XVIII
hätte zurückdrängen können. — Ein paar abgelc'te
Thorwäclter standen vor ihren Wachkhausern — und
sahen za. ES waren Bürger, welche ans irgend einem
öffentlichen Orte kamen! Das ist nun gar nicht einer
lei, obschon das Zurückdrängen der Bürger immer
«ine Art von Selbsthülf« blieb, wobei indeß keiner ver
letzt wurde; aber es war doch kein Vergreifen an einer
Bürgerwache, und man muß doch die historische Treue
auch in Nebenumständcn beobachten, zumal bei einem
»ollkommen erwiesenen Falle.
Die Krone der Unwahrheiten bei der Erzählung
dieses Lasu- müssen wir herausheben, um solche dem
geneigten Publikum, als das künstlichste Stück dieser
seltsamen Sammlung historischer Unrichtigkeiten, zur
Schau zu stellen, nehmlich:
„daß der Magistrat zu R. ei» Zeugniß
„ausgestellthaben soll, in welchem der
„ganze Vorfall als ungegründet wi-
„verlegt wurde" —
Der Magistrat zu R., deffen Benehmen bei diesem
Vorfall edel und klug war, wie cS der Referent—wie
wohl sehr übel angebracht — selbst nennt, widerlegt
in diesem Dokument das ganze Ereigniß, welches er
nur polizeilich behandelte, gar nicht als ungegrün
det. Denn wenn solcher diese Unwahrheit als wahr
dczeugte, so handelte er nicht edel, ja er handelte un.
recht und albern rugleich, weil der Vorfall gar nicht
«bzuläuguen war, und weder von den Militärs, noch
von den Bürgern, abgeläugnet wurde. Die in Rede
stehende Urkunde stellt den Vorgang so her, wie ihn
deide Theile einstimmig, einige Tage nach dem Vorfall,
hei ruhiger tteberlegung und kaltem Blute, angaben.
Der Magistrat, oder eigentlich daS Direktorium dessel
ben, bezeugt blos darinnen, daß die Bürger so, und
wicht anders ausgesagt haben. Heißt daS einen Vorfall
»lS ganz ungegründet, widerlegen? Ein englischer
Gelehrter sagt, es könne gar nicht schaden, wenn ein
Schriftsteller etwas von der Sache verstehe, worüber
er schreibt — Wahrlich! <S kann noch weniger schaden,
wenn einer die Urkunde gelesen hätte, deren
Inhalt er publiciren will.
Um nun der trefflichen Krone, die der Erzähler
verfertiget hat, noch einen Edelstein einzusetzen, schmückt
»er Herausgeber der Zeitung für die elegante Welt, sie
mit einer Anmerkung von seiner Fabrikation aus, wor
innen ein wenig albern, gefragt wird:
„Wie? d»zu ließ sich derMagrstratge-
„brauchen, der, wo cS Wahrheit und
„Gerechtigkeit gilt, unbestechlich seyn
„soll?"
KurioS! der gedachte Magistrat dürste das Ding
wohl schwerlich, so wie wir, für eine bloße Schwach
heit gelten lassen, sondern für ein« blanke, baare Be
leidigung, und wenn er es bei dem Bewußtseyn, sich
bei dieser Sache der Gerechtigkeit und Klugheit gemäß
betragen zu haben, der Mühe werth achtet, den Herrn
Herausgeber mit einem Injurien - Prozeß bedienen.
Es scheint übrigens, als wenn dieser, nicht mit so
ganz vollkommen erwiesenen Thatsachen »erse
hen gewesen wäre, wie der Erzähler; denn wie konnte
er sonst den Fall einer Bestechung, auch nur als Hy
pothese annehmen? da eine Bcstcchuug, welche bei die
ser Sache vorgekommen seyn sollte, die ungereimteste
Lüge ist, gegen welche alle Unrichtigkeiten des Erzäh
lers mathematische Wahrheiten sind. Will der Her
ausgeber seine Frage dadurch rechtfertigen, daß er die
Ausstellung jenes Dokuments nur unter der Voraus
setzung tadle, daß die Erzählung des Referenten:
„der Magistrat habe den ganzen Vorfall als
„ungegründet widerlegt, und mithin sich Un
wahrheiten erlaubt" —
richtig fei, so mußte er doch nicht von Bestechungen
sprechen, um diese als die Veranlassung dazu nehmen.
Der Zusatz:
„Es läßt sich nicht glauben:"
ist ein Kompliment nach einer Ohrfeige, eine seyn sol
lende Dergütigung des zugefügten Unrechts, auf den
Fall, daß der, welchen man für einen Schurken erklärt
hat, wenn sich ja etwa fände, daß er keiner wäre, cs
doch nicht übel deuten möchte. — Sollte cs aber dcm
Herausgeber wirklich Ernst damit gewesen seyn, di«
Richtigkeit dieses einzelnen Theils der Erzählung, die
er der Aufnahme in seine berühmte Zeitung, deren
Papier und Lettern wenigstens immer elegant sind —
werth fand, za bezweifeln, so bitten wir denselben an
gelegentlich, uns zu erkennen zu geben, aus welchen
Gründen er denn alle übrige Theile derselben als un-
bezweifelt annahm, und wa« für Kriterien der histori
schen Wahrheit er daran fand? War es bloß die Ver
sicherung des, dem Publikum nicht genannten, Erzäh
lers, warum verließ er sich denn in Absicht dieser ein
zelnen Thatsache nicht auch daraus? und cS wäre denn
doch wohl eben so billig gewesen, die historische Treue
dcS Referenten zu bezweifeln, so fern sie die Ehre von
Militär-Personen betrifft, und nicht so unbedenklich
eine Geschichte zu publiciren, der eS, so wie Referent
sie darstellt, an Beweisen ganz und gar mangelt:
Schlüßlich leuchtet aus dem Aufsatz des anonymi-
schen Verfassers, der mit den glänzenden Farben der
Aufklärung und Popularität angepinselt ist, die Ani
mosität desselben gegen daS Militär hervor. Doch es
sei! Darüber lacht man! Wir werden unS in keinen
Federkrieg einlassen, und sollte der Verfasser mit dieser
Zurechtweisung nicht zufrieden seyn, so werden ihm,
wie jener Elfter in der Fabel, die Federn gerichtlich
gerupft werden.
v. M...... r.
Nachricht ftir das Publikum wegen der Zeitschrift
Irene, herausgegeben von tzalem.
Irene, seit drei Jahren vom Publikum gütig ausge
nommen, wird auch im Jahre 1804. erscheinen; und