BUS UND BAHN
ZUSAMMEN GUT
BESTEHENDEN ÖPNV DURCH
LANDESBEDEUTSAME
BUSLINIEN ERGÄNZEN
Torsten Perner und Ingolf Berger
Gutachten der ETC Transport Consultants GmbH für die
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag
IMPRESSUM
Torsten Perner und Ingolf Berger: Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Gutachten der ETC Transport Consultants GmbH für die Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag
Herausgeberin: Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag
Alter Markt 1
14467 Potsdam
Tel. 0331-966 1700
Fax 0331-966 1702
info@gruene-fraktion.brandenburg.de
www.gruene-fraktion-brandenburg.de
Potsdam, Januar 2017
Diese Publikation enthält Informationen über die parlamentarische Arbeit der Fraktion
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Brandenburger Landtag und ist nicht zum Zweck der
Wahlwerbung bestimmt.
ISBN-Nummer: 978-3-9817342-0-1
Icon/Titel: thenounproject.com
Foto: © Jan Wischnewski
VORWORT
Liebe Leserinnen und Leser,
stellen Sie sich vor, Sie möchten mit öffentlichen Verkehrsmitteln von Oranienburg nach Bernau fahren. Obwohl die beiden
Orte gerade einmal 25 Kilometer voneinander entfernt liegen, müssen Sie für diese Strecke mindestens eine Stunde Fahrtzeit
einplanen. Außerdem müssen Sie wenigstens einmal umsteigen, und zwar in Berlin.
Woran das liegt? Die sogenannten Radialen, also die Verbindungen, die von Zielen in Brandenburg nach Berlin führen, sind
vom Schienennetz recht gut abgedeckt. Will man aber mit Angeboten des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) zwischen den Radialen unterwegs sein, wird es schon schwieriger. Dass Bahnverbindungen, für die keine adäquaten Alternativen im Busverkehr geschaffen wurden, eingestellt wurden, hat die Verkehrsangebote in der Fläche oftmals verschlechtert.
Davon betroffen sind auch solche Verbindungen, die über Kreis- oder Landesgrenzen führen.
Für die Bestellung des Busverkehrs sind die Landkreise zuständig, weshalb Buslinien in Brandenburg an der Landkreisgrenze
enden. Auch deshalb kommen Sie mit dem Bus nicht direkt von Oranienburg im Landkreis Oberhavel nach Bernau im Landkreis Barnim. Einige Bundesländer (Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt) bieten bereits Buslinien an, die Landkreisgrenzen überwinden – sogenannte landesbedeutsame Buslinien. In weiteren Bundesländern befinden sie sich in Umsetzung.
Landesbedeutsame Buslinien zeichnen sich zusätzlich dadurch aus, dass sie in einem guten Takt fahren und der Übergang
zur Schiene gewährleistet ist.
Busse in Brandenburg? Da haben die meisten nur den SchülerInnenverkehr vor Augen. Hier gilt es, umzudenken: Auch mit
dem Bus kommt man verlässlich von A nach B. Für Pendlerinnen und Pendler, für Touristinnen und Touristen kann der Bus
das Verkehrsmittel der Wahl darstellen. Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB) ist bereits einen ersten Schritt in
diese Richtung gegangen und bietet gemeinsam mit den Landkreisen sogenannte „PlusBusse“ an. Diese fahren in einem
regelmäßigen Takt, gewähren einen zeitnahen Übergang zur Bahn und werden auch am Wochenende bedient.
Ich bin davon überzeugt, dass der Bahnverkehr das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs bilden muss. Busse sollten Bahnlinien
sinnvoll ergänzen, aber nicht ersetzen. Nur so bekommen wir mehr Menschen in den ÖPNV.
Die von uns beauftragten Mobilitätsberater von ETC Transport Consultants haben deshalb die Hauptlinien des öffentlichen
Verkehrs auf Schiene und Straße daraufhin untersucht, wo in Brandenburg Handlungsbedarf besteht. Darüber hinaus zeigen
sie anhand von vier Beispielen, wie das Angebot konkret aussehen könnte und welche Effekte sich damit erreichen ließen.
Das Ergebnis: In einem attraktiven, landkreisübergreifenden Busverkehrsnetz liegen große ungenutzte Potentiale. Wir fordern von der Landesregierung, auf Grundlage des Gutachtens ein Zielnetz für landesbedeutsame Buslinien zu entwickeln
und sich auch finanziell zu engagieren, denn ohne eine auskömmliche Finanzierung durch das Land wird der Aufbau eines
Landesbusnetzes nicht gelingen. Die Landesregierung muss endlich von ihrer straßenorientierten Verkehrspolitik wegkommen und attraktive ÖPNV-Angebote schaffen – der Bedarf ist definitiv vorhanden.
Eine bewegende Lektüre wünscht Ihnen
Michael Jungclaus
Verkehrs- und infrastrukturpolitischer Sprecher
BERICHT
für
Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
im Brandenburger Landtag
Alter Markt 1
14467 Potsdam
Berlin,
Januar 2017
Gutachten
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Farb-Fassung
eingereicht von
ETC Transport Consultants GmbH
Martin-Hoffmann-Str. 18
12435 Berlin
INHALT
1
EINLEITUNG ...................................................................................................... 6
2
RECHTLICHE UND ORGANISATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN ...................... 7
3
2.1
BEGRIFF UND EINORDNUNG ................................................................................................ 7
2.2
SITUATION IN ANDEREN BUNDESLÄNDERN ............................................................................. 8
2.2.1
Übersicht ......................................................................................................................... 8
2.2.2
Rheinland-Pfalz ................................................................................................................ 9
2.2.3
Sachsen-Anhalt .............................................................................................................. 10
2.2.4
Sachsen: PlusBusse im Mitteldeutschen Verkehrsverbund .......................................... 11
2.2.5
Bewertung ..................................................................................................................... 12
SITUATION IN BRANDENBURG ........................................................................ 14
3.1
RECHTLICHE UND ORGANISATORISCHE RAHMENBEDINGUNGEN ................................................ 14
3.2
AKTUELLE PLANUNGEN .................................................................................................... 15
4 ANFORDERUNGEN UND POTENZIALE EINES LANDESBUSNETZES IN
BRANDENBURG..................................................................................................... 17
5
4.1
ANGEBOTSNIVEAU .......................................................................................................... 17
4.2
RAUMSTRUKTUR UND KORRIDORAUSWAHL .......................................................................... 18
4.3
NACHFRAGEPOTENZIALE ................................................................................................... 21
BEISPIELKORRIDORE ....................................................................................... 24
5.1
BEISPIELKORRIDOR 1: BRANDENBURG – BAD BELZIG – TREUENBRIETZEN – JÜTERBOG ................. 25
5.1.1
Korridorbeschreibung.................................................................................................... 25
5.1.2
Verflechtungen und Potenziale ..................................................................................... 26
5.1.3
Gegenwärtiges Verkehrsangebot und Zielkonzept ....................................................... 27
5.2
BEISPIELKORRIDOR 2: ORANIENBURG – WANDLITZ – BERNAU ................................................. 31
5.2.1
Korridorbeschreibung.................................................................................................... 31
5.2.2
Verflechtungen und Potenziale ..................................................................................... 31
5.2.3
Gegenwärtiges Verkehrsangebot und Zielkonzept ....................................................... 33
5.3
BEISPIELKORRIDOR 3: COTTBUS – SPREMBERG – HOYERSWERDA ............................................. 37
5.3.1
Seite 1
Korridorbeschreibung.................................................................................................... 37
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
5.3.2
Verflechtungen und Potenziale ..................................................................................... 37
5.3.3
Gegenwärtiges Verkehrsangebot und Zielkonzept ....................................................... 39
5.4
6
BEISPIELKORRIDOR 4: NEURUPPIN – RHEINSBERG – FÜRSTENBERG/NEUSTRELITZ ....................... 42
5.4.1
Korridorbeschreibung.................................................................................................... 42
5.4.2
Verflechtungen und Potenziale ..................................................................................... 43
5.4.3
Gegenwärtiges Verkehrsangebot und Zielkonzept ....................................................... 44
ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK ............................................................. 49
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 2
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abbildung 1: Beispiel für ein integriertes Eisenbahn- und Landesbusnetz (Rheinland-Pfalz – Südlicher
Teil) ........................................................................................................................................................ 10
Abbildung 2: Beispiel für Vermarktung eines integrierten Eisenbahn- und Landesbusnetzes (SachsenAnhalt) ................................................................................................................................................... 11
Abbildung 3: Netz von Bahn- und PlusBus-Strecken im Mitteldeutschen Verkehrsverbund ............... 12
Abbildung 4: PlusBus in Brandenburg – Realisierung und Planungsstände .......................................... 16
Abbildung 5: Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg, Funktionales Verkehrsnetz .................... 18
Abbildung 6: Potenzielle Korridore für ein Landesbusnetz in Brandenburg ......................................... 20
Abbildung 7: Nachfragepotenziale auf Grundlage der Pendlerbeziehungen/Buskorridore ................. 22
Abbildung 8: Nachfragepotenziale auf Grundlage der Pendlerbeziehungen/Bahnkorridore............... 23
Abbildung 9: Übersicht zur Lage der vier Beispielkorridore in Brandenburg........................................ 24
Abbildung 10: Beispielkorridor 1 – Lage................................................................................................ 25
Abbildung 11: Pendlerverflechtungen im Beispielkorridor 1 ................................................................ 26
Abbildung 12: Reisezeitverhältnisse im Beispielkorridor 1 ................................................................... 28
Abbildung 13: Gegenwärtiges Angebot und Zielkonzeption im Beispielkorridor 1 .............................. 29
Abbildung 14: Prognose für Nachfragezuwachs im Beispielkorridor 1 (Querschnitt und absolute
Werte, Mo-Fr)........................................................................................................................................ 30
Abbildung 15: Beispielkorridor 2 – Lage................................................................................................ 31
Abbildung 16: Pendlerverflechtungen im Beispielkorridor 2 ................................................................ 32
Abbildung 17: Reisezeitverhältnisse im Beispielkorridor 2 ................................................................... 34
Abbildung 18: Gegenwärtiges Angebot und Zielkonzeption im Beispielkorridor 2 .............................. 35
Abbildung 19: Prognose für Nachfragezuwachs im Beispielkorridor 2 (Querschnitt und absolute
Werte, Mo-Fr)........................................................................................................................................ 36
Abbildung 20: Beispielkorridor 3 – Lage................................................................................................ 37
Abbildung 21: Pendlerverflechtungen im Beispielkorridor 3
(ohne Verflechtungen innerhalb
Sachsens) ............................................................................................................................................... 38
Abbildung 22: Reisezeitverhältnisse im Beispielkorridor 3 ................................................................... 39
Abbildung 23: Gegenwärtiges Angebot und Zielkonzeption im Beispielkorridor 3 .............................. 41
Abbildung 24: Beispielkorridor 4 – Lage................................................................................................ 42
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Abbildung 25: Pendlerverflechtungen im Beispielkorridor 4 ................................................................ 43
Abbildung 26: Reisezeitverhältnisse im Beispielkorridor 4 ................................................................... 45
Abbildung 27: Gegenwärtiges Angebot und Zielkonzeption im Beispielkorridor 4 .............................. 47
Abbildung 28: Prognose für Nachfragezuwachs im Beispielkorridor 4 (Querschnitt und absolute
Werte, Sa/So) ........................................................................................................................................ 48
TABELLENVERZEICHNIS
Tabelle 1: Planungs- und Angebotskriterien für landesbedeutsame Buslinien in anderen Regionen .. 13
Tabelle 2: Einwohner im Beispielkorridor 1 .......................................................................................... 26
Tabelle 3: Einwohner im Beispielkorridor 2 .......................................................................................... 32
Tabelle 4: Einwohner im Beispielkorridor 3 .......................................................................................... 38
Tabelle 5: Einwohner im Beispielkorridor 4 ......................................................................................... 43
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
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ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
BRB
Brandenburg
DB
Deutsche Bahn
HVZ
Hauptverkehrszeit
LE
Low Entry (Niederflur)
MDV
Mitteldeutscher Verkehrsverbund
MIV
Motorisierter Individualverkehr
NASA
Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt
NF
Niederflur-Fahrzeug
NVZ
Nebenverkehrszeit
ÖPNV
Öffentlicher Personennahverkehr
ÖPNVG
Gesetz über den öffentlichen Personennahverkehr – hier im Land Brandenburg
ÖPNVFV
Verordnung über die Finanzierung des übrigen öffentlichen Personennahverkehrs im Land
Brandenburg (ÖPNV-Finanzierungsverordnung – ÖPNVFV)
ÖV
Öffentlicher Verkehr
Pkw
Personenkraftwagen
RB
Regionalbahn
RE
Regionalexpress
RegG
Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs
SPNV
Schienenpersonennahverkehr
StPNV
Straßenpersonennahverkehr
VBB
Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg
VDV
Verband Deutscher Verkehrsunternehmen
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
1
Einleitung
Der öffentliche Verkehr (ÖV) im ländlichen Raum stellt sich derzeit oftmals in „zwei Welten“ dar.
Während man mit der Eisenbahn schnell und häufig zu allen Tages- und Wochenzeiten reisen kann,
bricht das Angebot abseits der Schiene oftmals ein und ist in erster Linie auf den Schülerverkehr ausgerichtet. Für Berufspendler, Besorgungen oder Ausflüge sind die Busangebote meistens nicht geeignet. Eine grundlegende Verbesserung des öffentlichen Verkehrs im ländlichen Raum ist daher nur
dann möglich, wenn die einzelnen Verkehrsträger auf Schiene und Straße integriert betrachtet und
enger miteinander vernetzt werden.
In Brandenburg wurde der SPNV in den vergangenen Jahren auf den nach Berlin ausgerichteten radialen Achsen erheblich ausgebaut. Auf diesen nachfragestarken Relationen sind sehr konkurrenzfähige Verkehrsangebote zum motorisierten Individualverkehr möglich. Der SPNV ist in diesen Relationen
so erfolgreich, dass gegenwärtig auf einigen Korridoren bereits Kapazitätsengpässe aufgrund zunehmender Nachfrage zu verzeichnen sind.
Dahingegen wurde der SPNV auf ergänzenden tangentialen Strecken überwiegend reduziert bzw.
ganz eingestellt. Durch diese zumeist rein wirtschaftlich begründeten Einstellungen des regionalen
Bahnverkehrs ohne adäquate Alternativangebote im Busverkehr haben sich die Verkehrsangebote in
der Fläche oftmals insgesamt verschlechtert. Dies betrifft in besonderem Maße solche Relationen,
die über Kreis- oder sogar Landesgrenzen führen. Hier haben die Landkreise als Aufgabenträger und
die dort verkehrenden Verkehrsunternehmen bisher nur ein geringes Interesse gezeigt, den Hauptachsen folgende Linien einzurichten, die auch Kreisgrenzen überschreiten. Oftmals orientiert sich die
Angebotsplanung vordergründig am Schülerverkehr, der ja in der Regel innerhalb der Landkreise
stattfindet.
Von gleichwertigen Lebensbedingungen bezüglich der Verkehrsanbindung kann im ländlichen Raum
in Brandenburg derzeit nicht gesprochen werden, da im äußeren Entwicklungsraum zumeist nur Gemeinden mit Bahnanschluss über ein verlässliches ÖV-Angebot verfügen.
Mit diesem Gutachten soll aufgezeigt werden, wie das Land Brandenburg die Versorgung mit öffentlichen Verkehrsangeboten in der Fläche sicherstellen kann. Eine Möglichkeit sind neue regionale Angebote entlang aufkommensstarker Verkehrsachsen, die abseits der SPNV-Achsen das Angebot im
öffentlichen Verkehr verbessern und den Schienenverkehr sinnvoll ergänzen können. Hierfür werden
in der vorliegenden Studie, aufbauend auf bestehenden Ansätzen in Brandenburg sowie Erfahrungen
aus anderen Bundesländern, zunächst Angebotsmerkmale für landesbedeutsame Buslinien definiert
und anschließend ein landesweites Zielnetz für die Hauptlinien des öffentlichen Verkehrs auf Schiene
und Straße entwickelt. Schließlich wird anhand von vier ganz unterschiedlichen Beispielen gezeigt,
wie das Angebot auf diesen landesbedeutsamen Linien konkret aussehen könnte und welche Effekte
sich damit erreichen ließen.
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 6
2
Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen
2.1 Begriff und Einordnung
Unter dem Begriff „landesbedeutsame Buslinien“ wird ein Angebot im öffentlichen Straßenpersonenverkehr bezeichnet, welches sich vom üblichen Angebot des Busverkehrs in ländlichen Räumen
bezüglich der Bedienungshäufigkeit, Verlässlichkeit und Reisegeschwindigkeit unterscheidet. Dies
betrifft aus Sicht der Fahrgäste vor allem das Fahrplanangebot an allen Tagen und zum Teil bestimmte Ausstattungs- und Komfortmerkmale der eingesetzten Busse. Für die Aufgabenträger betrifft dies
vor allem den Rechtsrahmen und die Finanzierung des Angebots.
Dabei gibt es allerdings keinen bundeseinheitlichen Standard, vielmehr finden sich in den Bundesländern jeweils eigene Lösungen – bis hin zur Bezeichnung der Angebote. Beispielsweise wird in Rheinland-Pfalz, wo beginnend mit dem Jahr 1996 als erstes ein solches System eingeführt wurde, der
Begriff „Regiolinien“ verwendet, in Sachsen-Anhalt (eingeführt 2008) wird von „Landeslinien“ gesprochen. Aktuell findet der Begriff „PlusBus“ eine zunehmende Verbreitung.
Die Motivation zur Einführung von landesbedeutsamen Buslinien liegt vor allem im Bestreben, die
„zweigeteilte“ ÖPNV-Welt in ländlichen Räumen auszugleichen. Abseits der SPNV-Korridore bricht
das Angebot oftmals ein und ist in erster Linie auf den Schülerverkehr ausgerichtet. Ziel der landesbedeutsamen Linien ist die Verbesserung des öffentlichen Verkehrs in der Fläche abseits der Hauptkorridore und Schienenstrecken. Die Nutzbarkeit des ÖPNV soll für mehr Bevölkerungsgruppen und
deren Aktivitäten ermöglicht werden, wie z.B.
Berufsverkehre (Pendlerbeziehungen)
Erledigungsverkehre (Einkauf, Behördengänge, Arzt etc.)
Freizeitverkehre (der Einwohner der Region)
Ausflugsverkehre (Besucher aus anderen Regionen)
Neben den reinen verkehrlichen Aspekten kommt den landesbedeutsamen Linien eine raumstrukturelle Bedeutung zu. Sie folgen den räumlichen Achsen zwischen den Zentren und unterstützen deren
Entwicklung. Diese Raumstruktur findet sich im öffentlichen Verkehrsangebot wieder. In ländlich
geprägten Regionen wird ein verlässliches ÖPNV-System (wieder) etabliert, was auch ein Faktor zur
Stabilisierung des ländlichen Raumes ist. Im Bundesland Sachsen-Anhalt wird dieser Effekt als „Haltefaktor“ für den ländlichen Raum bezeichnet.1
1
Plan des öffentlichen Personennahverkehrs des Landes Sachsen-Anhalt 2010-2015/25, S.8
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Aus verkehrlicher und raumstruktureller Sicht lassen sich die landesbedeutsamen Buslinien folgendermaßen charakterisieren:
Verbindungen zwischen zentralen Orten (i.A. mindestens ein Mittelzentrum) abseits von
SPNV-Achsen
Direkte Linienführung zwischen den Zentren ohne größere Umwegfahrten zur Bedienung
aufkommensschwacher Ziele (kleine Dorflagen)
An mindestens einem Punkt Anbindung an das SPNV-Netz mit abgestimmten Anschlüssen
Linienführung über lokale Verwaltungsgrenzen hinweg (insbesondere Kreisgrenzen)
Vertaktetes Verkehrsangebot – Montag-Freitag mindestens alle zwei Stunden, sehr oft
stündlich
Verkehrsangebot auch an Wochenenden (mindestens einige vertaktete Fahrtenpaare)
Zusätzliche Bedeutung bei Erschließung touristisch attraktiver Regionen
Aus rechtlicher und finanzieller Sicht sind folgende Kriterien prägend für landesbedeutsame Buslinien:
Finanzielles Engagement des jeweiligen Bundeslandes: Im Allgemeinem wird ein Teil der zusätzlich entstehenden Kosten als Zuschuss gezahlt, die lokalen Aufgabenträger sind weiterhin
ebenfalls an der Finanzierung beteiligt.
Die landesbedeutsamen Linien sind entsprechend ihrer Bedeutung in entsprechenden Landesgesetzten und Richtlinien verankert – in einigen Fällen bis hin zur genauen Definition einzelner Korridore.
In einigen Bundesländern erfolgen Koordination, Förderung und Projektbegleitung der landesbedeutsamen Buslinien durch die Aufgabenträger, die auch Besteller des SPNV sind und
somit i.d.R. über die Zuständigkeit auf Landesebene verfügen.
Im nachfolgenden Kapitel wird dargestellt, wie dies konkret in anderen Bundesländern ausgestaltet
ist.
2.2 Situation in anderen Bundesländern
2.2.1 Übersicht
Mit Blick auf die anderen zwölf Flächenländer wird in Ergänzung zur Analyse der Situation in Brandenburg aufgezeigt, welche rechtlichen Grundlagen und Zuständigkeiten auf Landes- und kommunaler Ebene dort bestehen und wie die Planung und Finanzierung von landesbedeutsamen Linien gestaltet wird. Der Fokus richtet sich hierbei insbesondere auf die Bundesländer, in denen landesbedeutsame Buslinien bereits bestehen oder konkret geplant sind.
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
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Gegenwärtig kann der Entwicklungsstand zu landesbedeutsamen Buslinien wie folgt grob eingeteilt
werden:
Bereits umgesetzt: Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen-Anhalt
In Umsetzung befindlich: Baden-Württemberg und Thüringen
In Planung/Diskussion: Sachsen und Schleswig-Holstein
Keine aktuelle Entwicklung: Bayern, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Hessen und
Nordrhein-Westfalen
Zusätzlich sei jedoch darauf hingewiesen, dass in einigen Bundesländern auf der Ebene der regionalen Aufgabenträger/Verkehrsverbünde vergleichbare Entwicklungen zu beobachten sind, so dass sich
das Bild bundesweit insgesamt etwas differenzierter darstellt. Verwiesen wird hier beispielsweise auf
die seit Dezember 2016 eingeführten Schnellbuslinien im Bereich des Rhein-MainVerkehrsverbundes (Hessen) oder das PlusBus-Konzept im Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV)
im Dreiländereck Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Im Folgenden werden drei Beispiele genauer vorgestellt – zwei bereits etablierte Modelle auf Landesebene (Rheinland-Pfalz und SachsenAnhalt) sowie ein noch recht neues Anwendungsbeispiel auf Ebene eines regionalen Aufgabenträgers
(MDV).
2.2.2 Rheinland-Pfalz
Das Landesbusnetz in Rheinland-Pfalz („Regiolinien“) wurde im Zuge der Entwicklung des RheinlandPfalz-Taktes im SPNV initiiert. Neben die angebotsorientierte SPNV-Bedienung wurde mit den Regiolinien ein bahnergänzendes Netz für nicht schienenverbundene Relationen gestellt. Die Regiolinien
sind dabei aber keine Bahnersatzverkehre, sondern zusätzliche regionale Angebote. Komplettiert
wird in Rheinland-Pfalz die Verteilungshierarchie durch die fortgeschrittene Entwicklung und Unterstützung von Bürgerbusangeboten durch das Land.
Aufgabenträger für die Regiolinien sind die beiden kommunalen Zweckverbände, deren Gesellschafter neben den Landkreisen und kreisfreien Städten auch das Land ist. Die Zweckverbände bestellen
die Verkehre im Umfang von ca. 4 Mio. Euro p.a. aus (vom Land weitergeleiteten) Mitteln nach dem
Gesetz zur Regionalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (Regionalisierungsgesetz, RegG).
Die Weiterentwicklung des Rheinland-Pfalz-Taktes und damit auch der Regiolinien wird stark durch
das Land bzw. das Fachministerium gestaltet, z.B. in Form von Qualitätsvorgaben. Durch die Bündelung der Aufgabenträgerschaft für den SPNV und das Landesbusnetz bei den Zweckverbänden wird
eine vergleichsweise gute Abstimmung der beiden Angebote in Rheinland-Pfalz erreicht. Gegenwärtig wird angestrebt, im Rahmen fälliger Neuvergaben lokale Buslinien und die landesbedeutsamen
Regiolinien in gemeinsamen Linienbündeln auszuschreiben. Dies erfolgt im Rahmen einer verstärkten
Kooperation zwischen den beiden ÖPNV-Aufgabenträgerebenen (Zweckverbände und Landkreise/Verkehrsverbünde).
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Abbildung 1: Beispiel für ein integriertes Eisenbahn- und Landesbusnetz (Rheinland-Pfalz – Südlicher Teil)
2
2.2.3 Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalt hat in größerem Umfang Bahnstrecken stillgelegt – es ist das einzige Bundesand, in
dem die Betriebsleistung im SPNV seit der Bahnreform zurückgegangen ist. Die abbestellten Strecken
wurden überwiegend durch Busleistungen substituiert, die heute den Kern des Landesbusnetzes
bilden. Begleitet wurde diese Strategie im ländlichen Raum durch die Förderung von Rufbusangeboten durch das Land.
Aufgabenträger des Landesbusnetzes sind in Sachsen-Anhalt die Landkreise. Diese beziehen vom
Land pauschalierte Zuweisungen für die ÖPNV-Gestaltung (ebenfalls aus Regionalisierungsgesetzmitteln).
2
Quelle: Zweckverband SPNV Rheinland Pfalz Süd: http://www.spnv-sued.de/themen-und-projekte/regiolinien.html.
Abgerufen am 02.12.2016
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
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Abbildung 2: Beispiel für Vermarktung eines integrierten Eisenbahn- und Landesbusnetzes (Sachsen-Anhalt)
3
2.2.4 Sachsen: PlusBusse im Mitteldeutschen Verkehrsverbund
Systematisch handelt es sich bei dem vertakteten, auf den SPNV zulaufenden Angebot des PlusBus
im MDV auch um eine Art Landesbusnetz auf regionaler Ebene. Das Angebot hat teilweise den Ursprung ebenfalls in Bahnersatzverkehren, die aber inzwischen neu konzipiert wurden. Wurden die
Bahnersatzverkehre früher ausschließlich durch weitergeleitete Regionalisierungsgesetzmittel finanziert, werden die PlusBusse heute im stärkeren Maße durch die Landkreise selbst finanziert. Die Kreise sind auch für die Bestellung zuständig. Die zusätzlichen Leistungen zur Aufwertung zu PlusBusLinien werden aus folgenden drei Finanzierungsquellen gewonnen (Mischfinanzierung):
Umschichtung zwischen den Linien
Mittel der SPNV-Aufgabenträger (Bahnersatzverkehr)
Mittel der ÖPNV-Verkehrsunternehmen in Erwartung neuer Fahrgäste
Die Marke PlusBus hat sich inzwischen in angrenzenden Ländern, insbesondere in Brandenburg, verbreitet. Wie oben beschrieben, werden im VBB derzeit zahlreiche PlusBus-Linien geplant bzw. wurden schon umgesetzt.
3
Quelle: Nahverkehrsservice Sachsen-Anhalt GmbH: www.starker-nahverkehr.de/de_DE/mein-takt/liniennetz.html.
Abgerufen am 02.12.2016
Seite 11
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Abbildung 3: Netz von Bahn- und PlusBus-Strecken im Mitteldeutschen Verkehrsverbund
4
2.2.5 Bewertung
Tendenziell kann festgestellt werden, dass das Konzept landesbedeutsamer Buslinien eine zunehmende Verbreitung findet und in immer mehr Bundesländern oder auf Ebene regionaler ÖPNVAufgabenträger eingeführt wird. Allen Netzen gemeinsam sind eine deutliche Ausweitung und Systematisierung (Taktfahrpläne, Wochenendverkehre) des Fahrplanangebotes und eine Entwicklung
des Liniennetzes unabhängig der jeweiligen Gebietskörperschaftsgrenzen. Gemeinsam ist auch die
(anteilige) Finanzierung über den Landeshaushalt – sei es über Weiterleitung von Mitteln nach dem
Regionalisierungsgesetz oder durch zusätzliche Eigenmittel.
Die Festlegung der jeweils in Betracht kommenden Linien bzw. Korridore erfolgt jedoch je nach Bundesland unterschiedlich. Während in Thüringen eine sehr detaillierte Definition auf Ebene einer
Richtlinie erfolgt, überträgt der Gesetzgeber in Sachsen-Anhalt die Planung des Landesnetzes auf die
Ebene des Landesnahverkehrsplans, mit entsprechenden Anpassungs- und Abstimmungsmöglichkei-
4
Quelle: MDV: www.mdv.de/fahren/s-bahn-und-plusbus/plusbus/. Abgerufen am 02.12.2016
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 12
ten der daran beteiligten Akteure unter Federführung der Nahverkehrsgesellschaft Sachsen-Anhalt
(NASA).5
Bezüglich der Bestell- und Organisationsstrukturen wird üblicherweise auf die auch für die lokalen
Busverkehre zuständige Aufgabenträgerebene (i.A. Landkreise) zurückgegriffen, indem für die Einrichtung einer landesbedeutsamen Buslinie ein Zuschuss gewährt wird. Dieser Zuschuss kann sowohl
in pauschaler Höhe als auch in Abhängigkeit vom jeweils gefahrenen Angebot erfolgen, ist jedoch an
die in dem jeweiligen Bundesland geltenden Kriterien (wie Fahrplanangebot oder Fahrzeugausstattung) für landesbedeutsame Linien gekoppelt. Die Landkreise organisieren die Einrichtung und den
Betrieb der Linien in Eigenregie.
Eine Ausnahme bezüglich der Bestell- und Organisationsstrukturen stellt das Land Rheinland-Pfalz
dar, wo die für die Organisation und Bestellung des Schienenpersonennahverkehrs zuständigen Aufgabenträger diese Aufgabe auch für die landesbedeutsamen Buslinien übernehmen. Voraussetzung
für dieses Modell ist eine starke Kooperationsbereitschaft und Abstimmung zwischen den jeweiligen
Aufgabenträgerebenen. Die folgende Abbildung zeigt zusammenfassend die Zusammenstellung einiger Merkmale landesbedeutsamer Buslinien in anderen Bundesländern:
Tabelle 1: Planungs- und Angebotskriterien für landesbedeutsame Buslinien in anderen Regionen
5
6
6
Thüringen: Richtlinie zur Förderung einer bedarfsgerechten Verkehrsbedienung im Straßenpersonennahverkehr in
Thüringen (StPNV-Finanzierungsrichtlinie), veröffentlicht im Thüringer Staatsanzeiger 49/2015, Sachsen-Anhalt: Ministerium für Bau und Verkehr des Landes Sachsen-Anhalt: Plan des öffentlichen Personennahverkehrs des Landes Sachsen-Anhalt, Zeitraum 2005 bis 2008/2015: Leitlinien zur Entwicklung des ÖPNV-Gesamtsystems Plan des öffentlichen
Personennahverkehrs des Landes Sachsen-Anhalt, Zeitraum 2005 bis 2008/2015 (S.32)
Quelle: VDV Landesgruppe Sachsen/Thüringen, Fischer: ThüringerRegioNetz , Konzept für ein zentralörtliches landesweites Bus-Bahn-Netz im Freistaat Thüringen, S. 18
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
3
Situation in Brandenburg
3.1 Rechtliche und organisatorische Rahmenbedingungen
In Brandenburg wurde der SPNV in den vergangenen Jahren auf den nach Berlin ausgerichteten radialen Achsen deutlich ausgebaut, während er auf ergänzenden tangentialen Strecken überwiegend
reduziert bzw. ganz eingestellt wurde. Dadurch haben sich die Verkehrsangebote in der Fläche oftmals insgesamt verschlechtert, auch weil adäquate Ersatzangebote fehlen. Dies betrifft in besonderem Maße solche Relationen, die über Kreis- oder sogar Landesgrenzen führen. Hier haben die Landkreise als Aufgabenträger und die dort verkehrenden Verkehrsunternehmen bisher nur ein geringes
Interesse gezeigt, den Hauptachsen folgende Linien einzurichten, die auch Kreisgrenzen überschreiten. Oftmals orientiert sich die Angebotsplanung vordergründig am Schülerverkehr, der ja in der Regel innerhalb der Landkreise stattfindet.
Mit ursächlich hierfür ist die Nichtnutzung der bereits 2005 ins Brandenburger ÖPNV-Gesetz
(ÖPNVG) eingefügten Kompetenz des Landes für landesbedeutsame Buslinien (§ 3 Abs. 1 ÖPNVG).
Lediglich die nur selten verkehrende Linie 618 Potsdam – Wünsdorf wird derzeit als landesbedeutsame Buslinie geführt. Ansonsten oblagen und obliegen kreisgrenzüberschreitende Linien den Landkreisen, auch bei Einstellung von SPNV-Linien. Zwar hat das Land in § 3 Abs. 1 Nr. 4 FinVO zum
ÖPNVG ausdrücklich niedergelegt, dass kreisgrenzüberschreitende Linien mindestens genauso gut
bedient werden müssen wie Linien innerhalb eines Kreises – andernfalls wird die Finanzierung seitens des Landes gekürzt. Praktische Auswirkungen scheint dies jedoch nicht zu haben. So verkehren
z.B. von Rathenow Richtung Neustadt/Dosse auf der Linie 684 immer noch Schienenverkehrsersatzbusse im Zweistundentakt, die aber zum größten Teil an der Kreisgrenze kurz vor Neustadt umkehren, da offenbar der Landkreis Ostprignitz-Ruppin die Bestellung ablehnt.
Nach dem Brandenburger ÖPNV-Gesetz ist die Ausgestaltung des straßengebundenen ÖPNV Aufgabe
der Landkreise und kreisfreien Städte, während dem Land selbst die Zuständigkeit für landesbedeutsame Buslinien zukommt. Jedoch erwächst aus der optionalen Möglichkeit nach dem Brandenburger
ÖPNV-Gesetz keine Verpflichtung zur Einrichtung und Finanzierung landesbedeutsamer Buslinien.
Hierfür wären auf Ebene des Landes ergänzende Regelungen in Form von entsprechenden Finanzierungsrichtlinien oder -regelungen erforderlich.
Zudem ist die Festlegung der jeweils in Betracht kommenden Linien bzw. Korridore für ein landesbedeutsames Busnetz auch für das Land Brandenburg anzustreben. Aus Sicht des Gutachters stellt der
Ansatz des Landes Sachsen-Anhalt (siehe Kapitel 2.2.5) mit der Übertragung der Planung des Landesnetzes auf die Ebene des Landesnahverkehrsplans und Einbeziehung der regionalen Akteure (VBB)
und lokalen Aufgabenträger (Landkreise) eine langfristig stabilere Basis dar. Die Einbeziehung der
Akteure stellt zudem eine höhere Akzeptanz der Beteiligten sicher.
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 14
3.2 Aktuelle Planungen
Der Ansatz der landesbedeutsamen Buslinien zielt aus übergeordneter Sicht des Landes auf die
Schaffung attraktiver Reiseketten mit einer intelligenten Verzahnung von Bahn- und Busangeboten
auch abseits des SPNV-Netzes. Durch die geringeren Betriebskosten des Busverkehrs kann auf nachfrageschwächeren Strecken bei gleichem Mitteleinsatz sogar ein umfassenderes Verkehrsangebot als
mit dem SPNV sichergestellt werden. Um den Fahrgästen ein Verkehrsangebot aus einem Guss anzubieten, sind dabei beide Verkehrsträger optimal miteinander zu vernetzen durch:
attraktive Schnittstellen mit kurzen Übergangswegen zwischen Bahn und Bus
abgestimmte (Takt-)Fahrpläne mit kurzen und gesicherten Anschlüssen zwischen Bahn und
Bus und auch zwischen verschiedenen Buslinien
Fahrtmöglichkeiten zu allen Tages- und Wochenzeiten
(auch in den Abendstunden und am Wochenende)
durchgehende Tarife und Fahrplaninformationen (im VBB weitestgehend gegeben)
Genau dieser Ansatz wird nun im VBB mit den PlusBus-Linien, die in einem festen Takt die Aufkommensschwerpunkte abseits der Schiene bedienen, verfolgt. Bereits in zwei Landkreisen (TeltowFläming und Ostprignitz-Ruppin) haben die dortigen Verkehrsunternehmen PlusBus-Linien eingerichtet, die die Aufkommensschwerpunkte in gestraffter Linienführung und im Stundentakt (MontagFreitag) verbinden. An Wochenenden werden zumindest einzelne Fahrten angeboten. Eine Ausweitung in den beiden Landkreisen und neue PlusBusse in weiteren Landkreisen sind in Planung.
Die PlusBusse verkehren aber weiterhin nur innerhalb der Landkreise. Der Ansatz der PlusBusse beruht auf einer freiwilligen Kooperation der lokalen Verkehrsunternehmen bzw. Aufgabenträger mit
dem VBB. Der VBB unterstützt dieses Konzept – neben fachlicher Beratung – vor allem in den Bereichen Vermarktung und Kommunikation; eine finanzielle Unterstützung der Verkehrsangebote erfolgt
jedoch nicht.
Die ersten Erfahrungen mit den Plusbussen im VBB oder auch im MDV belegen die Potenziale durch
die Aufwertung regionaler Buslinien. Im Schnitt konnten die Fahrgastzahlen dort bereits im ersten
Jahr nach der PlusBus-Einführung um rund 10% gesteigert werden.7
Um diesen positiven Entwicklungsansatz fortzuführen und zu verstetigen, besteht aber weiterhin
Handlungsbedarf, Hauptachsen und Aufkommensschwerpunkte in Brandenburg und der benachbarten Regionen auch dort zu verbinden, wo kein die Grenzen der Gebietskörperschaften (insbesondere
zwischen Landkreisen) überschreitendes Verkehrsangebot besteht.
7
Zusammenfassende Präsentation auf Konferenz „Erfahrungsaustausch zum PlusBus“ zwischen Verkehrsverbünden,
Aufgabenträgern und Verkehrsunternehmen, Leipzig, 16.03.2016, http://images.vbb.de/assets
/downloads/file/384559.pdf. Abgerufen am 02.12.2016
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
So gibt es im Landesentwicklungsplan zahlreiche überregionale Verbindungen ohne SPNV-Angebot,
die jedoch für den öffentlichen Verkehr von Bedeutung sind. Ziel einer landesweiten ÖV-Planung
muss es daher sein, für diese Achsen ein integriertes Bahn- und Bus-Angebot zu schaffen, um möglichst gleichwertige Verkehrsangebote in allen Landesteilen herzustellen.
Abbildung 4: PlusBus in Brandenburg – Realisierung und Planungsstände
8
8
Quelle: VBB-Regionalkonferenz Prignitz-Oberhavel 12.07.2016:
http://images.vbb.de/assets/downloads/file/547302.pdf. Abgerufen am 02.12.2016
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
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4
Anforderungen und Potenziale eines Landesbusnetzes in Brandenburg
4.1 Angebotsniveau
Die im Folgenden vorgestellten Angebotsstandards für ein künftiges Landesbusnetz in Brandenburg
orientieren sich an den bereits etablierten Netzen in anderen Bundesländern sowie am PlusBusAnsatz in Brandenburg.
Dabei wird das Angebot jeweils auf die regionalen Besonderheiten in der Raumstruktur im Land
Brandenburg sowie die wichtigsten potenziellen Fahrgastgruppen ausgerichtet. So dürften beispielsweise die Erwartungen der Fahrgäste an das Wochenendangebot einer Landesbuslinie in einer eher
peripheren ländlich geprägten Region deutlich anders sein, als in einem Gebiet mit hoher touristischer Bedeutung. Angestrebt wir jedoch ein Mindeststandard für alle landesbedeutsamen Buslinien,
der durch folgende Kriterien gekennzeichnet ist:
Möglichst direkte Linienführung ohne größere Umwegfahrten
Ausrichtung auf Anschlüsse zu übergeordnetem ÖPNV-Netz – maximal 15 Minuten Übergang
(SPNV, andere wichtige Buslinien)
Standardangebot (Regelfall)
Mo-Fr: 1h-Takt, Zeitraum: Mindestens 06:00 – 20:00 Uhr
Sa/So: 2h-Takt, Zeitraum: 08:00 (Sa) / 10:00 (So) – 20:00 Uhr
Auf Korridoren mit starker Bedeutung als Zu-/Abbringer für den SPNV:
optionale Spätfahrten in Lastrichtung zwischen 22:00 und 23:00
(ggfs. auch durch alternative Bedienformen)
Sonderfall: Linien mit Hauptausrichtung Tourismus
Mo-Fr: 2-4h-Takt, Zeitraum: 06:00 – 20:00 Uhr
Sa/So: Saison: 2h-Takt, Zeitraum: 08:00 (Sa) / 10:00(So) – 20:00 Uhr
Sa/So: Winter: 4h-Takt (ggfs. alternative Bedienformen)
Ergänzend sollten weitere Merkmale, wie z.B. Barrierefreiheit, Möglichkeiten zur Fahrradmitnahme
(insbesondere auf touristisch bedeutsamen Linien), Komfortanforderungen (z.B. Sitzabstand), Anforderungen bezüglich Haltestellenausstattung und Fahrgastinformation in die Anforderungen zu landesbedeutsamen Linien Eingang finden.
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
4.2 Raumstruktur und Korridorauswahl
Ein weiterer wesentlicher Planungsansatz für ein landesweites Busnetz ist neben den Vorgaben zu
Taktzeiten und maximaler Übergangszeit die Ausrichtung an den überregionalen Verbindungsachsen.
Diese stellen auch die Grundlage für die Auswahl der potenziellen Korridore für landesbedeutsame
Buslinien dar.
Im Landesentwicklungsplan sind hierzu entsprechende Schienen- (blaue Strichlinie in der nachfolgenden Grafik) und Straßenverbindungen (hellbraune durchgehende Linien) aufgeführt:
Abbildung 5: Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg, Funktionales Verkehrsnetz
9
9
Quelle: http://gl.berlin-brandenburg.de/landesplanung/landesentwicklungsplan-berlin-brandenburg.
Abgerufen am 02.12.2016 (grafisch bearbeitet)
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 18
In einem ersten Schritt wurden alle nicht durch den Schienenverkehr (sowohl im Landesentwicklungsplan verzeichneten als auch weitere vom SPNV bediente Strecken) abgedeckten Korridore identifiziert. Diese Straßenkorridore wurden dann auf ihre Relevanz für landesbedeutsame Buslinien
überprüft. So entfallen alle entlang von Autobahnen geführten Achsen, da diese großräumige räumliche Verflechtungen – zumeist parallel zu den überregionalen Eisenbahnstrecken – abbilden und in
der Regel nicht relevant für das Landesbusnetz sind.
Ein weiteres Kriterium ist die direkte Verbindung von Mittelzentren. Einige räumliche Korridore sind
nicht deckungsgleich mit den überregionalen Straßenverbindungen aus dem Landesentwicklungsplan, da sich diese überwiegend am Individual-, anstatt am öffentlichen Verkehr orientieren. So ist
beispielsweise die Achse Rathenow – Nauen – Falkensee – Berlin mit Ausnahme von Nauen durch
den SPNV (RE 4) bedient, so dass kein Bedarf für eine durchgehende landesbedeutsame Linie besteht. Vielmehr wäre in diesem Beispiel zu prüfen, wie Nauen an die Achse Rathenow – Berlin anzuschließen ist bzw. welches Potenzial eine eigene Linie Nauen – Rathenow hat (auf Basis der bestehenden Buslinien 650 und 663).
Diese Betrachtung der überregionalen Verbindungsachen endet zudem nicht an den Landesgrenzen,
sondern führt mindestens bis zum nächsten zentralen Ort des benachbarten Bundeslandes bzw. der
Wojewodschaft in Polen. Gerade hier bestehen oftmals erhebliche Defizite im Verkehrsangebot. So
reichen laut Landesentwicklungsplan im nördlichen Bereich drei Verbindungsachsen nach Neustrelitz
in Mecklenburg-Vorpommern, neben dem SPNV (RE 5) besteht aber keinerlei die Landesgrenze überschreitendes ÖPNV-Angebot. Auch von Prenzlau oder Templin besteht keine direkte ÖPNVVerbindung. Die Achse Neustrelitz – Feldberg– Prenzlau verdeutlicht, dass hier im Zuge der SPNVEinstellung zwischen Neustrelitz und Feldberg sowie in der Uckermark Spielräume für ein verbessertes ÖPNV-Angebot in dieser Region mit hohem touristischem Nachfragepotenzial nicht genutzt wurden.
Zuletzt fanden noch einzelne Korridore Eingang in das potenzielle Landesbusnetz, die zwar keinen
räumlichen Hauptachsen nach dem Landesentwicklungsplan folgen, für die jedoch aufgrund ihrer
regionalen Potenziale eine vertiefende Betrachtung erfolgen sollte.
Die folgende Karte zeigt eine Übersicht der potenziellen Korridore für landesbedeutsame Buslinien
unabhängig von Verwaltungsgrenzen. Diese Korridore stellen eine Gesamtübersicht (nahezu) aller
möglichen landesbedeutsamen Buslinien dar. Die tatsächlich realisierbaren Buslinien hinsichtlich
Nachfragepotenzialen, Streckenführung und Wirtschaftlichkeit sollten im Rahmen weiterführender
Detailstudien ermittelt werden.
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Abbildung 6: Potenzielle Korridore für ein Landesbusnetz in Brandenburg
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
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4.3 Nachfragepotenziale
Für eine Ermittlung der Nachfragepotenziale bietet sich die Auswertung der Statistik der Bundesagentur für Arbeit an, die jeweils gemeindescharf alle sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten je
nach Wohn- und Arbeitsort erfasst. In dieser Statistik sind zwar nicht alle Beschäftigten (z.B. Selbständige und Beamte) sowie andere räumliche Verflechtungen (z.B. Schüler- und Einkaufsverkehre,
private Kontakte, Freizeitaktivitäten) zwischen den Gemeinden enthalten, doch erfahrungsgemäß
eignen sich die vorhandenen Daten gut zur Abbildung der Größenordnung von Verkehrsströmen bzw.
Bedeutung der jeweiligen Gemeinden in der Region (zentralörtliche Funktion). Eine Ausnahme bilden
Regionen, die eine hohe Bedeutung im lokalen und überregionalen Tourismus haben – die hier auftretenden verkehrlichen Verflechtungen gehen deutlich über die in der Pendlerstatistik abgebildeten
hinaus.
Eine Auswertung der Pendlerbeziehungen zwischen den Mittelzentren innerhalb Brandenburgs zeigt,
dass die wichtigsten Relationen bereits vom Schienennetz abgedeckt werden. Dies betrifft insbesondere die radialen Achsen nach Berlin, von denen mehrere starke Pendlerströme auch innerhalb des
Landes Brandenburg abgedeckt werden, wie z.B. Brandenburg – Werder – Potsdam, Fürstenwalde –
Frankfurt (Oder) – Eisenhüttenstadt oder Bernau – Eberswalde – Angermünde – Schwedt. Starke
Pendlerbeziehungen entlang von Bahnachsen können zudem zwischen Cottbus und den benachbarten Mittelzentren (z.B. Guben, Forst, Spremberg, Lübbenau, Senftenberg) verzeichnet werden.
Die Pendlerverflechtungen außerhalb der Schienenkorridore sind insgesamt deutlich schwächer ausgeprägt. Vergleichsweise starke Verflechtungen zeigen sich im engeren Verflechtungsraum um Berlin
und innerhalb der Lausitz. Sie erreichen im Umland der Oberzentren (Potsdam, Cottbus) und in der
Lausitz (Bereich Lauchhammer – Großräschen – Senftenberg) Werte von über 1.000 Pendlern/Relation. Bedeutende Verflechtungen (ca. 500 Pendler) finden sich auch im Zulauf auf die Mittelzentren (z.B. Neuruppin, Spremberg, Fürstenwalde, Prenzlau) sowohl in radialen als auch tangentialen Relationen innerhalb des Landes.
Die hier identifizierten Verflechtungen geben einen wichtigen Anhaltspunkt für die Auswahl von potenziell für landesbedeutsame Buslinien relevanten Korridoren.
Die folgenden Abbildungen zeigen die Pendlerströme zwischen Mittelzentren im Land Brandenburg
(ohne Verflechtungen von/nach Berlin) entlang potenzieller Buskorridore und – zum Vergleich –
entlang bestehender Bahnkorridore.
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Potenzielle Buskorridore innerhalb
Brandenburgs (> 100 Pendler)
Abbildung 7: Nachfragepotenziale auf Grundlage der Pendlerbeziehungen/Buskorridore
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
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Vergleich: Bahnkorridore innerhalb
Brandenburgs (> 100 Pendler)
Abbildung 8: Nachfragepotenziale auf Grundlage der Pendlerbeziehungen/Bahnkorridore
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
5
Beispielkorridore
Zur Verdeutlichung sowohl der verkehrlichen Bedeutung und Wirksamkeit möglicher landesbedeutsamer Buslinien als auch ihrer Potenziale für die Verknüpfung und Entwicklung der Regionen wurden
im Rahmen dieser Studie vier Beispielkorridore ausgewählt. Die ausgewählten Korridore sollen dabei
exemplarisch die Bandbreite der Anwendungsfälle für landesbedeutsame Buslinien aufzeigen. Dabei
erfolgt eine Analyse der gegenwärtigen ÖPNV-Angebote und raumstrukturellen Rahmenbedingungen
und ein Vorschlag für die künftige Ausgestaltung (Linienführung und Fahrtangebot) der landesbedeutsamen Buslinie sowie eine Abschätzung der zusätzlichen Nachfragepotenziale. Dabei handelt es
sich jeweils um erste Planungsideen und grobe Abschätzungen, die im Falle einer anstehenden Realisierung des landesweiten Buskonzepts im Rahmen vertiefender Studien untersetzt werden sollten.
Im Folgenden werden die vier Beispielkorridore ausführlich vorgestellt:
Korridor 1: Brandenburg – Bad Belzig – Treuenbrietzen – Jüterbog
Korridor 2: Oranienburg – Wandlitz – Bernau
Korridor 3: Cottbus – Spremberg – Hoyerswerda
Korridor 4: Neuruppin – Rheinsberg – Fürstenberg/Neustrelitz
Abbildung 9: Übersicht zur Lage der vier Beispielkorridore in Brandenburg
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
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5.1 Beispielkorridor 1: Brandenburg – Bad Belzig – Treuenbrietzen – Jüterbog
5.1.1 Korridorbeschreibung
Der Korridor 1 ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
Lage im Äußeren Entwicklungsraum
Verknüpfung von zwei Landkreisen (Potsdam-Mittelmark und Teltow-Fläming) und einer
kreisfreien Stadt (Brandenburg)
Tangentiale Verbindung von Ober- und Mittelzentren im Brandenburger Städtekranz
(Brandenburg, Bad Belzig und Jüterbog)
Anbindung an folgende radiale Schienenkorridore
Brandenburg: RE 1
Belzig: RE 7
Jüterbog: RE 3
Zwischen Treuenbrietzen und Jüterbog paralleler Verlauf des Korridors zur RB 33
(Jüterbog – Treuenbrietzen – Beelitz – Berlin-Wannsee)
Abbildung 10: Beispielkorridor 1 – Lage
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
5.1.2 Verflechtungen und Potenziale
Die wichtigsten regionalen Verflechtungen (auf Basis der Pendlerbeziehungen) bestehen zwischen
den regionalen Zentren bzw. im Zulauf auf diese:
Brandenburg und Bad Belzig
Bad Belzig und östliches Umland (Niemegk, Brück, Treuenbrietzen)
Treuenbrietzen und Jüterbog
Über den Gesamtkorridor Brandenburg – Jüterbog ergeben sich keine starken Verflechtungen.
Die wichtigsten Potenziale dieses Korridors liegen in der Bedienung (tangentialer) Verkehrsströme im
Raum Fläming – Havelland zwischen den Zentren Brandenburg, Bad Belzig und Jüterbog jeweils über
Kreisgrenzen hinweg. Zudem kann die Erreichbarkeit der Tourismusregion Fläming aus dem westlichen Teil des Landes mit dem Oberzentrum Brandenburg verbessert werden.
Durch die Anbindung an drei nachfragestarke Radialen kann der Korridor eine wichtige Funktion als
Zubringer zu bedeutenden Schienenachsen erfüllen. Das Gesamtsystem ÖPNV wird damit gestärkt,
da ein vernetztes Angebot mit den Elementen Bahn und Bus entsteht. Die Einwohnerzahlen sowie
die Pendlerbeziehungen im Korridor sind in der folgenden Tabelle und Abbildung dargestellt:
Summe Pendler ca.
2.570
Nördlich Bad Belzig
Östlich Bad Belzig
780
1.020
Gemeinde
Brandenburg
Golzow
Bad Belzig
Niemegk
Treuenbrietzen
Jüterbog
Gesamt:
davon neu
erschlossen ca.:
Abbildung 11: Pendlerverflechtungen im Beispielkorridor 1
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Einwohner
71.030
1.310
10.920
2.010
7.430
12.270
104.970
3.080
Tabelle 2: Einwohner im Beispielkorridor 1
Seite 26
5.1.3 Gegenwärtiges Verkehrsangebot und Zielkonzept
Gegenwärtig fährt im Korridor keine durchgehende Linie über die Gesamtrelation Brandenburg –
Jüterbog. Auf Teilabschnitten gestaltet sich das Angebot sehr unterschiedlich – von einer PlusBusLinie mit dem qualitativen Angebot (nahezu) einer landesbedeutsamen Buslinie bis hin zu einigen
unvertakteten Einzelfahrten im Bedienungszeitraum der Verkehrstage Mo-Fr.
Abschnitt Brandenburg – Bad Belzig
Angebotskriterien Landesbusse (nahezu) erfüllt
PlusBus-Linie 581, auf Abschnitten überlagert durch weitere Linien (580,553)
Mo-Fr alle 1h - Sa alle 2h - So alle 3h
Abschnitt Bad Belzig – Jüterbog
Kein durchgehendes Angebot
Bad Belzig – Treuenbrietzen:
Bus 582: Mo-Fr ca. 14-16 Fahrten, Vertaktungsansätze, kein Angebot Sa/So
(Ab Anfang 2017 ist die Einführung einer weiteren PlusBus-Linie in der Relation Bad Belzig –
Treuenbrietzen vorgesehen)
Bad Belzig – Niemegk:
Überlagerung durch Rufbuslinie 555 (Sa/So vier Fahrten) und „Burgenlinie“ 572 (Ringlinie mit
fünf Fahrten in einer Richtung im Korridor)
Treuenbrietzen – Jüterbog:
Angebot mit RB 33 (alle 1-2h)
Die folgende Abbildung zeigt das Reisezeitverhältnis für ausgewählte Relationen innerhalb des
Korridors im ÖPNV (Status Quo) im Vergleich zur individuellen Fahrt mit einem PKW (Motorisierter Individualverkehr – MIV) und einer potenziellen landesbedeutsamen Buslinie.
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Abbildung 12: Reisezeitverhältnisse im Beispielkorridor 1
Als Zielkonzept wird die Zusammenlegung der Angebote zu einer durchgehenden Linie Brandenburg
– Bad Belzig – Treuenbrietzen vorgeschlagen. Aufgrund des Angebots der Regionalbahnlinie RB 33
zwischen Treuenbrietzen und Jüterbog wird auf eine Weiterführung der landesbedeutsamen Buslinie
von/bis Jüterbog verzichtet, d.h. die Buslinie beginnt bzw. endet in Treuenbrietzen. Voraussetzung
hierfür ist jedoch eine direkte Verknüpfung von Bus und Bahn in Treuenbrietzen, so dass jeweils eine
Weiterfahrt von/nach Jüterbog innerhalb von wenigen Minuten möglich ist.
Für die neue durchgehende Linie Brandenburg – Bad Belzig – Treuenbrietzen ist folgendes Angebot
vorgesehen:
Mo-Fr durchgehend alle 1h - Sa/So durchgehend alle 2h
Ausweitung Verkehrsangebot bis 20.00 Uhr
Auf Teilabschnitten (mit Bedeutung als Zu-/Abbringer zum SPNV insbesondere von/nach Berlin) ergänzende Spätabfahrt (ca. 22:00 Uh – bevorzugt als Rufbus)
Eine graphische Übersicht zum gegenwärtigen und künftigen Verkehrsangebot im Korridor sowie zur
prognostizierten Nachfrageentwicklung findet sich in den folgenden Abbildungen:
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
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Abbildung 13: Gegenwärtiges Angebot und Zielkonzeption im Beispielkorridor 1
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Zusätzliche Nachfrage
im Gesamtkorridor
(Mo-Fr, je Tag)
150
Abbildung 14: Prognose für Nachfragezuwachs im Beispielkorridor 1 (Querschnitt und absolute Werte, Mo-Fr)
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 30
5.2 Beispielkorridor 2: Oranienburg – Wandlitz – Bernau
5.2.1 Korridorbeschreibung
Der Korridor 2 ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
Lage im engeren Verflechtungsraum Berlin – Brandenburg
Verknüpfung von zwei Landkreisen (Barnim und Oberhavel)
Tangentiale Verbindung von Mittelzentren (Oranienburg und Bernau)
Anbindung an zwei radiale Schienenkorridore mit S-Bahn nach Berlin und RE/RB-Linien
Oranienburg: S 1, RE 5, RB 12
Bernau: S 2, RE 3, RB 24
Anbindung an einen radialen Schienenkorridor mit zwei Streckenästen mit regionaler
Bedeutung:
Wensickendorf, Schmachtenhagen: RB 27 (westlicher Ast)
Wandlitzsee, Wandlitz: RB 27 (östlicher Ast)
Abbildung 15: Beispielkorridor 2 – Lage
5.2.2 Verflechtungen und Potenziale
Durch die Lage dieses Korridors im Berliner Umland sind vor allem die radial auf Berlin ausgerichteten Pendlerströme dominant und betragen i.A. ein Vielfaches der tangential verlaufenden Ströme,
die durch diesen Beispielkorridor bedient werden sollen. Insgesamt erreichen aber auch die Verflechtungen in diesem Korridor zwischen den Orten Bernau, Wandlitz und Oranienburg mit zusammen
knapp über 100.000 Einwohnern ein Niveau, welches eine Verbesserung der Angebote im öffentlichen Verkehr rechtfertigt.
Seite 31
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Die stärksten Pendlerbeziehungen können im Verlauf dieses Korridors zwischen Bernau und Wandlitz
festgestellt werden. Die Verflechtungen zwischen Oranienburg und Wandlitz sowie Bernau sind im
Vergleich dazu schwächer ausgeprägt. Keine Abbildung in der Statistik finden Pendlerströme zwischen Oranienburg, Schmachtenhagen sowie Wensickendorf und zwischen Bernau und der Waldsiedlung Wandlitz, da es sich jeweils um Ortsteile der beiden Kernstädte handelt.
Das stärkste Potenzial liegt in diesem Korridor in der Schaffung einer bisher nicht bestehenden attraktiven Direktverbindung zwischen Bernau und Oranienburg. Damit wird nicht nur eine schnelle,
umsteigefreie Verbindung zwischen den beiden Mittelzentren erreicht, sondern auch eine Erschließung des Bereichs dazwischen. Dieser ist gekennzeichnet durch:
Insgesamt hohes Pendleraufkommen (insbesondere Ort Wandlitz mit 21.660 Einwohnern)
Sehr hohe Nachfrage in den Sommermonaten für Naherholung
(z.B. Wandlitzsee und Liepnitzsee)
Überregional bedeutende Einrichtungen, z.B.
Brandenburg-Klinik (Waldsiedlung Bernau)
Polizeischule Oranienburg (im Osten der Stadt)
Optional möglich ist auch eine Einbeziehung der Gedenkstätte Sachsenhausen in den Streckenverlauf
der neuen Landesbuslinie. Dies müsste in Form einer Stichfahrt (zusätzliche Streckenlänge ca. 1,6 km)
erfolgen, so dass hier zwischen der zusätzlichen Erschließung und der verlängerten Gesamtreisezeit
abzuwägen ist.
Die Einwohnerzahlen sowie die Pendlerbeziehungen im Korridor sind in der folgenden Tabelle und
Abbildung dargestellt.
Summe Pendler ca.
Westlich Wandlitz
Östlich Wandlitz
1.430
470
1.170
Gemeinde
Einwohner
Oranienburg
43.530
Wandlitz
21.660
Bernau
36.550
Gesamt:
101.740
davon neu erschlossen
ca.:
5.850
Abbildung 16: Pendlerverflechtungen im Beispielkorridor 2
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Tabelle 3: Einwohner im
Beispielkorridor 2
Seite 32
5.2.3 Gegenwärtiges Verkehrsangebot und Zielkonzept
Gegenwärtig fährt im Korridor keine durchgehende Linie über die Gesamtrelation Bernau – Wandlitz
– Oranienburg. Eine durchgehende Fahrt Bernau – Oranienburg ist nicht möglich, Nutzer des öffentlichen Verkehrs müssen einen Umweg über Berlin Gesundbrunnen (RE, RB, S-Bahn) in Kauf nehmen.
In Teilabschnitten des Korridors gestaltet sich das Angebot folgendermaßen:
Abschnitt Bernau – Wandlitz
Mo-Fr HVZ ca. alle 0,5h – NVZ ca. alle 1h (Linie 894)
Sa/So alle 1h (Ringlinie 903 mit abweichender Linienführung)
Bedienung von Wandlitz (Dorf), Stolzenhagen jeweils durch einzelne Stichfahrten
Abschnitt Wandlitz – Wensickendorf
Angebot entspricht quantitativ den Anforderungen einer Landesbuslinie, ist jedoch
insgesamt unübersichtlich
kein relevantes Angebot (einzelne Schülerfahrten)
Abschnitt Oranienburg – Wensickendorf
Angebot entspricht quantitativ nahezu Anforderungen Landesbuslinien (Linie 805)
Mo-Fr alle 2h (mit einzelnen Verdichtungen in der HVZ)
Sa/So alle 2h
Die folgende Abbildung zeigt das Reisezeitverhältnis für ausgewählte Relationen innerhalb des Korridors im ÖPNV (Status Quo) im Vergleich zur individuellen Fahrt mit einem PKW (Motorisierter Individualverkehr – MIV) sowie zu einer potenziellen landesbedeutsamen Buslinie.
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Abbildung 17: Reisezeitverhältnisse im Beispielkorridor 2
Als Zielkonzept wird eine durchgehende Verbindung in der Relation Oranienburg – Wandlitz – Bernau
vorgeschlagen. Im Abschnitt zwischen Schmachtenhagen und Wandlitz-Bahnhof wird eine alternierende Linienführung angeboten, so dass jede zweite Fahrt nördlich (über Zehlendorf – Stolzenhagen
– Wandlitzsee) oder südlich (über Wensickendorf – Wandlitz-Dorf) verkehrt.
Dabei ist für die neue landesbedeutsame Buslinie folgendes Angebot vorgesehen:
Gesamtrelation Oranienburg – Bernau
Mo-Fr HVZ alle 0,5h – NVZ alle 1h
Sa/So alle 1h
Ausweitung Verkehrsangebot bis ca. 22.00 Uhr (ggfs. Rufbus)
Bedienung alternierender Strecken (Wandlitz-Dorf – Wensickendorf und Stolzenhagen – Zehlendorf) jeweils im halben Takt:
Mo-Fr HVZ alle 1h – NVZ alle 2h
Sa/So alle 2h
Beibehaltung Linie 805 Oranienburg – Liebenwalde und Fahrplanabstimmung mit neuer Landesbuslinie (ggfs. als Anschlussfahrten)
Eine graphische Übersicht zum gegenwärtigen und künftigen Verkehrsangebot im Korridor sowie zur
prognostizierten Nachfrageentwicklung findet sich in den folgenden Abbildungen:
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 34
Abbildung 18: Gegenwärtiges Angebot und Zielkonzeption im Beispielkorridor 2
Seite 35
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Zusätzliche Nachfrage
im Gesamtkorridor
(Mo-Fr, je Tag)
230
Abbildung 19: Prognose für Nachfragezuwachs im Beispielkorridor 2 (Querschnitt und absolute Werte, Mo-Fr)
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 36
5.3 Beispielkorridor 3: Cottbus – Spremberg – Hoyerswerda
5.3.1 Korridorbeschreibung
Der Korridor 3 ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
Lage im Äußeren Entwicklungsraum Brandenburgs in der Lausitz
Verbindung über die Landesgrenze nach Sachsen
Innerhalb von Brandenburg Verknüpfung des Landkreises Spree-Neiße und der kreisfreien
Stadt Cottbus
Radiale Verbindung von Ober- und Mittelzentren (Cottbus, Hoyerswerda, Spremberg)
Anbindung des Industriestandortes Schwarze Pumpe
Anbindung an SPNV-Knoten Cottbus und Regionalverkehr in Hoyerswerda
Zwischen Cottbus und Spremberg paralleler Verlauf des Korridors zur RB 65
Abbildung 20: Beispielkorridor 3 – Lage
5.3.2 Verflechtungen und Potenziale
Der Korridor ist durch eine starke Verflechtung der drei Zentren Cottbus, Spremberg und Hoyerswerda geprägt. Herausragende Bedeutung hat hierbei die Stadt Cottbus als wichtigstes Zentrum der
gesamten Lausitz. Die Stadt Spremberg hat Bedeutung als Gewerbestandort (z.B. Industriepark
Schwarze Pumpe) und weist damit hohe Pendlerzahlen auch aus Sachsen auf.
Seite 37
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Die wesentlichen Potenziale dieses Korridors können bezüglich ihrer räumlichen Wirkung in zwei
Gruppen aufgeteilt werden:
Regionale Ebene: Stärkung der Verknüpfungen innerhalb des Korridors (Pendler in die Zentren und nach Schwarze Pumpe, Gelegenheitsverkehre in die Zentren)
Überregionale Ebene: Relevanz für längere Verkehrsrelationen (z.B. Hoyerswerda – Berlin)
bei stärkerer Optimierung der Verknüpfung mit dem SPNV (verkehrlich und tariflich)
Die Einwohnerzahlen sowie die Pendlerbeziehungen im Korridor sind in der folgenden Tabelle und
Abbildung dargestellt.
Summe Pendler ca.
Nördlich Spremberg
Südlich Spremberg
4.280
2.970
1.750
Gemeinde
Einwohner
Cottbus
99.690
Spremberg
22.330
Spreetal
1.930
Hoyerswerda
33.840
Gesamt:
157.790
Gesamt (BRB):
122.020
davon neu erschlossen ca.:
1.930
davon neu erschlossen ca. (BRB):
0
Abbildung 21: Pendlerverflechtungen im Beispielkorridor 3
(ohne Verflechtungen innerhalb Sachsens)
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Tabelle 4: Einwohner im Beispielkorridor 3
Seite 38
5.3.3 Gegenwärtiges Verkehrsangebot und Zielkonzept
Gegenwärtig besteht seit Einstellung des Schienenpersonennahverkehrs im Jahr 2004 eine durchgehende Busverbindung (Linie 800), welche die Angebotskriterien einer landesbedeutsamen Buslinie
(nahezu) erfüllt:
Mo-Fr alle 1h (HVZ und NVZ)
Sa/So alle 2h mit Taktlücken im Abschnitt Spremberg – Hoyerswerda
Es erfolgt jedoch keine Bedienung des Bahnhofs in Spremberg aufgrund seiner Lage abseits der Innenstadt (Entfernung ca. 1,5 km) und der Fahrtroute der Linie 800. Im Abschnitt Cottbus – Spremberg verkehrt die Linie 800 parallel zum SPNV, wobei die Fahrzeit mit dem Bus bei ca. 40 min und mit
dem Zug bei ca. 15 min liegt. Zudem bedient die Buslinie in diesem Abschnitt keine größeren Aufkommensschwerpunkte. Im Spremberger Ortsteil Schwarze Pumpe erfolgt eine Bedienung des Busbahnhofs am Eingang zum flächenmäßig weit ausgedehnten Industriepark.
Die folgende Abbildung zeigt das Reisezeitverhältnis für ausgewählte Relationen innerhalb des Korridors im ÖPNV (Status Quo) im Vergleich zur individuellen Fahrt mit einem PKW (Motorisierter Individualverkehr – MIV) sowie zu einer potenziellen landesbedeutsamen Buslinie.
Abbildung 22: Reisezeitverhältnisse im Beispielkorridor 3
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Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Als Zielkonzept werden zwei Optionen vorgeschlagen:
Die erste Option sieht eine Beibehaltung des gegenwärtigen Angebotskonzepts einer durchgehenden
Linie Cottbus – Hoyerswerda unter Schließung der Taktlücken zwischen Hoyerswerda und Spremberg
vor. Dem Vorteil einer umsteigefreien Verbindung zwischen den beiden Endzielen der Linie steht der
Nachteil einer insgesamt längeren Fahrzeit entgegen.
Dabei ist folgendes Verkehrsangebot vorgesehen:
Mo-Fr alle 1h
Sa/So alle 2h (durchgehend, ohne Taktlücken)
Die zweite Option sieht eine Heranführung der Linie aus Richtung Hoyerswerda zum Bahnhof Spremberg mit Ausrichtung der Anschlüsse auf die Regionalbahnen (Linie RB 65) von/nach Cottbus vor. Der
lokale ÖPNV-Bedarf (z.B. Schülerfahrten) im Abschnitt zwischen Cottbus und Spremberg wäre dann
durch eine eigene Linie zu bedienen. Die zwischen Cottbus und Spremberg eingesparten Leistungen
könnten für eine Ausweitung des Angebots Abschnitt Spremberg – Hoyerswerda genutzt werden, z.B.
stündlich an Sa/So.
Durch den sehr hohen Fahrzeitunterschied zwischen Bus und Bahn zwischen Cottbus und Hoyerswerda ließe sich in dieser Variante trotz neuen Umsteigezwangs eine insgesamt kürzere Gesamtreisezeit erreichen als im gegenwärtigen Angebot. Zudem würde eine bessere Einbindung in den Taktknoten Cottbus erfolgen, so dass die Umsteigezeiten für weiterführende Relationen (z.B. nach Berlin
oder Frankfurt/Oder) verkürzt würden.
Als weiterführende Option wäre – in Abstimmung mit den benachbarten Aufgabenträgern im Land
Sachsen – eine Weiterführung der Linie von Hoyerswerda nach Bautzen möglich, so dass eine attraktive Verbindung zwischen den Hauptorten der Nieder- und Oberlausitz entstehen würde. Auch hiervon hängt die Präferenz für eine der vorgenannten Varianten ab.
Eine graphische Übersicht zum gegenwärtigen und künftigen Verkehrsangebot im Korridor findet sich
in den folgenden Abbildungen10.
10
Für eine Prognose der Nachfrageentwicklung ist die Datenlage in diesem Fall nicht ausreichend.
Landesbedeutsame Buslinien für Brandenburg
Seite 40
Abbildung 23: Gegenwärtiges Angebot und Zielkonzeption im Beispielkorridor 3
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5.4 Beispielkorridor 4: Neuruppin – Rheinsberg – Fürstenberg/Neustrelitz
5.4.1 Korridorbeschreibung
Der Korridor 4 ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet:
Lage im Äußeren Entwicklungsraum Brandenburgs
Verknüpfung über die Landesgrenze nach Mecklenburg-Vorpommern
Innerhalb von Brandenburg Verknüpfung vom zwei Landkreisen (Ostprignitz-Ruppin und
Oberhavel)
Verbindung von Mittelzentren (Neuruppin und Neustrelitz)
Besondere Bedeutung für touristische Verkehre (Seenlandschaft Rheinsberg/Fürstenberg)
Anbindung an radiale Schienenkorridore
Neuruppin: RE 6
Fürstenberg und Neustrelitz: RE 5
Rheinsberg und Lindow: RB 54 (Linie verkehrt nur in der Sommersaison)
Besondere Eigenschaft dieses Korridors ist die Verzweigung im nördlichen Bereich in zwei
Teiläste mit dem Ziel einer besseren Bedienung der Tourismusregion
Abbildung 24: Beispielkorridor 4 – Lage
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5.4.2 Verflechtungen und Potenziale
Bedeutende regionale Verflechtungen (auf Basis der Pendlerbeziehungen) bestehen vor allem zwischen Neuruppin und seinem Umland (Rheinsberg und Lindow). Dagegen bestehen im nördlichen
Bereich des Korridors sowie über den Gesamtkorridor hinweg nur schwache Pendlerverflechtungen.
Dafür hat diese Region eine sehr hohe Bedeutung für den Tourismus, sowohl für Tagesausflügler als
auch für längere Aufenthalte.
Die Potenziale dieses Korridors liegen in zwei Bereichen:
Bedienung der Alltagsverkehre im Raum nordöstlich von Neuruppin (Stärkere Anbindung an
das Mittelzentrum und mit dem RE 6 nach Berlin)
Erschließung und Verknüpfung der Tourismusgebiete mit den Zentren Rheinsberg, Fürstenberg und Neustrelitz – bisher bestehen hier keine Verbindungen im ÖPNV
Die Einwohnerzahlen sowie die Pendlerbeziehungen im Korridor sind in der folgenden Tabelle und
Abbildung dargestellt.
Abbildung 25: Pendlerverflechtungen im Beispielkorridor 4
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Tabelle 5: Einwohner im
Beispielkorridor 4
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5.4.3 Gegenwärtiges Verkehrsangebot und Zielkonzept
Gegenwärtig fährt im Korridor keine durchgehende Linie über die Gesamtrelation Neuruppin –
Neustrelitz oder Neuruppin – Fürstenberg. Auf Teilabschnitten gestaltet sich das Angebot sehr unterschiedlich – von einer PlusBus-Linie mit einem Angebotsniveau einer landesbedeutsamen Buslinie bis
hin zu einem völlig fehlenden ÖPNV-Angebot
Abschnitt Neuruppin – Rheinsberg: PlusBus-Linie 764
Angebotskriterien Landesbusse erfüllt
Mo-Fr HVZ ca. alle 0,5h – NVZ ca. alle 1h
Sa/So alle 2h
Abschnitt Rheinsberg – Menz:
Kein ÖPNV-Angebot
Abschnitt Menz – Fürstenberg
Mo-Fr ca. acht Fahrtenpaare, in Ferien als Rufbus
Sa/So: Rufbus alle 2h (Anbindung Stechlinsee)
Abschnitt Rheinsberg – Kleinzerlang
Mo-Fr ca. sechs bis neun Fahrtenpaare (unregelmäßig, Ausrichtung am Schülerbedarf)
Sa/So: Einzelfahrten mit Ausrichtung an RB 54 (nur Sommersaison)
Abschnitt Kleinzerlang – Wesenberg (– Neustrelitz)
Mo-Fr: Einzelfahrten (Ausrichtung an Schülerverkehr, in Ferien Rufbus mit einer
Anmeldefrist von 24 h)
Sa/So: kein Angebot
Zwischen Wesenberg und Neustrelitz parallel zum SPNV (alle 2h)
Die folgende Abbildung zeigt das Reisezeitverhältnis für ausgewählte Relationen innerhalb des Korridors im ÖPNV (Status Quo) im Vergleich zur individuellen Fahrt mit einem PKW (Motorisierter Individualverkehr – MIV) sowie zu einer potenziellen landesbedeutsamen Buslinie.
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Abbildung 26: Reisezeitverhältnisse im Beispielkorridor 4
Im Zielkonzept wird ein durchgehendes Angebot über die Landes- und Kreisgrenzen hinweg vorgeschlagen mit dem Ziel, sowohl die Potenziale im Alltags- als auch Tourismusverkehr auszuschöpfen.
Mit der Bündelung zu einem Korridor sollen die verkehrlichen und betrieblichen Synergien aus den
beiden unterschiedlichen Nachfragesegmenten genutzt werden. Im optimalen Fall kommt es sowohl
zu einer Nachfragesteigerung im Alltags- als auch im Ausflugsverkehr. Vorgesehen ist ein Linienkonzept in Y-Form. In Rheinsberg erfolgt eine Aufteilung in zwei Streckenäste mit folgender Linienführung:
(Neuruppin –) Rheinsberg – Neuglobsow – Fürstenberg
(Neuruppin –) Rheinsberg – Kleinzerlang – Neustrelitz
Die Bedienung der Außenäste erfolgt ab Rheinsberg alternierend bzw. bei gleichem Takt auf allen
Linienästen als Anschlussfahrt.
Prägendes Merkmal dieses Korridors ist die sehr starke Ausrichtung am Bedarf für Ausflugs- und Tourismusverkehre, die sich vor allem auf die Sommersaison konzentrieren. Dies betrifft die beiden Linienäste nördlich von Rheinsberg nach Neustrelitz und Fürstenberg:
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Abschnitt Neuruppin – Rheinsberg:
Bündelungsabschnitt mit Fokus auf Alltagsverkehre
Mo-Fr HVZ ca. alle 0,5h – NVZ ca. alle 1h
Sa/So alle 2h
Abschnitte Rheinsberg – Neuglobsow – Fürstenberg / Rheinsberg – Kleinzerlang – Neustrelitz
Streckenäste mit Fokus auf Tourismus und neue durchgehende Verbindung
Sommersaison: Mo-Fr alle 2-4h, Sa/So alle 2h
Wintersaison: Mo-Fr alle 4h, Sa/So alle 4h (ggfs. Rufbus)
Prüfung Ausrichtung in Wesenberg an SPNV (Brechung Linie mit kurzen Umsteigezeiten von/nach Neustrelitz)
Eine graphische Übersicht zum gegenwärtigen und künftigen Verkehrsangebot im Korridor sowie zur
prognostizierten Nachfrageentwicklung findet sich in den folgenden Abbildungen.
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Abbildung 27: Gegenwärtiges Angebot und Zielkonzeption im Beispielkorridor 4
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Zusätzliche Nachfrage im Gesamtkorridor
Sa/So Sommersaison (je Tag)
Sa/So Wintersaison (je Tag)
150
40
Abbildung 28: Prognose für Nachfragezuwachs im Beispielkorridor 4 (Querschnitt und absolute Werte, Sa/So)
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Zusammenfassung und Ausblick
Die Untersuchungen zu landesbedeutsamen Buslinien in Brandenburg haben gezeigt, dass
1. es einen erheblichen Handlungsbedarf (und nicht zu vernachlässigende Verkehrspotenziale) für
hochwertige öffentliche Verkehrsverbindungen im ländlichen Raum auch abseits der Schiene
gibt,
2. der grundlegende Verbesserungsansatz in einer besseren Verzahnung der Bahn- und Busangebote und einem auf den Hauptrelationen ausgeweiteten und systematisierten Busangebot besteht
(und dieser Ansatz bereits in zahlreichen Bundesländern umgesetzt wurde bzw. momentan eingeführt wird) und
3. in Brandenburg derzeit schon in mehreren Landkreisen PlusBus-Linien eingeführt wurden und in
weiteren Landkreisen geplant werden. Diese PlusBus-Linien entsprechen weitestgehend dem
hier dargestellten Angebotsniveau landesbedeutsamer Buslinien.
Damit ist der Weg für ein landesbedeutsames Busnetz als Ergänzung zum Schienenverkehr in vergleichbarer Angebotsqualität recht klar vorgegeben. Die in einigen Regionen Brandenburgs sich im
Aufbau befindlichen PlusBus-Netze bilden hierfür eine sehr gute Ausgangsbasis. Das Beispiel des Korridors Brandenburg – Bad Belzig – Jüterbog, der unabhängig von dieser Untersuchung zum Jahresbeginn 2017 deutlich aufgewertet wurde, zeigt, dass auf den bereits bestehenden PlusBus-Linien der
weitere Handlungsbedarf vor allem in Einrichtung Kreisgrenzen überschreitender Verbindungen besteht. Darüber hinaus wäre noch das Angebot in den Abendstunden und an Sonntagen auszuweiten,
um ein zum SPNV vergleichbares Angebotsniveau zu erreichen.
Hier stellt sich die Frage, wie die Einführung landesbedeutsamer Buslinien durch das Land Brandenburg unterstützt werden kann – über die bisherigen, auf eine koordinierende Funktion und Marketing beschränkten Aktivitäten hinaus. Als eine Möglichkeit hierfür kann die direkte finanzielle Unterstützung für landesbedeutsame Linien in anderen Bundesländern angeführt werden. So werden
Kreisgrenzen überschreitende Buslinien zwar durch das jeweilige Land gefördert, aber weiter von den
Landkreisen in ihrer Verantwortung als Aufgabenträger für Busverkehre bestellt. Alternativ möglich
wäre – orientiert am Beispiel Rheinland Pfalz – die Bestellung eines zu definierenden BusLandesnetzes direkt durch den VBB.
Unabhängig von diesen grundlegenden organisatorischen und finanziellen Rahmenbedingungen sollte das hier in einem ersten Schritt aufgezeigte Netz landesbedeutsamer Buslinien weiterentwickelt
werden, die Angebotsparameter festgelegt und die einzelnen Korridore vertiefend untersucht werden. Die sich derzeit in Aufstellung befindliche Mobilitätsstrategie des Landes Brandenburg kann
hierfür die passende Grundlage sein.
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