrund
des
tatsächlichen
oder
vorgeschobenen
Grundes,
dass
ihm
vorgeworfen
wird,
dass
er
irgendwo
restriktiven Bedingungen ausgestellt wird.
nicht reinpasst, dass er nicht so sauber ist und nicht so sorgfältig, wie deutsche Mieter das ja ausschließlich
sind …“ (Interview Q1)
„Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt ist es, wenn ein Mensch aufgrund einem Umstand oder der
Herkunft oder der Religion – irgendwelchen Eigenschaften – eine Wohnung nicht bekommt. Wenn er
ausgeschlossen wird, obwohl er eigentlich der Bevorzugte sein müsste. Wobei der Grund für eine notwenige
Bevorzugung, das kann auch nur auf einer Ebene sein. Dann ist es [Diskriminierung], wenn man einen
Umstand hervorhebt und deswegen jemanden oder etwas kategorisch ausschließt.“ (Interview Q9)
Im Rahmen einer Online-Befragung von in Berlin im Fall von Diskriminierung beim Zugang zu oder der
Nutzung von Wohnraum Beratung anbieten Akteuren wurde nach Kriterien gefragt, die den Beratung
anbietenden Akteuren bei der Einschätzung helfen, ob eine Diskriminierung beim Zugang zu bzw. bei
der Nutzung von Wohnraum vorliegt. Die 42 im Rahmen einer offenen Frage formulierten Antworten
führten entsprechend der fachlichen Diversität der Befragten zu einem breiten Spektrum an
Beobachtungen, auf welcher Grundlage Diskriminierung beim Zugang zu Wohnen in Berlin stattfindet
bzw. wie sie zu erkennen ist.
Die zwei am häufigsten genannten Merkmale, auf deren Grundlage Diskriminierung im Bereich
Wohnen stattfindet, sind demnach wie auch in der Literatur beschrieben die sozio-ökonomische
Situation Wohnraum Suchender und die Herkunft.
Bei der sozio-ökonomischen Situation gelten
• Verschuldung, Einträge bei der Schufa, Einkommenshöhe, Bezug einer öffentlichen Transfer
leistung/Grundsicherung z.B. mit einem SGB II-Anspruch begründet sowie
• das Procedere zum Erhalt eines Wohnberechtigungsscheins, insbesondere bei Zugewander
ten, und auch die Zugangswege zu WBS-Wohnungen und
• allgemein die Zuschreibung von „Nicht-Passfähigkeit“ (z.B. aufgrund von Aussehen, Auftreten,
mangelnder Eloquenz, Familienstand, ...)
als Grundlage für Diskriminierung. Dabei verliert offensichtlich einerseits die Garantie der
Mietkostenübernahme durch das Sozialamt an Wirkung, andererseits scheinen wenige Vermieter gut
informiert über die Bedingungen der Mietkosten-Übernahme für Geflüchtete und die Begleitung des
ersten Mietjahres durch das Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk.
Für die Ablehnung eines Wohnungsgesuchs auf Grundlage einer nicht-deutscher Herkunft werden
wie in der Literatur (vgl. LADS 2010, Kilic 2008, Planerladen 2009/2014) als ausschlaggebend bewertet
•
•
•
•
•
•
•
ein nicht-deutsch klingender Name,
fehlende Sprachkenntnisse,
Hautfarbe,
Kinderzahl,
der Umstand keine deutsche Staatsangehörigkeit zu haben,
der Aufenthaltsstatus und eine Mindestaufenthaltserlaubnis von 1-2 Jahren sowie
ethnisch-kulturelle Zuschreibungen oder Stereotypisierungen.
11
„Bei Anrufen bei Wohnungsbaugesellschaften erhielt ich einmal sinngemäß die Antwort, dass sie nicht an
Vietnames*innen vermieten, da diese so viel kochten.“ (Online-Befragung)
„Denn als Ablehnungsgrund wird ganz besonders oft das AGG herangezogen und draufgezeigt: hier wir
müssen für eine ausgewogene Bewohnerschaft sorgen. [...] Da musst du mal versuchen gegen an zu
argumentieren …. Also die Bewohnerstruktur ist gestört, wenn da ein Schwarzes Gesicht auftaucht. Also das
glaubt man kaum und es ist sehr schwer. Da muss man wirklich ganz schön arbeiten. [...] Und dann ist eben
oft so, dass man nicht sagt schwarz, braun, grün - wollen wir nicht, sondern: „Nee, wir haben schon so viele
von der Sorte oder wir hatten immer schon Schwierigkeiten.“ Und selbst wenn man sagt, ich begleite die,
bleibt die Abwehr oft bestehen.“ (Interview Q1)“
„Das sind die, die auffallen. Also in Marzahn-Hellersdorf z.B. Kopftuchfrauen. Da werden ganz schlechte
Erfahrungen gemacht und dann müssen die wieder wegziehen. Jetzt gar nicht bei der Vergabe von
Wohnraum, sondern durch die Reaktion der Nachbarn [...] Nein, also das hat fast ausschließlich mit dem
Status und Sprache zu tun. Ich habe gestern mit einer Eigentümerin telefoniert, die meinte „15 Monate
Aufenthalt mindestens“ Aber das ist ja absurd. Das ist eine ganz bewusste Ausgrenzung über die
Aufenthaltsdauer. Das Andere ist: „Kann die Person denn Deutsch? Die muss ja den Mietvertrag
unterschreiben.“ Dann sage ich, ja da kommt eine Mentorin mit, die alles übersetzen kann und dann heißt
es: „Nein, die Person muss Deutsch können.“ Das ist absurd in einer Metropole wie Berlin.“ (Interview Q12)
Weiter wird zunehmend Diskriminierung auf Grundlage des Familienstatus bzw. der Familienstruktur
beobachtet, die vor allem (überwiegend weibliche) Alleinerziehende oder Familien mit (vielen)
Kindern meint, was ebenfalls von mehreren Teilnehmenden genannt wurde. Weiter als Diskriminie
rungsmerkmale benannt wurden psychische Beeinträchtigungen, Suchterkrankungen, Dauer der
Wohnungslosigkeit, religiöse Praxis und Alter/Einkommenslage im Alter. Ein Akteur führte auch den
Hinweis auf die Kenntnis des AGG als Merkmal der Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt an.
KRITERIEN FÜR DIE BEWERTUNG VON BESCHWERDEN
Als Kriterien, die bei der Einschätzung helfen, ob eine Diskriminierung beim Zugang zu bzw. bei der
Nutzung von Wohnraum vorliegt wurden benannt
• persönliche Schilderungen und die Einschätzung der ratsuchenden Person,
• eine hohe Anzahl an Ablehnung trotz formaler Erfüllung aller Anforderungen,
• Abfrage von Informationen, die anderen Wohnung Suchenden im Vermietungsprozess nicht
gestellt werden oder Rückfragen nach Herkunft, Religion, sexueller Identität, Kinderzahl, Auf
enthaltstitel etc., d.h. Fragen, die z.B. bei Wohnungsbesichtigungen nicht gestellt werden
dürften,
• die Einschätzung der Mieterschaft in einem Haus im Vergleich zur Umgebung sowie
• Begründungen und Wortwahl von Ablehnungen.
Von der Vermietungsseite wird jedoch auch von internen Vorschriften (z.B. Migrant*innenquoten)
gesprochen, die nur mündlich innerhalb der Verwaltung mitgeteilt werden. Damit ist die Weiterver
folgung eines Diskriminierungsvorwurfs ohne Dokumente oder Zeugen oft kaum möglich .
Diskriminierung findet jedoch nicht immer explizit über eine Begründung oder Wortwahl statt, es
werden auch Beobachtung des Auftretens oder eine spürbare Haltung im direkten Kontakt genannt
sowie plötzliche Änderungen im Verhalten: So wird berichtet, dass bei der persönlichen Begegnung
12
mit Personen mit Migrationsgeschichte oder sobald das Wort „Flüchtling“ fällt, eine angebotene
Wohnung plötzlich vergeben sei oder bei telefonischen Anfragen einfach aufgelegt werde.
Auch über die Rahmenbedingungen eines Wohnungsangebots kann eine Diskriminierung erkannt
werden, wenn z.B. die Miethöhe ein bis zwei Euro auch nur Cent-Beträge über der Höchstgrenze der
Kostenübernahmen durch das Jobcenter bzw. den zulässigen Kosten der Unterkunft (AV-Wohnen,
KDU-Satz) liegt. Dies gilt ebenso für Ablehnung auf der Basis einer nicht-erfüllten Mindestwohnungs
größe (ein Raum pro Person), die bei nicht finanzierbaren Wohnungsgrößen für bestimmte
Einkommenslagen eine utopische Bedingung ist.
Ein Diskriminierungsverdacht bei der Nutzung von Wohnraum liegt vor, wenn seitens der Vermieten
den Unterstützung bei rassistischen Vorfällen (Angriffe, Mobbing) durch anderer Mieter*innen
unterlassen wird oder ungleiche Mieten bzw. Mieterhöhungen bei People of Colour (PoCs) gefordert
werden.
13
3
Kontext und Zielsetzungen
3.1
KONTEXT DES GUTACHTENS
Der Auftrag des Gutachtens beruht einerseits auf dem Handlungsbedarf, den die LADS wahrgenom
men hat durch die 2016 vom UN-Ausschuss zur Beseitigung rassistischer Diskriminierung (CERD) an
die Bundesrepublik Deutschland gerichtete Aufforderung, der vielfältig nachgewiesenen Diskriminie
rungsproblematik gezielt zu begegnen. Der CERD forderte dabei ein, ganz konkret auf die Bedrohung
bestimmter Personengruppen (v.a. Frauen und Alleinerziehende, Menschen nicht-deutscher
Herkunft) durch Obdachlosigkeit einzuwirken.
Der Auftrag des Gutachtens steht gleichzeitig im Kontext eines bereits länger währenden Arbeits
schwerpunkts der LADS zum Thema Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, andererseits im
Kontext aktuell wachsenden Handlungsbedarfs zur Vermeidung von Diskriminierung beim Zugang zu
bzw. der Nutzung von Wohnraum. Dieses Thema ist seit Ende 2009 ein Fokus der Arbeit der
Landesstelle für Gleichbehandlung – gegen Diskriminierung im Land Berlin (LADS). Die Fachveranstal
tung und Publikation zum Thema „Deutscher Name – halbe Miete?“ (2010) sowie die Dokumentation
des Fachtags „Diskriminierung sichtbar machen“ (2014), im Rahmen dessen fachliche und metho
dische Anforderungen an Testing-Verfahren diskutiert wurden, legten dabei einen Schwerpunkt auf
die Benachteiligung von Menschen nicht-deutscher Herkunft. Dass dies ein berechtigter Schwerpunkt
ist, bewies nicht zuletzt ein spektakuläres Urteil des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg im Januar
2016: Ein Vermieter im Fanny-Hensel Kiez wurde in erster Instanz dazu verurteilt, einer türkischen
Familie 30.000 Euro Schadensersatz wegen ethnischer Diskriminierung zu zahlen. Dieses wegweisen
de Urteil rückte einer breiten Öffentlichkeit erneut ins Bewusstsein: Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt findet statt. Täglich, in Berlin und in der unmittelbaren Nachbarschaft. Vielfach
gegenüber Menschen nicht-deutscher Herkunft, zunehmend aber auch aufgrund anderer Merkmale.
„Und es ist ganz, ganz schwer für Trans-Personen Wohnungen zu finden und das dann auch noch mit FluchtHintergrund. Das ist schier hoffnungslos. Aufgrund des Aussehens. Und bei Schwul-Lesbischen, sobald sie als
Paar auftreten, ist das genauso. Und das potenziert sich auch immer, z.B. bei alleinerziehenden Müttern.
Aus diesem Grund hat sich Flamingo auch gegründet. Wenn Du dann geflüchtete alleinerziehende Mutter
hast, das ist dann auch nochmal ‚einer obendrauf‘. Das fehlende Einkommen ist ein Hinderungsgrund, aber
auch die Skepsis seitens der Hausverwaltungen, die ihnen entgegengebracht wird - ob sie das alles halten
können und alles organisiert kriegen.“ (Interview Q12)
DISKRIMINIERUNG AM WOHNUNGSMARKT ALS FORSCHUNGSGEGENSTAND
Die Diskriminierung von Menschen nicht-deutscher Herkunft am Wohnungsmarkt sowie die
anhaltende Tabuisierung dieser Diskriminierung wird zunehmend nicht nur Gegenstand politischen
Diskurses, sondern auch von Forschung: Das DFG-Forschungsprojekt „Ethnische Diskriminierung auf
dem deutschen Wohnungsmarkt: Ausmaß, Faktoren und Beitrag zur räumlichen Segregation”2 und
die in diesem Kontext entstandene Dissertation zu „Ethnischer Diskriminierung bei der Wohnungssu
che“ (Schmid 2014) bearbeiten dabei ebenso Fallbespiele aus Berlin wie das erst im Sommer 2016
begonnene DFG-Forschungsprojekt “Fluchtort Stadt. Explorationen in städtische Lebenslagen und
Praktiken der (Orts-) Aneignung von Flüchtlingen”. 3 Das Bundesamt für Bau-, Stadt- und Raumfor
2
3
Leitung Prof. Dr. Thomas Hinz, Universität Konstanz
Leitung Prof. Dr. Ingrid Breckner, HafenCity Universität Hamburg / Prof. Dr. Joachim Schröder, Universität Hamburg
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schung (BBSR) hat aktuell eine Untersuchung zu Übergängen geflüchteter Menschen aus Erstunter
künften in den regulären Wohnungsmarkt beauftragt – auch hier sind Fallstudien in Berlin zu
erwarten. Der unzureichende Einsatz von diskriminierende Vermietungspraxis Praxis aufdeckenden
(Paired-Ethnic)Testing-Verfahren wurde in mehreren Studien und ebenfalls unter anderem konkret
bezogen auf die Berliner Situation diskutiert (ADS 2015, Domann 2016, Kilic 2009, LADS 2014,
PlanerLaden Dortmund 2007/2009, VHW 2008, Yiğit et al 2010). Darüber hinaus nimmt eine der
aktuellen Untersuchungen zur Rolle der sogenannte „Gate-Keeper“, d.h. der in der Vermietungspraxis
von Wohnungsunternehmen für den Ausschluss bestimmter Personengruppen Verantwortlichen,
einen Fall in Berlin in den Blick (Barwick 2011, Hanhörster 2016).
Aufgrund ihres jeweiligen Anteils an den von Diskriminierung betroffenen Bevölkerungsgruppen
erhalten bestimmte Gruppen (z.B. türkischstämmige Bevölkerung, männliche Obdachlose) mehr Auf
merksamkeit in diesen Studien als andere von Diskriminierung betroffene Gruppen bzw. Minder
heiten/Subgruppen innerhalb dieser Gruppen. Die Zugangsbarrieren auch solcher Gruppen (z.B.
Roma) zum Wohnungsmarkt werden jedoch in Berlin in den letzten Jahren zunehmend in der Fach
öffentlichkeit und politisch diskutiert. Beispiele sind der (wenn auch von Selbsthilfeorganisationen
kritisch diskutierte) Aktionsplan zur Einbeziehung ausländischer Roma (SenIntMig 2013) und die
zunehmend fachlich qualifizierten selbstorganisierten mietenpolitischen Initiativen, die ebenso wie
das ADNB neben Herkunft vor allem auch die soziale Lage als Hemmnis beim Zugang zu Wohnraum
beschreiben (z.B. Kotti&Co, 2015).
VON DISKRIMINIERUNG AM WOHNUNGSMARKT BETROFFENE BEVÖLKERUNGSGRUPPEN
Diskriminierung am Wohnungsmarkt betrifft jedoch nicht nur Migrant*innen 4 vielfältiger Herkunft
und im Kontext der aktuellen Zuwanderung Geflüchteter insbesondere Roma und People of Colour
sondern auch Alleinerziehende, Großfamilien mit schwachen Einkommenslagen, alte Menschen
(insbesondere Frauen), (besonders ältere) LGBTI Personen und generell Menschen in benachteiligter
sozialer Lage (wie sozial benachteiligte Jugendliche, psychisch belastete Menschen, Menschen mit
Behinderungen, aus dem Strafvollzug Entlassene und Obdachlose). Ein Positionspapier der
Überparteilichen Fraueninitiative zur Notlage obdachloser Frauen auf dem Wohnungsmarkt in Berlin
(ÜPFI 2015) zeigt beispielsweise die Versorgungsdefizite von Obdachlosigkeit betroffener Frauen
gegenüber der Versorgung betroffener Männer in Berlin auf, eine Stellungnahme des Landesfrauen
rats dringenden Forschungsbedarf zur Wohnungsversorgung von Frauen in sozial benachteiligenden
Lebenslagen (2015).
In der Jugendsozialarbeit ist beobachtbar, dass „mehrere Träger ihre jugendlichen Klient*innen
zurzeit einfach in die Obdachlosigkeit entlassen müssen. Niemand möchte an jemand aus der
Jugendhilfe vermieten, abgesehen davon, dass Einraumwohnungen in Berlin gerade kaum zu finden
sind.“ (Interview E 13) Ein Großteil der von Diskriminierung am Wohnungsmarkt betroffenen
Menschen erfährt eine Mehrfachdiskriminierung und ist auf „bezahlbaren“ Wohnraum, d.h. sozialen
Wohnungsbau, wohngeld- und wohnberechtigungsscheinfähige Wohnungen angewiesen. Das
Wohnungsangebot in diesem Bereich ist in Berlin defizitär, nicht zuletzt Privatisierungen und durch
die Niedrigzinsphase begünstigten Investorenprojekten geschuldet (vgl. untenstehende Grafik, Abb.
1/2).
4
In diesem Gutachten wird als Format gendergerechter Sprache die Schreibweise mit Sternchen* gewählt, die dem
Gegenstand gerecht wird. An einigen Stellen im Text werden in Namen von Organisationen, Projekten etc. jedoch deren
selbstgewählte Schreibweisen beibehalten.
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Mehr als 50% der Bevölkerung haben jedoch Anspruch auf Zugang zu diesem Marktsegment und der
Anteil der Wohnungen, auf deren Vergabe das Land Berlin Einfluss nehmen kann, ist sehr begrenzt.
Der wohnungspolitische Handlungsbedarf ist belegt durch die aktuellen Wohnungsmarktberichte und
er spiegelt sich in einer breiten fachöffentlichen und zivilgesellschaftlichen Diskussion (siehe dazu
Kap. 2; Bochum et al 2015, Holm 2014/2015, IBB 2015 /2016).
Abbildung 1/2: Spezifische Wohnungsmarktlagen in Berlin
Quelle: IBB-Wohnungsmarktbarometer 2016
KONKURRENZ VON DISKRIMINIERUNG BEDROHTER GRUPPEN AM WOHNUNGSMARKT
Die erhöhte Konkurrenz von Personen in mittleren und niedrigen Einkommensgruppen um
bezahlbaren Wohnraum führt dazu, dass Vermieter*innen aus einem breiteren Nachfragespektrum
wählen können und damit das Risiko von Diskriminierung steigt (Breckner, 2016). Der Druck auf
diesen Bereich des Wohnungsangebots in Berlin erzeugt in diesem Kontext darüber hinaus
zunehmend Konkurrenzen zwischen von Diskriminierung bedrohten Bedarfsgruppen. Dies wird
insbesondere im Kontext der Wohnraumversorgung Geflüchteter Menschen auf dem regulären
Wohnungsmarkt wahrgenommen, aber auch hinsichtlich anderer beim Zugang zu Wohnraum
benachteiligter Gruppen. Die Zentrale Koordinationsstelle des Geschützten Marktsegments stellt
beispielsweise fest, dass es „kaum noch möglich ist, in Einrichtungen lebenden Menschen Zugang zu
eigenem Wohnraum und damit besserer gesellschaftlicher Teilhabe zu vermitteln“. Die Antidiskrimi
nierungsberatungen in Berlin und Potsdam beobachten vor diesem Hintergrund seit 2016 einen
Zuwachs an Beratungs-, Interventions- und Begleitungsbedarf für von Diskriminierung am
Wohnungsmarkt betroffene oder bedrohte Menschen.
Auch das Ergebnis der umfassenden Online-Befragung im Rahmen dieses Gutachtens (siehe dazu
Kap.5), an der sich 53 Akteure beteiligten, bestätigt diese Beobachtung:
• Im Jahr 2015 wurde bei 34 Akteuren in zwischen 0 bis 1.000 Fällen wegen wohnraumbezoge
ner Diskriminierung Beratung angefragt, wobei der Mittelwert bei 87 Fällen je Einrichtung
liegt.
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• Die höchste Zahl von 1.000 Fällen benannte eine niedrigschwellige Einrichtung im Bereich
Wohnraum bezogener Beratung.
• In den anderen 17 niedrigschwelligen Einrichtungen liegt der Mittelwert bei 73 Fällen und
entspricht damit ca. dem Mittelwert der qualifizierten Einrichtungen wohnraumbezogener
Beratung. Hier finden sich auf vier Einrichtungen verteilt 306 Fälle.
• Die beiden die Befragung beantwortenden Akteure, die qualifizierte Antidiskriminierungsbe
ratung anbieten, geben zusammen 62 betreute Fälle an.
• Im Bereich der Nachbarschaftsarbeit zeigte sich eine starke Diskrepanz zwischen den Einrich
tungen, die sich an der Befragung beteiligten: hier werden von einer Einrichtung 150 Fälle
genannt, von den drei anderen nur 0-2 Fälle. Die Diskrepanz kann auf die Lage der Angebote
im Stadtraum und die sehr unterschiedliche Angebotsstruktur von Stadtteil- und Nachbar
schaftszentren sowie Quartiersmanagements zurückgeführt werden.
ZUNAHME VON BERATUNGSBEDARF
47 der 53 befragten Akteure beobachteten eine Zunahme an Beratungsanfragen im Jahr 2016. Von
den Einrichtungen der Wohlfahrtspflege bestätigten 75 Prozent diese Wahrnehmung. Die daraus
ableitbare Zunahme von Diskriminierung aufgrund der sozialen Lage spiegelt sich auch darin, dass der
Türkische Bund Berlin die Anerkennung der sozialen Lage als Diskriminierungsmerkmal als
Wahlprüfstein für die Berliner Landeswahlen 2016 benannt hat.
Vor diesem Hintergrund, im Kontext der verschiedenen Zuwanderungsprozesse und insbesondere
angesichts wachsender Zahlen geflüchteter Menschen, die einen Zugang zum regulären Wohnungs
markt suchen, ist zu erwarten, dass Diskriminierung beim Zugang zu Wohnraum in Berlin weiter
zunimmt. Anzunehmen ist auch, dass diese Diskriminierung weiterhin unterschiedliche regionale und
sozialräumliche Häufigkeit aufweisen wird und sich nicht ausschließlich, aber vor allem in den für die
unteren Einkommensgruppen leistbaren Marktsegmenten verdichten wird.
3.2
ZIELSETZUNGEN DES GUTACHTENS
Die Hauptzielsetzung des Gutachtens ist es im beschriebenen Kontext begründete Vorschläge für ein
gut vernetztes Interventionssystem gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt in Berlin zu
unterbreiten. In der Bearbeitung wurde dabei unterschieden zwischen dem Erkenntnisziel und kurzund mittelfristigen operativen Zielen.
ERKENNTNISZIEL
Erkenntnisziel des Gutachtens im war eine Bestandsaufnahme
• zu fachlich verschieden angebundenen Beratungsangeboten, die Menschen unterstützen, die
Diskriminierung am Wohnungsmarkt oder bei der Nutzung von Wohnraum erfahren haben,
• zu spezifisch im Bereich Antidiskriminierung qualifizierten Beratungsangeboten,
• zu nachvollziehbaren Beratungsstandards in den aufgefundenen Beratungsangeboten im
Sinne von Antidiskriminierungsberatung sowie
• zu einem Koordinationsbedarf von Beratungsangeboten, Wissen und Information im Gesamt
feld der Beratungsstrukturen, in denen Betroffene Unterstützung finden können.
Grundlage für die Bearbeitung der im Folgenden beschriebenen kurz- und mittelfristigen operativen
Ziele und damit ein weiteres Erkenntnisziel war es, übliche Kommunikationsstrukturen bei
Betroffenheit von Diskriminierung und ggfs. zwischen den beratenden Institutionen herauszuarbei
17
ten. Hinsichtlich der Diskriminierungsmerkmale ethnische Herkunft und Religion war es angesichts
zunehmender Selbstorganisation von Migrant*innen gegen bestimmte Formen der Diskriminierung
auf dem Wohnungsmarkt Zielsetzung, Multiplikator*innen und Netzwerke aus diesem Bereich gezielt
die Erhebung einzubeziehen.
Im Rahmen von Expert*innen-Interviews und des Fachdialogs sollten darüber hinaus Erkenntnisse
gewonnen werden zum Verständnis der unterschiedlichen Akteure und Beratungsstrukturen von
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und dazu, inwieweit aktuelles Mietrecht und wohnungs
politische Instrumente zweckdienlich auch für antidiskriminatorische Vermietungspraxis sind.
KURZ- UND MITTELFRISTIGE OPERATIVE ZIELE
Auf der Ebene kurzfristiger operativen Ziele war es Aufgabe des Gutachtens, beteiligungsorientiert
Vorschläge zu entwickeln für ein niedrigschwellig zugängliches und gut vernetztes Beschwerde- und
Interventionssystem, mit geeigneten Kontrollinstrumenten.
Ein zum Vergabezeitpunkt des Gutachtens mittelfristiges Ziel war ein Vorschlag für die mögliche
Verortung, Zielsetzungen und Aufgaben einer oder mehrerer Interventions-/Koordinations- und
Fachstellen.
Als mittel- bis langfristige Zielsetzung des Gutachtens ist es darüber hinaus zu sehen, eine Grundlage
zu schaffen für zukünftige Selbstverpflichtungen und Kooperationen von Wohnungspolitik,
Wohnungswirtschaft und Fachverwaltungen, im Sinne des Nationalen Integrationsplans und einer
explizit antidiskriminatorischen Vermietungspolitik.
Eine erste Einschätzung der Bedarfe zur Sensibilisierung von Führungskräften und Mitarbei
ter*innen von Wohnungsunternehmen hinsichtlich Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt und
Möglichkeiten gezielt antidiskriminatorischen Handelns ist als Grundlage zu sehen für die
mittelfristige Zielsetzung, ein gemeinsames Weiterbildungsangebot für die Berliner Beratungs
angebote zu konzipieren.
Im folgenden Kapitel wird erläutert, mit welchem Forschungsdesign die beschriebenen Aufgaben und
Ziele bearbeitet wurden.
18
4
Forschungsdesign / Struktur des Gutachtens
Die Bearbeitung des Gutachtens erfolgte auf der Grundlage von drei Bausteinen, in denen
überwiegend qualitative sozialwissenschaftliche Erhebungsmethoden zum Tragen kamen. Die
methodische Ausrichtung des Gutachtens war dabei akteurszentriert und beteiligungsorientiert.
Abbildung 3: Bausteine des Forschungsdesigns
Baustein 1
Bestandsaufnahme zum Beratungsangebot bei Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt
Baustein 2
Fachgespräch „Wohnen in Berlin: offen für alle! Interventionsmöglichkeiten
gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“
Baustein 3
Handlungsempfehlungen zur Entwicklung eines Beratungs-, Beschwerdeund Interventionssystems gegen Diskriminierung auf dem Berliner
Wohnungsmarkt
Quelle: Urban Plus
BAUSTEIN 1 / GRUNDLAGEN DER BESTANDSAUFNAHME
Die Bestandsaufnahme in Baustein 1 erfolgte in zwei Phasen, beginnend mit einer Literatur- und
Datenanalyse zu für die Fragestellung relevanten Beratungsangeboten und einer Online-Befragung. In
der Literatur- und Datenanalyse wurden auf Antidiskriminierungsberatung spezialisierte und dabei
teils unter anderem zum Thema Wohnen, teils mit einem Schwerpunkt in diesem Bereich beratende
Akteure ebenso aufgenommen, wie andere Beratungsangebote, z.B. im psycho-sozialen und Mieten
beratungsbereich, in deren Beratungspraxis Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zum
Gegenstand wird. Aufgrund ihrer Bedeutung insbesondere für den Zugang Geflüchteter zu Wohnraum
wurden zu den genannten Beratungsschwerpunkten neben institutionalisierten dezidiert auch
informelle Angebote aufgenommen (vgl. Kap. 10, Quellen / Anlagen).
ONLINE-BEFRAGUNG
Zielgruppe der im nächsten Schritt durchgeführten Online-Befragung waren Expert*innen bzw.
Beratungsstrukturen von Wohnungsunternehmen, soziale Trägern, Quartiersmanagements,
Institutionen, Vereinen und Initiativen, die explizit oder am Rande ihrer fachlichen Aufgaben
Menschen beraten, die Gefahr laufen, bei der Wohnungssuche Diskriminierung zu erfahren oder eine
solche bereits erlebt haben. Zentrale Fragestellungen waren die jeweiligen Beratungsanlässe, die zur
Verfügung stehenden Beratungsangebote, notwendige Beratungskompetenzen, Weiterleitungspfade
im Beratungsprozess sowie, Koordinations- und Vernetzungsbedarfe der existierenden Beratungs
angebote.
19
Die Einladung zur Teilnahme an der Befragung basierte auf der Datenanalyse und Veröffentlichungen
der LADS. Sie erreichte per Mail einen Verteiler von 286 Adressat*innen, teilweise unterstützt durch
die zuständigen Fachverwaltungen (SenStadtUm, SenGsSoz5).
Der Befragung ging ein Pretest voraus, durchgeführt mit Vertreter*innen unterschiedlicher
Beratungsangebote. Dezidiert einbezogen waren ein Träger, für dessen Arbeit die Opferperspektive
zentral ist sowie sowohl institutionalisierte als auch informelle Beratungsstrukturen. Die Teilnahme
war vom 30. August bis zum 12. Oktober 2016 möglich, wobei in dieser Zeit zwei Erinnerungen
versandt wurden (die zweite personalisiert an 40 Akteur*innen), verbunden mit einer Verlängerung
des ursprünglichen Befragungszeitraums um einen Monat. In einigen Fällen wurde die Einladung zur
Befragung durch Angefragte weitergeleitet.
Insgesamt konnten auf dieser Basis 202 Antwortsätze generiert werden. Nach einem Bereinigungs
prozess, der leere, stark unvollständige und doppelte Antwortsätze von der gleichen Institution,
Verein oder Initiative entfernte sowie einen Antwortsatz aus dem Pretest integrierte, konnten 53
gültigen Antwortsätze ausgewertet werden. Dies entspricht einer Rücklaufquote von etwa 18,5%. Der
Anteil der Teilnehmenden an den gültigen Antwortsätzen, die nicht in unserem Verteiler waren, liegt
bei etwa 11% (sechs Antwortsätzen). Aus welchen Beratungsstrukturen Antworten eingegangen sind,
wird in Kapitel 5 dargestellt.
EXPERT*INNEN-INTERVIEWS
In der zweiten Phase der Bestandsaufnahme wurden zur Validierung der Ergebnisse der Bestandsauf
nahme 13 leitfadengestützte Expert*innen-Interviews durchgeführt. In diese Ebene der fachlichen
Auseinandersetzung wurden Vertreter*innen von (psycho-)sozialen und AntidiskriminierungsBeratungsstellen mit verschiedenen Handlungsfeldern einbezogen und Vertreter*innen überwiegend
ehrenamtlich tätiger Initiativen, die geflüchtete Menschen und Gewaltopfer beraten. Darüber hinaus
wurden – kontrastierend – Führungskräfte aus der Wohnungswirtschaft, der Senatsverwaltung für
Stadtentwicklung und der Mieterberatung interviewt. Als „qualifizierte Antidiskriminierungsberatung“
wurden dabei die Beratungsstellen von Trägern beschrieben, die auf der Basis von Paragraph 23 AGG
und durch das Land Berlin gefördert Antidiskriminierungsberatung anbieten. Mit dieser Beschreibung
wird jedoch nicht die Qualität ehrenamtlicher Beratung und freiwilliger/selbstorganisierter
zivilgesellschaftlicher Unterstützung von Diskriminierung bedrohter oder betroffener Menschen
infrage gestellt. Die Erfahrungen und Positionen dieser in der Regel ebenfalls mit fachlich
qualifizierten Mitarbeiter*innen/ Unterstützer*innen agierenden Initiativen, Vereinen oder Projekten
sollten hier ebenso wie bei der Online-Befragung explizit einbezogen werden.
KURZRECHERCHE ZU BEISPIEL GEBENDER PRAXIS, RECHTLICHEN UND WOHNURGSPOLITISCHEN RAHMENBE
DINGUNGEN
Die Kurzrecherche zu „Interventionen gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt“ und
„rechtlichen und wohnungspolitischen Rahmenbedingungen“ für die zu formulierenden
Handlungsempfehlungen, zielte auf eine Reflektion guter Praxis andernorts und strukturelle
Anregungen für ein Interventionssystem gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt in Berlin.
Gleichzeitig sollten damit erste Überlegungen zur Rechtssicherheit der Handlungsempfehlungen
ermöglicht werden.
5
Die Bezeichnung der Senatsverwaltungen bezieht sich auf den Befragungszeitraum, die aktuellen Bezeichnungen sind
Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen sowie Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales.
20
BAUSTEIN 2 / FACHGESPRÄCH
Der zweite Baustein der Analyse war ein in enger Abstimmung mit der LADS konzipiertes Fach
gespräch „Wohnen in Berlin: offen für alle! Interventionsmöglichkeiten gegen Diskriminierung auf
dem Wohnungsmarkt“. Daran nahmen neben den sieben inputgebenden Expert*innen aus der
Forschung, Beratungspraxis und Wohnungswirtschaft 34 in Beratungsstellen, Selbsthilfeorga
nisationen und Interessenvertretungen zum Thema Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt sowie
von Kommunalen Wohnungsunternehmen und Wohnungsgenossenschaften, aus Bezirksverwaltun
gen und der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung teil. Zielsetzung des Fachgesprächs, das
gesondert dokumentiert wurde (LADS/UrbanPlus 2016), war eine möglichst breite Beteiligung
relevanter Akteure - Fachverwaltungen, Wohnungswirtschaft und Beratung Anbietende - an der
Erarbeitung des Vorschlags für ein Interventionssystem gegen Diskriminierung auf dem Berliner
Wohnungsmarkt. Im Rahmen der Veranstaltung, die im Wesentlichen die Ergebnisse aus Baustein 1
bestätigte und im Ergebnis eine gute Grundlage für zukünftige interdisziplinäre Dialoge darstellt,
wurden drei Themenfelder bearbeitet:
(1) Perspektiven zu Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt aus Forschung und Praxis
(2) „Qualitäten und Standards von Beratung im Dialog entwickeln“ – Inputs und Arbeitsgruppen
zu unterschiedlichen Fallkonstellationen
(3) Aus den Arbeitsgruppen resultierende Handlungsempfehlungen für eine Strategie gegen
Diskriminierung auf dem Berliner Wohnungsmarkt
BAUSTEIN 3 / HANDLUNGSEMFEHLUNGEN FÜR EIN INTERVENTIONSSYSTEM
Im dritten Baustein, der die Erarbeitung von Handlungsempfehlungen für ein Beratungs-,
Beschwerde- und Interventionssystem gegen Diskriminierung auf dem Berliner Wohnungsmarkt
beinhaltete, wurden die relevanten Ergebnisse des Mappings der Beratungslandschaft, der OnlineBefragung, der Expert*innen-Interviews und des Fachgesprächs zusammengeführt mit den
Erkenntnissen aus den ausgewählten Beispielen guter Praxis von Interventionen gegen Diskriminie
rung auf dem Wohnungsmarkt. Die Handlungsempfehlungen adressieren dabei zum einen den
Vorschlag für ein komplexes Interventionssystem, zum anderen eine ausführliche Darstellung zu
Zielen und Aufgaben einer Koordinierungs- und Fachstelle.
21
5
Rechtliche und wohnungspolitische Rahmensetzungen für ein
nicht diskriminierendes Wohnungswesen und gute Beratung
Die Rahmenbedingungen für eine gute Information, Beratung und Interessenvertretung in einem
diskriminierungsfreien Wohnungswesen werden vornehmlich durch die geltenden gesetzlichen
Regeln und Verordnungen bestimmt. Zusätzliche Voraussetzung ist ein diesen Regeln konformes
Verhalten von Politik, Verwaltung und Marktteilnehmern, sowie eine qualifizierte Interessenvertre
tung derer, die aktuell oder potentiell von Diskriminierung bedroht oder betroffen sind.
Dieses Kapitel stellt die rechtliche Situation im Land Berlin vor dem Hintergrund europäischer und
nationaler Gesetzgebung dar und gibt Hinweise zur Übertragung von Beratungsaufgaben an
zivilgesellschaftliche Selbsthilfe-Organisationen. Ausländische Beispiele werden herangezogen, wo
sich daraus gesondert Handlungsvorschläge ableiten lassen.
5.1.
DER EU-RECHTLICHE HINTERGRUND
Hauptfundstellen für die Rechtssetzung der EU zur Verhinderung von Diskriminierung sind vier
Richtlinien, in denen der Rat der Europäischen Union zwischen 2000 und 2004 Regelungen formuliert,
die die Grundlage für die nationale Gesetzgebung der Mitgliedsstaaten darstellen. Das Allgemeine
Gleichbehandlungsgesetz der Bundesrepublik und entsprechende Gesetze der Länder bauen auf
ihnen auf, wie auch die entsprechenden gesetzlichen Regelungen der anderen Mitgliedsstaaten der
EU. Dies sind
• die Antirassismus-Richtlinie (2000/43/EG),
• die Rahmenrichtlinie Beschäftigung (2000/78/EG) und
• die Gender-Richtlinie (2002/73EG). Diese Richtlinie wurde mittlerweile gemeinsam mit
anderen Richtlinien zur Gleichbehandlung von Männern und Frauen neugefasst und zwar
durch die Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006
zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von
Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen (Abl. EG Nr. L 204 S. 23).
Weiter zählt dazu
• die Richtlinie zur Gleichstellung der Geschlechter auch außerhalb der Arbeitswelt
(2004/113/EG). 6
Diese Richtlinien der Europäischen Union basieren auf der UNO Menschenrechtskonvention sowie
der Europäischen Konvention für Menschenrechte. Sie haben einen universell verpflichtenden
Charakter und verpflichten die Mitgliedsstaaten zur innerstaatlichen Umsetzung, wobei Form und
Mittel den nationalen Gegebenheiten entsprechen können. 7 Vor diesem Hintergrund erklärt sich, dass
unterschiedliche nationale Rechte und Praktiken innerhalb der EU vornehmlich auf nationale
Unterschiede aus der Zeit vor dem Inkrafttreten der genannten Richtlinien zurückzuführen sind. Sie
betreffen in der Regel spezifische Besserstellungen gegenüber der EU Rechtssituation, dürfen aber
innerhalb der EU nicht zu einer Schlechterstellung der geschützten Gruppen führen.
6
Übernommen aus http://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Recht_und_gesetz/EU
Richtlinien/eu-Richtlinien_node.html
7
Im Folgenden kursiv: wörtliche Übernahme aus den EU Richtlinien und nationalen Gesetzen und Verordnungen.
22
Aus der Grundrechtecharta der EU ergeben sich neben dem allgemeinen Gleichheitsgebot des Artikel
20, der die Gleichheit vor dem Gesetz garantiert, spezifische Diskriminierungsverbote (Artikel 21). Art.
23 verbürgt die Gleichheit von Männern und Frauen und begründet zugleich ein Förderungsrecht für
das jeweils unterrepräsentierte Geschlecht.
Abbildung 4: Anwendungsbereich der vier zentralen EU Gleichbehandlungsrichtlinien
Quelle: UrbanPlus auf der Grundlage von Deutsches Institut für Menschenrechte
Im Folgenden werden die Hauptargumente der Richtlinien aus einer handlungsorientierten Sicht mit
dem Fokus auf Diskriminierung bezüglich des Wohnens zusammengefasst.
MENSCHENRECHTLICHER RAHMEN
Diskriminierung aus Gründen des Geschlechts, der sexuellen Identität, der Rasse, Hautfarbe, Sprache,
Religion, der politischen oder anderweitiger Anschauung, der der nationalen oder sozialen Herkunft
sowie der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, Vermögen, Geburt oder sonstigem Status ist
in der Europäischen Union aufgrund des allgemeinen Willkürverbots verboten, wenn dies zu einer
Benachteiligung oder Herabwürdigung führt, ohne dass es dafür sachliche Gründe gibt (Willkürver
bot).
Das in der EU geltende generelle Willkürverbot wird als unverzichtbares Element der Rechtsstaatlich
keit für jedes Staatshandeln angesehen und umfasst das Verbot der Diskriminierung aufgrund der in
den Richtlinien angegebenen Diskriminierungstatbestände. Umstritten war dagegen, in wie weit dies
auch das Verhältnis zwischen privaten Akteuren, z.B. Mietenden und Vermietenden gilt. Für sie gilt
grundsätzlich die Privatautonomie, also die Freiheit im Rahmen der Rechtsordnung (z.B. Mietrecht
23
und Miethöhegesetze) eigenverantwortlich rechtsverbindliche Vereinbarungen zu treffen. Diese
allgemeine Freiheit wird jedoch durch die antidiskriminatorischen Regelungen der EU eingeschränkt,
um z.B. eine Schlechterstellung von durch Diskriminierung im Sinn der Richtlinien Betroffenen oder
Gefährdeten zu verhindern (Heiderhoff 2012). Insoweit sind auch private Akteure an die Grundrechte
der jeweils anderen gebunden und unterliegen einem Willkürverbot, das zum Schutz vor Diskriminie
rung und ungerechtfertigter schlechter Behandlung herangezogen werden kann.
Die vom Rat der Europäischen Union ab dem Jahr 2000 erlassenen Richtlinien verpflichten die
Mitgliedstaaten, mittels nationaler Rechtsnormen bestimmte Diskriminierungen im privatrechtlichen
Bereich zu unterbinden, insbesondere im Vertragsrecht und bezüglich des Zugangs zu Gütern und
Dienstleistungen. Dazu gehören auch das Mietrecht, insbesondere das Recht der Vermietung und das
der allgemeinen Beziehungen zwischen den Vermietenden und Mietenden von Wohnraum.
Im Juli 2008 unterbreitete die Europäische Kommission einen Entwurf für eine Richtlinie des Rates zur
Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der Religion oder der Weltanschau
ung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung, der basierend auf den Richtlinien
2000/43/EG, 2000/78/EG und 2004/113/EG – insbesondere als Ergänzung der diesbezüglichen
Rechtsvorschriften im Bereich Beschäftigung − einen Schutz vor Diskriminierung in den Bereichen
Gesundheitsversorgung, Bildung, Sozialversicherung und Wohnen bieten soll. Er würde den
Diskriminierungsschutz für die darin angeführten Gründe jenem Niveau angleichen, das mit der
Antirassismus-Richtlinie 43/2000 für das Merkmal ethnische Herkunft bereits festgelegt wurde. Dieser
Vorschlag ist allerdings aufgrund des Widerstands einiger EU-Staaten, darunter Deutschland, seit
Jahren blockiert.
GRUNDSÄTZE DER ANTIDISKRIMINIERUNGSRICHTLINIEN
Entsprechend Artikel 6 des Vertrages über die Europäische Union basiert diese auf den Grundsätzen
der Freiheit, der Demokratie, der Achtung der Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie der
Rechtsstaatlichkeit. Dort wird festgehalten, dass die Gleichheit vor dem Gesetz und der Schutz aller
Menschen vor Diskriminierung ein allgemeines Menschenrecht ist.
In der Antirassismus-Richtlinie wird insbesondere festgestellt, dass Diskriminierungen aus Gründen
der Rasse oder der ethnischen Herkunft der Verwirklichung der im EG-Vertrag festgelegten Ziele
entgegenstehen. Der Fokus liegt auf der Erreichung eines hohen Beschäftigungsniveaus und eines
hohen Maßes an sozialem Schutz, der Hebung des Lebensstandards und der Lebensqualität, dem
wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhalt sowie der Solidarität. Die Antirassismus-Richtlinie
beschreibt zwar am umfangreichsten allgemeine Diskriminierungstatbestände und gibt einen
konkreten Verfahrensrahmen für die nationale Ebene der Mitgliedstaaten vor, während in den
Gender-Richtlinien einige weiter gehende Regulierungen verordnet werden.
Die Antirassismus-Richtlinie gibt vor, dass das allgemeine Verbot von Diskriminierung unter
Berücksichtigung der angegebenen Einschränkungen auch hinsichtlich Drittstaatsangehörigen
angewandt werden sollte (Europäischer Rat 2000). Es betrifft jedoch nicht Ungleichbehandlungen
aufgrund von Vorschriften über die Einreise und den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, soweit sie
nicht dem Grundsatz der Freizügigkeit innerhalb der EU widersprechen. Darauf beziehen sich
bestimmte Vermietungs- und Verkaufsverbote an Nicht-EU Bürger*innen z.B. im Vereinigten
Königreich.
24
SANKTIONIERUNG UND SCHADENSERSATZ
Ein besserer Rechtsschutz gegen Diskriminierung muss mit einer aktiven Strategie zur Förderung von
Nichtdiskriminierung und Chancengleichheit einhergehen. Um den Schutz vor Diskriminierungen
effektiv zu gestalten, fordern die Richtlinien die Staaten auf, bei Verstößen wirksame Sanktionen
vorzusehen und einen effektiven Rechtsschutz zu garantieren (Beweiserleichterungen).
Dazu sind die Mitgliedsstaaten gefordert, im Rahmen ihrer nationalen Rechtsordnung die erforderli
chen Maßnahmen … sicherzustellen, dass der einer Person durch eine Diskriminierung in Form eines
Verstoßes entstandene Schaden … tatsächlich und wirksam ausgeglichen oder ersetzt wird.
CHANCENGLEICHHEIT BEI DER TEILHABE AUCH IM WOHNUNGSWESEN
Die Umsetzung der Antirassismus-Richtlinie soll allen Menschen — ohne Unterschied der Rasse oder
der ethnischen Herkunft Teilhabe ermöglicht werden. Dazu sollte jede unmittelbare oder mittelbare
Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der ethnischen Herkunft in den von der Richtlinie
abgedeckten Bereichen gemeinschaftsweit untersagt werden. In den Richtlinien selbst werden die
Begriffe unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung nicht im engen Sinn definiert. Unmittelbare
Diskriminierung umfasst eine weniger günstige Behandlung unter Bezug z. B. auf Herkunft, Hautfarbe,
Sprache im Vergleich zu anderen Personen. Im Bereich des Wohnens zählt dazu etwa die Nichtverga
be von Wohnraum aufgrund der genannten Diskriminierungsmerkmale. Mittelbare oder indirekte
Diskriminierung liegt vor, wenn scheinbar neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sich auf
eine bestimmte Personengruppe benachteiligend auswirken. Dies kann z.B. vorliegen, wenn bei der
Wohnungsvermietung von allen sich um eine Wohnung Bewerbenden gute aktive Sprachkenntnisse
verlangt werden, wie sie speziell von Menschen mit einer Behinderung oder mit einer zuwanderungs
bedingten sprachlichen Einschränkung nicht erbracht werden können, wodurch ihr Zugang zu
Wohnungsangeboten verhindert wird.
Auch wenn in den Richtlinien kein direkter Bezug zum Wohnen genommen wird, ist deutlich, dass
insbesondere die Regelungen zu einem diskriminierungsfreien Vertragsrecht und zum Recht auf
Zugang zu Gütern sowie insbesondere Dienstleistungen sich auch auf das gesamte Wohnungswesen
erstrecken und eine Schlechterbehandlung aufgrund der in den Richtlinien angegebenen Felder
Antirassismus, Beschäftigung, Gleichbehandlung von Frauen und Männern sowie insgesamt sexuellen
Identität das Wohnen in einem weiten Sinn umfassen.
Ein genauerer Bezug auf das Wohnen wird von der Europäischen Kommission 2008 in einem Entwurf
für eine Richtlinie des Rates zur Anwendung des Grundsatzes der Gleichbehandlung ungeachtet der
Religion oder der Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Ausrichtung
genommen. Er beschreibt ausdrücklich als Ergänzung der diesbezüglichen Rechtsvorschriften im
Bereich Beschäftigung − einen Schutz vor Diskriminierung in den Bereichen Gesundheitsversorgung,
Bildung, Sozialversicherung und Wohnungswesen und würde den Diskriminierungsschutz für die darin
angeführten Gründe dem Niveau angleichen, das mit der Antirassismus-Richtlinie 43/2000 für das
Merkmal ethnische Herkunft festgelegt wurde.
MASSNAHMEN ZUR BEKÄMPFUNG VON DISKRIMINIERUNG
Die Kommission weist (Europäische Kommission 2008) darauf hin, dass Diskriminierung nicht allein
durch Rechtsvorschriften verhindert werden kann. Zugleich bedarf es einer Veränderung in den
Einstellungen und Verhaltensweisen sowohl bei staatlichen als auch privaten Akteuren. Allerdings
25
steht außer Frage, dass ein wirksamer und richtig durchgesetzter Rechtsrahmen, mit dem
Diskriminierung verboten und Opfern von Diskriminierung ein effektiver Zugang zu Rechtsbehelfen
zugesichert wird, eine wesentliche Vorbedingung für einen echten Wandel darstellt. Während die
Kommission bestrebt ist, die Einhaltung des bestehenden Rechtsrahmens sicherzustellen, weist sie
gleichzeitig auf die Notwendigkeit neuer Rechtsvorschriften zur Ausweitung des Geltungsbereichs des
Rechtsschutzes auf alle Formen von Diskriminierung und alle Lebensbereiche hin.
Zur Gewährleistung sollen insbesondere Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierungen
herangezogen werden. Sie umfassen insbesondere Information, die Bereitstellung von Rechtsverfol
gungsmöglichkeiten und die Sanktionierung von Diskriminierung. Der Kanon der Maßnahmen wird
nicht abschließend geregelt und neue sinnhafte Maßnahmen zur Durchsetzung der Richtlinien sind
jederzeit themen- und situationsbezogen möglich, wie z.B. die Anwendung von Testing-Verfahren,
oder die Einrichtung lokaler öffentlich-privater Partnerschaften zur Aufdeckung von Diskriminierung.
Während die Richtlinie auf Mindeststandards abstellt, wird hervorgehoben, dass die Mitgliedstaaten
aufgrund nationaler Traditionen und Rechte durch Maßnahmen und Gesetze einen darüber
hinausgehenden Schutz vor Diskriminierung beibehalten oder durchsetzen können. Auch können in
begründeten Fällen Reglungen getroffen werden, die besonders gefährdeten oder benachteiligten
Gruppen einen privilegierten Zugang ermöglichen, um besondere Formen der Schlechterstellung zu
überwinden (positive Diskriminierung).
OPFERSCHUTZ UND VERTRETUNG IN VERFAHREN
Hervorgehoben wird die Notwendigkeit, dass Opfer von Diskriminierungen aus Gründen der Rasse
oder der ethnischen Herkunft … über einen angemessenen Rechtsschutz verfügen und dass sich
Verbände oder andere juristische Personen unbeschadet der nationalen Verfahrensordnung bezüglich
der Vertretung und Verteidigung vor Gericht bei einem entsprechenden Beschluss der Mitgliedstaaten
… im Namen eines Opfers oder zu seiner Unterstützung an Verfahren beteiligen und entsprechend
gehört werden. Wenn ein glaubhafter Anschein einer Diskriminierung besteht, wird vorgeschlagen,
eine Beweislastumkehr in der Art vorzusehen, dass eine Verlagerung der Beweislast auf die beklagte
Partei erfolgen kann, wenn dies aufgrund der Lage der benachteiligten Personen und/oder
Gruppierungen erforderlich scheint.
ÖFFENTLICHER ZUGANG ZU INFORMATION UND UNTERSTÜTZUNG
Es wird davon ausgegangen, dass der Schutz vor Diskriminierung aus Gründen der Rasse oder der
ethnischen Herkunft … verstärkt [würde], wenn es in jedem Mitgliedstaat eine Stelle bzw. Stellen
gäbe, die für die Analyse der mit Diskriminierungen verbundenen Probleme, die Prüfung möglicher
Lösungen und die Bereitstellung konkreter Hilfsangebote an die Opfer zuständig wäre.
STAATLICHES HANDELN UND SUBSIDIARITÄTSPRINZIP
Für die Umsetzung eines präventiven und nachfolgenden Opferschutzes sind die Mitgliedsstaaten
aufgefordert, Vorkehrungen zu treffen, dass die Rechte auf Gleichstellung und Nicht-Diskriminierung
unter staatlicher Regie und Aufsicht umgesetzt werden können und dass der Zugang zu Informatio
nen, Rechtsschutz und Beratung gewährleistet wird. Sie können dies in eigener Regie auf der Ebene
garantieren, die ihnen adäquat erscheint. Somit sind Einrichtungen sowohl auf nationaler (zentraler)
Ebene, auf der Ebene von Regionen (Ländern) und insbesondere Kommunen möglich. Hierfür ist auch
das allgemein in der EU geltende Subsidiaritätsprinzip heranzuziehen, das in Artikel 5 des EGVertrages bestimmt, dass öffentliche Aufgaben möglichst bürgernah und unter Hinzuziehung
zivilgesellschaftlicher Selbstorganisationen geregelt und umgesetzt werden sollen. Für Antidiskrimi
26
nierungsarbeit im Wohnungswesen lässt sich ableiten, dass staatliche Organe gehalten sind, alle
Akteure in die Umsetzung der Richtlinien einzubinden, was sowohl die Inpflichtnahme von
Eigentümer- und Betroffenenorganisationen einbezieht, als auch besonders Opferorganisationen, die
deren spezifische Perspektive vertreten.
Soweit dabei öffentliche Aufgaben übertragen werden, sind die subsidiär im Rahmen von Regelungen
der EU oder auch der nationalen Anti-Diskriminierungspolitik tätig werdenden Informations- und
Beratungsorganisationen so auszustatten, dass sie ihre Aufgabe sachgerecht so erfüllen können, wie
es staatliche Organisationen in Erfüllung der Aufgaben zu übernehmen hätten. In wieweit bei der
Umsetzung einer antidiskriminatorischen Politik im Wohnungsbereich das Subsidiaritätsprinzip zu
einem Verbot staatlichen Handelns und zur Pflicht der Übertragung führen, und die staatliche Seite
auf die Ebene (Legislative und Exekutive) der Politik beschränken sollte, lässt sich für Deutschland
analog des Diskurses um die Jugend- und Sozialarbeit (§)3 BSHG bzw. §5 JWG) diskutieren.
Subsidiarität ist dabei jedoch immer auf die Bereitschaft sozialer Organisationen und Träger sowie der
breiteren Zivilgesellschaft angewiesen, sich den Zielen der Antidiskriminierungspolitik, insbesondere
im Wohnungsbereich anzunehmen.
Bezüglich des Arbeitsmarktes fördert die Kommission in der entsprechenden Richtlinie aktiv
subsidiäres Handeln. So sind die Mitgliedstaaten aufgefordert, den Dialog … mit Nichtregierungsorga
nisationen zu fördern, mit dem Ziel, gegen die verschiedenen Formen von Diskriminierung anzugehen
und diese zu bekämpfen.
BERICHTERSTATTUNG
Bezogen auf Arbeitsverhältnisse wird verlangt, dass in regelmäßigen angemessenen Abständen
Informationen über die Gleichbehandlung von Frauen und Männern vermittelt werden. Diese
Informationen können Statistiken … enthalten, wobei unklar bleibt, in wieweit sich diese Regelung in
Analogie auch auf andere Bereiche, z.B. das Wohnen erstrecken soll.
5.2
DER RECHTSRAHMEN FÜR EIN HANDLUNGSSYSTEM GEGEN DISKRIMINIERUNG IM
WOHNUNGSWESEN IN DEUTSCHLAND
Da es in Deutschland vor dem Inkrafttreten der Europäischen Richtlinien und vor dem Allgemeinen
Gleichbehandlungsgesetz (AGG, 2006) kein ausdrückliches Diskriminierungsverbot außerhalb des Art.
3 GG gab, baut der rechtliche Rahmen für die Verhinderung von Diskriminierung im Wohnungsbereich
weitgehend auf den allgemein menschenrechtlichen Grundlagen in der EU-Gesetzgebung und dem
Grundgesetz mit seinen Diskriminierung verbietenden Regelungen, vor allem Art. 3 GG, auf: Niemand
darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und
Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder
bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden. Mit dem AGG, das
zur Umsetzung der europarechtlichen Vorgaben eingeführt wurde, sind die Ziele teilweise präzisiert
worden im Bereich der ethnischen Herkunft und erweitert bezüglich des Alters und der sexuellen
Identität. Damit wird grundsätzlich jede staatliche Diskriminierung verboten, sofern Abwehrrechte
betroffen sind.
Im Lauf der Zeit wurde dieses Verbot immer mehr auf das Verhältnis zwischen Privaten ausgeweitet
und in verschiedenen Rechtsgebieten konkretisiert. Im Zusammenhang damit übernahm der Staat die
Förderung und die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und
wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
27
Während der allgemeine Rahmen zum Verbot von Diskriminierung und zu Sanktionen bei
Überschreitungen in Deutschland weitgehend dem Europäischen Recht und den Richtlinien der EU zu
deren Umsetzung entspricht, sind für die praktische Anwendung des Gesetzes die Ausnahmen von
besonderem Interesse, die das AGG vorsieht.
AUSNAHMETATBESTÄNDE DES AGG MIT AUSWIRKUNG AUF DAS WOHNEN
Das AGG formuliert ausdrücklich Ausnahmen des Gleichbehandlungsgebots, die einen Bezug auf das
Wohnungswesen nehmen (Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der
Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum).
Das AGG findet nicht oder nur eingeschränkt Anwendung:
• Wenn der Vermieter oder einer seiner Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück
nutzt (§ 19 Abs. 5 S. 2 AGG).
• Wenn ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Mietvertragsparteien oder ihrer
Angehörigen begründet wird (§ 19 Abs. 5 S. 1 AGG). Dabei ist im Gesetz nicht im Detail gere
gelt, unter welchen Umständen dies der Fall ist.
• Die Beschränkung des Vollanwendungsbereiches des AGG auf Massengeschäfte (§ 19 AGG)
führt dazu, dass das Gesetz nur eingeschränkt zur Anwendung kommt, wenn insgesamt nicht
mehr als 50 Wohnungen vermietet werden. Erst bei mehr Wohnungen geht der Gesetzgeber
davon aus, dass es sich bei der Vermietung um ein sog. Massengeschäft handelt, das typi
scherweise ohne Ansehen der Person zustande kommt bzw. das Ansehen der Person nur eine
nachrangige Bedeutung hat (§ 19 Abs. 1 Nr. 1 AGG). Nur dann wird von einem Vollanwen
dungsfall des AGG ausgegangen.
• Selbstgenutzte Einheiten bleiben bei der Feststellung der quantitativen Grenze außer
Betracht. Insgesamt wird in der Rechtsprechung von einer gewissen Unschärfe bezüglich
Grenze zwischen Nicht-Anwendung sowie der eingeschränkter Anwendung und Vollanwen
dung ausgegangen.
• Da das Gesetz nur Wohnungen des Vermieters benennt, findet das AGG auch nur eine
eingeschränkte Anwendung, wenn die Vermietung an Maklerbüros oder Hausverwaltungen
übertragen wurde, auch wenn diese insgesamt mehr als 50 Wohnungen vermieten.
• Nur soweit mehr als 50 Wohnungen einer Vermieterschaft vermietet werden, muss der
gesamte Katalog der Diskriminierungstatbestände des § 1 beachtet werden.
Über die direkten mietvertraglichen Beziehungen im Einzelfall hinaus weisen einschränkende
Regelungen auf die gesamte Bewohnerschaft von Häusern und Quartieren:
• Ungleichbehandlungen aus rassistischen Gründen oder wegen der ethnischen Herkunft sollen
bei der Vermietung von Wohnraum auch dann zulässig sein, wenn damit sozial stabile Be
wohnerstrukturen, ausgewogene Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichene wirtschaftliche,
soziale und kulturelle Verhältnisse geschaffen oder erhalten werden (§ 19 Abs. 3 AGG). Ziel
des Gesetzgebers dabei war es, mit dieser Vorschrift die Voraussetzungen für ein Zusammen
leben der Kulturen ohne wechselseitige Ausgrenzung zu stärken. Diese Ausnahme vom Dis
kriminierungsverbot ist jedoch aus europarechtlichen Gründen stark einzuschränken und
ermöglicht faktisch nur sog. positive Maßnahmen (z. B. Förderquoten), mit denen nachweis
lich bestehende Nachteile insbesondere für Menschen mit Migrationshintergrund auf dem
28
deutschen Wohnungsmarkt ausgeglichen werden sollen (Antidiskriminierungsstelle des Bun
des 2015; S.102).
Insbesondere von den Verbänden der Vermieter*innen wird der Bezug auf das Massengeschäft
umfassend in Frage gestellt, da die Überlassung einer Wohnung mit Risiken verbunden sei und [...]
Vermietung immer eine intensive Einzelfallwürdigung voraussetzt und somit einen Ausnahmetatbe
stand des AGG darstellt, soweit es sich nicht um die Bindung an den allgemein menschenrechtsbezo
genen Schutz vor Diskriminierung handelt. Der Vermieterverein München formuliert, dass in der
Vermietung grundsätzlich kein Geschäft oder Vertrag zu sehen ist, das ohne Ansehen der Person des
Mieters zustande kommt (Haus und Grund München 2016).
Bezüglich der Anwendung der Rechte aus dem AGG wird vorgeschlagen, in Analogie zur Rechtssys
tematik des österreichischen Mietengesetzes zu unterscheiden zwischen zwei Anwendungsberei
chen:
• Vollanwendungsbereich des AGG – Bezüglich des Wohnens finden alle Diskriminierungstatbe
stände und alle geschützten Gruppen in der Rechtsumsetzung und bei Beratung Berücksichti
gung.
• Teilanwendungsbereich des AGG - Die im Gesetz genannten Einschränkungen werden
bezogen auf den Einzelfall berücksichtigt und im Mittelpunkt stehen die aus dem allgemeinen
europäischen Anti-Diskriminierungsrecht ohne direkten Bezug auf das Wohnen abgeleiteten
Schutzrechte.
RECHTSDURCHSETZUNG UND SUBSIDIARITÄT
Die in Berlin durch Senatsbeschluss begründete Landesstelle für Gleichbehandlung - gegen
Diskriminierung (Antidiskriminierungsstelle) hat in die Rechtsdurchsetzung unterschiedliche
zivilgesellschaftliche Organisationen durch Vertrag eingebunden. Dadurch sind in Berlin drei Ebenen
der Rechtsverfolgung und der Rückmeldung von Diskriminierung ansprechbar:
• Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes bietet selbst keine Beratung, aber eine Beratungs
stellenvermittlung im Internet (https://www.berlin.de/lb/intmig/service/adressen/).
• Die Senatsverwaltung für Justiz bietet über die LADS den Zugang zu Beratungsstellen an. Die
LADS hilft, geeignete Beratungsstellen zu finden. Einzelfallberatungen führt die LADS nicht
durch. Einen Überblick über einschlägige, kostenlose Beratungsangebote bietet der OnlineBeratungswegweiser der LADS. Beratung zu Integration und den Rechten von Diskriminierung
bedrohter oder betroffener Personen werden auch auf bezirklicher Ebene durch verschiedene
öffentliche Stellen angeboten.
• Einschlägige Beratung wird durch die unterschiedlichen Beratungsorganisationen thematisch
fokussiert auf Landes-, Bezirks und Nachbarschaftsebene angeboten (vgl. Kapitel 5).
Die im AGG mögliche Übertragung von Aufgaben an subsidiäre Träger von Beratung und Rechtsver
folgung fällt unter § 23 AGG und umfasst insbesondere Antidiskriminierungsverbände. Dabei handelt
es sich um nicht gewerbsmäßig tätige, aber dauerhaft tätige Personenzusammenschlüsse, die
entsprechend ihrer Satzung die besonderen Interessen von benachteiligten Personen oder
Personengruppen wahrnehmen. Die Befugnisse nach den Absätzen 2 bis 4 stehen ihnen zu, wenn sie
mindestens 75 Mitglieder haben oder einen Zusammenschluss aus mindestens sieben Verbänden
bilden.
29
Diese Antidiskriminierungsverbände sind befugt in gerichtlichen Verfahren, in denen eine Vertretung
durch Anwälte und Anwältinnen nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, als Beistände Benachteiligter in
der Verhandlung aufzutreten. Den Antidiskriminierungsverbänden ist im Rahmen ihres Satzungs
zwecks die Besorgung von Rechtsangelegenheiten Benachteiligter gestattet, wodurch auch besondere
Klagerechte und Vertretungsbefugnisse zu Gunsten von behinderten Menschen möglich werden.
Durch die Regelungen des § 23 AGG werden - fachlich und sachlich begründet - Ausnahmen vom den
Regelungen über Rechtsdienstleistungen (RDG) möglich.
DER ANWENDUNGSBEREICH DES AGG IN BERLIN
Diskriminierung im Wohnungsbereich findet ausweislich der Berichterstattung aus den Beratungsstel
len in einer nicht zu vernachlässigenden Zahl von Fällen statt. Der Rechtverfolgung stehen jedoch
mehrere Hinderungsgründe gegenüber, vor deren Hintergrund insbesondere die geringe Anzahl der
Fälle von gerichtlicher Rechtsverfolgung erklärlich wird.
Rechtssystematische Gründe
• Die umfangreiche Liste von Ausnahmetatbeständen des Gesetzes und die dadurch verursach
te Einschränkung der Gesetzesanwendung auf nur bestimmte Akteurs- und Falltypologien
beschränkt die Rechtsverfolgung weitgehend auf die verbleibenden menschenrechtsbezoge
nen Tatbestände.
• Bedingt durch die spezifische Berliner Eigentümerstruktur ist der Vollanwendungsbereich des
AGG in Berlin vergleichsweise klein im Verhältnis zu der großen Zahl der Mietwohnungen, die
ausgenommen sind oder in den Teilanwendungsbereich des Gesetzes fallen.
• Der Nachweis von Diskriminierung fällt schwer, zumal es in der Regel auch bei Beweislastum
kehr aufgrund fehlender Beweise und anderer Informationen schwierig ist, gerichtsfest zu
argumentieren.
• Rechtsdurchsetzungsverfahren können zwar Sanktionen gegen Diskriminierende durchsetzen,
führen jedoch nur in seltenen Fällen zu einer Wohnungsversorgung am Markt.
Gründe in der Wohnungsmarktsituation in Berlin
• Wohnungssuchende und im Bestand Betroffene sind aufgrund der Verfügbarkeitsprobleme
am Berliner Wohnungsmarkt vielfach bereit, über Diskriminierung hinwegzusehen, wenn sie
dadurch eine Chance sehen, eine Wohnung anzumieten oder zu behalten.
Situative soziale Gründe
• Viele Menschen, gegen die Diskriminierung im Wohnungssektor stattfindet oder vermutet
werden kann, sind sprachlich und soziokulturell durch erschwerte Zugangsmöglichkeiten zu
Informationen, Netzwerken und Beratung in ihren Handlungen beeinträchtigt.
REKONSTRUKTION DES ANWENDUNGSBEREICHES DES AGG AM BERLINER WOHNUNGSMARKT
Berlin ist mit fast 85 Prozent des gesamten Wohnungsbestandes weiterhin eine Mieterstadt, obwohl
der Anteil an Wohneigentum seit Jahrzehnten ansteigt. 8 In keiner Stadtregion Berlins liegt der Anteil
an Mietwohnungen unter 73 Prozent, während die höchsten Mietwohnungsanteile bei deutlich über
8
[Inwieweit mit der Verdrängung von Miet-Interessent*innen auch Diskriminierung am eigentumsbezogenen Wohnungs
und Finanzmarkt entsteht, ist nicht Gegenstand dieses Gutachtens, sollte allerdings bei der Umsetzung des AGG auch
Beachtung finden.]
30
90 Prozent liegen. Insgesamt sind damit die Wohnungsbestände, die prinzipiell unter den
Diskriminierungsschutz des AGG fallen könnten groß. Die rechtliche Homogenität der zur Miete
wohnenden Bevölkerung (Dauermietverhältnisse) wird jedoch teilweise aufgelöst, wenn der Blick auf
die differenzierten Typologien der Bebauung und die Eigentumsstrukturen der Mietwohnungsbestän
de gerichtet wird:
• Dort, wo der Anteil an Mietwohnungen niedrig ist, ist in der Regel auch die Bebauungsdichte
niedriger und die vermieteten Wohnungen finden sich vielfach in eher kleineren Wohnge
bäuden. Es überwiegt oft das Eigentum von privaten Einzeleigentümern und kleineren Ver
mietungsgesellschaften mit weniger als 50 Wohnungen, auch wenn es auch dort
(Steglitz/Zehlendorf) sowie in Pankow und Treptow/Köpenick massive Einzelbestände kom
munaler Unternehmen und Wohnungsgenossenschaften gibt.
• Die höchsten Anteile an Mietwohnungen liegen dagegen immer noch in den gründerzeitli
chen Quartieren der westlichen und nördlichen Innenstadt und im Bezirk Lichtenberg, wo der
Anteil an Wohnungen in Großsiedlungen beachtlich ist. Diese Gebiete werden in der westli
chen Innenstadt durch größere kommunale und private Wohnungsunternehmen mit umfang
reichen Beständen charakterisiert, sind aber zugleich durch Einzeleigentum an Mietshäusern
gekennzeichnet, die auch oft weniger als 50 vermietet WE im Bestand haben.
• Auch wenn die Verhältnisse kleinräumig differenzierter sein mögen, ist insgesamt festzustel
len, dass die gesetzlichen Regelungen des AGG in Berlin eine Vielzahl von Wohnungen aus der
Anwendung des Gesetzes ausschließen bzw. die Anwendung auf den unbedingten Diskrimi
nierungsschutzes beschränken.
Abbildung 5: Mietwohnungsanteile am Wohnungsbestand in Berliner Bezirken
Quelle: IBB Wohnungsmarktbericht 2015
31
Abbildung 6: Wohnungsbestand in Berlin nach Eigentumsform
Quelle: IBB Wohnungsmarktbericht 2015
QUANTITATIVE ABSCHÄTZUNG
Von den etwa 1,9 Mio Wohnungen in Berlin sind ca. 1,5 Mio Wohnungen vermietet. Sicher in den
Vollanwendungsbereich des AGG fallen davon die Wohnungsbestände der sechs kommunalen
Wohnungsunternehmen (ca. 290.000 WE) sowie die Wohnungen der börsennotierten Wohnungsun
ternehmen (ca. 150.000 WE), die vorwiegend durch die Privatisierungen nach dem Jahr 2000 aus
kommunalen Beständen ausgegliedert wurden. Bei weiteren drei Bestandsgruppen ist aufgrund der
spezifischen Eigentümerschaft unklar, inwieweit sie in den Voll- oder Teilanwendungsbereich des
AGG fallen. Unter den Genossenschaftswohnungen fallen gesichert nur geförderte Wohnungen in den
Vollanwendungsbereich, für die keine Mitgliedschaft in der Genossenschaft Voraussetzung für den
Abschluss eines Mietvertrages ist. Unter den ca. 1,0 Mio Wohnungen privater und sonstiger
institutioneller Eigentümer finden sich viele Wohnungen von Vermietern mit weniger als 50 WE im
Bestand. Aktuelle und belastbare Zahlen dafür sind statistisch nicht erfasst, so dass der in den
Vollanwendungsbereich des AGG fallende Anteil ebenso unklar ist, wie die inzwischen vermutlich
große Zahl der vermieteten Eigentumswohnungen, die aus einem Portfolio von mehr als 50 WE
stammen. Insgesamt ist zusammenfassend festzustellen, dass nur bei weniger als einem Drittel der
Berliner Mietwohnungen ohne Prüfung und Nachweis der Bedingungen des Einzelfalls evident ist,
dass sie in den Vollanwendungsbereich des AGG fallen.
Folgende Trends sind erkennbar:
• Der Anteil des in Kleineigentum (ein oder wenige Mietwohnungen oder Mietshäuser mit
unter 50 WE je Eigentümer) befindlichen Wohnungsbestands schrumpft angesichts der be
obachtbaren Konzentrationsprozesse zugunsten größerer institutioneller Investoren in Alt
bauquartieren (Mengengeschäft). Dieser Prozess führt grundsätzlich zu einem Anwachsen des
Vollanwendungsbereiches des AGG.
• Der wachsende Bestand an Mietwohnungen, die nach Umwandlung durch Wohnungseigentümer*innen vermietet werden und dadurch aus dem Vollanwendungsbereich des Gesetzes
fallen, wächst absolut und wird zukünftig weiter wachsen (Kauf als Anlage, Erbfälle usw.).
32
•
Soweit der Grundsatz bestehen bleibt, dass auch die durch größere Hausverwaltungen und
Vermietungsgesellschaften vermieteten und bewirtschafteten Wohnungen mit mehr als
1.000 verwalteten Wohnungen nicht in den Vollanwendungsbereich des AGG fallen, besteht
die Gefahr, dass das tatsächliche Verhältnis von Vermietenden und Mietenden sich bezüglich
der Anwendung des AGG von den Rechtsverhältnissen abkoppelt. Die Mietenden haben
ebenso wenig Kontakt zur Vermieterseite, wie bei Großvermietern, sind aber aus dem Voll
anwendungsbereich des AGG ausgeschlossen, obwohl von beiden Seiten ein Mengengeschäft
angenommen werden kann.
VERSTÖSSE GEGEN DAS AGG IM WOHNUNGSBEREICH
Verstöße gegen die Bestimmungen des AGG im Wohnungsbereich finden einerseits und belegt durch
Berichte der unterschiedlichen Selbsthilfeorganisation, Betroffenenverbände und in der Presse
vielfach statt. Dabei ist die Bandbreite der Personen und Gruppen, gegen die diskriminierend
gehandelt wird groß und vielfach ist von einer Mehrfachdiskriminierung aufgrund verschiedener
Tatbestände (Diskriminierungsgründe und Diskriminierungsdimensionen; mittelbare und unmittel
bare Diskriminierung) auszugehen. Während die Zahl der in Beratungsorganisationen aufgegriffen
und außergerichtlich verfolgten Fälle (z.B. durch begleitete Gespräche, Mediation) durchaus
substantiell ist, ist die Zahl der auf dem Rechtsweg verfolgten Fälle von Diskriminierung am
Wohnungsmarkt deutlich geringer. Die Gründe dafür sind vielfältig:
• Hoher Anspruch an die Kommunikationsfähigkeit und Bereitschaft der Opfer.
• Hoher Anspruch an die Verstöße verfolgenden Organisationen.
• Die Rechtslage erschwert die rechtliche Rekonstruktion und unbestimmte Falllagen machen
die Rechtsverfolgung zu einem unsicheren Feld. Erforderlich wären unter Hinzuziehung recht
licher Kompetenz Fallbeschreibungen als Material für Beratende und Opferverbände.
• Die Unübersichtlichkeit der Ausnahmetatbestände erschwert das Erkennen von klar verfolg
baren Fallkonstellationen.
BEWEISLASTVERTEILUNG BZW. -UMKEHR
Die Verteilung der Beweislast ist in § 22 AGG geregelt. Danach muss zuerst die Mieterin bzw. der
Mieter Indizien vortragen und beweisen, die eine Benachteiligung wegen der Diskriminierungsmerk
male des § 1 AGG vermuten lassen, bis im Verfahren eine eventuelle Beweislastumkehr erfolgen
kann.
Inwieweit aktive Nachweisverfahren, wie Testing aus dem Beweisdilemma herausführen können, ist
unklar, da die Ergebnisse solcher Verfahren zwar generell anerkannt werden, aber in der Rechtsver
folgung teilweise nicht akzeptiert werden. Um auf richterlicher Ebene dafür Kompetenz zu
entwickeln, erscheint es sinnvoll, Diskriminierungsfälle im Wohnungswesen an spezialisierte
Schwerpunktgerichte zu verweisen.
RECHTSFOLGE VON VERSTÖSSEN GEGEN DAS AGG
Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot kann der Benachteiligte die Beseitigung der
Beeinträchtigung verlangen (§ 21 Abs. 1 AGG). Soweit weitere Beeinträchtigungen zu befürchten sind,
kann auf Unterlassung geklagt werden. Grundsätzlich kann der Ersatz des durch die Benachteiligung
entstandenen Schadens verlangt werden (§ 21 Abs. 2 AGG), was jedoch im Wohnungsbereich auf
materielle Probleme stoßen kann.
33
Soweit die Wohnung noch nicht anderweitig rechtskräftig vergeben ist, kann die vermietende Seite
verpflichtet werden, den ursprünglich von abgelehnten Bewerber*innen angestrebten Mietvertrag zu
schließen (Verpflichtung zur Kontrahierung). Wurde die Wohnung bereits vermietet, so besteht nur
die Möglichkeit des Schadensersatzes in Geld, der jedoch an beengten Wohnungsmärkten meist nicht
dazu führt, dass der benachteiligten Partei tatsächlich Wohnraum zur Verfügung gestellt wird.
VERJÄHRUNGSFRISTEN
Angesichts der oft prekären Lage der benachteiligten Personen erweist sich die Kürze von
Meldefristen für Verstöße gegen das AGG als nicht unproblematisch. Ansprüche müssen innerhalb
einer Frist von zwei Monaten geltend gemacht werden, wenn nicht gem. § 21 Abs. 3 AGG Ansprüche
aus unerlaubter Handlung (§§ 823 ff. BGB) bestehen, und Schadensersatz auf der Basis von §§ 823 ff.
BGB verlangt wird.
SPEZIFISCHE RECHTLICHE PROBLEMLAGEN DES AGG IM WOHNBEREICH
Auch angesichts der möglichen Beweislastumkehr erweist es sich als problematisch, dass Diskriminie
rung letztlich durch das einfache Verschweigen von Motivationen und Begründungen für eine
Schlechterbehandlung oft nicht aufdeckbar ist. Dies ist insbesondere bei massengeschäftlichen
Mietvertragsabschlüssen problematisch, die nach der Gesetzeslage die Einordnung in den
Vollanwendungsbereich des AGG verlangen. Besonders bei schriftlichen Bewerbungen oder
Bewerbungen über das Internet und Trennung von Bewerbung, Besichtigung und Entscheidung durch
die Vermietenden besteht für Bewerber*innen keine Möglichkeit, die Begründung für eine
Ablehnung zu erfahren. Zunehmend werden sowohl Anzeigen als auch persönliche Besichtigungen so
durchgeführt, dass keine Hinweise auf diskriminierende Motivationen als Ursache für ablehnende
Entscheidungen gegeben werden. Ausdrücklich wird in den Ratschlägen von Vermietungsorganisatio
nen zum Schutz für ihre Mitglieder zu einer unpersönlichen und Inhalte ausblendenden Gesprächs
strategie geraten, sodass Bewerber*innen keinen Hinweis auf direkte oder indirekte Diskriminie
rungsabsicht erhalten oder aus Äußerungen der Vermieterseite konstruieren können. Auch wird den
Vermietenden geraten, aus ihrer Sicht vertrauenswürdige Zeug*innen heranzuziehen, die ggf.
entsprechende Vorwürfe ablehnen können.
5.3
INTERNATIONALE PRAXIS – VORBILD FÜR BERLIN?
Während das Europäische Recht bezüglich der Diskriminierung im Wohnungssektor einen EU-weit
gesicherten Rahmen für die transnationale Vergleichbarkeit in der Rechtsetzung wie in der
Rechtspraxis festsetzt, bestehen in den einzelnen Mitgliedstaaten Unterschiede in der Rechtsdurch
setzung und bei der Anwendung von Instrumenten. Obwohl außer den menschenrechtlichen Bezügen
zu UNO Resolutionen keine verpflichtenden Parallelitäten zwischen EU und den USA bestehen, zeigt
auch hier ein Instrumentenvergleich anregende Beispiele, die sowohl für die Gesetzgebung als auch
für die Weiterentwicklung von Verfahren von Interesse sein können.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Handlungsmöglichkeiten der deutschen Antidiskriminierungs
stellen bezüglich der konkreten Bearbeitung von Diskriminierungsfällen und bei der Bekämpfung
struktureller Ungleichheiten durch das AGG vergleichsweise eingeschränkt sind. In einigen
Mitgliedstaaten der EU haben die nationalen Antidiskriminierungsstellen hingegen weitreichende
rechtliche Befugnisse.
„Die nationalen Antidiskriminierungsstellen in Frankreich, Österreich und Zypern
können
Ungleichbehandlungsfälle selbst untersuchen und eigene Ermittlungen gegen die Verursacher*innen
34
von Diskriminierung durchführen“, sowohl im Bereich des öffentlichen als auch des Privatrechts
(Bambal, 2010). Insbesondere das untenstehend dargestellte Beispiel der österreichischen
Gleichbehandlungsanwaltschaft könnte beispielgebend für ein Berliner Interventionssystem gegen
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt sein.
Österreich - Die Gleichbehandlungsanwaltschaft
Mit der österreichischen Gleichbehandlungsanwaltschaft übernimmt der Staat auf eine herausgehobene
Weise die Aufgabe einer aktiven anwaltlichen Durchsetzung des Rechts auf Gleichbehandlung und
Gleichstellung und zum Schutz vor Diskriminierung. Auch im Wohnungsbereich sollen auf Antrag der
Gleichbehandlungsanwaltschaft (Verwaltungsstraf-)Verfahren eingeleitet werden können. Wie eine
entsprechende Staatsanwaltschaft soll sie in auf ihren Antrag eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahren
Partei sein und das Recht auf Berufung gegen Bescheide und Einspruch gegen Strafverfügungen haben
(Gleichbehandlungsanwaltschaft 2010).
Sie ist im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben selbstständig und unabhängig. Arbeitsgrundlage ist das
österreichische Bundesgesetz über die Gleichbehandlung von 1979 i. d. Fassung von 2016 bzw. das
Behindertengleichstellungspaket (2006).
Weitere Handlungsformen
•
•
•
Die Gleichbehandlungsanwaltschaft berät und unterstützt diskriminierte Menschen […] und informiert
lösungsorientiert über die rechtlichen Möglichkeiten sowie andere Wege der Konfliktlösung. Dabei
bestimmen die Klient*innen die für ihre Situation angemessene Vorgangsweise. Die Beratung und
Unterstützung ist vertraulich, unabhängig und kostenlos.
Sie betreibt initiativ und aktiv die Weiterentwicklung der rechtlichen Standards und die Verbesserung
der gesellschaftlichen Situation.
Durch Vernetzung mit anderen Einrichtungen, insbesondere auch Selbsthilfeorganisationen, werden die
Ergebnisse kooperativ optimiert und es wird darüber informiert, wie Personen selbst aktiv werden
können.
Abbildung 7: Cover Broschüre Fair Housing Act / Quelle: HUD 2011
Der US-amerikanische Fair Housing Act, ein Bundesgesetz,
dessen Umsetzung durch das in Washington DC verortete
„Office of Fair Housing and Equal Opportunity“ kontrolliert
wird, wäre hinsichtlich der rechtlichen Voraussetzungen für die
Übertragbarkeit sehr detaillierter Vorgaben zur Verhinderung
von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zu prüfen. Ins
Auge fällt vor allem, dass die Obergrenze der Zahl von
Wohneinheiten, die nicht unter den Fair Housing Act fallen, bei
vier Wohneinheiten liegt, während nach dem deutschen AGG
diese Grenze bei 50 Wohneinheiten liegt.
35
FAIR HOUSING FOR ALL - DER RECHTSRAHMEN GEGEN DISKRIMINIERUNG IM WOHNUNGSWESEN IN DEN
USA
Das Gesetz gegen Diskriminierung im Wohnungswesen, Fair Housing Act von 1968, richtet sich gegen
Diskriminierung aus Gründen von race or color, Religion, Sex, nationaler Herkunft, Familienverhältnissen
oder Behinderung. Es wird als Bundesgesetz durch das Wohnungsbau- und Stadtentwicklungsministerium
umgesetzt. Das Gesetz verbietet Diskriminierung durch Vermieter, Verwalter und Verkäufer von Wohnraum
sowie auch bei der Vergabe von Krediten zur Wohnungsfinanzierung.
Im Fall unfairer Kreditvergabe oder allgemein bei öffentlichen Interesse kann die entsprechende Behörde
(Office of Fair Housing and Equal Opportunity (FHEO) von sich aus eine gerichtliche Klärung des Falles
anstreben. In Fällen, in denen es zu tatsächlicher oder angedrohter Gewaltanwendung im Zusammenhang
mit diskriminatorischer Praxis gekommen ist, kann in Kooperation mit dem Bundesministerium für Justiz
eine strafrechtliche Verfolgung der Gesetzesüberschreitung angestrengt werden. Das Gesetz bietet auch
Unterstützung bei der zivilgerichtlichen Rechtsverfolgung durch die Betroffenen oder Opferorganisationen
direkt über das Ministerium für Wohnungswesen und Stadtentwicklung [HUD], oder individuell vor einem
Bundes- oder Staatsgericht.
Die Verhinderung von Rassendiskriminierung bei Wohnungsverkauf und –vermietung war anfangs das
zentrale Anliegen dieses Gesetzes, das nach Darstellung des Ministeriums auch 30 Jahre nach dem
Inkrafttreten nicht vollständig erfüllt ist (HUD 2011). In der Rechtsverfolgung werden u.a. Testingverfahren
angewandt, insbesondere um verdeckte Diskriminierung aufzudecken und die Verantwortlichen zur
Rechenschaft zu ziehen. Diese Aktivitäten richten sich sowohl gegen unfaires Verhalten von Marktakteuren,
als auch gegen öffentliche Einrichtungen, wie Gemeindeverwaltungen und ihre Wohnungsämter (bei
gefördertem Mietwohnungsbau).
Das Gesetz weist über den reinen Wohnbereich hinaus und richtet sich z.B. gegen religiös begründete
Diskriminierung in der Stadtplanung. So soll die Ausweisung von Sperrgebieten für religiöse Einrichtungen in
Wohngebieten verhindert werden, die bestimmte Religionsgemeinschaften bevorzugen. Ebenso soll die
Benachteiligung aufgrund von Sex (Benachteiligung von Frauen, andere Formen von Diskriminierung
aufgrund von Gender) und Herkunft verhindert werden. Auch unfaire Preisgestaltung, z.B. zur
Belegungssteuerung von Wohnraum gilt als Gesetzesbruch, ebenso wie der Ausschluss bestimmter
Gruppen (Behinderte, Ältere, Familien mit Kindern) durch bauliche Maßnahmen. Die Planung und
Gestaltung von Wohnquartieren soll die gleichen Rechte für Alle ermöglichen, wodurch das Gesetz über die
Sicherung individueller Rechte hinaus weist.
Beratung und Rechtsverfolgung sind kostenlos und die Bundesbehörde hat umfangreiche Akteursnetzwerke
auf der Ebene der Bundestaaten und Gemeinden sowie der Zivilgesellschaft etabliert (Finanzierung z.T.
durch das Fair Housing Initiatives Program oder Spendenprogramme), um Beratung und Zugänglichkeit der
Angebote für alle zu sichern, die sich als Opfer von Diskriminierung im Wohnungswesen betrachten. Diese
Zusammenarbeit funktioniere, so das HUD, allerdings nur dort befriedigend, wo dies durch eine äquivalente
regionale Gesetzgebung unterstützt wird.
36
5.4
WOHNUNGSPOLITISCHE OPTIONEN ZUM SCHUTZ VOR DISKRIMINIERUNG
Angespannte Wohnungsmärkte mit deutlich vom Bedarf abweichenden Beständen besonders in den
unteren Preissegmenten erzeugen auf eine besondere Weise ein Umfeld, in dem Raum für
Diskriminierung entsprechend den Kriterien des AGG geschaffen wird. Zum einen vergrößert sich die
Wahlmöglichkeit für die Anbieterseite, aus der Gruppe der sich bewerbenden Haushalte eine
Auswahl nach eigenen Kriterien zu treffen und dabei mittelbar zu diskriminieren. Das AGG ermöglicht
durch seine Kriterien vor allem, Verstöße gegen die Fairness bei der Berücksichtigung von
Wohnungsbewerbungen festzustellen und zur Verfolgung zu bringen. Die Heilung von Einzelfällen
dagegen, d.h. die Bereitstellung und Sicherung des angestrebten Wohnraumes für die diskriminierten
Bewerber*innen, ist aufgrund der Leichtigkeit schnell mit anderen einen rechtsgültigen Mietvertrag
zu schließen, die eher unwahrscheinliche Alternative.
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Marktsituation selbst zu einer zwangsläufigen Diskriminierung
führt. Wenn in Berlin etwa jeder zweite Haushalt berechtigt ist, eine Sozialwohnung (nach welchen
förderrechtlichen Gegebenheiten auch immer) anzumieten, können die Verfahren der Auswahl
angesichts von Leerstandsraten unter drei Prozent und nur schleichendem Neubau schlechthin nicht
fair sein und benachteiligen die nicht erfolgreichen Bewerber*innen grundsätzlich. Diese Diskrimi
nierung weist deutlich über die sozialen Gruppen hinaus, die üblicherweise mit einer Diskrimi
nierungsvermutung aufgrund ihres Status und ihrer Lebenssituation in Verbindung gebracht werden.
Zugleich verschlechtert der Marktdruck den Zugang besonders für alle in den antidiskriminatorischen
Regulierungen genannten schutzwürdigen genannten Fallgruppen.
Wohnungspolitische Instrumente können sich gegen Diskriminierung durch die quantitative Knapp
heit richten. Durch die Verfügbarmachung von Wohnraum sinkt der Druck am Markt, der
Diskriminierung fördert. Wohnungspolitisch geförderter Neubau – bei allen Einschränkungen – dient
dazu ebenso, wie Strategien zur Begrenzung von Mietsteigerungen im Bestand, die dazu beitragen,
dass der Zugang zu kostengünstigen Wohnungen erleichtert wird.
Direkter wirkt zielgruppenspezifische Kontingentierung für bestimmte soziale Gruppen, die Diskrimi
nierung erleben bzw. davon bedroht sind, im Sinne einer Erweiterung des geschützten Marktseg
ments.
• Dafür stünde ein um nachgewiesene Diskriminierungsopfer (Stellungnahmen anerkannter
Beratungsstellen, Gerichtsurteile) angemessen erweitertes geschütztes Marktsegment zur
Verfügung, das bisher zuvorderst der Vermeidung von Obdachlosigkeit dient.9 Für eine Not
fallunterbringung sollten diese Gruppen durch eine Priorisierung bei der Wohnungsversor
gung in öffentlichen Beständen und im geschützten Marktsegment bevorzugt werden, auch
um die psychischen und sozialen Folgen von Diskriminierung zu mindern.
• Auch Belegungsrechtserwerb durch öffentliche Intervention (oder gestützt durch öffentliche
Intervention durch zivilgesellschaftliche Organisationen) bei Genossenschaften und privaten
Wohnungseigentümern, die in solchen Fällen zur Vermietung bereit sind, kann Wohnraum
zur Vermeidung von Diskriminierungsfolgen bereitstellen helfen. Die Analogie zur grundsätz
lich erfolgreichen Vermietung von Wohnungen an Geflüchtete könnte dazu herangezogen
werden (Übernahme bestimmter Leistungen durch die öffentliche Hand, Risikominderung bei
Vermietung an bestimmte Fallgruppen).
9
Siehe dazu IWU 2005 und https://www.berlin.de/lageso/soziales/geschuetztes-marktsegment/.
37
5.5
VORSCHLÄGE ZUR WEITERENTWICKLUNG DES RECHTLICHEN RAHMENS
Für die Weiterentwicklung des Rechtsrahmens wird deutlich, dass eine empirische Evidenzbasierung
zukünftiger Vorschläge dringend erforderlich ist, um sachliche und rechtliche Unklarheiten zu
überwinden, die sich insbesondere für die Praxis der Rechtsverfolgung und diesbezügliche Beratung
als zulasten der tatsächlichen wie auch potentiellen Opfer erweisen.
Bei der Entwicklung zukünftige Gesetze auf Landesebene wird auch weiterhin, allein aus Gründen der
Rechtsangleichung und Gleichbehandlungsgründen, deren Einbettung in das Europäische und
nationale Recht zu berücksichtigen sein. Zugleich scheint es angesichts der Ergebnisse der Fachtage
der LADS zur Diskriminierung im Bereich Wohnen sinnvoll, einen engeren Austausch zwischen
denjenigen sicherzustellen, die mit der Formulierung von neuen Gesetzen und Novellen befasst sind
und den Praktiker*innen der Antidiskriminierungsarbeit.
Im Einzelnen wird vorgeschlagen, dabei folgende Themen weiter zu verfolgen:
• Vergleichendes Rechts- und Praxisgutachten (EU Länder) zur Vertiefung des vergleichenden
Wissens und der rechtlichen Optionen.
• Einschränkung des Teilanwendungsbereiches des AGG, um die breitere Erfassung und die
Rechtsverfolgung von Diskriminierungstatbeständen möglich zu machen. Der derzeitige Zu
stand mit einem sehr eingeschränkten Vollanwendungsbereich kann das Vertrauen in den
Gesetzgeber bezüglich der Bereitschaft der Rechtsverfolgung beschädigen. Da zur Abhilfe
bundesgesetzgeberische Aktivitäten erforderlich sind, sollte eine entsprechende Landesge
setzgebung an die Entwicklung des AGG gekoppelt werden (Problem der Ungleichzeitigkeit
der nationalen und Landesgesetzgebung).
• Soweit rechtssystematisch möglich, sollte das vorgesehene Landesantidiskriminierungsgesetz
für das Land Berlin auch auf private Akteure ausgeweitet werden und den Wohnbereich de
taillierter behandeln.
• Die rechtliche Fassung von One-Stop Agencies (im Sinne der Integrationsagenturen in NRW).
• Aktive Rechtsverfolgung, wie z.B. durch die österreichische Anwaltschaft für Gleichbehand
lung möglich, sollte auf Länderebene für die Koordinations- und Fachstelle über die Regelun
gen des § 23 AGG hinaus möglich gemacht werden.
• Insbesondere für durch die Beratenden vorgeschlagene oder in der Rechtsprechung als
Schlüsselfälle identifizierte Vorkommen von Diskriminierung sollte auch auf der Ebene der
vorgeschlagenen Fachstelle die individuelle Einzelfallhilfe, Rechtsberatung und, im Einver
nehmen mit den Betroffenen, die Rechtsverfolgung möglich sein.
Handlungsempfehlungen, die sich auf dieser Grundlage für die Aufgabenbeschreibung einer
Koordinations- und Fachstelle ergeben, werden im nachfolgenden Kapitel aufgegriffen.
38
6
Ergebnisse + kritische Reflektion der Bestandsaufnahme
Vorangestellt sei der Darstellung der Ergebnisse der Bestandsaufahme, dass eine methodisch sinn
volle Vorstudie zu aktuellen Fällen bzw. der Dimension von Diskriminierung spezifischer Personen
gruppen beim Zugang zu Wohnraum (Vermietung, Mietkonditionen, Preis-Leistungs-Verhältnis der
Wohnung, Teilhabe an Gemeinschaftsangeboten/ Service) und beim Zugang zu durch das Wohnen
bestimmten Bereichen gesellschaftlicher Teilhabe (Wohnumfeld, Nachbarschaft, Bürger_innen
beteiligung) nicht Auftrag dieses Gutachtens war. Hinweise zum wachsenden Bedarf an Beratung und
Intervention geben jedoch die Ergebnisse der Online-Befragung zur Frage, welche Beratungsangebote
die Teilnehmenden vorhalten und welche Nachfrage aktuell besteht. Das im folgenden Abschnitt
dargestellte Mapping der Beratungslandschaft basiert zum einen auf der Datenanalyse, zum anderen
auf den Ergebnissen der Online-Befragung.
REICHWEITE DER BESTANDSAUFNAHME
Die Bestandsaufnahme ging aus von in den Publikationen der LADS als qualifizierte Antidiskriminie
rungsberatung ausgewiesenen Trägern und wurde im Rahmen der Datenanalyse erweitert um eine
Vielzahl von Beratungsangeboten, die von Problemen beim Zugang zu Wohnraum und/oder
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt Betroffenen aufgesucht werden. Im gegebenen
Bearbeitungsrahmen kann diese Bestandsaufnahme keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.
Erreicht wurde jedoch das Ziel, mit mindestens einem der Erhebungsinstrumente alle qualifiziert auf
der Basis des AGG Antidiskriminierungsberatung anbietenden Träger anzusprechen sowie über die
weiter erreichten Beratungsangebote aus dem Bereich (psycho-)sozialer Beratung für die Diversität
der potentiellen Betroffenengruppen notwendigen Perspektiven abzubilden. Zum anderen wurden
verschiedene Akteure der Mieterberatung/Wohnraumvermittlung erfasst und adressiert. Die
Darstellung zielt dabei nicht auf die einzelnen Beratungsangebote, sondern auf einen Gesamtbefund
hinsichtlich der Wahrnehmung von und des Umgangs mit diskriminatorischem Handeln auf dem
Wohnungsmarkt.
6.1
MAPPING DER BERATUNGSLANDSCHAFT / RÄUMLICHE VERTEILUNG
Die Datenanalyse führte zu 286 Akteuren, die für das Handlungsfeld relevante Beratung anbieten, von
denen sich jedoch nur sehr wenige explizit in der Antidiskriminierungsberatung zum Thema Wohnen
verorten. Gleichzeitig gehört die Auseinandersetzung mit Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt
im Rahmen der zielgruppenspezifischen Sozialberatung, z.B. obdachloser Menschen, aus dem
Strafvollzug entlassener Menschen oder Alleinerziehender zu ihrem Beratungsalltag. Als weitere für
die Analyse relevante Beratungsangebote wurden daher gesehen
• Sozialberatungs- und Selbsthilfeangebote für Zielgruppen, die potentiell auch von Diskrimi
nierung auf dem Wohnungsmarkt bedroht sind und
• Beratungsangebote, Anlaufstellen, Träger oder Initiativen, die ausschließlich oder u.a. zum
Zugang zu Wohnraum oder bei Problemen mit Mietverträgen/Vermietenden beraten.
Die recherchierten Akteure10 waren Adressat*innen der Online-Befragung und damit von
Fragestellungen zu Beratungsanlässen, zur Verfügung stehenden Beratungsangeboten, Beratungs
10
Das Gutachten ist in gendergerechter Sprache formuliert. Der Begriff des Akteurs ist in den Sozialwissenschaften jedoch
ein geschlechtsneutraler Begriff und wird entsprechend dem fachspezifischen Sprachgebrauch in der männlichen Form
39
kompetenzen, Weiterleitungspfaden im Beratungsprozess sowie Koordinations- und Vernetzungsbe
darfen der existierenden Beratungsangebote mittels der Online-Umfrage. Im Folgenden wird
zunächst auf die räumliche Verteilung der Beratungsangebote eingegangen.
POTENTIALE FÜR BERATUNGSANGEBOTE IM SOZIALRÄUMLICHEN NAHFELD
Ein wesentliches Element eines Interventionssystems gegen Diskriminierung ist das Ermöglichen eines
niedrigschwelligen, vertrauensvollen Zugangs zu Beratung im sozialräumlichen Nahfeld und einer
kompetenten und effektiven Weitervermittlung der Betroffenen an fachlich/juristisch qualifizierte
Beratung. Um in diesem Sinne zu ermitteln, wie das existierende Beratungsangebot in Berlin gestärkt
werden kann, zielte die Literatur- und Datenanalyse darauf, möglichst flächendeckend Anlaufstellen
in Berlin zu ermitteln, die entweder bereits professionelle Beratung im Antidiskriminierungs
und/oder Mietrecht anbieten oder potentiell in der Lage wären/regelmäßig Bedarf haben, an
entsprechende Stellen weiterzuvermitteln. Gleichzeitig sollten diese Anlaufstellen niedrigschwellig
zugänglich, d.h. kostenlos aufsuchbar sein und mit regelmäßigen Öffnungszeiten betrieben werden.
Beratungsangebote per Telefon-Hotline wurden daher aufgenommen, aber nicht mit der OnlineBefragung adressiert. Einen Grenzfall hinsichtlich der Niedrigschwelligkeit stellt für die Betrachtung
ein Großteil des Angebots an Mietenberatung dar, das nur im Ausnahmefall gänzlich kostenlos ist und
sich in der Regel über Vereins-Mitgliedschaften finanziert.
Insgesamt konnten 313 beratende Stellen und zugehörige Räume ermittelt werden, wovon allerdings
nur 19 Beratungsangebote im engeren Sinne der professionellen Antidiskriminierungsberatung
zugerechnet werden können. In diese Gruppe fallen beispielsweise Einrichtungen wie das Antidis
kriminierungsnetzwerk Berlin des Türkischen Bunds in Berlin-Brandenburg (ADNB), die Jugendorgani
sation von Roma und Nicht-Roma, Amaro Foro e.V., das Zentrum für Migranten, Lesben und Schwule
(MILES), der Antidiskriminierungs- und Antigewaltbereich der Lesbenberatung (LesMigraS), die
Kontakt- und Beratungsstelle für Flüchtlinge und Migrant_innen sowie regelmäßig stattfindende
selbstorganisierte/ehrenamtliche Angebote, wie etwa die AG Wohnen von Xenion e.V., Anti
diskriminierungsberatung der studentischen Selbstorganisation an der Humboldt-Universität (Refe
rent_innenrat /RefRat), siehe rote Punkte in Karten 1).
An weiteren 112 Orten finden Beratungen von Mieter*innen statt. Dabei handelt es sich hauptsäch
lich um die Beratungsstandorte der großen Mietervereinigungen (Berliner Mieterverein und die
Berliner Mietergemeinschaft) aber auch um andere Initiativen, die regelmäßig und gratis Mieterbera
tung anbieten, wie es etwa verschiedene Quartiersmanagements, Stadtteil- oder Nachbarschaftszen
tren oder andere Akteure tun, wie beispielweise die Freie Arbeiterinnen- und Arbeiter-Union (FAU)
(siehe schwarz-weiße Punkte in Karte 2).
Den größten Anteil mit 182 Datensätzen macht eine Zusammenstellung von Angeboten aus, die unter
oben genannten Kriterien entweder Sozial-, Psychosozial- oder sonstige Beratung anbieten und
dadurch ebenfalls prädestiniert sind als erste Anlaufstellen bei Diskriminierungserfahrungen. Etwa die
Hälfte dieser Daten rekrutiert sich aus Stadtteilzentren und Selbsthilfekontaktstellen (siehe schwarze
Punkte in Karte 3).
verwendet. Wo Institutionen in der Selbstbezeichnung eine andere Gender-Schreibweise als das hier verwendete
Gender*Sternchen nutzen, wir diese beibehalten (z.B. Freie Arbeiterinnen – und Arbeiter-Union).
40
Damit steht einer sehr geringen Anzahl professioneller Antidiskriminierungsangebote eine Vielzahl
an Anlaufstellen gegenüber, an die sich potentiell Betroffene von wohnraumbezogener Diskriminie
rung in einem ersten Schritt wenden können, im Sinne einer One-Stop-Agency.
STICHPROBE DER ERHEBUNG
Zur Stichprobe der Erhebung lässt sich sagen, dass die Schnittmenge zwischen den 313 verzeichne
ten Einrichtungen, die in der untenstehend kartiert wurden und den 286 für die Befragung
angeschriebenen Akteuren mit 230 identischen Datensätzen sehr hoch ist. Diese unterscheiden sich
jedoch in drei wesentlichen Punkten voneinander: Zu der Befragung wurden auch solche Stellen
eingeladen, die über keinen festen Anlaufpunkt und Öffnungszeiten verfügen – beispielweise die
BIG-Hotline oder selbstorganisierte Gruppen in der Geflüchtetenhilfe. Weiterhin wurde in der OnlineBefragung auch die Erfahrung von Wohnungsunternehmen (WBU) abgefragt, deren Niederlassungen
hier nicht kartiert wurden, sofern sie keine öffentliche Beratung bieten. Und drittens erklärt sich die
Differenz auch aus zentralisierten Strukturen mit dezentralen Beratungsangeboten, wie beispiels
weise dem Berliner Mieterverein, für den die Befragung nur an eine zentrale Stelle geschickt, dessen
26 Beratungsstellen aber einzeln kartiert wurden.
STADTRÄUMLICHE VERTEILUNG DER BERATUNGSLANDSCHAFT
Im Folgenden wird kartographisch dargestellt, welches Potential in den Berliner Bezirken besteht, um
ein niedrigschwelliges und gut vernetztes Beschwerde- und Interventionssystem gegen Diskriminie
rung auf dem Wohnungsmarkt aufzubauen und welche Stadtgebiete den größten Handlungsbedarf
aufweisen.
Dabei können die Daten auch insofern keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben, als die
Expert*innen-Interviews und das Fachgespräch bestätigt haben, dass für Betroffene wichtige
Anlaufstellen in der Nachbarschaft auch extrem kleinteilig und informell sein können. Im Rahmen
einer online-basierten Datenanalyse können diese kaum erhoben werden, in der Umsetzung der
Handlungsempfehlungen auf Bezirksebene sollten sie allerdings nachvollziehbar werden. Über die
institutionalisierten Anlauf- und Beratungsstellen hingegen können mit dem vorliegenden Datensatz
fundierte Aussagen getroffen werden.
Legt man die verschiedenen Angebote, ungeachtet ihres Arbeitsschwerpunktes in der Karte
übereinander, zeigt sich, dass sich der Schwerpunkt der Gesamtangebots in Kreuzberg und im
nördlichen Neukölln befindet. Hier bündeln sich in einem Umkreis von 1800 Metern neun oder mehr
Angebote.
Zugleich kann ein Ring erhöhter Angebotsdichte rund um Tiergarten und Regierungsviertel, wo man
so gut wie keine Einrichtungen findet, identifiziert werden. So können in den Zentren von
Schöneberg, Charlottenburg, Moabit, Reinickendorf, Wedding, Prenzlauer Berg und Friedrichshain
jeweils Häufungen von mindestens fünf Einrichtungen in einem Umkreis von weniger als 2000 Metern
ausgemacht werden. Außerhalb des S-Bahn-Rings sind es lediglich die Zentren wie Helle Mitte, SBahnhof Marzahn, Rathaus Spandau oder Mexikoplatz, die eine erhöhte Angebotsdichte von
mindestens drei Einrichtungen in diesem Umkreis aufweisen. Diese „peripheren“ Gebiete erscheinen
daher unterversorgt, angesichts der Tatsache, dass hier etwa zwei Drittel der Berliner Bevölkerung
wohnen.
41
Karten 1-3: Verteilung der Antidiskriminierungs- und Mietenberatung sowie weiterer Anlaufstellen
Quelle: UrbanPlus
42
HYPOTHESE ZUM ERFORDERLICHEN DICHTEBEDARF VON BERATUNG
Berlin verfügt mit dem ‚Monitoring Soziale Stadtentwicklung‘ seit 1989 über ein kontinuierliches
Stadtbeobachtungssystem der sozialräumlichen Entwicklung auf Gebietsebene. Es dient u.a. der
Ermittlung von gebietsbezogenen sozialen Lagefaktoren der Wohnbevölkerung, aus denen
Handlungsbedarfe in verschiedenen soziokulturellen und sozioökonomischen Problemlagen
abgeleitet werden. Für die Landes- und Bezirksverwaltungen bietet das Monitoring Planungsgrundla
gen für Infrastruktur- und Interventionsformen in der sozialen Stadtentwicklung und für den Einsatz
stadtentwicklungspolitischer Instrumente der Prävention und Intervention.
Als sozialräumliche Bezugsgröße gelten seit 2006 die sogenannten ‚Lebensweltlich orientierten
Räume‘ (LOR), zu ab nach 2013 Erläuterungen zur Datenbasis, Berechnungsformel, Zeitreihenverfüg
barkeit sowie Hinweise zur Interpretation gegeben werden. 11
Aufbauend auf der Datenanalyse und den Befragungen geht das Gutachten nicht von einer Hypothese
der notwendigen räumlichen Gleichverteilung von Beratungsangeboten für Diskriminierungsfälle aus.
Vielmehr spielen neben einer allgemein rechtlich begründeten angemessenen Zugänglichkeit zu
Beratungsinfrastrukturen für alle neben der räumlichen Bevölkerungsdichte sozialstatistische und
lebensweltliche Beobachtungen eine Rolle, um die Verteilung von Beratungsstellen qualitativ
beurteilen zu können. Das Monitoring Soziale Stadtentwicklung macht deutlich, dass Bevölkerungs
dichte zwar z.T. mit diskriminierungsrelevanten Tatbeständen korreliert: räumliche Dichte bedeutet
kleinere Wohnungen, höhere Gebäude und damit eine höhere Wahrscheinlichkeit niedrigerer
Einkommensgruppen und höherer räumlicher Mobilität. Die Verteilung von Herkunft, Ausrichtung der
Identität, Einkommen und Vermögen, Zugang zu Bildung und vergüteter Beschäftigung bei gleicher
Dichte können jedoch zu unterschiedlichen erwartbaren Beratungsbedarfen wegen Diskriminierung
führen.
Karte 4: Monitoring Soziale Stadtentwicklung, Gesamtindex Soziale Ungleichheit in Berlin
11
Vgl. SenStadtWohnen, http://www.stadtentwicklung.berlin.de/planen/basisdaten_stadtentwicklung/monitoring.
43
Werden die im Projekt erhobenen Daten mit denen des Sozialen Stadtmonitorings überlagert, so
fallen insbesondere in den peripheren Wohnlagen mit hoher Dichte (Ost- und Westberliner
Großsiedlungen) Datenkumulationen von Bevölkerung und Beratungsdichte auf, die zur Vermutung
von Unterversorgung in einigen Räumen führen können in Bezug auf zumutbare Erreichbarkeitsdis
tanz und spezifischer Ausstattung von Beratungseinrichtungen. Inwieweit daraus für die
Weiterentwicklung der Beratungsinfrastruktur in Diskriminierungsfällen raum- und quantitative
Zuweisungen von Mitteln abzuleiten sind, kann im Rahmen dieses Gutachtens nicht schlüssig
beantwortet werden. Dafür wäre eine beteiligungsorientierte vertiefte Planung unter Einbezug von
Beratungsstellen und Selbsthilfeorganisationen erforderlich, für die jedoch die hier vorgelegte
Analyse der Beratungslandschaft differenzierte Einstiegshypothesen bietet.
TENDENZIELL MIT BERATUNGSANGEBOTEN UNTERVERSORGTE STADTGEBIETE
Um zu visualisieren, in welchen Räumen das Stadtgebiet der hier vorgelegten Untersuchung zufolge
unter besonderem Mangel an Anlaufstellen leidet, ist es hilfreich, das Angebot in Abhängigkeit von
Räumen darzustellen, die in etwa den Alltagsräumen der Einwohner*innen entsprechen. Dazu bieten
die dem Sozialen Stadtmonitoring zugrunde gelegten 138 Bezirksregionen der LOR eine gute
Grundlage, da diese auf den Sozialräumen und homogenen Nachbarschaften basieren. Die auf dieser
Basis erstellte Karte lässt schnell erkennen, in welchen Bezirksregionen gar keine oder kaum
Angebote bestehen.
Die Auswertung dieser Karte zeigt, dass für insgesamt 45 Bezirksregionen, d.h. ein Drittel der
Bezirksregionen keine einzige Anlaufstelle eingetragen werden kann. Angesichts der fachlich
begründbaren Forderung wohnortsnaher Anlaufstellen lässt dies auf Handlungsbedarf schließen.
Hinzuweisen ist insbesondere darauf, dass die Regionen Gatow, Buch und Müggelheim mit jeweils
über 2000 Hektar Fläche keine einzige Anlaufstelle auf. Für eine abschließende Bewertung der realen
Bedarfslage bedürfte es hier jedoch einer tiefergehenden Untersuchung.
Die Visualisierung dieser unterversorgten Flächen macht weiter deutlich, dass insbesondere die
Angebote außerhalb des S-Bahn-Ringes vergleichsweise gering sind. Es liegt nahe, dass dies nicht der
aktuellen Bedarfssituation in z.B. Lichtenberg, Marzahn und Köpenick entspricht, wo Erstunterkünfte,
Modulare Unterkünfte für Geflüchtete und „Tempo Homes“ sowie in bestimmten Bezirksregionen
auch der Bevölkerungsanteil sozial benachteiligter Gruppen höheren Beratungsbedarf vermuten
lassen.
Dem gegenüber stehen die drei bestversorgten Gebiete Reuterstraße, südliche Friedrichstadt und
nördliche Luisenstadt, mit jeweils zehn Einrichtungen bei weniger als 300 Hektar Fläche.
44
Karte 5: Beratungs- und Anlaufstellen nach Bezirksregionen
Quelle: UrbanPlus
6.2
FACHLICHES BERATUNGSANGEBOT UND BERATUNGSANLÄSSE
Auf der Karte 6 ist dargestellt, welche der kartierten Einrichtungen sich an Befragung beteiligten.
Befindet sich ein rotes Kreuz auf einem schwarzen Punkt, bedeutet dies, dass sich an einer Adresse
mehrere Einrichtungen befinden, von denen eine geantwortet hat. Diese Visualisierung bestätigt,
dass das Sample der Online-Erhebung mit seinen 53 teilnehmenden Akteure nicht nur inhaltlich eine
Vielzahl an Handlungsfeldern und Beratungsangeboten abdeckt, sondern auch stadträumlich relativ
regelmäßig verteilt ist. Bis auf Treptow-Köpenick, wo keine Einrichtung den Fragebogen beantwortet
hat, decken sich die Antworten mit der Dichte der vorhandenen Anlauf- und Beratungsstellen.
45
Karte 6: Teilnehmende an der Befragung gegenüber allen angesprochenen Anlauf- und Beratungsstellen
Quelle: UrbanPlus
BEFRAGTE AKTEURE
Die an der Online-Befragung Teilnehmenden wurden nach dem hier relevanten Arbeitsschwerpunkt
(Antidiskriminierung und/oder Wohnen) sowie auf der Basis der vorangegangenen Datenanalyse nach
ihrer formalen bzw. informellen fachlichen Verortung kategorisiert.
Abbildung 8: Anzahl Akteure nach Arbeitsschwerpunk und Organisationsform/Handlungsfeld
Arbeitsschwerpunkte und Organisationsform/Handlungsfelder
der Akteure
Beratungs- BeratungsSoziale
Initiativen/
StadtteilAngebote stellen AntiTräger/
Selbsthilfe
arbeit
diskriminierung
Vereine/
organisationen
Stiftungen
Schwerpunkt
Antidiskriminierung 1
1
Wohnen
21
5
10
Antidiskriminierung 2
4
2
& Wohnen
1
∑
3
25
6
13
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung
Wohnraum
Anbietende
∑
5
1
2
41
9
6
1
53
46
Der Großteil dieser Akteure (einundvierzig , 77%) hat Beratung im Bereich Zugang zu Wohnraum als
einen Arbeitsschwerpunkt benannt, zwei Akteure haben ihren Arbeitsschwerpunkt im Bereich der
Antidiskriminerung benannt und neun Akteure (17%) sehen in ihrem Angebot eine Schnittstelle
beider Beratungsthemen (Abb.7/8).
Abbildung 9: Arbeitsschwerpunkte der Akteure
I N S T I T U T I O N E N / V E R E I N E / I N I T I AT I V E N N AC H I H R E M
A R B E I T S B E R E I C H /A R B E I T S S C H W E R P U N K T
50
40
41
30
20
9
10
0
2
Wohnen
Antidiskriminierung
1
beides
weder noch
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung (n=53)
BERATUNGSANEBOTE
Die genannten Akteure/Beratungsangebote wurden befragt, welche Beratung und/oder Unterstüt
zung Menschen, die von wohnraumbezogener Diskriminierung betroffen sind, bei ihnen erhalten. Zu
den vorgegebenen Antwortoptionen war eine Mehrfachauswahl möglich sowie die offene Eingabe
von zusätzlichen Bereichen. Zu 85% und damit als häufigste Nennung wurde die Option der
„Weitervermittlung an andere Beratungsstellen/Vereine/Initiativen“ gewählt. Die unterschiedlichen
Optionen im Bereich Wohnen und Miete wurden zusammengefasst mit einem Anteil von 45-62%
benannt. Der Anteil der gewählten Antworten mit dem Schwerpunkt auf der Antidiskriminierungsar
beit liegt zwischen 13-28% und fällt damit deutlich geringer aus als andere Beratungsangebote im
Bereich des Wohnens (siehe differenzierte Darstellung in Abb. 10).
47
Abbildung 10: Verfügbare Beratungs- bzw. Unterstützungsangebote
BERATUNGS-/UNTERSTÜTZUNGSANGEBOTE
50
45
45
40
35
34
33
32
30
25
24
20
15
10
16
10
8
5
0
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung, (n:53)
In den Antworten auf die ergänzende offene Frage wurden zum einen spezifische Zielgruppen der
Beratung benannt (z.B. Frauen, die häusliche Gewalt erfahren; LSBTIQ-Personen; 12 von Verdrängung
Betroffene). Zum anderen bestätigen die über die abgefragten Beratungs- bzw. Unterstützungsange
bote hinaus von den Akteuren benannten Beratungsthemen, dass Beratung zu Zugang zu Wohnraum
nicht ausschließlich bei dafür fachlich spezialisierten Stellen angefragt wird/erforderlich ist (z.B.
Jobcenter und Mietfragen; Unterbringung im betreuten Wohnen; Arbeitsmarktintegration;
medizinische Versorgung von wohnungslosen Menschen auf der Straße; Schuldenregulierung). Weiter
12
Lesbische, schwule, bi-sexuelle, transsexuelle, intersexuelle und queere Personen.
48
wurde an dieser Stelle auf angebotene Formen der Unterstützung hingewiesen, die aus der
Gutachtenperspektive der Diskriminierung am Wohnungsmarkt vorbeugen oder entgegenwirken
können (z.B. Empowerment; Bildung von Mieter*innengemeinschaften; Einsatz von Ombudsperso
nen; Gespräche mit Hausverwaltungen, Genossenschaften und Einzeleigentümer*innen; Unterstüt
zung bei Behördenangelegenheiten).
DIE BERATUNG SUCHENDEN
Der Frage nach dem Beratungsangebot wurde (wiederum mit der Möglichkeit von Mehrfachnennung
vorgegebener Kategorien und einer offenen Eingabe) eine Frage zu den Beratung Suchenden/den
Beratungsanlässen gegenübergestellt. Hier wird ein starkes Ungleichgewicht zwischen dem Angebot
im Bereich spezifischer Antidiskriminierungsberatung und dem Beratungsanlass Diskriminierungser
fahrung deutlich (Abb. 7). Am häufigsten werden von den befragten Akteuren als Beratungsanlass
Menschen wahrgenommen, die bei der Wohnungssuche Diskriminierung erfahren haben (68%). Etwa
gleich häufig, aber etwas nachrangig wurde als Beratungsanlass Diskriminierungserfahrung aufgrund
eines spezifischen Merkmals oder in anderen Situationen bzw. aus anderen Gründen benannt (47 und
43%). Am seltensten wurde benannt, dass Menschen Beratung suchen, die als Mieter*innen bzw. in
der Nachbarschaft Diskriminierung erfahren (19%). Diese Wertung kann auf die geringe Teilnahme
von Wohnungsunternehmen zurückgeführt werden bzw. die Tatsache, dass die existierende
Diskriminierungserfahrung bei der Nutzung von Wohnraum eher im eigenen sozialen Umfeld
thematisiert wird als bei aufzusuchenden Beratungsstellen zum Thema gemacht wird.
In der offenen Eingabe (Sonstiges) wurden die Beratungszielgruppen noch stärker spezifiziert: Frauen
die Gewalt erfahren haben, geflüchtete Menschen, Migrantinnen, Menschen die von Wohnungslosig
keit oder drohender Wohnungsverlust betroffen sind oder auch allgemein Menschen, die nicht
wissen, wie sie in Berlin eine Wohnung finden können. In einem Fall wurde auch genannt, dass
geflüchtete Menschen Rat suchen, Diskriminierungserfahrung jedoch weniger eine Rolle spielt als der
schlichte Mangel an bezahlbarem Wohnraum.
Abbildung 11: Anzahl der Nennungen der Akteure zu Beratung Suchenden / Beratungsanlässen
ANLASS, WARUM BERATUNG GESUCHT WIRD
Menschen, die bei der Wohnungssuche
Diskriminierung erfahren haben
36
Menschen, die als Mieter*innen / in der
Nachbarschaft Diskriminierung erfahren
haben
19
Menschen, die in anderen Situationen/
aus anderen Gründen Diskriminierung
erfahren haben
23
Menschen, die aufgrund eines
spezifischen Merkmals Diskriminierung
erfahren haben
25
0
5
10
15
20
25
30
35
40
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung (n:53)
49
Bei den Akteuren, bei denen Menschen Rat suchen, die aufgrund eines spezifischen Merkmals
Diskriminierung erfahren haben, wurde nach den spezifischen Merkmalen der Person gefragt. Hierbei
wurden die im Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) aufgeführten Merkmale abgefragt und
als Kategorien „Familienstatus“ sowie „soziale Lage“ hinzugenommen. Mit der Möglichkeit der
Mehrfachnennung wurde das Merkmal der sozialen Lage am häufigsten (92%) gewählt, ihm folgt das
Merkmal der „Rasse“ oder ethnische Herkunft (68%), was auch dem Bild entspricht, das sich aus der
dritten, offen gestellten Frage ergibt. Eine weitere Ausdifferenzierung der Antworten ist in Abb. 12
nachvollziehbar.
Abbildung 12: Als Beratungsanlass benannte Merkmale der Diskriminierung
MERKMALE DER DISKRIMINIERUNG
Alter
3
sexuelle Identität
5
Geschlecht
6
Behinderung
6
Familienstatus
8
Religion oder Weltanschauung
10
"Rasse" oder ethnische Herkunft
17
soziale Lage
21
0
5
10
15
20
25
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung (n:25)
BERATUNGSFORMATE
Bei den Formaten, in denen in diesem Kontext Beratung angeboten wird, dominiert mit 81% der
zusammengefasste Bereich „(Erst-)Beratung und Weiterleitung an Expert*innen“, wobei der Großteil
der teilnehmenden Wohnungsunternehmen keine Mieterberatung/Beratung zu Diskriminierungser
fahrung anbietet. Der Bereich Rechtsberatung, der auch für die Antidiskriminierungsberatung ein
relevanter Kompetenzbereich ist, ist erwartungsgemäß weniger stark ausgeprägt.
Die geringeren Nennungen eines Angebots der Begleitung bei Wohnungssuche und Amtsgängen
entsprechen den Personalressourcen, teilweise auch der Rolle der Akteure, widersprechen jedoch
dem im Fachgespräch und den Expert*innen-Interviews benannten Bedarf solcher Begleitungen bei
Menschen, die von Diskriminierung am Wohnungsmarkt bedroht sind. Unter Sonstiges wurden als
weitere Unterstützungsformate konkrete Wohnangebote (betreutes Wohnen und vorübergehende
Unterbringung), Medien- bzw. Öffentlichkeitsarbeit und Aktionen sowie Beistand bei AGG-Klagen
genannt.
50
Abbildung 13: Nennungen zu den Beratungsformaten der Akteure
A N G E B O T B E R AT U N G S - / U N T E R S T Ü T Z U N G S F O R M AT E
50
45
43
43
40
35
30
27
27
Begleitung bei der
Wohnungssuche
Begleitung bei
Amtsgängen
22
25
20
15
10
5
0
Beratung
Rechtsberatung
Weiterleitung an
andere Expert*innen/
Beratungsstellen/
Initiativen
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung (n:53)
6.3
ARBEITSLOGIKEN RELEVANTER AKTEURE UND BERATUNGSPFADE
Wie in den vorhergehenden Abschnitten dargestellt suchen Personen, die von wohnraumbezogener
Diskriminierung betroffen sind oder sich von ihr betroffen fühlen, häufig Beratung aus einer auch in
anderer Hinsicht problematischen Lebenslage auf und damit bei nicht zwangsläufig für wohnraumbe
zogene Fragen spezialisierte Beratungsangeboten. Gleichzeitig tritt wohnraumbezogene Diskriminie
rung häufig aufgrund einer Betroffenheit von mehreren im AGG festgelegten als Diskriminierungs
grund anerkannten Merkmalen auf (Mehrfachdiskriminierung bzw. Intersektionalität). Neben den
Beobachtungen der LADS und des Antidiskriminierungsnetzwerks Berlin (ADNB) belegen dies für den
Berliner Wohnungsmarkt auch wissenschaftliche Untersuchungen (Barwick 2011, Kilic 2008) und die
im Kontext dieses Gutachtens durchgeführten Erhebungen.
Beispielhaft kann hier der Zusammenhang zwischen einem oder mehreren Diskriminierungsmerkma
len und den von vielen Leistungsberechtigten erlebten Hürden im Bezug von Sozialleistungen, beim
Erwerb eines Wohnberechtigungsscheines oder der Umgang mit eventuellen Mietrückständen
angeführt werden, die die Bewertung von und Beratung zu Diskriminierungsfällen sehr komplex
machen. Ebenso vielfältig wie die Problemlagen sind demnach die Erstanlauf- oder Beratungsstellen,
bei denen ein Diskriminierungsvorfall (der nicht zwangsläufig von den Betroffenen selbst als solcher
erkannt wird) nachvollziehbar wird und die Bedarfe für eine Weiterleitung aus der Erstberatung in
eine spezifische Beratung.
GRUNDLAGEN / STRUKTUR DER DARSTELLUNG
Ein struktureller Überblick zu potentiellen Anlaufstellen und sich daraus ergebenden Weiterleitungs-,
Beratungs-, und Interventionsbedarfen wird unter Einbezug der Ergebnisse der Online-Befragung
und der Ergebnisse des Fachtags am 29.09.2016 im Folgenden in einem Akteursmapping gegeben.
51
Im Rahmen des Fachtags wurden den Expert*innen aus der Beratungspraxis, der Wohnungswirtschaft
und der Forschung in Arbeitsgruppen betroffenengruppenspezifische, konstruierte Fallszenarien zu
Diskriminierung am Wohnungsmarkt zur Verfügung gestellt, für die mögliche Entwicklungspfade der
Beratung und Intervention zu erarbeiten waren.
Alle Arbeitsgruppen stellten die Relevanz des direkten sozialen Umfelds/sozialen Nahfelds für eine
erfolgreiche Beratung und Intervention zu erfolgter Diskriminierung heraus. Identifiziert wurden
dabei neben den Freunden, der Familie und Bekannten der Betroffenen auch die kritische Rolle von
Kindertagesstätten, Schulen, Arbeitsplätzen und vor allem regelmäßigen Betreuer*innen. Weiterhin
wurde festgehalten, dass auch weniger formalisierte Gemeinschaften, wie Nachbarschaften oder
Treffpunkte, wie ein Kiezladen, die Kneipe oder Sportvereine eine hohe Relevanz haben. Die
Aufgaben dieser sozialraumnahen Gruppen und Institutionen bestünden bestenfalls neben der
persönlichen Unterstützung der Betroffenen auch darin, als Zeug*innen zu fungieren und Wissen
über adäquate Anlauf- und Beratungsstellen zu recherchieren, zu vermitteln und die Betroffenen
dorthin zu begleiten.
HANDLUNGSFELDER UND ARBEITSLOGIKEN DER AKTEURE
Als Akteure für effektive Beratung und Intervention bei wohnraumbezogener Diskriminierung wurde
eine Vielzahl von Akteuren ermittelt, die sich drei verschiedenen Handlungsfeldern zuordnen lassen.
Nicht immer ganz klar voneinander abgrenzbar und mit verschiedenen Schwerpunkten bezüglich
antidiskriminatorischen Handelns sind dies 1) Politik und Verwaltung, 2) Antidiskriminierung/
Gleichstellung und 3) Zugang zu Wohnraum.
Die Akteure aus diesen Handlungsfeldern folgen unterschiedlichen Arbeitslogiken. So sind Handelnde
aus dem Feld der Politik und Verwaltung eher an der längerfristigen Transformation der
Rahmenbedingungen interessiert, weshalb es sich hierbei für Betroffene oft eher um moralisch
unterstützende Kräfte handelt. Dazu gehören etwa Vertreter*innen in den Bezirksverordnetenver
sammlungen oder die Mitarbeitenden der Bürgerbüros. In diesem Feld bewegen sich jedoch auch die
zuständigen Verwaltungen, insbesondere das Sozial- und das Wohnungsamt. Auch die jeweiligen
Integrations- oder Frauenbeauftragten oder Beauftragte für Menschen mit Behinderung können hier
entscheidende Unterstützung leisten. Politisch wirkmächtig in der Zusammenarbeit mit oder Kritik an
Politik und Verwaltung können auch Selbstorganisationen von Personengruppen sein, die regelmäßig
von Diskriminierung betroffen sind, also migrantische Selbstorganisationen, Frauen-, Senior*innen-,
LGBTI*- und Familiengruppen oder Selbsthilfeinstitutionen von Menschen mit Behinderung.
Im politischen und verwaltungsseitigen Handlungsfeld geht es, neben der Herstellung von
solidarischer Öffentlichkeit, um die Sicherstellung effizienter Verwaltungsabläufe und dem
Durchsetzen des Antidiskriminierungsrechts und auch darum, bestehende AGG-Lücken auf
Landesebene langfristig zu schließen und Informationsmaterial für Betroffene bereitzustellen. Dabei
wurde auch die Presse als wichtige Partnerin für ein von Politik und Verwaltung getragenes
Interventionssystem gegen Diskriminierung identifiziert.
Im Handlungsfeld „Antidiskriminierung/Gleichstellung“ benannten die Teilnehmenden des
Fachgesprächs insbesondere die bestehenden Antidiskriminierungsbüros als zentrale Akteure, wiesen
jedoch auch auf die Bedeutung anderer, teils selbstverwalteter Beratungs- und Dokumentationsstel
len hin. Integrations- oder Frauenbeauftragte und Beauftragte für Menschen mit Behinderung
können in dieses Handlungsfeld hineinwirken, indem sie entweder selbst Antidiskriminierungsbera
52
tungsangebote initiieren oder Betroffene bei selbstorganisierten Interventionen gegen Diskriminie
rung aktiv unterstützen. Auch die Selbstorganisationen und Vertretungen der Betroffenengruppen
spielen in diesem Feld eine wichtige Rolle, da hier oft Beratung stattfinden und festgestellt werden
kann, ob Diskriminierung nach dem AGG nachweisbar wäre.
Auch für das Handlungsfeld „Zugang zu Wohnraum“, das hinsichtlich existierender/notwendiger
Potentiale für eine antidiskriminatorische Vermietungspraxis diskutiert wurde, identifizierten die
Arbeitsgruppen eine Vielzahl relevanter Akteure. Diese reichen von Nachbarschaftsgruppen, über
Mieterräte, Mietervereine, Mieterselbstorganisationen bis hin zu den einzelnen Vermieter*innen,
Genossenschaften sowie Wohnungsunternehmen, ihren Sozialmanagements und Fachverbänden.
Neben der in der Vermietungspraxis nachvollziehbaren Selbstverpflichtung zu einer antidiskriminato
rischen Vermietungskultur wären diese Handelnden hauptsächlich für die Schaffung eines toleranten
und solidarischen Miteinanders in der Nachbarschaft verantwortlich, sowie für die schnelle und
unkomplizierte Wohnraumversorgung in Gewalt- und Diskriminierungsfällen.
FALLSZENARIO GROSSFAMILIE
Beispielhaft dargestellt werden kann diese Gemengelage verschiedener Akteure und die Vielzahl
möglicher Entwicklungspfade hin zu einer erfolgreichen Beratung und Intervention an einem
konkreten Fallszenario, das im Fachgespräch erörtert wurde. Dabei handelt es sich um einen Fall, in
dem eine Großfamilie mit Migrationshintergrund aus Neukölln bei der Wohnraumsuche verdeckt
diskriminiert wird:
Kasten: Fallszenario einer Arbeitsgruppe des Fachgespräches im September 2016
Fallszenario
Einer Beratung bedarf die fünfköpfige Familie Daniel. Die Familie lebt in einer 3-Zimmer-Wohnung in einer
Großsiedlung in Neukölln. Sie ist auf der Suche nach einer 4-Zimmer-Wohnung im aktuellen Wohnumfeld, die
Kinder sind im Alter zwischen 2 und 13 Jahren. Marco Daniel, der Vater, gibt als Beruf Maurer an, seine Ehefrau
Romana den Beruf „Hausfrau“. Als sie auf ein passendes Wohnungsangebot telefonisch antworten, werden sie
nach Herkunft und Kinderzahl befragt. Am Ende des Telefonats wird Ihnen vermittelt, die Wohnung sei – das
habe man vergessen, zu erwähnen - bereits reserviert. Die Familie solle sich keine zu große Hoffnung machen,
nachrücken zu können.
Quelle: UrbanPlus
53
Abbildung 14: Mögliche Pfade der Weiterleitung und Beratung für das spezifische Fallszenario
Quelle: UrbanPlus
Für diesen Fall wurde eine Vielzahl der oben genannten Akteure als relevant für erfolgreiche Gegen
strategien zu der erfolgten Diskriminierung ermittelt und untenstehenden Abbildung visualisiert.
Auch hier nimmt aus Ansicht der Teilnehmenden das sozialräumliche Nahfeld der Betroffenen eine
entscheidende Rolle ein. Nur einer von vielen möglichen Pfaden der Beratung und Intervention
bestünde darin, dass ein Mitglied der betroffenen Familie in einem Treffpunkt der Nachbarschaft,
beispielsweise einem Sportverein, die Erfahrung teilen kann und auf ausgelegtes Informationsmateri
al einer Mieterselbstorganisation aufmerksam gemacht wird. Bei einem offenen Treffen, an dem die
Betroffenen teilnehmen, wird schnell erkannt, dass es sich um Diskriminierung handelt und der
Familie geraten, den Fall zu dokumentieren und sich an ein Antidiskriminierungsbüro zu wenden.
Gleichzeitig sollte das Wohnungsunternehmen, dem Diskriminierung vorgeworfen wird, durch die
Organisation aufgefordert werden, Stellung zu dem Fall zu beziehen. Eine entsprechende
Öffentlichkeitsarbeit könnte durch die Mieterselbstorganisation angestoßen und auf diese Weise
auch politische Akteure erreicht werden. Das konsultierte Antidiskriminierungsbüro kann parallel
dazu die Betroffenen professionell beraten, mit ihnen gemeinsam Handlungsmöglichkeiten ausloten
und gegebenenfalls einen Prozess juristischer Aufarbeitung anstoßen. Für die zielgruppenspezifische
Beratungspraxis und die Unterstützung/Information Betroffener ist die Dokumentation solcher fallspezifischen Beratungspfade (bzw. ihrer Erfolgs- und Misserfolgsgeschichten) hilfreich. Für die
54
Begründung eines Interventionssystems bedarf es eher einer akteurs- und problemlagenorientierten,
fallunspezifischen Betrachtung. Dies wird im folgenden Abschnitt geleistet.
6.4
BERATUNGSPFADE
Wie oben aufgeführt, gibt die große Mehrzahl der in der Online-Befragung Adressierten an,
betroffene Personen aus der Erst- bzw. Verweisberatung gezielt weiterzuvermitteln. Wie genau, zu
welchem Zeitpunkt, warum und an welche Einrichtungen Betroffene weitergeleitet werden, ist jedoch
ein fallspezifischer und komplexer Prozess, zu dem quantitative Aussagen kaum zu treffen sind. In der
Online-Befragung sollte daher eine offene Frage Zugang zu den strukturell relevanten Strategien der
Weitervermittlung eröffnen, die die befragten Akteure praktizieren. So wurden die Einrichtungen um
eine Beschreibung gebeten, in welchen Fällen sie an welche Akteure/Institutionen weiterleiten. Die
Antworten darauf fielen in sehr unterschiedlichem Umfang aus und nur 40 (=n) der Antworten waren
auswertbar und qualitativ zu clustern.
In den Mittelpunkt der Analyse wurde das spezifische Problem gestellt, zu dem die Beantwortenden
angeben, Betroffene weiterzuvermitteln. Diese Entscheidungen können schon beim ersten Aufsuchen
des Beratungsangebots getroffen werden oder aber sehr viel später im Beratungsprozess –
gemeinsam ist ihnen, dass sie eine Problemlage markieren, die der befragte Akteur nicht selbststän
dig überwinden kann. Die beschriebenen Problemlagen lassen sich wie folgt zusammenfassen:
(1) Mangel an juristischer Kompetenz,
(2) Sprachbarrieren
(3) angespannter Wohnungsmarkt,
(4) Ressourcenmangel der Einrichtung oder Initiative
(5) Betroffene gehören nicht zur eigenen Zielgruppe, werden daher an andere Einrichtun
gen/Initiativen weitervermittelt.
Zu diesen fünf Problemlagen wird im Folgenden betrachtet, wie die befragten Akteure auf sie
reagieren und an wen sie die Betroffenen weiterleiten. Dabei wird eine etwas differenziertere
Kategorisierung der Befragten vorgenommen um akteursspezifische Handlungsweisen adäquater
abbilden zu können. So werden die Antwortsätze zur Auswertung in die neun Akteursgruppen
Mieter*innenberatung, Antidiskriminierungsberatung, Selbstorganisationen, Sozialverbände, Wohn
raum Anbietende, Freiwillige, private Sozialarbeit, öffentliche Stellen und Stadtteilarbeit unterteilt.
PROBLEMLAGE MANGEL AN JURISTISCHER KOMPETENZ
Der relevanteste Faktor in der Beratung bei Betroffenheit von Diskriminierung auf dem Wohnungs
markt scheint das Wissen um die juristische Situation und darin bestehender Handlungs- und
Interventionsmöglichkeiten zu sein. So wird in der Regel nicht nur weitervermittelt, wenn klar ist,
dass Diskriminierung rechtlich verfolgbar ist und die Betroffenen auch diesen Weg gehen wollen,
sondern auch um grundsätzlich zu klären, inwiefern im juristischen Sinne von Diskriminierung
gesprochen kann.
Dabei wird als Akteur, an den weitergeleitet wird, besonders häufig das Antidiskriminierungsnetz
werk Berlin des Türkischen Bunds in Berlin-Brandenburg (ADNB des TBB) benannt, der in den Fällen
kontaktiert wird, in denen die Anlaufstellen selbst nicht über genügend juristisches Wissen verfügen,
um die Betroffenen selbstständig zu unterstützen. Weniger oft werden Mietrechtsberatungsangebo
55
te genannt, an die insbesondere dann vermittelt wird, wenn den Anlaufstellen erscheint, dass sich die
angetragene Problemlage eher unter Anwendung des Mietrechts lösen lässt.
Beispielhaft für die Weiterleitung aufgrund dieser Problemlage kann eine Selbsthilfeorganisation
angeführt werden, die angibt, dass sie „bei offensichtlichen aber auch subtilen Diskriminierungsfällen
bei der Wohnungssuche, Vermittlung an Rechtsberatung und ADNB sowie Beratungsstellen mit
Schwerpunkt Mietrecht“ weiterleitet.
Andere Einrichtungen scheinen diese Fälle nicht über die Antidiskriminierungsberatungen zu leiten,
sondern kontaktieren direkt Rechtsanwält*innen. So gibt ein Sozialverband an, dass Betroffene von
ihnen sehr selten und wenn, dann „nur bei spezifischen Fragen direkt an Rechtsanwälte“ weiterver
mittelt werden. Ob die Vorkommnisse dabei als Diskriminierungsfälle dokumentiert werden, wurde
nicht mitgeteilt.
Abbildung 15: Weitervermittlungspfade bei Mangel an juristischer Kompetenz
Quelle: UrbanPlus
PROBLEMLAGE SPRACHBARRIEREN
Viele Anlauf- und Beratungsstellen können ihr Angebot nur in der deutschen und maximal einer oder
zwei weiteren Sprachen anbieten und auch der Einsatz „Leichter Sprache“ 13 wird von Expert*innen
bei vielen Angeboten vermisst. Diese Situation wird den Lebensrealitäten der Risikogruppen oft nicht
gerecht: Wie in Kapitel 3 zu den Merkmalen von Diskriminierung aufgezeigt wird, ist die ethnische
Herkunft aus Sicht der Beratenden die häufigste juristisch verfolgbare Art der Diskriminierung auf
dem Berliner Wohnungsmarkt darstellt. Da sich in dieser Personengruppe auch eine zunehmende
Zahl an Personen befindet, die Deutsch nicht fließend sprechen, ist es von hoher Relevanz, dass
Sprachmittlung in größerem Umfang als bisher sichergestellt wird.
13
„Leichte Sprache“ ist jedoch nicht nur für Menschen wichtig, die der deutschen Sprache begrenzt mächtig sind, sondern
auch für Menschen mit bestimmten Behinderungen, psychischen Erkrankungen und niedrigem Bildungsstatus, der häufig
mit sozial schwacher Lage einhergeht.
56
Eine gängige Strategie von Anlauf- und Beratungsstellen, die Sprachmittlung nicht selbst bereitstellen
können, ist die Weitervermittlung der Betroffenen an Selbsthilfeorganisationen, von denen angenom
men wird, dass dort entweder selbst kompetente Beratung stattfindet oder gegebenenfalls eine
Sprachmittlung für ein Folgetreffen organisiert werden kann. Resigniert beschreibt eine Selbsthilfeor
ganisation, dass sie seltener Betroffene als Vorkommnisse an Antidiskriminierungsberatungen weiter
leiten „da die Geflüchteten nicht über die dt. Sprachkompetenz verfügen oder nicht verstehen, wozu
es gut sein soll. [...] Daher bleibt nur Dokumentation um zumindest die Vorkommnisse zu belegen“.
Abbildung 16: Weitervermittlungsstrategien bei Sprachbarrieren
Quelle: UrbanPlus
Als weitere Maßnahme um die Sprachbarriere zu überwinden, gibt ein Statteilzentrum an, das
Lotsenprojekt „Die Brücke“ zu kontaktieren. Hier sind Personen mit unterschiedlichen Sprach
kompetenzen und -hintergründen bezirksspezifisch organisiert und stehen für Sprachmittlung bereit.
PROBLEMLAGE ANGESPANNTER WOHNUNGSMARKT
Die wirkungsmächtigste Problemlage, die Beratungs- und Anlaufstellen in der erfolgreichen
Unterstützung von Betroffenen herausfordert, ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum im
Allgemeinen. Charakteristisch hierfür ist die Antwort einer Selbsthilfeorganisation auf die Frage, ob
Sie von wohnraumbezogener Diskriminierung Betroffene weitervermitteln: „Ja, an Wohnungsbau
gesellschaften, Genossenschaften, das Antidiskriminierungsnetzwerk. Ich nenne es zuletzt, da es den
meisten wichtiger ist, Wohnraum zu finden als Beratung wegen der Diskriminierung. Es ist zu eng auf
dem Wohnungsmarkt“. Für diese Ratlosigkeit der Beratungsstellen gegenüber dem Wohnraumman
gel steht das Fragezeichen in der untenstehenden Abbildung.
Auch Soziale Träger/Sozialverbände, Organisationen der privaten Sozialarbeit und Wohnraum
Anbietende, die direkt von Betroffenen kontaktiert werden und teilweise eine kurzfristige
Unterbringung früher selbst leisten konnten, sind angesichts der wachsenden Knappheit für diese
Bevölkerungsgruppen bezahlbaren Wohnraums überfordert. Sie vermitteln die betroffenen Personen
57
in der Regel an öffentliche Stellen weiter, die allerdings nur begrenzt direkt über ein entsprechendes
Angebot verfügen/Zugang vermitteln.
Ein Wohnungsunternehmen beschreibt dies so: „Wenn Bürger ohne festen Wohnsitz zu uns kommen,
vermitteln wir diese an das LaGeSo damit sie dort entsprechend als wohnungsuchend aufgenommen
werden. Ggf. allerdings schon mit einem konkreten Wohnungsangebot. (Interview Q 7)
Das Geschützte Marktsegment wird von den Expert*innen mit dzt. ca 1300 Wohnungen als nicht
ausreichend für die verschiedenen zugangsberechtigten Gruppen bewertet. Die Wohnraumversor
gung von Jugendlichen/jungen Menschen, für die an die Bezirks- und Jugendämter weitergeleitet
wird, scheitert ebenfalls an der aktuellen Wohnungsmarktsituation. So stellt ein selbstorganisierter
Träger fest: „Problematisch ist das Ganze nicht nur bei geflüchteten Familien, sondern auch bei
deutschen Jugendlichen. Die ganzen Träger entlassen ihre Klienten zurzeit einfach in die Obdachlosig
keit. Niemand möchte jemanden aus der Jugendhilfe [als Mieter*in], abgesehen davon, dass
Einraumwohnungen in Berlin sowie absolut schwer zu bekommen sind weil es so viele alleinlebende
Menschen gibt.“ Als Ziel der Weiterleitung Geflüchteter Wohnungsuchender wird überwiegend das
Evangelische Jugend- und Fürsorgewerk (EJF) genannt, seltener der direkte Verweis an Wohnraum
Anbietende.
Abbildung 17: Weitervermittlungspfade wo aus eigenem Bestand kein bezahlbarer Wohnraum angeboten
werden kann
Quelle: UrbanPlus
Unterstützungsangebote bei der Wohnungssuche, auf die im Rahmen der Verweisberatung
hingewiesen werden kann, benötigen nicht nur Menschen nicht-deutscher Herkunft. Die beiden
untenstehenden Beispiele, die Tempelhof-Schöneberger Wohnungslots*innen und die Integrations
lot*innen sind Angebote, die von Expert*innen als Teil der Verweisberatung genannt wurden,
unabhängig davon, ob eine Diskriminierung vorlag oder nicht.
58
Tempelhof-Schöneberg - Wohnungslots*innen
Organisationsform
Ein Pilotprojekt der ‚Kontaktstelle Pflegeengagement Tempelhof-Schöneberg‘ und des Pflegestützpunktes TempelhofSchöneberg, die mit Mitteln der Senatsverwaltung für Gesundheit und Soziales finanziert werden, startete im Juni
2015. Hier wurden acht Personen zu Wohnungslots*innen ausgebildet, die seitdem als Tandempartner*innen Älteren
oder pflegebedürftigen Menschen im Bezirk zur Verfügung stehen und sie bei Fragen rund um Wohnraum und Miete
unterstützen. Vermittelt wird das Tandem aus der ehrenamtlichen und der älteren Person zumeist vor Ort in den
Einrichtungen des Pflegestützpunktes oder der Kontaktstelle. Typischerweise geschieht dies, wenn in einem Beratungs
gespräch der Bedarf an einem Umzug oder Wohnraumanpassung deutlich wird, den die Betroffenen oder ihre
Angehörigen nicht alleine bewältigen können.
Zuständigkeit
Das Angebot richtet sich an ältere oder pflegebedürftige Personen und Menschen, die von Behinderung betroffen sind
und sich vor oder in einem Änderungsprozess ihres Wohnraums befinden. Das Wohnungslots*innen-Projekt ist auf den
Bezirk Tempelhof-Schöneberg beschränkt. Die Initiator*innen regen jedoch an, auch in anderen Stadtteilen ähnliche
Initiativen zu organisieren und haben dafür unterstützendes Informationsmaterial zusammengestellt (vgl.
Pflegestützpunkte Berlin 2014 und SenGeSoz 2015).
Handlungsformen
•
Gemeinsame Aufnahme des Zustand des Wohnraums
•
Unterstützung bei Telefonaten und dem Ausfüllen von Anträgen
•
Begleitung zu Behördengängen und Vermietungsgesprächen
•
Hilfe bei der Wohnraumsuche
Berlin - Landesrahmenprogramm Integrationslots*innen
Organisationsform
Das von der Senatsverwaltung für Arbeit, Integration und Frauen finanzierten Landesrahmenprogramm
Integrationslots*innen fördert seit 2013 die bezirkliche Integrationsarbeit. Im Programm werden die Koordination,
Weiterbildung und Betreuungsmaßnahmen der derzeit 94 Integrationslots*innen organisiert. Die Lots*innen verfügen
selbst über unterschiedliche Migrationsgeschichten, -hintergründe und vielfältige Sprachkenntnisse und sind entweder
in den dezentralen Anlaufstellen oder in aufsuchender Arbeit tätig. Seit November 2016 ist auch ein mobiles Team im
Einsatz, welches sich besonders an den räumlichen Bedarfen von Geflüchteten orientiert. Die Anlaufstellen sind über
das gesamte Stadtgebiet verteilt und möglichst wohnortnah aufsuchbar. Dabei unterscheiden sich die bezirklichen
Angebote untereinander leicht: einige fokussieren eher auf aufsuchende Ansätze („Stadtteilmütterarbeit“) während
andere, mehrere Erstanlaufstellen betreiben („Wegweiserlots*innen“). Beispielsweise können im Bezirk Mitte durch
Unterstützung des Bezirksamts sechs verschiedene Anlaufstellen betrieben werden. Solche Verankerung im
Alltagsleben der Ratsuchenden wird als wichtige Voraussetzung für den niedrigschwelligen Erstzugang zu der
Angebotslandschaft Berlins eingeschätzt (vgl. SenAIF 2015: 45).
Ein Beirat unter Vorsitz der Beauftragten des Senats von Berlin für Migration und Integration befasst sich mit
Entwicklung und Verstetigung des Programms.
Zuständigkeit
Die Mitarbeitenden in den mobilen Teams und Anlaufstellen in allen Bezirken bieten Rat und Hilfe für Menschen
nichtdeutscher Herkunft bei Fragen rund um Familie, Arbeit, Wohnen, Soziales, Kultur, Bürgerdienste und
Aufenthaltsrecht. Kulturkompetent und sprachmittelnd können sie die Distanz zwischen Ratsuchenden und
öffentlichen Angeboten erfolgreich verringern.
Handlungsformen
•
•
•
•
•
Heranführung von Personen mit Migrationshintergrund an verschiedene öffentliche Angebote
Hilfestellung bei Anträgen und behördlicher Korrespondenz
Sprachmittlung bei Behördengängen
Kulturkompetente Erstberatung und Unterstützung in verschiedenen Themenbereichen
niedrigschwelliges Informations- und Weitervermittlungsangebot
59
PROBLEMLAGE RESSOURCENMANGEL SEITENS DER EINRICHTUNG
Eine Problemlage aufgrund derer Ratsuchende an andere Stellen weitervermittelt werden, tritt ein,
wenn (zunehmende) die Anlaufstelle schlichtweg ausgelastet bzw. überlastet ist. Dies betrifft auf der
Ebene von Raumressourcen insbesondere solche Beratungsstellen/Organisationen, die mit
Notübernachtungen oder Wohnungsvermittlung in Krisensituationen befasst sind: die Menge des
ihnen zur Verfügung stehenden Wohnraums entspricht häufig nicht mehr der Nachfrage.
Sowohl professionelle als auch teilweise ehrenamtlich beratende Einrichtungen berichten weiter
zunehmend von Personal-Engpässen, die dazu führen, dass Personen weitervermittelt werden
müssen. Eine Strategie ist es daher z.B., eine Notfallberatung zunächst von Ehrenamtlichen
übernehmen zu lassen, um dann einen Termin mit fachlich kompetenteren Mitarbeiter*innen zu
einem späteren Zeitpunkt auszumachen oder aber direkt an andere Stellen weiterzuvermitteln, die
ein ähnliches Beratungsangebot anbieten. In der untenstehenden Abbildung sind auf der Akteursebe
ne Selbsthilfeorganisationen hervorgehoben eingefügt, da die empirische Betrachtung dies nahelegt,
es aber in der Onlinebefragung nicht explizit benannt wurde.
Abbildung 18: Weitervermittlungspfade bei eigener Ressourcenknappheit
Selbsthilfe
organisationen
Quelle: UrbanPlus
ZIELGRUPPEN
Ein weiterer häufiger Grund für die Weitervermittlung von das Beratungsangebot Aufsuchenden sind
die zielgruppenspezifischen Ausrichtungen von Anlaufstellen. Dies erfordert zumeist bei Selbsthilfe
projekten, aber auch bei spezifischen Antidiskriminierungsstellen die Weiterleitung von Betroffenen.
So antwortet beispielsweise eine Selbsthilfeorganisation: „Unser Schwerpunkt ist die Beratung von
gewaltbetroffenen Frauen. In diesem Zusammenhang auftretende Diskriminierung beraten, begleiten
und unterstützen wir selbst. Menschen ohne diesen Hintergrund aber mit wohnraumbezogener
Diskriminierung vermitteln wir weiter. Meist an Beratungsangebote für wohnungslose Frauen. Auch
an die bei den Bezirksämtern eingerichteten Stellen zum Geschützten Marktsegment“.
60
Selbsthilfeorganisationen leiten dabei zumeist an andere zielgruppenspezifische Selbsthilfeprojekte
weiter, was gute Vernetzung und umfangreiches Wissen über die vorhandenen Angebote erfordert.
Wie bezüglich der vorhergehenden Problemlage wurden auch hier auf der Basis der anderen Erhe
bungen zwei Akteure eingefügt, die in der Online-Befragung keine entsprechende Aussage gemacht
haben: Soziale Träger und Mieterberatungen.
Abbildung 19: Weitervermittlungspfade in Fällen, in denen Betroffene nicht zur eigenen Zielgruppe gehören
Soziale Träger
Mieterorganisationen
Quelle: UrbanPlus
Die bisher dargestellten Ergebnisse der Bestandsaufnahme lassen sich wie folgt zusammenfassen:
• Bei den im Bereich Antidiskriminierung und für verschiedene von Diskriminierung am
Wohnungsmarkt bedrohte Bevölkerungsgruppen Beratung anbietenden Akteuren, die sich an
der Erhebung beteiligt haben, ist die Nachfrage zu Beratung wegen Diskriminierung beim
Zugang zu Wohnraum höher als in anderen Bereichen von Diskriminierungserfahrung.
• Im Gegensatz zur Selbstwahrnehmung bzw. Position der Kommunalen Wohnungsunterneh
men und ihres Dachverbands Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen
(BBU) sieht die Mehrzahl der befragten Expert*innen Diskriminierungsrisiken nicht aus
schließlich bei den privaten Vermieter*innen mit kleinen Beständen und den Genossen
schaften. Bei den Kommunalen Wohnungsunternehmen, die sich v.a. in Sonderprojekten so
zial engagiert beweisen, werden diesbezüglich vielmehr Differenzen zwischen der Leitungs
ebene und den lokalen Vermietungsbüros sowie zwischen stark formalisierten Filterverfahren
und persönlichen Vermietungsprozessen beobachtet.
• Berlin hat aufgrund seines hier relevanten Beratungsnetzwerks für verschiedene von Diskri
minierung auf dem Wohnungsmarkt bedrohte Bevölkerungsgruppen in weiten Teilen der
Stadt gute Voraussetzungen für die Implementierung eines Interventionssystems gegen Dis
61
•
•
•
•
•
kriminierung auf dem Wohnungsmarkt. Knapp 30% der Bezirksregionen scheinen auf der Ba
sis dieser Untersuchung jedoch zunächst unterversorgt mit entsprechenden Beratungsange
boten.
Nur wenige der existierenden Beratungsangebote sind bisher fachlich und personell in der
Lage, rasch und begründet eine Einschätzung vornehmen, ob eine Benachteiligung beim Zu
gang zu Wohnraum als Diskriminierung zu bewerten ist und selbst professionell Antidiskri
minierungsberatung zu leisten. Ein Teil der fachlich prädestinierten Akteure, die Beratung
anbieten, wird bisher wenig zu Beratung bezüglich Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt
angefragt und/oder fühlt sich begrenzt zuständig (v.a. Mieterberatungen).
Die Problemlagen und Beratungspfade, die in diesem Kontext entstehen, weisen sowohl auf
antidiskriminierungsspezifischen Qualifizierungsbedarf hin als auch auf den Bedarf einer ko
ordinierten Vermittlung von relevanten Informationen.
Besondere Sensibilität für und differenzierte Betrachtung diskriminierender Vermietungs
praxis ist vor allem bei den selbstorganisiert Beratung Anbietenden gegeben, an die bei
Verweisberatungen auch zunehmend weitergeleitet wird bzw. deren Unterstützung bei
Sprachproblemen und beim Bedarf von Begleitung gesucht wird.
Vermutete oder tatsächliche Diskriminierung beim Zugang zu oder der Nutzung von Wohn
raum wird in den aktuell gegebenen Beratungsstrukturen zunehmend beobachtet, bedarf
aber einer systematischen und v.a. fachöffentlich einfach zugänglichen Dokumentation. Da
für bedarf es sowohl eines rasch verfügbaren Instrumentariums als auch einer längerfristig
angelegten Begleitforschung (vgl. Breckner im Fachgespräch).
Die Betrachtung der Weiterleitungspfade und die Auswertung der Expert*innen-Interviews
und des Fachgesprächs weisen darauf hin, dass die existierenden Antidiskriminierungsbera
tungsstellen gestärkt werden sollten durch eine gezielte Kompetenzbildung zu Fragen der
Wohnungspolitik, des Wohnungsmarkts in Berlin und existierender/im Aufbau begriffener
Initiativen/Instrumente im Sinne von Empowerment von Wohnraum Suchenden.
62
7
Bedarfsklärung für eine Koordinations- und Fachstelle gegen
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt
Ein zentrales Ergebnis des Gutachtens ist die Antwort auf die Fragestellung, ob bei den verschiedenen
in der Beratung gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt tätigen Akteuren ein Bedarf für
intensivere Vernetzung, systematische Kooperation in der Beratung sowie koordinierten Wissens
transfer, Erfahrungsaustausch und Kompetenzbildung besteht. Bei den am Fachgespräch Teilneh
menden wurde diese Frage mehrheitlich bejaht. Dies galt – mit Einschränkungen hinsichtlich der
eigenen Rolle und der zunächst präferierten eigenen Weiterbildungskontexte - auch für die
Teilnehmenden, die die wohnungswirtschaftliche Perspektive vertraten. Aus den Ergebnissen der
Expert*innen-Interviews lässt sich sowohl Bedarf für eine senatsgeförderte interdisziplinär
koordinierend Fachstelle schlussfolgern als auch die Notwendigkeit, diese bei einem Träger ohne
Eigeninteressen hinsichtlich einer spezifischen Zielgruppe zu verorten.
Auch die Ergebnisse der Online-Befragung sprechen für die Einrichtung einer solchen Fachstelle: 65%
der befragten Akteure sehen einen hohen Bedarf, 31% begrenzt Bedarf und nur 4% erachten eine
solche Fachstelle als nicht notwendig.
Abbildung 20: Bedarf für eine Koordinierende Fachstelle
B E D A R F F Ü R E I N E KO O R D I N I E R E N D E
FAC H S T E L L E
eher hoch
eher niedrig
nicht notwendig
4%
31%
65%
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung, n=51
Befragt zum Bedarf an intensiverer Vernetzung und Kooperation in verschiedenen Arbeitsbezügen
bestätigte erneut die Mehrzahl der Beteiligten den Bedarf: 81% der Befragten sehen diesen Bedarf
allgemein bezogen auf das Handlungsfeld, 70% halten dies mit Akteur*innen im gleichen Arbeitsfeld
für notwendig, 85% der an der Befragung Teilnehmenden sehen Bedarf auf interdisziplinärer Ebene.
Bei den wenigen Akteuren, die sich in den drei thematisierten Arbeitsbezugsebenen gegen Bedarf
ausgesprochen haben, wäre zu prüfen, inwieweit eine solche Aussage geprägt ist durch begrenzte
Ressourcen oder eine geringere Relevanz einer Beratung von Diskriminierung auf dem Wohnungs
markt Betroffener im gesamten eigenen Aufgabenspektrum.
63
Abbildung 21: Bedarf an Vernetzung/ Kooperation der Beratungsangebote
B E D A R F A N V E R N E T Z U N G / KO O P E R AT I O N D E R
B E R AT U N G S A N G E B O T E
ja, notwendig
nein, ausreichend vorhanden
Bedarf besteht allgemein an mehr Kooperation/
Vernetzung (n=47)
nein, nicht gewünscht
38
Bedarf Vernetzung/ Kooperation mit Akteur*innen im
gleichen Arbeitsfeld (z.B. innerhalb der (Anti-)
Diskriminierungsberatung) (n=43)
8
30
Bedarf besteht mit Akteur*innen in anderen
Arbeitsfeldern (z.B. zwischen der (Anti-)
Diskriminierungs- und Mietenberatung) (n=46)
12
1
39
0
10
20
8
30
1
40
2
50
60
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung
7.1
VORAUSSETZUNG FÜR DIE BETEILIGUNG AN VERNETZUNGSAKTIVITÄTEN
Verschiedene Ebenen der Erhebung zeigten, dass für ein effektives Interventionssystem gegen
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt die Vernetzung von verschiedensten Beratung anbietenden
Akteuren erforderlich ist. Gleichzeitig war eine Arbeitshypothese, dass vor allem im selbstorganisier
ten/ehrenamtlichen Bereich beratende Akteure aufgrund verschiedener Vorbehalte der Verwaltung
gegenüber und aufgrund mangelnder Ressourcen nicht per se oder bedingungslos an einer
formalisierten interdisziplinären Vernetzung interessiert sind. Die Online-Befragung bestätigte über
eine Skalenabfrage als wichtige Voraussetzungen eingeschätzte Bedingungen für ein entsprechendes
Engagement der befragten Akteure. Die aufgeführten Bedingungen wurden durchgehend hoch
bewertet, mit Werten z wischen 3,4 und 4,7. Dabei fallen die zwei Aspekte der „gleichen Organisati
onsform“ und der „NGO (=Nichtregierungsorganisation)“ mit einem Durchschnitt von 3,4 etwas von
den anderen Aspekten zurück. Die beiden Aspekte der „Bereitschaft zu Wissens- und Erfahrungsaus
tausch“ sowie der „Vernetzung stärkt Selbstorganisation der Netzwerkpartner*innen“ bilden mit
einem Durchschnittswert von 4,7 demgegenüber die beiden wichtigsten Aspekte. Diese Bedingungen
sind daher ggfs. grundlegen für den Aufbau einer Koordinations- und Fachstelle.
64
Abbildung 22: Voraussetzungen für eine systematische Vernetzung der Beratungsangebote
VOR AU SSET Z U NG E N VON VER NET Z U NG
5,0
4,5
4,0
4,0
3,5
3,4
4,1
4,2
4,3
4,3
4,4
4,7
4,7
3,4
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
Quelle: UrbanPlus, n variiert: 44 - 49; Skala: 1=sehr unwichtig bis 5=sehr wichtig.
65
8
Standards guter Beratung bei Diskriminierung in Wohnungs
angelegenheiten
Gute Beratung angesichts Diskriminierung hat zur Voraussetzung ein hoch ausdifferenziertes auf
unterschiedliche Ebenen der Antidiskriminierungsarbeit reaktionsfähiges Handlungssystem auf der
Seite der Beratenden. Dazu gehört neben der Befolgung von allgemein in der sozialen und
psychologischen Beratung gesetzten Standards auch eine angemessene themenspezifische
Qualifikation und, um die Repräsentanz der Betroffenen in den Beratungsverhältnissen sicher zu
stellen, eine Qualifizierung von Selbsthilfeorganisationen und letztlich auch der Opfer. Sie sollen
befähigt werden, sich durch die Beratung in eigener Sache gegenüber den Diskriminierenden und ggf.
der Öffentlichkeit zu artikulieren.
Zu den Standards guter Beratung allgemein und speziell zur Antidiskriminierungsberatung liegen
verschiedene Berichte und Anleitungen vor (u.A. advd (2013); allgemeiner zu Beratung: Schiers
mann/Weber (2013); speziell zu Verweisberatung: Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2013). Für
die Bestimmung von Standards guter Beratung kann weitgehend auf diese Leitlinien verwiesen
werden. An dieser Stelle sollen deshalb eher stichwortartig Elemente, Standards und Verfahren zur
Qualitätssicherung für die Beratung speziell in Fällen von Diskriminierung im Wohnbereich referiert
werden.
Aus der Komplexität und Intersektionalität der Diskriminierungsfälle ergibt sich, das die Beratung bei
Diskriminierung in Wohnungsfragen (fast) immer auch andere Ebenen möglicher Diskriminierung
ansprechen wird. Insofern erscheint es auch für die Beratung als sinnvoll und qualifizierend, Themen
des Wohnens und andere Lebensbereiche integriert in Beratung einzubeziehen. Entsprechend ist für
Beratungsverfahren und deren Organisation, Weiterbildung und Reflexion zwar in einzelnen
Bereichen eine eigene Organisationsform zu finden, gleichzeitig kann es sinnvoll sein, kooperative
Beratungspraxis und gemeinsame themenübergreifende Strategien mit anderen Bereichen der
Antidiskriminierungsarbeit über das Wohnen hinaus zu stärken (advd 2013).
VORAUSSETZUNGEN UND KOMPETENZEN GUTER BERATUNG AUS DER SICHT DER AKTEURE
Auch die Beratenden aus den unterschiedlichen in der Untersuchung angesprochenen Organisationen
äußern Standardanforderungen an eine gute Beratung. Die Bewertungsunterschiede zwischen den
befragten Gruppen sind gering, daher kann auf einen Konsens der Beratenden geschlossen werden.
66
Abbildung 23: Voraussetzungen guter Beratung
V O R AU S S E T Z U N G E N G U T E R B E R AT U N G
5,0
4,5
4,0
3,5
3,6
3,8
3,8
3,9
3,9
4,0
4,1
4,1
4,1
4,2
4,3
3,0
2,5
2,0
1,5
1,0
0,5
0,0
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung, n 47 - 52; Skala: 1=sehr unwichtig bis 5=sehr wichtig
Kenntnis und Methodensicherheit haben neben einer konkreten Zielorientierung der Beratung eine
hohe Bedeutung. Von Bedeutung ist den Beratenden weiter, dass die Inanspruchnahme des
Beratungsprozesses selbst nicht zu Stigmatisierung führt und möglichst weitgehend in die soziale
Welt der Betroffenen integriert ist. Die Verbindung von Antidiskriminierungsberatung mit anderen
sozialen und kulturellen Aktivitäten in Nachbarschaftszentren und Initiativen bietet dabei in der Regel
eine Unterstützung bieten.
Befragt zu den ihrer Erfahrung nach relevanten Kompetenzen für gute Beratung im Handlungsfeld
Wohnen bzw. Diskriminierungserfahrung im Bereich Wohnen bewerteten 80% der Befragten
interkulturelle Kompetenzen als essentielle Kompetenz für gute Beratung, dicht gefolgt von
wertschätzender Kommunikation und Kenntnissen zum Sozialgesetzbuch, Kenntnissen im Mietrecht
sowie Fremdsprachenkenntnisse (64%), siehe untenstehende Abbildung (Mehrfachantworten
möglich). Unter den weniger hoch bewerteten Kompetenzen fällt die Nennung des AAG auf, weiter
wurden in einer offenen Frage benannt, aber weniger hoch bewertet wurden die Notwendigkeit von:
•
•
•
•
Grundkenntnissen zum Ausländerrecht, Familienrecht, Sorge - und Umgangsrecht,
Kenntnissen über das Berliner Hilfesystem z.B. (soziale Wohnhilfe),
Kenntnissen zu lokalen Initiativen und Beratungsangeboten (lokales Wissen) und
die Vernetzung mit Miet-, Wohn- und Sozialrechtsexpert*innen.
67
Abbildung 24: Kompetenzen guter Beratung
KOMPETENZEN GUTER BERATUNG
45
40
35
30
25
41
37
35
42
34
29
20
15
20
10
13
14
5
0
Quelle: UrbanPlus, Online-Befragung, n=53
ELEMENTE GUTER BERATUNG IM WOHNBEREICH
Neben allgemeinen Standards guter Beratung bestimmt die Überschneidung unterschiedlicher
thematischer Schwerpunkte insbesondere aus der Miet(rechts)- und der Antidiskriminierungsbera
tung das Arbeitsfeld der Beratung und Hilfe bei Diskriminierung im Wohnbereich. Zusätzlich ist für
diese Beratung eine Kenntnis der für die Betroffenen unterschiedlichen Lebensumstände erforderlich,
was die soziale Herkunft (nicht nur bei Zugewanderten), die Einbettung in die aktuellen lebensweltli
chen Verhältnisse und Gruppen sowie deren Repräsentanzpraktiken betrifft. Da sich Diskriminierung
in einem komplexen Alltagsumfeld meist weit über das für die Beratung ursächliche Problem
auswirkt, sollte bei jeder Beratung die Vermutung einer Intersektionalität und hybrider Auswirkungen
Berücksichtigung finden.
In den Begriffen der folgenden Grafik in Form einer Word-Cloud, die aus der Fachtagung zum Projekt
generiert wurde, werden einige der eigenständigen Elemente von Beratung in den jeweiligen Feldern
herausgestellt, wobei auch dabei die Überschneidungen deutlich werden. Zentral werden die
Überschneidungsbereiche benannt, die sich als gemeinsame Elemente in beiden Beratungsfeldern
abbilden.
68
Abbildung 25: Elemente guter Beratung in Angelegenheiten von Mietrecht und Diskriminierung
Quelle: UrbanPlus 2016
• Anonymität der Beratung ist insbesondere in Fällen von Diskriminierung zum Schutz der
Diskriminierten und ihres Umfeldes sowie zum Aufbau eines gesicherten Vertrauensverhält
nisses erforderlich. Zugleich kann sie bei der diskursiven oder rechtlich basierten Verfolgung
der Diskriminierung problematisch sein, da Rechtsverfolgung i.d.R. die Identifikation der Be
teiligten verlangt. Informationelle Selbstbestimmung und Datensparsamkeit sollten zum
Schutz der Betroffenen vor Vertiefung der Diskriminierung (Fakt und Erleben) zur Hand
lungsmaxime erklärt werden (avdv 2013). Im Fall einer diskriminierungsanwaltlichen Vertre
tung ist zu prüfen, wie Rechtsverfolgung unter Wahrung der Anonymität gesichert werden
kann. Insbesondere im Fall der Rechtsverfolgung von auf Whistle-Blowing basierenden Fällen
ist sicher zu stellen, dass die Meldenden anonym agieren können (Rohde-Liebenau 2005)
• Transparenz und Realitätsbezug im Beratungsprozess sollen sicherstellen, dass um Beratung
Ansuchende eine auf gesichertem Rechtsbezug und Erfolgs- bzw. Misserfolgsszenarien basie
rende Entscheidung zur Fallverfolgung treffen können. Dabei sollen die Möglichkeiten und
Begrenzungen von Beratung (und Beratungsstellen) berücksichtigt werden (SenAIF 2012).
• Niedrigschwelligkeit der Beratung umfasst sowohl die räumlich wohnortnahe und institutio
nelle Zugänglichkeit der Beratung, als auch die Auswahlmöglichkeit zwischen unterschiedli
chen anbietenden Institutionen (öffentliche und freie Trägerschaft, Initiativen und
Selbst(hilfe)organisationen) und eine angemessene Sprachebene (Interdisziplinarität, Bera
tungskompetenz, einfache Themenvermittlung) zwischen Beratenden und um Beratung An
suchenden (advd 2013).
• Offenheit und horizontaler Ansatz sichern, dass Beratungskontakte die Opferperspektive
spiegeln und auf das Diskriminierungserleben akzeptierend und merkmalsunabhängig einge
hen. Dieser Aspekt ist als Voraussetzung einer gelingenden Verweisberatung besonders zu
69
berücksichtigen, aber auch Voraussetzung für adäquate und akteursüberschreitende Bera
tungs- und daraus abgeleitete Handlungsstrategien (advs 2009).
• Empowerment der Betroffenen hat in der Beratung zum Ziel, neben der Fallaufarbeitung
sicherzustellen, dass die Ratsuchenden Erfahrungen von Selbstbestimmung und Repräsentanz
gegenüber diskriminierenden Akteuren identifizieren und als Basis für Aktionen erfahren
können. Selbstermächtigung und die Einbeziehung in solidarische Aktionen können nach in
nen (für die Betroffenen) wie nach außen (gegenüber dem wohnungsbezogenen Umfeld und
der Öffentlichkeit) helfen, Einflussverhältnisse zu verändern und dadurch Diskriminierungsfäl
le quasi gegen die Verursachenden zu wenden.
STANDARDS DER BERATUNG
Systemische Beratung, d.h. eine Beratung, die bewusst über die Fallbeteiligten hinaus weist,
bezeichnet Beratung von Individuen oder Gruppen unter Berücksichtigung des soziales Systems und
des Gesamtkontextes, in dem der Fall oder die Situation entstand, die zur Ursache der Beratung
wurde. Systemische Beratung geht auf die Beziehungen zwischen Individuum, Gruppe, den
organisatorischen Kontext und die sozio-politischen Rahmenbedingungen ein und macht sie im Sinn
einer Netzwerkanalyse zu Bestandteilen des Beratungsprozesses (Latour 2007). Systemische
Beratung schafft gute Voraussetzungen, komplexe und auf einer Vielzahl von sozialen, politischen,
rechtlichen und ökonomischen Tatsachen beruhende soziale Konstruktionen zu erklären und
handlungsorientiert in kommunikative Beratung zu übersetzen. Für die Antidiskriminierungsberatung
haben sich systemische und netzwerkanalytische Ansätze als angemessen erwiesen, um zu
Lösungsstrategien zu gelangen, die zur Bewältigung der rechtlichen, sozialen und materiellen
Gegebenheiten beitragen können (nbf 2014).
Dabei erscheint es als weniger bedeutend, mit welchem Beratungsansatz im engeren Sinn die
Beziehung zwischen Beratenden und Beratenen angegangen wird, als dass die Vielfalt der
Netzwerkbeziehungen des Falles (und seines Umfeldes) berücksichtigt und die relevanten Akteure
entweder analytisch oder praktisch einbezogen werden. Dies umfasst die direkt Beteiligten
(Diskriminierende und Diskriminierte), das Rechtssystem, das organisatorische Umfeld (soziale
Institutionen, die die Betroffenen möglicherweise bereits begleiten, Wohnungsunternehmen,
Verwaltung, Marktanbietende) sowie den ökonomischen Rahmen (Verfügbarkeit von Wohnraum,
Preisgestaltung usw.).
QUALITÄTSSICHERUNG IN DER BERATUNG
Fallbezogene Antidiskriminierungsberatung ist bereits im Normalfall auf die Kooperation
unterschiedlicher Akteure angewiesen, um Rechts- und Verfahrensfragen mit dem wohnungsbezoge
nen Problem und der persönlichen Situation der Beratung Suchenden zu verknüpfen. Im Fall des in
Kapitel 9 vorgeschlagenen Interventionssystems, das mehrere institutionelle Ebenen umfasst (Land,
Bezirk, Beauftragte, Initiativen und Selbsthilfeorganisationen) sollten zur Sicherung einer kohärenten
Beratungsqualität Verabredungen zwischen den unterschiedlichen Akteuren insbesondere über
Dokumentation und Verfahren sowie Schnittstellen des Austausches angestrebt werden, ohne
jedoch die Autonomie der einzelnen beratenden Institutionen zu gefährden.
Systematische Dokumentation gilt als Voraussetzung für eine rationale Fallverfolgung im Feld.
Insbesondere Rechtsverfolgung und politische Wertedurchsetzung sind auf eine intersubjektiv
nachvollziehbare Falldokumentation angewiesen (advd 2013). Zudem dient sie der internen
Qualitätssicherung und als Wissenspool für die Beratenden.
70
Fortbildung wird angesichts der Komplexität des Themenfeldes und des Anspruchs einer fall- und
personenbezogenen Beratung in einem nicht konfliktfreien politischen Umfeld allgemein als
Voraussetzung guter Beratung und einer für die Betroffenen unterstützenden Fallverfolgung
eingefordert. Unabhängig von den Potentialen der einzelnen Institutionen sollten thematische und
methodische Weiterbildungsangebote auch trägerübergreifend angeboten werden, wobei eine der
Aufgaben der Koordinierungs- und Fachstelle die Konzeption und Organisation unterschiedlicher –
auch eigener – Angebote spielen kann, in der thematischen Verbindung von Antidiskriminierungsbe
ratung, diskriminierungsfreier Vermietungs- und Verwaltungspraxis und Wissenstransfer zu
Unterstützungsangeboten im Bereich Wohnen.
Supervision und Reflexion im Team wird als Voraussetzung angesehen für eine befriedigende und
selbstsichere Arbeit im Feld der wohnungsbezogenen Antidiskriminierungsarbeit. Eine ständige
Selbstversicherung über die Arbeit in kollegialer Unterstützung (z.B. an Balint-Gruppen orientiert)
sollte auf Teamebene, aber darüber hinaus auf Trägerebene und im System der Antidiskriminierungs
arbeit zum Beschäftigungsbild gehören und in Organisation und Arbeitsplatzbeschreibung integriert
sein. Supervision und Reflexion stützen dabei nicht nur die qualifizierte Beratungsarbeit, sondern
auch die ethische Haltung, die als Basis für gute Beratung erforderlich ist.
71
9
Beispielgebende Interventionen gegen Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt
Für die Entwicklung eines Konzepts für eine Koordinations- und Fachstelle gegen Diskriminierung auf
dem Wohnungsmarkt und ein entsprechendes Leitbild wurden neben der Bestandsaufnahme zum
relevanten Beratungsangebot, dem Fachgespräch und den Expert*innen-Gesprächen verschiedene
Praxisbeispiele in anderen Bundes- bzw. europäischen Ländern betrachtet. Als hinsichtlich ihrer
Strukturen und Ziele beispielgebend bewertet wurden die in Kapitel 8 vorgestellte „Österreichische
Gleichbehandlungsanwaltschaft“ und das US-amerikanische „Office of Fair Housing and Equal
Opportunity“ sowie das in NRW vom Planerladen e.V. 2013 vorgeschlagene Konzept einer
„Freiwilligen Selbstverpflichtung
in der Wohnungswirtschaft zu antidiskriminatorischer
Vermietungspraxis“ und die Leitlinien und Verhaltenskodices der Stadt Nürnberg und der
Nürnberger Wohnungs- und Immobilienwirtschaft zur Vermietung und zum Verkauf von Wohn
raum.14
Bei den beiden erstgenannten handelt es sich um Bundesbehörden mit einer entsprechend anderen
rechtlichen Stellung, Reichweite und Ausstattung als die im Folgenden vorgeschlagenen Koordinie
rungs- und Fachstelle sie voraussichtlich haben kann. Dies schließt jedoch nicht aus, sich an den
jeweiligen Beratungsangeboten und Organisationsstrukturen zu orientieren bzw. zu prüfen, wie die
Funktion der Gleichbehandlungsanwaltschaft, die z.B. das ADNB bisher nicht erfüllen kann, in eine
solche Fachstelle eingebunden werden kann.
Das „Office of Fair Housing and Equal Opportunity“ bietet als Bundesbehörde auf nationaler Ebene
und auf der Ebene von Bundesstaaten und Kommunen eine Beratungs- und Motivationsstruktur an,
die auch in Berlin gute Voraussetzungen zur Umsetzung des AGG und eines zukünftigen Landesanti
diskriminierungsgesetzes schaffen würde. Einer tiefergehenden Untersuchung obläge es zu prüfen, ob
die Fallzahlen in Berlin den Grundgedanken von vertragsgebundenen entsprechenden „Untereinrich
tungen“ auf Bezirksebene rechtfertigen würden, deren Kompetenzen weitergehend als die in Kapitel
10 vorgeschlagenen Erst-Anlaufstellen wären.
14
vgl. Darstellung der Leitlinien im Fachgesprächs 2013 des Planerladens e.V., aufgenommen in die Dokumentation:
Planerladen e.V., 2013.
72
USA - OFFICE OF FAIR HOUSING AND EQUAL OPPORTUNITY
Das Office of Fair Housing and Equal Opportunity (FHEO) ist eine Einrichtung der US-amerikanischen
Bundesbehörden und verfolgt die Durchsetzung des Rechtes auf gleichberechtigten Zugang zum
Wohnungsmarkt. Die Agentur ist im United States Department of Housing and Urban Development und
somit in unmittelbarer Nähe zu den relevanten stadtentwicklungs- und wohnpolitischen Entscheidungs
prozessen angesiedelt. Mit einer Zentrale in Washington D.C. sowie über 50 Büros im gesamten
Staatsgebiet und mehr als 600 Mitarbeitenden ist das FHEO eine der größten bundesstaatlichen
Bürgerrechtsbehörden.
Das FHEO handelt im Rahmen des Fair Housing Acts, welcher aus der Bürgerrechtsbewegung
hervorgegangen ist und als vorrangiges Ziel hat, wohnraumbezogene Diskriminierung zu unterbinden.
Dabei werden Maßnahmen forciert, die Schlechterbehandlung von Menschen aufgrund von persönlichen
Merkmalen unterbinden sollen. Dazu gehören neben ethnischer Herkunft, Geschlecht oder Behinderung
auch Nationalität oder Familienstatus. Bei kommunalen Wohnungsprojekten wird zusätzlich Schlechterbe
handlung aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse oder sexueller Orientierung verfolgt. Die Effizienz der
FHEO wird durch weitreichende juristische Befugnisse gewährleistet, sodass Betroffene mit vergleichswei
se geringem Aufwand oft gute Aussichten auf Entschädigungszahlungen haben.
Handlungsformen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
Durchsetzungssystems des Fair Housing Acts, inkl. Beratung von Betroffenen, Aufnahme und
Verfolgung von Fällen und Vollstreckung von Strafzahlungen.
Kostenfreie Fair Housing Hotline zur Beratung von betroffenen Personen sowie Bereitstellung von
Informationsmaterial in bis zu 19 verschiedenen Sprachen.
Dokumentation der Beschwerden und ihrer juristischen Verfolgung.
Schulungsangebote zu fairen Vermietungs- und Vergabepraxen für Akteure der Wohnraumversor
gung.
Öffentlichkeitsarbeit auf allen politischen Ebenen (z.B. jährliche Kampagne zum Fair Housing Month)
Monitoring und Forschung (z.B. mit Testing-Studien) und Beratung der nationalen und lokalen
Wohnungspolitik.
Unterstützung und Finanzierung von Selbstverpflichtungen privater Wohnbauunternehmen zu
antidiskriminatorischer Vermietungs- und Vergabepraxis
Mittelvergabe an zukunftsweisende Projekte der Zivilgesellschaft und NGO´s (z.B. zu Aufklärungsange
boten über bestehende Rechte oder Weiterleitung und Vermittlung auf lokaler Ebene)
Finanzierung von regionalen Behörden, die Landesgesetze durchsetzen, welche äquivalent zum Fair
Housing-Bundesgesetz sind.
Das für NRW vom Planerladen Dortmund aufgrund seiner langjährigen Erfahrung in der Antidiskrimi
nierungsarbeit im Bereich Wohnen und im Rahmen eines Fachtags entwickelte Konzept einer
„Freiwilligen Selbstverpflichtung in der Wohnungswirtschaft zu antidiskriminatorischer Vermie
tungspraxis“ sollte auf einem von der Kommune, Expert*innen aus der Forschung und Beratungs
landschaft und der lokalen Wohnungswirtschaft gemeinsam zu entwickelnden Leitbild aufbauen, für
das das entsprechende Leitbild der Stadt Nürnberg als Vorbild dienen sollte. Mangels Unterstützung
der Kommune in der Umsetzung dieses Ansatzes und für das Einfordern der im Rahmen des Fachtags
zugesagten Aktivitäten bei den beteiligten Akteuren ist es bisher beim Diskussionsstand 2013
geblieben (Interview Q13).
73
Im Kontext der aktuellen wohnungspolitischen Aktivitäten des Landes Berlin und der über die
Erstellung des Gutachtens gewonnenen Zugänge zur Fachverwaltung und Wohnungswirtschaft
werden einem solchen Ansatz - unter Voraussetzung einer Formulierung, die eher in Richtung
„Bekenntnis zum Leitbild .... “ ginge - in Berlin jedoch aktuell höhere Erfolgschancen beigemessen.
Dies nicht zuletzt, weil sich bspw. aus dem Beispiel der „Charta der Vielfalt“ schließen lässt, der sich
die kommunalen Wohnungsunternehmen Berlins 2010 verpflichtet haben, dass Unternehmen zu
entsprechenden Selbstverpflichtungen eher zu motivieren sind, wenn sie ihnen einen Mehrwert für
das Unternehmen beimessen, im Sinne von Qualitätsentwicklung/Unternehmenskultur oder für ihre
Social Corporate Identity.
In einem der Expert*innen-Interviews wurde diese Position unterstützt durch die Aussage:
„Ich glaube nicht, dass die großen Unternehmen, zumindest die großen Privaten, sich der Sache
[diskriminierungsfreie Vermietungspraxis] verschließen können. Alleine, weil sie so einen großen Fokus
haben. Gar nicht weil sie innendrin [...] vielleicht so denken, sondern weil man, wenn man ein großes
Unternehmen ist und in der Gesellschaft bestehen möchte, sich dieser Themen auch annehmen muss. Egal,
ob die Kommunalen oder die privaten Großen – ich glaube, dass da keine großen Unterschiede sind.“
(Interview Q14).
Anzuknüpfen sollte daran sein, dass auch private Wohnungsunternehmen wie z.B. die Vonovia und
die Deutsche Wohnen in unterschiedlichen Größenordnungen inzwischen berlinweit Wohnungen in
das Geschützte Marktsegment einbringen und der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsun
ternehmen (BBU) dieses Engagement unterstützt (Interview Q9).
Die Stadt Nürnberg hat sich unterstützt durch ihr Büro für Menschenrechte – was angesichts der
kritischen Diskussion des Begriffs „Selbstverpflichtung“ zielführend erscheint - den untenstehenden
Leitlinien gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt verpflichtet. Bemerkenswert ist, dass in
der Präambel darauf hingewiesen wird, dass das AGG „nicht tangiert“ werde durch die Leitlinien. Dies
bedeutet, dass das AGG als höhere rechtlicher Rahmen anerkannt wird und zunächst vermutlich nur
Wohnraum Anbietende mit Beständen über 50 WE angesprochen waren. Bemerkenswert ist dennoch
die Liste der Unterzeichnenden: umfasst neben der Kommune sowohl Genossenschaften als auch
private Unternehmen. Unter den Genossenschaften ist auch zumindest ein Projekt, das nur 44 WE hat
(anderswohnen eG Nürnberg). Zu nachvollziehbarem Erfolg und Konsequenzen dieser Selbstver
pflichtung wäre eine im Rahmen dieses Gutachtens nicht leistbare eigene Untersuchung zielführend,
als Grundlage einer entsprechenden Leitbild- bzw. Leitlinienentwicklung im Land Berlin.
74
Abbildung 26: Nürnberger Leitlinien gg. Diskriminierung bei Vermietung/Verkauf von Wohnraum
Quelle: Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg
75
10 Vorschlag für ein Interventionssystem gegen Diskriminierung auf
dem Wohnungsmarkt
Unmittelbare und mittelbare Diskriminierung auf dem Berliner Wohnungsmarkt nehmen zu, auch
wenn dem von der Wohnungswirtschaft anhaltend widersprochen wird und entsprechende
Auffälligkeiten in der Behandlung von Bewerber*innen mit dem Anliegen funktionierender
Hausgemeinschaften oder sozialverträglicher Nachbarschaften gerechtfertigt werden. Der
Wissenstransfer aus der bisherigen Forschung zu Diskriminierung auf dem lokalen Wohnungsmarkt,
aber auch die gesetzlichen Rahmenbedingungen sowie bundesweite oder regionale Integrationspläne
zeigen nachweislich bisher zu wenig Wirkung bei den verschiedenen Akteuren des Wohnungsmarkts.
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt nachzuweisen und zu bekämpfen bedarf, wie aus der
Literatur und auch den im Rahmen dieses Gutachtens durchgeführten Erhebungen geschlussfolgert
werden kann, daher eines komplexen Interventionssystems und der Entwicklung einer stadtweiten
Kultur antidiskriminatorischer Vermietungs- und Verwaltungspraxis im Wohnungswesen.
Erschwerend steht einem solchen Projekt allerdings gegenüber, dass viele der Betroffenen die
Erfahrung von Diskriminierung nur begrenzt zur Beschwerde bringen, weil damit ihr unmittelbarer
Zugang zu Wohnraum nicht wahrscheinlicher wird.
Unter einem Interventionssystem verstehen die Autor*innen des Gutachtens eine durch die verant
wortlichen Senatsverwaltungen zu initiierende/steuernde, aber möglichst nahe an den Betroffenen
auf Bezirksebene umzusetzende Struktur, im Rahmen derer Diskriminierung beim Zugang zu oder der
Nutzung von Wohnraum
• niedrigeschwellig dokumentiert werden kann und
• durch im Einverständnis mit wohnungswirtschaftlichen Akteuren entwickelte Verfahren
kontrolliert und verhindert werden kann.
• Wo nötig und möglich, unterstützt sie die Verfolgung von Diskriminierung durch juristische
Verfahren.
Weiter ist es Ziel eines Interventionssystems gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt, durch
•
•
•
•
10.1
Koordination von Beratungsangeboten,
Kooperation und Selbstverpflichtung relevanter Akteure und
Kompetenzbildung zu antidiskriminatorischer Vermietungs- und Verwaltungspraxis
Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt maßgeblich zu reduzieren.
STRUKTUR UND VERANTWORTLICHKEITEN IN DER UMSETZUNG DES INTERVENTIONSSYSTEMS
Um die beschriebenen Aufgaben und Ziele erreichen zu können, scheint es auf der Grundlage der
Ergebnisse der Bestandsaufnahme, des Fachtags und der Expert*innen-Interviews zielführend, ein aus
folgenden Bausteinen zusammengesetztes Interventionssystem zu etablieren bzw. aus bestehenden
Strukturen weiter zu entwickeln:
• Eine Koordinations- und Fachstelle als zentrale Steuerungsebene, verbunden mit einem
• dezentralen Netzwerk von bezirklichen Erst-Anlaufstellen, die
• kooperieren mit den existierenden Beratungsstellen (fachspezifisch/ nicht-fachspezifisch,
institutionalisiert/selbstorganisiert).
76
• Ein Informations-, Beschwerde und Dokumentationssystem, das allen anderen in das
Interventionssystem eingebunden Akteuren zugänglich ist.
Das erforderliche Interventionssystem kann nur als institutionell und zivilgesellschaftlich kooperatives
Projekt organisiert werden, wenn verfügbare Berliner Ressourcen genutzt werden sollen.
Die Gliederung der Handlungsempfehlungen für das Interventionssystem folgt im Weiteren der hier
gesetzten Reihenfolge der Bausteine des Interventionssystems. Die untenstehende Abbildung gibt
einen Überblick zur vorgeschlagenen Gesamtstruktur.
Bezirkliche Lenkungsrunden
AD-Beratung
Unabhängige
Fach-/Interventionsstelle
Anwaltliche
12 Erst-Anlaufstellen Bezirke
vielfältige (Antidiskriminie
rungs-)Beratungsangebote
Basiswissen AD
Gemeinsames Informations-,
Dokumentations-/Beschwerdesystem
Abbildung 27: Vorschlag zur Struktur eines Interventionssystems gegen Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt
Quelle: UrbanPlus 2016
Grundsätzlich ist der Aufbau des Interventionssystems ressourcenorientiert umzusetzen. Im Detail
bedeutet dies, die insgesamt erfolgreiche bisherige Beratungs- und Interventionspraxis mit ihren
Akteuren wertschätzend aufzunehmen und weiter zu entwickeln und darüber hinaus öffentliche
Mittel für die Beratung zugleich sparsam und an den Zielen der Beratung orientiert zu verorten.
Insbesondere die Positionierung der aktuell Antidiskriminierungsberatung anbietenden Akteure im
vorgeschlagenen Interventionssystem bedarf eines eigenen Abstimmungsprozesses, um Erfahrungen
aufzunehmen und Innovationen umzusetzen, wo dies aufgrund der Untersuchungsergebnisse sinnvoll
erscheint.
77
FEDERFÜHRUNG UND KOOPERATION IN DER VERWALTUNG
Vor dem Hintergrund der Verortung der LADS bei der Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz
und Antidiskriminierung und der notwendigen juristischen Kompetenz werden die Senatsverwaltung
für Justiz und die LADS als federführend in der Initiierung des Interventionssystems und als
verantwortlich für die Fachaufsicht und die Einrichtung der koordinieren Fach- bzw. Interventions
stelle gesehen.
Auf Senatsebene wird es als sinnvoll angesehen, dass die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucher
schutz und Antidiskriminierung/die LADS die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen,
speziell mit ihrer „Wohnraumversorgung Berlin Anstalt des öffentlichen Rechts“, das Landesamt für
Flüchtlingsangelegenheiten und die Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales als
verbindliche Kooperationspartnerinnen in eine Steuerungsgruppe einbinden.
Darüber hinaus empfiehlt es sich, die Koordinierungs- und Fachstelle in Abstimmung mit der LADS als
Ansprechpartnerin für das Parlament festzulegen für Fälle, in denen dieses die Untersuchung von
Fehlverhalten relevanter Akteure für nötig hält.
KOORDINATONSAUFGABEN AUF VERWALTUNGSEBENE
Eine zentrale Aufgabe der Koordinierungs- und Beratungsstelle liegt in einer systematischen
Vernetzung und Weiterentwicklung von Kooperationen zwischen den für das Handlungsfeld
relevanten Akteuren. Damit fallen ihr auf Verwaltungsebene als Koordinationsaufgaben zu
• die Vorbereitung und Steuerung der beschriebenen Kooperationen auf Senatsebene,
• die Koordination jährlicher Lenkungsrunden in den Bezirken und
• die Koordination von Weiterbildungsangeboten für in den kooperierenden Fachverwaltungen
Tätige.
Ziel der Steuerungsrunden auf Senatsebene ist es, die Rahmenbedingungen des Interventionssys
tems abzustimmen, Verantwortlichkeiten für einzelne Handlungsbereiche des Interventionssystems
und verbindlichen Ansprechpartner*innen sowie Entscheidungskompetenzen festzulegen. Darüber
hinaus trägt sie Verantwortung für die notwendige Kommunikation und Abstimmung der Arbeit der
Fachverwaltungen auf Senats- und Bezirksebene.
Ziel der bezirklichen Lenkungsrunden, die von der Koordinierungs- und Fachstelle und den ErstAnlaufstellen konzipiert und moderiert werden, ist die kollegiale Abklärung des lokalen Auftretens
von Diskriminierung in Wohnungsfragen, die strategische Ausrichtung der Beratung und die
Vertiefung der Kooperation im Bezirk, sowie das Aufzeigen von überbezirklichen Kooperationsbe
darfen, z.B. mit der Koordinations- und Fachstelle oder Interessenvertretungen häufig von
Diskriminierung am Wohnungsmarkt betroffener Bevölkerungsgruppen.
Auf der Basis der durchgeführten Erhebungen scheint es zielführend, folgende Akteure in diese
Lenkungsrunden einzubinden:
• die relevanten bezirklichen Fachverwaltungen (Wohnungsämter mit ihren auf der Basis der
Koalitionsvereinbarungen 2016 neu etablierten Mieterberatungen, Jugend- und Sozialamt,
Beauftragte für Menschen mit Behinderungen, Gleichstellung und Integration),
• die Bezirksstellen für das Geschützte Marktsegment,
78
• die lokale Wohnungswirtschaft, insbesondere die kommunalen Wohnungsunternehmen,
möglichst auch private Wohnungsgesellschaften und -anbieter*innen,
• die bezirkliche Seniorenvertretung,
• ggfs. Quartiersmanagements und
• institutionalisiert oder selbstorganisiert Beratung zum Zugang zu Wohnraum / andere
(Psycho-)Sozialberatung anbietende Akteure.
Über eine jährliche Sitzung, die der Einschätzung der aktuellen Problemlage, dem Erfahrungsaus
tausch und der Strategieentwicklung dienen kann, wären darüber hinaus aus Ressourcengründen
weitere Sitzungen nur auf Anfrage einzelner Akteure und ggfs. auch in kleinerem/spezifischem Kreis
empfehlenswert.
10.2
STRUKTUR UND AUFGABEN EINER KOORDINIERUNGS- UND FACHSTELLE GEGEN DISKRIMI
NIERUNG AUF DEM WOHNUNGSMARKT
Die Koordinierungs- und Fachstelle ist unter der Fachaufsicht der LADS als Kern des Interventionssys
tems gegen Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt zu verstehen. Sie ist personell und mit
Kompetenzen ausgestattet, die neben ihren Informations-, Vernetzungs- und Koordinierungsaufga
ben eine anwaltliche Vertretung Betroffener erlaubt, deren Diskriminierung dokumentiert ist. Sie
berücksichtigt in den im Folgenden formulierten Aufgaben den Unterscheid zwischen individueller
und struktureller Diskriminierung und macht diesen sichtbar. Das folgende Schaubild zeigt einen
Vorschlag für die Struktur und Aufgaben der Koordinierungs- und Fachstelle gegen Diskriminierung
auf dem Wohnungsmarkt:
79
Abbildung 28: Vorschlag zur Struktur der Koordinierungs- und Fachstelle
Unabhängige Fach-/Interventionsstelle
Leitbild „Zugang zu Wohnraum in Berlin
diskriminierungsfrei gestalten“
Koordination/Vernetzung
Kooperationspartner*innen
Qualifizierung
Beirat
Clearing
Informations-, Dokumentations
und Beschwerdesystem
Pilotprojekt Gender Budgeting?
Bezirkliche Lenkungsrunde
12 Erst-Anlaufstellen Bezirke
Lokale (Antidiskriminieruns-)Beratungen
Quelle: UrbanPlus
KOORDINATION UND VERNETZUNG
Die Koordinierungs- und Fachstelle übernimmt der vorgeschlagenen Struktur zufolge
• die Koordination und Federführung in der Leitbildentwicklung,
• die Berufung und Koordination des Fach-Beirats,
• die Vernetzung der relevanten institutionalisierten und selbstorganisierten Beratungsange
bote,
• die Koordination der bezirklichen Erst-Anlaufstellen und ihrer jährlichen Lenkungsrunden,
• die Koordination und Durchführung eines Clearings hinsichtlich der Behandlung angezeigter
Beschwerden wegen Diskriminierung am Wohnungsmarkt,
• die abschließende Konzeption, Koordination und Pflege des Informations-, Beschwerde- und
Dokumentationssystems,
80
• die Entwicklung und Koordination von fachspezifischen Qualifizierungsangeboten für die
bezirklichen und andere Erst-Anlaufstellen, Beratung anbietende Akteure, die Verwaltung
und die Wohnungswirtschaft.
• Darüber hinaus initiiert und begleitet sie ggfs. Kontrollverfahren zu Diskriminierung am
Wohnungsmarkt.
Handlungsleitend für diese Aufgaben ist ein ressourcenorientiertes Anknüpfen an bewährte Ver
fahren und Netzwerke sowie die Sicherung der in Kapitel 7 beschriebenen Beratungsstandards.
LEITBILD
Die fachliche Diskussion zur Erstellung des Gutachtens wie auch die Praxis andernorts verdeutlichen,
dass für eine konstruktive Zusammenarbeit der relevanten Akteure in einem Handlungsfeld, in dem
• einerseits die Wahrnehmung, Erfahrung und Dialogbereitschaft zu Diskriminierung am
Wohnungsmarkt teilweise noch weit auseinanderliegt,
• andererseits ein Empowerment der Betroffenen und
• ein Perspektivwechsel vieler wohnungswirtschaftlicher Akteure
essentiell ist für den Erfolg des Interventionssystems, dialog- und konsensorientierte Verfahren
erfolgversprechender sind als der ausschließliche Verweis auf die Gesetzeslage.
Um ein solches Verfahren dialogorientiert und gleichzeitig verbindlich gestalten zu können, sowohl im
Sinne der Anbindung an bundes- und ggfs. landesgesetzliche Vorgaben als auch im Sinne einer
Selbstverpflichtung der relevanten Akteure, erarbeitet die Koordinierungs- und Fachstelle einen
Vorentwurf für dieses Leitbild, der auf diesem Gutachten, dem Erfahrungswissen der LADS und den
Zielsetzungen der Koalitionsvereinbarungen beruht. Er adressiert das Interventionssystem und die
Rollen der relevanten Akteure / Kooperationspartner*innen darin, die Vermietungspraxis und die
Bezüge, zwischen Wohnungspolitik, Wohnungs- und Städtebauförderung des Landes Berlin und
antidiskriminatorischer Vermietungspraxis.
Der Entwurf enthält darüber hinaus Vorschläge für die von den in die Erarbeitung des Gutachtens
beteiligten Expert*innen eingeforderte Arbeitsdefinition von „Diskriminierung am Wohnungsmarkt“
sowie zur wertschätzenden Kommunikation zwischen den Kooperationspartner*innen.
BEIRAT
Um die Legitimation und fachliche Konzeption der Koordinierungs- und Fachstelle beteiligungsorien
tiert abzusichern und langfristig mit einer breiten Expertise zu begleiten, wird zunächst ein breit
aufgestellter Gründungsbeirat und langfristig ein die Praxis begleitender Fachbeirat vorgeschlagen.
Im Gründungsjahr werden zwei Sitzungen erforderlich sein, in der Folge sollte ein in der Personenzahl
reduzierteres Gremium entscheiden, ob mehr als jährliche Sitzungen erforderlich sind und ob die
Beiratssitzungen jeweils an themenspezifische Fachtage angebunden werden.
Aufgabe des Gründungsbeirats ist es, die vorgeschlagene Struktur des Interventionssystems und den
Vorschlag für das Konzept der Koordinierungs- und Fachstelle zu prüfen, v.a. auf Anschlussfähigkeit
an bestehende Strukturen. Weiter ist seine Aufgabe eine konsensuale Abstimmung zu den
notwendigen Kooperationspartner*innen für die Koordinations- und Fachstelle.
81
Mögliche Mitglieder für den Gründungsbeirat, dessen Zusammensetzung durch die LADS und
Vertreter*innen der für die Kooperation vorgeschlagenen Senatsverwaltungen festgelegt werden
sollte, sind in der untenstehenden Grafik genannt.
Abbildung 29: Empfehlung Gründungsbeirat
Vorschläge Mitglieder Gründungs-Beirat
• Kooperationspartner*innen der Koordinierungs•
Koordinierungs- und Fachstelle
(insbesondere Wohnraumversorgung Berlin AöR, ZeKo Geschütztes Marktsegment)
•• ADS, ADNB, Amaro Foro, ADB Potsdam
•• Landesamt für Geflüchtete
•• Migrationsrat Berlin
Berlin--Brandenburg
•• Flüchtlingsrat
•• Initiativen ehrenamtlicher Beratung/Unterstützung Geflüchtete/von Gewaltopfern
•• Interessenvertreter*innen
o
o Alleinerziehende
o
o Obdachlose Frauen/Männer
o
o Senior*innen
o
o LSBTQI
LSBTQI--Personen
o
o Menschen mit psychischen Erkrankungen oder Behinderungen
•• Landesfrauenbeirat
•• Vertreter*in Berlin im Europäischen Städtenetzwerk gegen Rassismus (UNSECO)
•• Mietervereine
•• VZB
•• IBB Wohnungsmarktbeobachtung Land Berlin
•• BBU / Landesverband freier Wohnungsunternehmen / Haus und Grund
•• Verteter*innen relevanter Forschungsinstitutionen, zB DIM
•• Republikanischer Anwaltsverein
•• Vertreter*innen der Beauftragten der Bezirke
•• Vertreter*in der Geschäftsstelle Gleichstellung
Quelle: UrbanPlus
CLEARING / ANWALTLICHE BERATUNG
Das Clearingangebot dazu, ob ein angezeigter Fall als Diskriminierung verfolgbar ist, ob es sich um
individuelle oder strukturelle Diskriminierung handelt und welche Schritte für die Betroffenen im
spezifischen Fall sinnvoll sind bzw. an wen ggfs. zur weiteren Beratung verwiesen werden sollte,
richtet sich in erster Linie an Betroffene und Beratende, die Unterstützung suchen im Beratungspro
zess. Es sollte aber auch im Sinne der vorgeschlagenen Kooperationsstrukturen für der Diskriminie
rung bezichtigte/verdächtigte Akteure als Anlaufstelle offenstehen.
Für die Ebene einer anwaltlichen Beratung kann die Koordinierungs- und Fachstelle zunächst wie der
ADNB Begleitung anbieten, wo nötig unterstützt durch fachlich spezialisierte Dolmetscher*innen. Auf
der Basis der Anbindung an die Senatsverwaltung für Justiz, Verbraucherschutz und Antidiskriminie
rung wird über dieses bereits bewährte Angebot vorgeschlagen zu prüfen,
82
• ob in einem Stufenmodell im ersten Schritt die Fachstelle entsprechend einem leistbaren
Anforderungsprofil und durch Vergabe an einen externen Träger etabliert werden könnte
• und in einem zweiten Schritt die Anbindung einer (fachspezifischen) Rechtsvertretung im
Sinne der Österreichischen Gleichbehandlungsanwaltschaft an die Koordinierungs- und Fach
stelle möglich wäre.
QUALIFIZIERUNG / FORTBILDUNG
Der Bereich Qualifizierung/Weiterbildung deckt zwei Bereich ab: zum einen Fortbildungen bzw.
Sensibilisierungsarbeit sowohl für Akteure der Beratung als auch Akteure der Wohnungswirtschaft
bzw. mit Wohnen befassten Verwaltungen, zum anderen die Prüfung und Weiterentwicklung von
Konzepten/ Hilfsmitteln/ Arbeitshilfen für potentiell von Diskriminierung am Wohnungsmarkt
bedrohte Menschen (Wohnführererschein, Wohnleitfäden etc.). Ferner sollte der Prozess der
Interkulturellen Öffnung im Kontext Wohnungswirtschaft vorangetrieben werden.
Die LADS bietet mit ihrer Akademie bereits ein breites Spektrum an Weiterbildungen im Bereich
Antidiskriminierung und zum AGG an, in denen bspw. die Auseinandersetzung mit den vier Ebenen
von Diskriminierung nach dem Ansatz von „Eine Welt der Vielfalt“ , das Erlernen des Perspektivwech
sels, wertschätzende Kommunikation, die Auseinandersetzung mit „Rassismus“ und dem persönli
chem Umgang mit „Anderssein“, die Auseinandersetzung mit Diskriminierung aufgrund verschiedener
Merkmale usw. abgedeckt werden könnten.
Abbildung 30: 4 Ebenen von Diskriminierung am Beispiel Diskriminierung beim Zugang zu Wohnraum
Quelle: Dzajic-Weber
Hier fehlt jedoch eine fachspezifische Ausrichtung zum Thema Diskriminierung/Antidiskriminierung
für die Wohnungswirtschaft und mit Wohnen befasste Fachverwaltungen bzw. zum Thema
Wohnungsmarkt/Wohnhilfen /Mietrecht usw. für bei Betroffenheit von Diskriminierung beratende
Akteure. Der damit auf beiden Seiten fehlende explizite Anwendungsbezug reduziert die Motivation,
an einer solchen Fortbildung teilzunehmen, bzw. von der Führungsebene aus die Teilnahme von
Mitarbeiter*innen verbindlich zu machen.
Die Weiterbildungsakademien der Dachverbände der Wohnungsunternehmen bieten nach Aussage
einiger Wohnungsunternehmen und des BBU Weiterbildungen zum AGG an, teilweise als OnlineSchulung. Vor dem Hintergrund des Fachtags und der Expert*innen-Interviews wird jedoch
empfohlen, dass die Koordinierungs- und Fachstelle ein eigenes Fortbildungsprogramm entwickelt, in
83
das ggfs. Kursangebote der LADS-Akademie eingefügt werden können. Das Programm kann, um
einen geschützten Lern-Raum zu ermöglichen, auch „inhouse“ bei Unternehmen angeboten werden
oder als Gastveranstaltung bei Fachverbänden, in Akademien der wohnungswirtschaftlichen
Dachverbände oder auch in der Verwaltungsakademie des Landes Berlin.
Für die im Rahmen des Gutachtens adressierten Akteure, die noch bzw. aufgrund ihres eigenen
fachlichen Schwerpunkts zunächst keine spezifische Antidiskriminierungs-Beratung anbieten, wird
ein Basisqualifizierung empfohlen, die sie dazu befähigt, Diskriminierungsfälle zu erkennen und
Betroffene effektiv weiterzuvermitteln. Diese Qualifizierung erfolgt im besten Falle über ein
Kursangebot, sollte aber unterstützt werden durch eine Arbeitshilfe mit Empfehlungen für
Verweisberatung.
Die inhaltliche und methodische Ausrichtung des Fortbildungsprogramms ist nicht Auftrag des
Gutachtens, hingewiesen wird jedoch darauf, dass das Konzept den Standards der Beratung im
Antidiskriminierungs- und Mietenbereich folgen sollte.
INFORMATIONS-, DOKUMENTATIONS- UND BESCHWERDESYSTEM
Die Koordinierungs- und Fachstelle hat einen Informations- und Dokumentationsauftrag sowie die
Aufgabe, ein niedrigschwelliges Beschwerdesystem aufbauend auf bestehenden Strukturen weiter zu
entwickeln. Der Vorschlag für ein Dokumentations- und Beschwerdesystem wird im Abschnitt 10.4
ausführlich erläutert. Der Informationsauftrag umfasst folgende Bereiche:
• Auftakt- und zugleich fortlaufende Aufgabe ist das Bekanntmachen der Rolle und Aufgaben
der Koordinierungs- und Fachstelle sowie der Erst-Anlaufstellen in den Bezirken. Dazu gehört
auch eine weitreichende Kommunikation des gemeinsamen Beratungsangebots (vgl. die Stra
tegie der Mieterberatungen, in Immobilienanzeigen zu inserieren; adressieren von Anlaufstel
len für Betroffene, Social Media, Mieteninitiativen, Migrant*innen_Organisationen etc.).
• Die Bereitstellung/Kommunikation fachlicher Informationen für alle Beratungsstellen und
relevanten Verwaltungen sowie potentiell und nachweislich Betroffene (gesetzliche Regelun
gen und Präzedenzfälle, Fachveranstaltungen, Transfer gute Praxis / Unterstützungsprojek
te,...).
• Die Unterstützung der Netzwerkstrukturen in der Beratungslandschaft durch einen Newslet
ter und eine Internetseite (mehrsprachig/einfache bzw. leichte Sprache), die auch Aktivitäten
der relevanten Beratungslandschaft kommunizieren.
• Die Kommunikation zur Dokumentation von Personengruppen, die regelmäßig am Woh
nungsmarkt scheitern.
• Die Analyse von und Kommunikation zu volkswirtschaftlichen Kosten der Diskriminierung auf
dem Wohnungsmarkt, um Argumente für die Entwicklung von antidiskriminierenden Leitli
nien im Wohnbereich auch ökonomisch und politisch zu fundieren.
AUSSTATTUNG UND RAUMSTRUKTUREN
Hinsichtlich der Ausstattung der Koordinations- und Fachstelle bietet es sich an, sich an Strukturen zu
orientieren, über die das Land Berlin in anderen Senatsverwaltungen bereits verfügt. Es handelt sich
dabei um an externe Träger vergebene Fachstellen, die unabhängig, aber unter der Fachaufsicht und
zur Unterstützung der fachpolitischen Zielsetzungen, in den jeweiligen Handlungsfeldern tätig sind:
die Netzwerkagentur GenerationenWohnen, die Fachstelle Gesundheit und die Fachstelle
Suchtprävention.
84
Von den genannten Fachstellen kann hier im Sinne ihrer Dimension und Aufgaben die mit
• zweieinhalb Personalstellen,
• Sachmitteln für Fachveranstaltungen, (Honorare, Reisekosten, Catering), Öffentlichkeitsarbeit
(Flyer, newsletter), kleinere Publikationen und Kommunikation für Vernetzungsaktivitäten,
• Miet- und Nebenkosten
ausgestattete Netzwerkagentur GenerationenWohnen am ehesten zur Orientierung dienen. Hin
sichtlich der Ausstattung auf Personalebene wäre hier jedoch zu prüfen, ob mehrsprachige
Informationen über den Zugang zu den unterschiedlichen Berliner Wohnungsmärkten nach Linzer
Vorbild entwickelt und ständig aktuell bereitgehalten werden sollten (ggf. auch auf einer Webseite)
und in der koordinierungs- und Fachstelle ergänzend Honorarmittel für Sprachmittler*innen zur
Verfügung stehen sollten. Zur Qualitätssicherung wird empfohlen, Gender-Kriterien die Förderverträ
ge explizit und zu evaluierend in den Bereichen Personal, Budgeteinsatz, Konzeption und Raum
aufzunehmen.
Bei der Besetzung der Personalstellen wird vorgeschlagen, mindestens eine Person mit juristischer
Kompetenz einzubeziehen und die anderen Positionen mit Personen aus anderen fachlich relevanten
Bereichen zu wählen sowie insgesamt bei der Personalauswahl eine Gender-Balance und die Diversi
tät der Betroffenen zu berücksichtigen. Als beispielgebend für die Personalstruktur können das ADNB
Berlin sowie die Antidiskriminierungsberatung Brandenburg / Opferperspektive e.V. genannt werden
(Interdisziplinarität, Mehrsprachigkeit, Migrationserfahrung). Hinsichtlich der fachlichen Bereiche
wird jedoch vorgeschlagen, darüber hinaus in das Team in jedem Falle auch Kompetenz im Bereich
Wohnen/Wohnformen/Wohnungspolitik/Wohnungswirtschaft/Empowerment beim Zugang zu/der
Nutzung von Wohnraum/Grundlagen des Mietrechts einzubinden oder dies über einen Rahmenver
trag mit einem geeigneten Büro zu sichern.
Die Raumstrukturen der Koordinations- und Fachstelle sind so zu wählen, dass sie
• zentral im Stadtraum Berlins, gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln, barrierefrei und sicher
erreichbar sind,
• auch innerhalb ihrer eigenen Räumen barrierefrei nutzbar sind und
• Kinderbetreuung und Schutzraum sowie
• Willkommenskultur für alle sie aufsuchenden Menschen ermöglichen.
PILOTPROJEKT GENDER BUDGETING
In der fachlichen Diskussion um die Umsetzung des AGG im Handlungsfeld/Anwendungsbereich
Wohnen wurde verschiedentlich die Frage nach einem geeigneten Mainstreaming-Prozess gestellt.
Ein wesentlicher Baustein der Gender Mainstreaming Strategie des Landes Berlin ist das Gender
Budgeting. Sowohl Hinsichtlich der von Diskriminierung auf dem Wohnungsmarkt bedrohten
Bevölkerungsgruppen als auch der für sie zur Verfügung gestellten Beratungsangebote erscheint für
das Interventionssystem insgesamt und das Konzept der Koordinations- und Fachstelle eine Gender
und Diversity-Analyse zwingend notwendig, quantitativ und qualitativ. Vor dem Hintergrund, dass
die Koalitionsvereinbarungen u.a. auf eine stärkere Operationalisierung des Gender Budgeting im
Berliner Landeshaushalt zielen und dafür Pilotprojekte erfahrungsgemäß hilfreich sind, wird
vorgeschlagen,
85
• ein entsprechendes Gender Budgeting Haushaltsprodukt der Senatsverwaltung für Justiz,
Verbraucherschutz und Antidiskriminierung und
• für eine spezifische Aufgabe der Koordinations- und Fachstelle frühzeitig ein Projekt für den
Gender-Budgeting-Preis des Landes Berlin zu entwickeln.
10.3
STRUKTUR UND AUFGABEN DER BEZIRKLICHEN ERST-ANLAUFSTELLEN
Die Aufgabe bezirklicher Erst-Anlaufstellen ist es, ein Clearing zu leisten, ob es sich bei einem bei
ihnen oder einer anderen Beratungsstellen angezeigten Fall mit hoher Wahrscheinlichkeit um
Diskriminierung handelt, und zu entscheiden, wo die/der Betroffene spezifische Beratung erhalten
kann, im Bezirk oder auf Landesebene. Betroffene können sich in der hier vorgeschlagenen Struktur
sowohl direkt an die entsprechend zu kommunizierende Erst-Anlaufstelle wenden als auch über
andere Beratungsstellen im Bezirk an diese verwiesen werden.
Bezüglich solcher Erstanlaufstellen gab es in den Erhebungen zu diesem Gutachten unterschiedliche
Positionen
• zur niedrigschwelligen Anbindung/Verortung (Wohnungsamt, spezifische soziale Beratung
anbietende Akteure, Mieterberatungen) und
• zur notwendigen Dichte dieses Angebots (Nachbarschaft, LOR, Bezirk).
Angesichts der schwer einschätzbaren Fallzahlen scheint weder das vielfach von den Beratung
anbietenden Akteuren eingeforderte Angebot auf Quartiersebene realistisch, noch ein berlinweites
Angebot auf der fachlich naheliegenden Ebene der LOR oder Bezirksregionen. Auch der Anspruch
einer homogenen Verortung dieser Anlaufstellen, die ggfs. dann in Nachbarschafts- oder Stadtteilzen
tren sinnvoll wäre, scheint unrealistisch.
Es wird daher empfohlen, in den bezirklichen Lenkungsrunden zu identifizieren:
• Welches mit öffentlichem Verkehr leicht erreichbare, barrierefreie Stadtteil- oder Nachbar
schaftszentrum im Bezirk sich eignen würde, diese Aufgabe (ggfs. unterstützt durch eine von
der Fachstelle anzubietendene Weiterbildung) in seinen Sozialberatungsbereich aufzuneh
men?
• Wird im Bezirk bereits explizit Antidiskriminierungsberatung angeboten, die einen themati
schen Schwerpunkt Wohnen aufnehmen und ggfs. über die spezifische Zielgruppe hinaus als
die Aufgabe einer Erst-Anlaufstelle übernehmen könnte?
• Davon ausgehend, dass die in der Koalitionsvereinbarung vorgesehenen neuen bezirklichen
Mieterberatungen nicht einheitlich in den Wohnungsämtern angebunden werden: könnte
diese Mieterberatung sich auch der Aufgabe der Erst-Anlaufstelle annehmen und damit un
abhängig von einer Mitgliedschaft in einem Mieterverein und kostenlos für die Beratung Su
chenden?
Eine Anbindung an eine bezirkliche Fachverwaltung (Wohnungsamt, Geschütztes Marktsegment,
Mieterberatung des Wohnungsamts) wäre sorgfältig zu prüfen mit dem Ziel, die erforderliche
Niedrigschwelligkeit, die Autonomie und Parteilichkeit der Beratung nicht zu gefährden, als Standards
der Antidiskriminierungsberatung gelten (Antidiskriminierungsverband Deutschland, 2010/2016.)
86
10.4
DISKRIMINIERUNG SICHTBAR MACHEN: VORSCHLAG FÜR EIN NIEDRIGSCHWELLIGES
BESCHWERDESYSTEM UND KONTROLLINSTRUMENTEN
Berlin verfügt in der allgemeinen und spezifischen Antidiskriminierungsarbeit bereits über verschie
dene Anlaufstellen, die zum Teil von der LADS unterstützt werden. Mit ihrem Erfahrungswissen
stellen sie die Basis dar für ein gut aufgestelltes und effektives Beschwerde- und Hilfesystem, sowohl
institutionalisiert als auch selbstorganisiert/ehrenamtlich organisiert. Gleichzeitig verdeutlichte die
Erhebung, dass die bisher existierenden Strukturen das aktuelle Ausmaß an Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt nur begrenzt und nicht systematisch dokumentieren können. Der einzelne Fall bleibt
in der Regel eher Angehörigen, Communities und Beratungs- oder Begleitpersonen zugänglich als
dass er in ein übergreifendes Dokumentationssystem einginge, auf das andere Beratende
zurückgreifen könnten.
Vor diesem Hintergrund sollten die Koordinations- und Fachstelle, die Erst-Anlaufstellen und
qualifizierte Stellen für Antidiskriminierungsberatung „mandatiert sein, Beschwerden, die von (a)
Betroffenen vorgelegt werden, zu prüfen und zu bearbeiten. Bei allgemeinem Interesse sollte die Stelle
gleichermaßen nach eigenem Ermessen die Möglichkeit haben (b) Untersuchungen selbst einzuleiten,
auch wenn keine direkten Betroffenen vorhanden sind oder eine Beschwerde eingereicht haben. Wenn
Betroffene vorhanden sind, sollte deren Zustimmung jedoch eingeholt werden.“ (vgl. Konzept für
unabhängige Polizeibeschwerdestellen, BUG, 2016).
BESCHWERDESYSTEM
Als Instrumente zur Aufnahme von Beschwerden werden folgende Dokumentationsmöglichkeiten
der Betroffenheit bzw. der Wahrnehmung von Betroffenheit durch Dritte empfohlen:
• eine mindestens deutsch- und englischsprachige Hotline,
• ein mehrsprachiges Online-Tool in einfacher Sprache 15 (APP),
• online/analog zu nutzende Fragebögen in einfacher Sprache (basierend auf dem existieren
den 5-W_Fragen-Konzept der LADS und geeignet zum Aufnehmen von Mehrfachdiskriminie
rung), sowie
• eine rechtssichere Möglichkeit des Whistleblowings.
Weiter wird, da diese Instrumente der Koordinations- und Fachstelle, den bezirklichen ErstAnlaufstellen und den Antidiskriminierungs- und andere Beratung Anbietenden gleichermaßen zur
Verfügung stehen sollen, eine ressourcenorientierte Prüfung empfohlen, inwieweit die einzelnen
Instrumente auf existierenden/bewährten Angeboten (z.B. ADNB) aufbauen können. Weiter sollte in
die Entwicklung/Prüfung der Oberflächen dieser Instrumente professionelle User-Experience (UX)
und die der potentiellen Nutzer*innen einbezogen werden. Dabei ist für eine datenschutzrechtliche
Absicherung der Dokumentationsstruktur Sorge zu tragen.
KONTROLLE / TESTINGVERFAHREN
Das Beschwerde- und Dokumentationssystem erfüllt bereits eine Kontrollfunktion zu Vermietungs
und Verwaltungsprozessen von Wohnraum sowie zur Bedarfsgerechtigkeit und Weiterqualifizierung
des Beratungsangebots und der Netzwerkstrukturen. Es leistet einen Beitrag
15
Der Bedarf, die vorgeschlagenen Dokumentationsmöglichkeiten in „leichter Sprache“ anzubieten, müsste mit
Expert*innen abgestimmt werden.
87
• zur Schaffung von Grundlagen für Clearing und Fallverfolgung (Erst- und Verweisberatung,
Akteurs- bzw. Betroffenengruppen spezifische Fälle, mittelbare/unmittelbare Diskriminie
rung) und
• zu einer Evaluation der Beschwerdevorgänge (Fallspezifik, Verfahren, Erfolge, Bericht an alle
betroffenen Parteien) .
• Darüber hinaus trägt es bei zur Reflektion von Methodensicherheit und zu einem Wissens
transfer innerhalb der Beratungslandschaft.
Erforderlich ist eine systematische Dokumentation der Personengruppen, die längerfristig bei
Wohnungsvermietungen scheitern (z.B. anhand der Analyse registrierter Wohnungssuchender bei
den Wohnungsämtern). Dies bietet eine Grundlage dafür, ggf. für solche Zielgruppen Modellvorhaben
kontingentierter Wohnungsvermittlung zu entwickeln, mit Genossenschaften, städtischen Wohnungs
unternehmen, Baugemeinschaften und Stiftungen. Beispiele dafür finden sich bereits z.T. erfolgreich
im Bereich der Obdachlosigkeit, z.B. in einem Projekt der Behrens-Stiftung in Hamburg und der VinziRast in Wien.
Paired-Ethnic-Testings oder auf anderweitigen Kriterien basierende Testing-Verfahren gegenüber
Wohnraum Anbietenden werden einerseits von vielen Expert*innen im Antidiskriminierungsbereich
und auch vom Planerladen Dortmund e.V. als zielführendes Instrument bewertet, andererseits hat
beispielsweise das dazu durchgeführte Forschungsprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes
zu rassistischen Benachteiligungen auf dem Wohnungsmarkt (ADS, 2015) auch auf Grenzen und
Risiken, v.a. Fragen der Rechtssicherheit solcher Verfahren verwiesen. Insofern könnten solche
Verfahren, so politisch gewollt und unterstützt, regelmäßig z.B. auf der Ebene der landeseigenen
Unternehmen oder dort, wo in relevantem Umfang Fördermittel für Wohnungsbau in Anspruch
genommen werden, in einem transparenten, abgestimmten wissenschaftlich basierten Verfahren
eingesetzt werden. Die Umsetzung ist auch in Kooperation mit dem Verband BerlinBrandenburgischer Wohnungsunternehmen denkbar. Zu prüfen bleibt bei einem derartigen Ansatz
jedoch der arbeitsrechtliche Kontext.
INTERVENTIONEN
Aus einem solchen Beschwerde- und Dokumentationssystem heraus und ggfs. unterstützt durch
weitere Kontrollverfahren können begründete Interventionen erfolgen auf den Ebenen
• fallspezifischer / strukturorientierter Dialoge mit Wohnungsunternehmen/Vermieter*innen
und deren Sachbearbeiter*innen,
• von Fachgesprächen,
• von Schlichtung/Mediation und, so notwendig/möglich
• auf der Ebene juristischer Verfolgung von Fällen (individuell oder bei entsprechender Ermögli
chung durch ein Landesantidiskriminierungsgesetz Verbandsklage).
88
10.5
NOTWENDIGE KOOPERATIONEN FÜR EINE DISKRIMINIERUNGSFREIE VERMIETUNGSPRAXIS IM
LAND BERLIN
Eine diskriminierungsfreie Vermietungspraxis im Land Berlin zu erreichen, ist kein kurzfristig
erreichbares Ziel. Wie zu den verschiedenen Bausteinen des Interventionssystems erläutert wurde,
kann dieses Ziel nur durch ein Zusammenspiel verschiedener Verwaltungen, von Antidiskriminie
rungsberatung und Diskriminierungsverfolgung sowie kommunaler Wohnungspolitik und lokaler
Wohnungswirtschaft, d.h. in akteursübergreifenden und interdisziplinären Kooperationen erreicht
werden.
Dabei sind zu unterscheiden horizontale Kooperationen zwischen den Senatsverwaltungen und der
Koordinierungs- und Fachstelle, die die Handlungsressourcen und strategische Reichweite des
Interventionssystems festlegen von akteursübergreifenden Kooperationen zwischen der Koordinie
rungs- und Fachstelle und Akteuren aus verschiedenen Handlungsfeldern (Wohnraumvermittlung,
Beratung, Recht, ...), die die Beratungsqualität und Wirkungsmacht des Interventionssystems
unterstützen.
Über die Formalisierung der notwendigen Kooperationen ist im Einzelnen nachzudenken, für die
Kooperationen auf Senatsebene wird eine Kooperationsvereinbarung vorgeschlagen.
HANDLUNGSFELDER MIT KOOPERATIONSBEDARF
Der Kooperationsbedarf betrifft verschiedene Handlungsfelder, beginnend mit konkreten Aktivitäten
zur Umsetzung des Leitbilds und des Interventionssystems. Zu konzipieren sind diese Kooperationen
akteurszentriert, also aus einem Verständnis heraus, welche Handlungsressourcen und Handlungsin
tentionen die jeweiligen Akteure im eigenen Feld haben und wie und mit welchem strategischen
Gewinn für alle Beteiligten diese mit den Zielen des Leitbilds in Einklang zu bringen sind.
Dabei sollte erreicht werden können, dass insbesondere auf der Seite der Akteure aus dem Bereich
Wohnen die Kooperation mit der Koordinierungs- und Fachstelle nicht als „Schuldeingeständnis“
sondern als Instrument der Qualitätsentwicklung und im Sinne eines entsprechenden Wertesys
tems/einer entsprechenden Unternehmenskultur gesehen wird.
Bereits die Entwicklung eines Leitbilds oder von Leitlinien zu diskriminierungsfreier Vermietung und
Verwaltung von Wohnraum erfordert die Dialog- und weitergehende Kooperationsbereitschaft einer
Vielzahl von Akteuren, deren inhaltliche Zusammensetzung bereits weitgehend über den Vorschlag
zur Zusammensetzung des Gründungsbeirats abgedeckt ist.
Als weitere Handlungsfelder von teilweise kontinuierlichen, teilweise punktuellen Kooperationen
werden vorgeschlagen:
• eine Verbindliche Teilnahme an Gründungs- und Fach-Beirat
• die Umsetzung des Leitbilds,
• ein fortlaufender Austausch zu Bedarfen aus der Perspektive der Interessenvertreter*innen
von Diskriminierung am Wohnungsmarkt bedrohter Gruppen,
• die Nutzung des Weiterbildungsangebots der Koordinierungs- und Fachstelle,
• die Unterstützung interdisziplinärer Fachdialoge (Veranstaltungsorte, Schirmherrschaften,
Sicherung der Teilnahme,...) und
• eine Selbstverpflichtung von Wohnungsunternehmen zur Teilnahme an abgestimmten
Testing-Verfahren.
89
KOOPERATION MIT DER SENATSVERWALTUNG FÜR WOHNEN UND STADTENTWICKLUNG
Eine spezifische Ebene der Kooperation sollte auf der Grundlage der Koalitionsverhandlungen mit der
Senatsverwaltung für Wohnen und Stadtentwicklung angestrebt werden, im Sinne
• der o.g. Handlungsfelder, aber auch im Sinne konkreter Bestandsgrößen, die für die von
Diskriminierung am Wohnungsmarkt bedrohten Bevölkerungsgruppen/Zielgruppen sozialer
Wohnraumversorgung zur Verfügung stehen und
• im Sinne von Modellprojekten, u.a. der landeseigenen Wohnungsunternehmen.
Zielführend für die Ausformulierung dieser Kooperation ist ein von der Koordinierungs- und Fach
stelle moderierter Dialog zwischen den zuständigen Staatssekretären SenWS/SenJustiz, der LADS und
• der für die kommunalen Wohnungsunternehmen zuständigen Fachabteilung,
• der für die Neubauförderung (insbesondere der ca. elf neuen Stadtquartiere) zuständigen
Fachabteilung sowie
• der Fachabteilung für soziale Stadtentwicklung/Integration.
Obwohl bei einer anderen Senatsverwaltung angesiedelt, wäre darüber hinaus die Einbindung der
Zentralen Koordinierungsstelle des Geschützten Marktsegments (ZeKo) in diese Kooperation ziel
führend.
KOOPERATION MIT BERATENDEN NGOS UND SELBSTORGANISIERTEN INTIATIVEN
Die Einrichtung einer Koordinierungs- und Fachstelle gegen Diskriminierung am Wohnungsmarkt
sowie die Qualifizierung von Erst-Anlaufstellen ist ein deutlicher Eingriff in die Struktur der
Beratungslandschaft. Vor diesem Hintergrund und weil die Kooperationsbereitschaft sowohl
institutionalisierter (NGOs) als auch informeller/Selbstorganisierter Beratungsstrukturen ein
elementarer Faktor für die Wirkungsmacht des Interventionssystems ist, sind die
• gemeinsame Erarbeitung einer formalisierten Netzwerkstruktur und
• des Beschwerde- und Dokumentationssystems
als Basis für die in diesem Bereich notwendigen Kooperationen zu sehen. Insbesondere bezüglich der
selbstorganisierten/ehrenamtlichen Strukturen ist es von Bedeutung, dass die Kooperation auch
Raum für verwaltungskritischen Dialog vorsieht/ermöglicht und übernommene Aufgaben/
Verpflichtungen/Präsentationen im Rahmen von Fachtagen o.Ä. mit einer Aufwandsentschädigung
verbunden werden können.
10.6
WEITERER BEGLEITUNGS- UND FORSCHUNGSBEDARF
Der Vorschlag für das Interventionssystem und seine Detaillierung begründet sich aus der
Literaturauswertung, den Ergebnissen der Fachtagung und den unterschiedlichen Befragungen und
Interviews, die im Rahmen dieses Gutachtens durchgeführt wurden. Aus der Praxis nicht nur in Berlin
wurde einerseits die Erwartung einer Qualifizierung des bestehenden Interventionssystems geäußert,
andererseits wurde eine gewisse Vorsicht angemahnt, dass die teilweise Neuaufstellung auch mit
Risiken verbunden sein könnte. Insbesondere die Autonomie und Parteilichkeit einer betroffenenori
entierten (Antidiskriminierungs-)Beratung sollte weiterhin zentral stehen und auch angesichts des
Koordinationsbedarfs gewahrt bleiben. Für die zukünftige Arbeit auf allen Ebenen, der zentralen
Koordinations- und Fachstelle, der bezirklichen Erst-Anlaufstellen und der praxisorientierten Beratung
90
sowie ihrer Vernetzung wird deshalb vorgeschlagen, den Beirat und die Fachdiskurse eng an die
Weiterentwicklung des Interventionssystems anzubinden. Darüber wird für die konkrete Region
Berlin vorgeschlagen, thematisch und strukturell das Wissen durch eine an den Fragen bei der
Umsetzung ausgerichtete vertiefte und interdisziplinäre Forschung vor Ort sowie die kontinuierliche
Aufbereitung nationaler und internationaler Erfahrung zu qualifizieren.
Die Begleitung und entsprechende Forschung soll im Schwerpunkt durch die Koordinations- und
Fachstelle gesichert (nicht unbedingt durchgeführt werden) und kann in Kooperation mit akademi
schen Einrichtungen oder andere Forschungseinrichtungen umgesetzt werden. Die Forschungspla
nung und Auswertung soll in enger Abstimmung mit dem Beirat stattfinden.
BESONDERER BEGLEITUNGS- UND FORSCHUNGSBEDARF
• Der Versorgungsgrad mit Beratungsmöglichkeiten bedarf hinsichtlich der hier skizzierten
teilweisen Unterversorgung hinsichtlich Erstanlaufstellen und qualifizierter Beratung bei Be
troffenheit von Diskriminierung am Wohnungsmarkt einer tiefergehenden empirischen Klä
rung. Sie soll, unter Gesichtspunkten der Zielgruppenorientierung und der Erreichbarkeit ei
ner im Rahmen dieses Gutachtens nicht leistbaren tiefergehenden sozialräumlich orientierten
Bedarfsprüfung erfolgen.
• Im Sinne einer Bestandsaufnahme der zivilgesellschaftlichen Ressourcen, die eine hohe
Sensibilität für und die Bereitschaft zur Dokumentation/begleitenden Beobachtung von Dis
kriminierung am Wohnungsmarkt zeigen, wird eine Untersuchung zu deren Rolle und Leis
tung sowie ihrer Bedingungen für formalisierte Kooperationen im Handlungsfeld empfoh
len. Dies betrifft vor allem, aber nicht nur die Unterstützung geflüchteter Menschen bei der
Wohnungssuche und Anmietung. Ziel soll es hierbei sein, auch neue und bisher nicht unter
dieser Rubrik behandelte Fallgruppen genauer in den Blick zu nehmen (z.B. alte Menschen,
die von Wohnungstausch in kleinere Wohnungen aus Bedenken gegen die Schwierigkeiten
des Weges, aber auch Furcht vor Diskriminierung am Markt abgehalten werden).
• Maßnahmen gegen Diskriminierung am Wohnungsmarkt werden überwiegend in Bezug auf
das Wohnen zur Miete diskutiert. In der sich weiterhin internationalisierenden Metropole
Berlin und auch mit Blick auf das Geschlechterverhältnis und die alternde Gesellschaft wird
empfohlen, durch die Koordinations- und Fachstelle auch den Eigentumserwerb von Wohn
raum/ Wohnimmobilien sowie darauf bezogene Kreditbedingungen als Forschungsauftrag in
den Blick zu nehmen.
• Die Inanspruchnahme des geschützten Marktsegments wird aktuell dokumentiert nach Aund B-Zielgruppen. Eine Auswertung nach Geschlecht, Alter und Herkunft wäre möglich, be
dürfte jedoch einer Sonderauswertung, die nicht zum Aufgabenbereich der ZeKo Geschütztes
Marktsegment gehört. Mit Unterstützung des BBU und unter Einsatz quantitativer und quali
tativer Methoden wäre eine solche Untersuchung der ZeKoGM zufolge leistbar, die das
Sichtbarmachen der Gefährdung spezifischer Betroffenengruppen und die Bedarfsklärung für
ein Segment „Wohnraumsicherung für akute Diskriminierungsfälle“ zum Ziel hätte.
• Kooperationsvereinbarungen und Kompetenzbildungsprozesse mit bzw. für wohnungswirt
schaftliche Akteure und die in der öffentlichen Verwaltung tätigen bedürfen wissenschaftli
cher und systematischer Legitimation durch Begleitforschung zur Vermietungspraxis in Berlin.
Deren Ergebnisse sollten sowohl in die Kooperationspraxis, wie auch die Formulierung von
Regelungen einfließen.
91
• Zur Bewertung des Arbeitsergebnisses und zur Wirkungsmacht der Koordinierungs- und
Fachstelle wird vorgeschlagen, in deren Konzeption und Vertrag nach einem Zeitraum von
drei Jahren eine externe Evaluation einzubinden. Dafür sind auch bereits auf konzeptioneller
Ebene der Koordinierungsstelle und des Interventionssystems Grundlagen zu schaffen im
Sinne entsprechender Zielformulierungen, Zielgrößen, Prozessbausteine und Kriterien.
11
Quellen / Abbildungsverzeichnis
LITERATUR
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der soziale Wohnraumversorgung in Berlin (Berliner Wohnraumversorgungsgesetz – WoVG
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http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Leitfade
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Strategien zum Nachweis rassistischer Benachteiligungen. URL:
http://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/Downloads/DE/publikationen/Expertis
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Antidiskriminierungsberatung ausbuchstabiert, TBB, Berlin
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experiment on the internet. In: Journal of Urban Economics 64:362-72.
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des Bundesgesetzes über die Gleichbehandlungskommission und die Gleichbehandlungsan
waltschaft, Wien
Antidiskriminierungsstelle des Bundes (2015) Handbuch Rechtlicher Diskriminierungsschutz; Berlin
(Nomos)
Antidiskriminierungsstelle des Bundes (Internet)
http://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ThemenUndForschung/Recht_und_gesetz/EU
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Auspurg, Katrin / Hinz, Thomas / Schmid, Laura (2011): Contexts and Conditions of Ethnic
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Eigene Erhebung, Darstellung: Valentin Domann.
1/2
Spezifische Wohnungsmarktlage in Berlin (IBB-Wohnungsmarktbarometer 2016)
3
Bausteine des Forschungsdesigns (UrbanPlus)
4
Anwendungsbereich der vier zentralen EU Gleichbehandlungsrichtlinien (UrbanPlus, auf der
Grundlage von Deutsches Institut für Menschenrechte)
5
Wohnungsbestand in Berlin nach Eigentumsform (IBB Wohnungsmarktbericht 2015)
6
Wohnungsbestand in Berlin nach Eigentumsform (IBB Wohnungsmarktbericht 2015)
7
Cover Broschüre Fair Housing Act (Fair Housing Office, 2011)
8
Anzahl Akteure nach Arbeitsschwerpunk und Organisationsform/Handlungsfeld (UrbanPlus)
9
Arbeitsschwerpunkte der Akteure (UrbanPlus)
98
10
Verfügbare Beratungs- bzw. Unterstützungsangebote (UrbanPlus)
11
Anzahl der Nennungen der Akteure zu Beratung Suchenden / Beratungsanlässen (UrbanPlus)
12
Als Beratungsanlass benannte Merkmale der Diskriminierung (UrbanPlus)
13
Nennungen zu den Beratungsformaten der Akteure
14
Mögliche Pfade der Weiterleitung und Beratung für das spezifische Fallszenario (UrbanPlus)
15
Weitervermittlungspfade bei Mangel an juristischer Kompetenz (UrbanPlus)
16
Weitervermittlungsstrategien bei Sprachbarrieren (UrbanPlus)
17
Weitervermittlungspfade wo aus eigenem Bestand kein bezahlbarer Wohnraum angeboten
werden kann (UrbanPlus)
18
Weitervermittlungspfade bei eigener Ressourcenknappheit (UrbanPlus)
19
Weitervermittlungspfade in Fällen, in denen Betroffene nicht zur eigenen Zielgruppe gehören
20
Bedarf für eine Koordinierende Fachstelle (UrbanPlus)
21
Bedarf an Vernetzung/ Kooperation der Beratungsangebote (UrbanPlus)
22
Voraussetzungen für eine systematische Vernetzung der Beratungsangebote (UrbanPlus)
23
Voraussetzungen guter Beratung (UrbanPlus)
24
Kompetenzen guter Beratung (UrbanPlus)
25
Elemente guter Beratung in Angelegenheiten von Mietrecht und Diskriminierung (UrbanPlus)
26
Nürnberger Leitlinien gg. Diskriminierung bei Vermietung/Verkauf von Wohnraum
(Menschenrechtsbüro der Stadt Nürnberg)
27
Vorschlag zur Struktur eines Interventionssystems gegen Diskriminierung auf dem
Wohnungsmarkt (UrbanPlus)
28
Vorschlag zur Struktur der Koordinierungs- und Fachstelle (UrbanPlus)
29
Vorschläge Mitglieder Gründungs-Beirat
30
Vier Ebenen der Diskriminierung nach „Eine Welt der Vielfalt“ (Dzajic-Weber)
KARTEN
1-3
Verteilung der Antidiskriminierungs- und Mietenberatung sowie weiterer Anlaufstellen
Quelle: Eigene Erhebung, Darstellung: Valentin Domann, Hintergrundkarte: Geoportal Berlin /
LOR 2014, Projektion: EPSG:3068 / Soldner Berlin.
4
Gesamtindex Soziale Ungleichheit (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Soziales
Stadtmonitoring 2015)
99
5
Beratungs- und Anlaufstellen nach Bezirksregionen (UrbanPlus)
6
Teilnehmende an der Befragung gegenüber allen angesprochenen Anlauf- und Beratungs
stellen (UrbanPlus)
100