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Dokumentation

Full text: fair.kiez / Beckers, Peter (Rights reserved) Ausgabe 2015 Dokumentation (Rights reserved)

Dokumentation. „Stadtverträglicher Tourismus – internationale Erfahrungen im Vergleich mit Berlin und Best Practice in Friedrichshain-Kreuzberg“ Inhalt. Vorwort. 05 Ausgangssituation. 06 Projektidee und Kooperationen. 07 Projektziel. 07 Projektphase 1 – Analyse. 08 Projektphase 2 – Umsetzung. 12 Fazit. 17 Statement der Kooperationspartner *innen. 20 Hinweis. Zusätzlich zur Broschüre gibt es noch einen Handlungsleitfaden zur Umsetzung des „Pilotprojektes“. Dieses Dokument können Sie auf folgenden Seiten downloaden: www.wirtschaftsfoerderung-friedrichshain-kreuzberg.de www.fairkiez.berlin 4 1. Pantomime-Künstler*innen Vorwort. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg setzt sich seit einigen Jahren für die Entwicklung eines verträglicheren Tourismus in den stark nachgefragten Kiezen ein. Der Schutz der Anwohner *innen vor den negativen touristischen Auswirkungen ist uns besonders wichtig. Das vorliegende Projekt „Stadtverträglicher Tourismus – internationale Erfahrungen im Vergleich mit Berlin und Best Practice in Friedrichshain-Kreuzberg“ diente dazu. Jenseits repressiven behördlichen Eingreifens sollten Erfahrungen von Kommunen mit ihren speziellen Maßnahmen generiert und beispielhaft im Bezirk erprobt werden. 2. Dr. Peter Beckers Bezirksstadtrat für Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport Mit dem Projekt ist es gelungen, dass sich Bezirk und touristische Akteure wie visitBerlin, die DEHOGA Berlin, die Clubkommission Berlin e. V. und Unternehmen gemeinsam mit dem Thema „Stadtverträglicherer Tourismus“ auseinandersetzen und es fördern. Ich danke den Akteur*innen für das Einbringen ihrer Erfahrungen, Kontakte und Ideen sowie für das finanzielle Engagement, mit dem erst eine Realisierung möglich wurde. Im Ergebnis ist festzustellen, dass es bei der Pantomime-Künstler*innen nicht nur Wirkungsunterschiede zu den beiden Vergleichsstädten gibt, sondern auch innerhalb unserer Kieze. Was im einen besser funktioniert, kann schon im räumlich benachbarten Kiez schlechter funktionieren. Dort wo es nicht zufriedenstellend wirkt, müssen wirkungsvollere Maßnahmen zum Schutz der Anwohner*innen eingesetzt werden. Die zentrale Fragestellung des Projekts lautete: Wie gehen andere Städte mit dem Thema Nutzungskonflikte durch Tourismus um? Welche Maßnahmen setzen sie zur Entschärfung der Konflikte ein und können solche Maßnahmen auch in Berlin wirken? Das Bezirksamt setzt sich unter dem im Projekt entwickelten Logo „fair.kiez“ weiter für ein faires Miteinander im Kiez ein und macht seine Aktivitäten unter www.fairkiez.berlin transparent. Zur Beantwortung der Fragestellungen wurden in der ersten Hälfte der Projektlaufzeit Maßnahmen anderer Städte ermittelt und bezüglich ihrer möglichen Übertragbarkeit auf den Bezirk ausgewertet. Anschließend wählte das Projekt die PantomimeKünstler*innen (Paris, Barcelona) als ein „Best Practice“ für die Erprobung in unseren Kiezen aus. Der Einsatz der PantomimeKünstler*innen geschah in Begleitung von Kommunikator*innen, um nicht nur Aufmerksamkeit zu generieren, sondern auch in den Dialog mit den abendlichen Gästen eintreten und für das Anliegen eines „fair Kiez“ sensibilisieren zu können. Ich danke allen am Gelingen des Projekts beteiligten Akteur*innen und freue mich über das hohe Engagement, das die Kollegen*innen in der bezirklichen Wirtschaftsförderung und den vielen beteiligten Ämtern unserer Bezirksverwaltung der Entwicklung und Implementierung eines „Stadtverträglicheren Tourismus“ in unseren Kiezen entgegenbringen. Dr. Peter Beckers Bezirksstadtrat für Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport 5 4. Einsatz im Wrangelkiez, Kreuzberg 3. Simon-Dach-Straße, Friedrichshain Ausgangssituation. Der Berlin-Tourismus hat sich mit einem Umsatz von ca. 10 Milliarden Euro zu einem der wichtigsten Wirtschaftsfaktoren der Stadt entwickelt. 2014 lebten davon 240.000 Berliner*innen.1 Hauptanziehungspunkte auch 2015 waren die Innenstadtbezirke Mitte, Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof–Schöneberg auf die sich 80 % der Tourist*innen fokussieren. Die dynamische Entwicklung des Tourismus in den letzten Jahren beeinflusst nicht nur die lokale Gewerbestruktur, sondern auch die Lebensqualität der Bewohner*innen in den Innenstadtbezirken. 6 Positive Effekte für die Stadt Berlin und für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg sind das Wirtschaftswachstum, Beschäftigung und Steuereinnahmen. Neben den positiven Aspekten zeigen sich auch negative Begleiterscheinungen in den von Tourist*innen und Besucher*innen stark frequentierten Kiezen wie zum Beispiel Lärm zur Nachtzeit, Vermüllung und Verschmutzungen auch in den Hauseingängen. In den Kiezen bilden sich vermehrt Monostrukturen 2. 1 Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg / Wirtschaf tsfaktor für Berlin von visitBerlin Die Begleiterscheinungen sind bekannt. Bisherige Lösungsansätze fokussierten sich auf „weiche“ Methoden der Konfliktlösungen zwischen Anwohner*innen und Gastronomen*innen wie Mediationen, Moderationen mit dem Abschluss lokaler Vereinbarungen bzw. mit der Organisation von Eigentümersalons zur Ansprache der Eigentümer*innen. „Harte“ Methoden, beispielsweise die Prüfung der Anwendbarkeit im Stadtplanungsrecht auf der Grundlage des § 15 der BauNutzungsVO bzw. die restriktive Anwendung ordnungsrechtlicher Maßnahmen wie Verbote, Einrichtung von Sperrzeiten wurden ebenso aufgezeigt. Als Ergebnis wird nach derzeitigen Erkenntnissen durch die Akteure ein komplexes Wechselspiel zwischen „harten“ und „weichen“ Methoden als notwendig erachtet. Bei der Befriedung von Nutzungskonflikten durch den Tourismus wurde immer wieder, neben den bereits genannten Methoden, die Notwendigkeit gesehen, Möglichkeiten zu finden auch die Gäste (als Verursacher*innen) direkt vor Ort anzusprechen und für die Problematik zu sensibilisieren. Genau hier setzte das Projekt „Stadtverträglicher Tourismus – internationale Erfahrungen im Vergleich mit Berlin und Best Practice in Friedrichshain-Kreuzberg“ an. 2 Es etablieren sich monostrukturelle Ökonomien, die den Touristen alles bieten, was sie brauchen – Cafés, Bars, Supermärkte, Souvenirshops – aber die Bedürfnisse der Anwohner*innen nicht berücksichtigen. Projektidee und Kooperationen. Die Idee zu diesem Projekt für einen stadtverträglichen Tourismus im Bezirk wurde von den touristischen Akteur*innen aus dem Bezirk selbst, u.a. aus dem „Runden Tisch Tourismus“ 3 und durch die Clubcommission Berlin e. V. an die Wirtschaftsförderung herangetragen. Bei den touristischen Akteur*innen, Institutionen und Unternehmen des Bezirkes aus der Gastronomie, Hotellerie, Clubbranche, des Hotel- und Gaststättenverbands und Service in the City / visitBerlin stieß die Idee auf großes Interesse. Sie sagten ihre Kooperationsbereitschaft zu, unterstützten das Projekt durch ihre Kenntnisse, Erfahrungen und Kontakte und beteiligten sich finanziell. Die Kooperationspartner*innen setzten damit ein Zeichen für einen stadtverträglichen Tourismus im Bezirk. Durch ihre tatkräftige Unterstützung ist es gelungen, das Projekt in dem kurzen zeitlichen Rahmen zu realisieren. Kooperationspartner *innen .. .. .. „Service in the City“ / visitBerlin – www.visitBerlin.de Clubcommission Berlin e. V. – www.clubcommission.de DEHOGA Berlin – Hotel- und Gaststättenverband Berlin e. V. – www.dehoga-berlin.de .. A&O Hostels und Hostels Holding AG – www.aohostels.com .. EASTERN-COMFORT hostelboat berlin GmbH – www.eastern-comfort.com .. papaya restaurants – www.papaya-service.de .. Suicide Circus Berlin – www.suicide-berlin.com Umgesetzt wurde das Projekt durch die Clubcommission Berlin e. V. im Zeitraum vom 6. Oktober 2014 bis 31. August 2015. 3 „Runder Tisch Tourismus“ ist ein Netzwerk aus Tourismusakteuren verschiedener Branchen, der Politik und Verwaltung im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg. Unterstützt wurde das Projekt außerdem durch den „Runden Tisch Tourismus Friedrichshain-Kreuzberg“, das Bezirkliche Bündnis für Wirtschaft und Arbeit (www.bwa-fk.de), das Ordnungsamt Friedrichshain-Kreuzberg und die Direktion 5 der Polizei Berlin. Projektziel. Ziel des Projektes „Stadtverträglicher Tourismus – internationale Erfahrungen im Vergleich mit Berlin und Best Practice in Friedrichshain-Kreuzberg“ war es, im internationalen Vergleich Methoden zu finden, welche auf das Verhalten der touristischen Gäste in Gebieten mit Nutzungskonflikten positiv einwirken können. Mit einem „Best Practice“ (Pilotprojekt) sollten Verhaltensänderungen der Besucher*innen erreicht werden, die ebenfalls ein positives Image für den Bezirk und die Stadt Berlin fördern. 1. Phase Eine analytische Betrachtung und Auswertung vergleichbarer europäischer Metropolen und die Empfehlung eines umsetzbaren Pilotprojektes. 2. Phase Umsetzung / Evaluierung des Pilotprojektes in ausgewählten, touristisch belasteten Kiezen in Friedrichshain-Kreuzberg. Zielgruppen waren hauptsächlich Berlin-Tourist*innen und KiezBesucher*innen. Begleitet wurde das Projekt durch eine zielgruppengerechte Öffentlichkeitsarbeit. 7 Projektphase 1 Analyse. Aufgabe der ersten Projektphase war eine analytische Betrachtung und Auswertung vergleichbarer europäischer Metropolen. Es wurden auf den Bezirk und auf Berlin übertragbare Maßnahmen / Lösungen / Handlungsempfehlungen zur Konfliktbewältigung zwischen Anwohner*innen, Tourist*innen, Besucher*innen herausgearbeitet. Ein Pilotprojekt sollte so ausgewählt werden, dass es für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg nachhaltig anwendbar und auf Berliner Schwerpunktgebiete übertragbar ist. Die Analyse wurde im Zeitraum von Oktober 2014 bis März 2015 durchgeführt. Die Analyse erfolgte unter Berücksichtigung folgender Kriterien. Die auszuwählende Maßnahme sollte: .. 8 gezielt auf das Konfliktfeld nächtliche Ruhestörung durch Lärm im Bereich Nightlife Hotspots einwirken. .. sich dialogorientiert durch eine positive Ansprache an die Besucher*innen des Nachtlebens auf die Problematik von Lärm in Wohngebieten richten. Dies beinhaltet, dass die Maßnahme Aufmerksamkeit erzeugt und über die Stadt- grenzen hinaus in der Lage ist, eine positive Message zu verbreiten. .. die Möglichkeiten des Einbezugs privatwirtschaftlicher Akteur*innen bei der Finanzierung der Maßnahme fördern. Eine Zunahme der Nutzungskonflikte durch den Tourismus ist in vielen europäischen Städten zu beobachten. Was machen die anderen? Internationale europäische Großstädte im Vergleich In einem ersten Schritt der Datenerhebung stand die Frage im Vordergrund, welche anderen großen Städte Europas vergleichbare Probleme haben. Entsprechend wurden zunächst die größten Destinationen Europas und deren nachtökonomische Hotspots identifiziert. Hierzu wurden die aktuellen Tourismuszahlen verglichen. Innovative Handlungsansätze und Maßnahmen im Vergleich In einem zweiten Schritt stand die Frage im Vordergrund, welche innovativen, dialogorientierten Ansätze und Maßnahmen einer positiven Ansprache an Besucher*innen des städtischen Nachtlebens aus dem In- und Ausland sich für eine Übertragung nach Friedrichshain– Kreuzberg und Berlin eignen könnten. Um den Untersuchungsfokus zu schärfen und die Lösungsansätze von restriktiv-regulierenden, präventiv- und dialogorientierten Maßnahmen aus dem Themenfeld Stadttourismus, Nachtleben und lokales Konfliktmanagement zusammenzufassen, wurden die zu ermittelnden und zu analysierenden Maßnahmen anhand von drei Filtern eingegrenzt. (siehe Abbildung) Maßnahmenfilter Filter 1 Problemfeld Lärm und nächtliche Ruhestörung in den Nightlife Hotspots Filter 2 Maßnahmen Dialogorientierte Maßnahmen Filter 3 Ansprache Positives Einwirken auf Touristen und Besucher des Nachtlebens Bei der weitergehenden Analyse der Maßnahmen im Anschluss an die Recherchen hat sich gezeigt, dass die ermittelten dialogorientierten Maßnahmen sehr unterschiedlich sind. Jede Stadt hat seine eigenen Problemlösungen aus denen sich eigene Lösungswege und Handlungsmöglichkeiten entwickeln. Ein direkter Vergleich aller 37 Maßnahmen war nicht zielführend. Eine Zusammenfassung ähnlicher Maßnahmen war notwendig. Es erfolgte eine strategische Bündelung der 37 Maßnahmen in 10 Methoden. Die nun 10 Methoden wirken in 4 unterschiedlichen stadt- und sozialräumlichen Dimensionen, die als Aktionsfelder benannt wurden: 5. Einsatz im Boxhagener Kiez, Friedrichshain Nr. Methode Best Practice Vergleichsstädte Ebene des öffentlichen Raums (ÖR) 1 2 3 Patrouillen von Mediator*innen Künstlerisch-performative Interventionen Schilder und Hinweise Zürich, Paris Paris Barcelona München, Köln Barcelona, Budapest, Brüssel, Zürich Schaffhausen, Lausanne mediale Ebene (ME) 4 5 6 Dezibelanzeiger Imagekampagne Nachtschwärmerstadtplan Barcelona Amsterdam München, Köln Barcelona, Budapest, Brüssel, Zürich Bereich der privatwirtschaftlichen Nachtökonomie (NÖ) 7 8 Nachtbürgermeister Schulung von Personal Amsterdam Manchester Paris Kopenhagen, Berlin Bereich der zivilgesellschaftlichen Beteiligung (ZG) 9 10 Gebietsmonitoring Kiezwerkstätten Amsterdam Berlin Berlin Istanbul 9 Alle Methoden haben grundsätzlich das Potenzial, die spezielle Aufgabenstellung zu erfüllen. Ebene des öffentlichen Raums (ÖR) Patrouillen Eine vielerorts vorgefundene, oft sehr erfolgreiche Methode ist die der Patrouillen von Mediator*innen. Diese bestehen überwiegend aus mobilen Teams, die in besonders betroffenen Quartieren, auf Straßen und Plätzen auf Ruhestörer einwirken und zwischen Anwohner*innen, Nachtschwärmer*innen und lokalen Gastronom*innen moderieren. (Best Practice: Zürich, Paris) 10 Künstlerisch-performative Interventionen Künstlerisch-performative Interventionen sind Eingriffe im öffentlichen Raum, die über das Spiel und auf subtile kreative Art versuchen, auf Bedürfnisse der Anwohner*innen aufmerksam zu machen. Dabei sind die Darsteller*innen nicht als alleiniges Medium zu begreifen. Vielmehr wird im Sinne einer Theateraufführung gehandelt: Räumliche Situationen werden genutzt und aufgegriffen, Zuschauer*innen werden in die Aufführung einbezogen, es gibt Kulissen, Requisiten, usw. Dies macht einen besonderen Erlebnisgehalt aus und auf subtile Art werden bestimmte Inhalte spielerisch vermittelt. (Best Practice: Paris) Schilder und Hinweise Unter der Methode „Schilder und Hinweise“ sind fixe oder temporär platzierte Hinweistafeln oder Säulen zusammengefasst, die Besucher*innen in bildlicher Sprache bestimmte Verhaltensregeln mitteilen. Alle Maßnahmen sind größtenteils in andere Methodiken (Imagekampagne) eingebunden bzw. reichen in weitere Aktionsfelder hinein (Nachtökonomie und medialer Raum). (Best Practice: Barcelona) mediale Ebene (ME) Dezibelmesser Mit der Methode „Dezibelanzeiger“ wird das Aufstellen von Geräten oder Displays beschrieben, welches sichtbar über den objektiven technischen Messwert von Lärm und Geräuschen vermitteln soll, wie laut es im öffentlichen Raum im Bereich des Nachtlebens ist. Es wurden dabei keine konkreten Beispiele, sondern nur einzelne Ansätze gefunden, die in diesem Zusammenhang stehen. Daher steht weniger ein Vergleich der Maßnahmen als vielmehr eine Diskussion über eine Möglichkeit zur Ansprache und Prävention im Vordergrund. (Vgl.: Zürich, Barcelona) Imagekampagnen Imagekampagnen sind unerlässliche Begleiter von Maßnahmen und können bei gelungener Ausführung die Popularität dieser erweitern. Bei den ermittelten Beispielen soll das Aktionsfeld im Vordergrund stehen, da über vielfältige Medien, die über den öffentlichen Raum hinausreichen, visuelle Kommunikationswege entstehen, um entsprechende Inhalte an die anzusprechende Zielgruppe kommunizieren zu können. (Best Practice: Barcelona) Nachtschwärmerstadtplan Der Nachtschwärmerstadtplan dient insbesondere den ortsunkundigen Besucher*innen als klassische Orientierungshilfe. Er kommuniziert Verbote, Verhaltensregeln und Notrufnummern an die Besucher*innen. (Best Practice: Amsterdam) Bereich der privatwirtschaftlichen Nachtökonomie (NÖ) Nachtbürgermeister*in Ein vor allem in den Niederlanden und Frankreich weit verbreitetes Model ist die / der Nachtbürgermeister*in. Sie / Er stellt ein Bindeglied zwischen den Akteur*innen aus der Nachtökonomie, Politik, Verwaltung und den Anwohner*innen dar und gilt als Vermittler*in unter den Parteien. Des Weiteren verleiht die / der Nachtbürgermeister*in dem Nachtleben eine Stimme und dient als Botschafter*in der Clubs und Bars im Tagesgeschehen. (Best Practice: Amsterdam) Schulungen von Personal Über die Schulung von Personal lässt sich ebenfalls eine gezielte Ansprache der Besucher*innen des Nachtlebens vornehmen, die bereits im Vorfeld möglicher Konflikte zum Tragen kommt. Ein groß angelegtes Ziel ist der positive Einfluss auf die Gestaltung der Brennpunkte (Alkoholexzesse, Lärm, Vandalismus) des Nachtlebens, gegen die durch geschultes Konfliktmanagement in den Gastronomiebetrieben und Diskotheken vorgegangen wird. (Best Practice: Manchester) Bereich der zivilgesellschaftlichen Beteiligung (ZG) Gebietsmonitoring Als Instrument der Stadtentwicklung angesichts der immer komplexer werdenden Herausforderungen, denen sich Verwaltung und Politik gegenübersehen, nimmt die Bedeutung des Gebietsmonitoring rasant zu. In den Konfliktquartieren wurden im konstruktiven Dialog zwischen Immobilienwirtschaft, Gewerbetreibenden und Anwohner*innen Lösungen gefunden, Kooperationen gestiftet und durch Beteiligung in Projekten die Gewerbetreibenden, die Eigentümer*innen, Verwaltung und Anwohner*innen zu Partner*innen gemacht. Mittels Kommunikation mit allen Beteiligten wurden Vereinbarungen getroffen, die das Miteinander im Quartier verbessern und Konflikte entschärfen. (Best Practice: Berlin) Kiezwerkstätten Eine Methode zur Unterstützung des Gebietsmonitoring sind die Kiezwerkstätten, besonders in den Konfliktquartieren. Ziel ist es, im konstruktiven Dialog zwischen Immobilienwirtschaft, Gewerbetreibenden und Anwohner*innen Lösungen zu finden, Kooperationen zu stiften und durch Beteiligung in Projekten die Gewerbetreibenden, die Eigentümer*innen, Verwaltung und Anwohner*innen zu Partnern machen. (Best Practice: Berlin) 6. Pantomime-Künstlerin 7. Pantomime-Künstler*innen Auswahl – Ergebnis der Vergleichsanalyse Die Vergleichsstudie zeigt, dass es verschiedene erfolgversprechende Möglichkeiten gibt. Unter dem Fokus, welche Potenziale die Methoden für den Berlin-Kontext und insbesondere für Friedrichshain-Kreuzberg besitzen und unter Berücksichtigung der Rahmenbedingungen des Projektes (zeitlicher Umfang, finanzielle Ausstattung), wurde im Ergebnis zur positiven Ansprache der Nachtschwärmer*innen der Einsatz von Künstler*innen / Pantomim*innen im öffentlichen Raum in Kombination mit Mediator*innen als die erfolgversprechendste Maßnahme ermittelt. Eine charmante Sensibilisierung durch eine Mischung aus pantomimischem Straßentheater, Interaktion und Information durch Mediator*innen, begleitet durch eine Medienkampagne. Die Methode erfüllt die in der Aufgabenstellung formulierten Kriterien, weil: .. eine zielgruppengerechte, positive Ansprache der Besu- cher*innen des Nachtlebens erfolgt. .. die Maßnahme punktuell und flexibel einsetzbar ist und kurzfristig dort Erfolge erzielen kann, wo die Konfliktlage hoch ist. .. durch subtile Gesten oder Schauspiel ohne Sprache Botschaften vermittelt werden können. (Landessprache irrelevant) .. über das „Spektakel“ eine große Aufmerksamkeit erreicht werden kann, mit hoher Strahlkraft und schneller Verbreitung und Popularität. .. die Einbeziehung von privatwirtschaftlichen Akteur*innen bei der Finanzierung der Maßnahmen möglich ist. 11 Projektphase 2 Umsetzung. Aufgabe der zweiten Projektphase war es, das ausgewählte Pilotprojekt aus der ersten analytischen Projektphase in einigen, touristisch belasteten Gebieten in Friedrichshain-Kreuzberg zu erproben, zu evaluieren und die Anwendbarkeit auf andere Konfliktgebiete in Berlin zu prüfen. Die Vorbereitung und Umsetzung des Pilotprojektes erfolgte von April bis August 2015. Um das Pilotprojekt umzusetzen waren verschiedene Vorarbeiten notwendig. 3BKE, Grafiker „Um die Vielzahl der im Projekt angesprochenen „Problem- und Themenfelder“ darzustellen, wurde auf der grafischen Ebene nicht der Weg der Reduktion, sondern der Darstellung in seiner Komplexität gewählt. Es wurden sogenannte „Wimmelbilder“ aus dafür entwickelten einzelnen Piktogrammen erstellt, die in frei kombinierbarer Zusammensetzung, typische Berlin-Motive, den Kiezbezug und Lösungsansätze visualisieren.“ 8. Corporate Design „fair.kiez“ Zuerst wurden – der Empfehlung der Analyse folgend – gemeinsam mit den Partner*innen die Spezifika für Berlin / Friedrichshain-Kreuzberg herausgearbeitet. 12 „Um über die Kostüme einen Berlin-Bezug herzustellen, entsprechen diese zum einen typischen Gästen der Berliner Nachtkultur und zum anderen den Typen der Berliner Zeitgeschichte“, so die Kostümbildnerin Kristina Weiss, Werkstatt für Kostümkunst. Ein übergeordnetes Ziel des Projektes in Friedrichshain-Kreuzberg war es, ein positives Image des Bezirkes zu fördern und die Botschaft des „Stadtverträglichen Tourismus“ und des fairen Umgangs über eine breite Öffentlichkeitsarbeit zu kommunizieren; hierfür wurde ein „Leitbild“ für das Projekt erarbeitet. Die Mediator*innen waren in diesem Kontext mehr Kommunikator*innen und wurden im Projekt auch so benannt. Robert Eysoldt, zerooverhead „Als übergeordnete Botschaft wurde festgelegt, dass es um den Dialog, sprich den Ausgleich unterschiedlicher Interessen im öffentlichen Raum geht. Hierfür wurde in der Namensbildung des umzusetzenden Pilotprojektes der Begriff „fair“ verwendet. Um den Berlin typischen Bezug herzustellen, wurde dazu der Begriff „kiez“ gewählt.“ 9. Kostüme der Künstler*innen Parallel erfolgte gemeinsam mit den Kooperationspartner*innen die Auswahl der Einsatzgebiete, in enger Abstimmung mit dem Ordnungsamt und der Polizei. Es wurden Gebiete im Außenbereich von Gastronomiebetrieben, Clubs und auf Freiflächen an sechs definierten Hotspots von Friedrichshain-Kreuzberg ausgewählt: .. .. .. .. .. .. Falkensteinstraße Schlesische Straße East-Side-Park Simon-Dach-Straße Sonntagstraße / Bahnhofsstraße Warschauer Brücke / Oberbaumbrücke Ein nächster Schritt des Projektes war es, geeignetes Personal, sprich Pantomime-Künstler*innen und Kommunikator*innen für den Einsatz auf der Straße auszuwählen. 11. Pressekonferenz am 08.Mai 2015, Einsatzteam Die Pantomime-Künstler *innen sollten über eine fundierte Ausbildung verfügen und Berufserfahrung haben. Anders als im geschützten Raum eines Theaters sind Pantomime-Künstler *innen im öffentlichen Raum stärker unvorhersehbaren Einflüssen ausgesetzt. Elias Liermann alias Elias Elastisch, dipl. Pantomime / Mime, Schauspieler und visueller Künstler: „Schauspielerei ist ein Geschenk. Wir Pantomimen sind Schauspieler und wir sehen uns damit in so etwas wie der Schlüsselfunktion des Projektes. Wir binden die Betrachter über die Faszination am Spiel in eine wortlose und zugleich Grenzen überschreitende wechselseitige Kommunikation. Wir erreichen die Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihres Alters oder gar ihrer Sprache. Durch das Mittel der Pantomime folgen die Betrachter spielerisch der Botschaft zu einem fairen und respektvollen Miteinander. Wir legen alle Fantasie, Witz und Lyrik hinein, die Gäste belohnen sich am Ende der kleinen Inszenierungen, in dem sie die Geschichte für sich auflösen und die Botschaft verstehen.“ 10. Pantomime-Künstler bei der Vorbereitung 13 12. Public Viewing in der Simon-Dach-Straße, Friedrichshain Wichtig bei den Kommunikator*innen war, neben dem Szenebezug, das diese über Erfahrungen verfügen, um auch in Konfliktsituationen angemessen reagieren zu können sowie unterschiedliche Sprachkenntnisse haben. Der Einsatz vor Ort startete nach Abschluss der Vorbereitungsphase am 08. Mai 2015 mit dem eigens für das Projekt entwickelten Corporate Design und der Wortmarke „fair.kiez“. 14 Der Einsatzort im öffentlichen Raum wurde zur „Bühne“. Durch die Pantomime-Künstler*innen  wurden unter Zuhilfenahme von kleinteiligen Requisiten Theaterszenen zum Thema „Zu Gast im Kiez“ angespielt und so das Publikum in eine Interaktion hineingeholt. Die Auflösung der Geschichte ergab sich aus der Inszenierung selbst oder durch die Kommunikator*innen, welche Gespräche führten und Flyer verteilten. Im Einsatz waren jeweils Teams bestehend aus zwei Künstler*innen und zwei Straßenkommunikator*innen, insgesamt im Projekt tätig waren fünf Pantomime-Künstler*innen mit Straßentheatererfahrung und sieben Straßenkommunikator*innen. Es fanden 15 Aktionen von Anfang Mai 2015 bis Anfang August 2015, jeweils Freitag und Samstag zwischen 22 und 2 Uhr statt. Der Einsatz der Pantomime-Künstler*innen wirkte in den ausgesuchten touristisch belasteten Stadträumen sehr unterschiedlich. Im Bereich Wrangel-Kiez, Falkenstein Straße / Schlesische Straße war der Einsatz erfolgreich. Die Botschaft wurde aufgenommen und die Gäste sensibilisiert. Ein Grund hierfür war, dass sich unter den vielen Touristen auch zahlreiche Anwohner*innen befanden, welche das Projekt kannten und es als Unterstützung für ihre Anliegen, für ihren Kiez sahen. Sie stimmten der Interaktion zu und haben selbst kommunikativ mitgewirkt. Unmittelbar nach den Auftritten konnte eine „Beruhigung“ festgestellt werden. Im East-Side-Park stellte sich heraus, dass die Kommunikation zwischen Publikum und Pantomime-Künstler*innen / Kommunikator*innen sehr gut funktionierte, da ein „entspanntes“, überwiegend junges Publikum angetroffen wurde, welches insbesondere an der East-Side-Gallery auf den Freizeitflächen verweilte. Das Publikum zeigte eine hohe Bereitschaft auf das „Spiel“ einzugehen. Die hier zusätzlich angebrachten Hinweise auf liegengelassenen Müll wurden freundlich aufgenommen. 13. Einsatz im East-Side-Park, Friedrichshain 14. Einsatz in der Sonntagstraße, Friedrichshain Unterschiedlicher gestalteten sich die Reaktionen im Boxhagener Kiez / Simon-Dach-Straße. Von vielen, vorwiegend jungen Gästen, wurde aufgrund der Gastronomiedichte die Geräuschkulisse als sozial toleriert und akzeptiert angesehen. Das Bewusstsein für die Probleme im Kiez zeigte sich hier bei den Besucher*innen am geringsten. Den Gästen war nicht bewusst, wie laut sie eigentlich waren und dass sie „stören“. Insoweit wurde die „Mahnung“ aufgenommen und es wurde temporär „ruhiger“. Die Kommunikation zwischen den Gästen und Tourist*innen und den Pantomime-Künstler*innen / Kommunikator*innen auf der Warschauer Brücke und der Oberbaumbrücke gestaltete sich schwierig. Auf den von Gästen, Tourist *innen und Berliner*innen sehr stark frequentierten Brücken konnte das Publikum kaum erreicht werden. Durch den S- und U-Bahnbereich findet hier ein sehr starker Durchgangsverkehr statt. Man möchte schnell seinen Zielort erreichen. Daher ist die Zielgruppe zur Aufnahme von Informationen oder Botschaften weniger bereit. Auf dem schmalen Bürgersteig der Warschauer Brücke konnte die Darstellung der Pantomime-Künstler*innen nur sehr eingeschränkt erfolgen. Außerdem ist durch das Verkehrsaufkommen der Lautstärkepegel so hoch, dass diese Orte für eine Kommunikation nicht geeignet sind. Anwohner*innen waren kaum unter den Gästen. Sie wurden eher beim Spaziergang oder im Vorbeigehen angetroffen. Sie äußerten sich jedoch überwiegend positiv, über den Versuch die Gäste anzusprechen und für die Interessen der Anwohner*innen zu sensibilisieren. Sie sahen dies auch als ein Signal, dass die Problemlage erkannt und Maßnahmen ergriffen und nicht nur weiter „zugeschaut“ wird. Nur wenige waren skeptisch und der Meinung, dass diese Maßnahme nicht wirkt. 15 Die Einsätze in der Sonntagstraße / Bahnhofstraße im Bereich Ostkreuz wurden von parallel zum Projekt stattfindenden Veranstaltungen wie z. B. dem „Karneval der Kulturen“ beeinflusst, sodass zu diesem Zeitpunkt weniger Gäste anwesend waren. Der Kiez wird größtenteils von jungen Leuten als Treffpunkt genutzt, welche sich im Laufe des Abends an weitere touristisch nachgefragte Orte z. B. Clubs im Bezirk begeben. Die Botschaft des „Stadtverträglichen Tourismus“ wurde auf dem Weg „mitgenommen“. 15. Künstler*innen auf der Oberbaumbrücke Als Unterstützung bei der Überbringung der Botschaft zum „Stadtverträglichen Tourismus“ wurde der Bekanntheitsgrad des Projektes bei den Einsätzen eingeschätzt. Das einheitliche Corporate Design, die Etablierung der Wortmarke „fair.kiez“, die Erstellung von Flyern, Plakaten, Stickern, das Erstellen einer Internetseite und von drei Filmen / Trailern trugen maßgeblich dazu bei. Der gezielte Einsatz der Kampagne erfolgte mit dem Berliner Fenster, Verlinkungen auf verschiedenen Internetseiten, Kurzfilmen auf Youtube, Devendo, Notes of Berlin und Verteilung mit Dinamix. Zusätzlich wurden Parkautomaten in belasteten Straßen mit dem entwickelten Corporate Design + QR-Code bestückt. Das sehr große Medieninteresse übertraf die Erwartungen. Lokale, nationale und internationale Medien aus allen Bereichen stellten Anfragen. 16 Es wurden gemeinsam mit den Kooperationspartner*innen zwei Pressekonferenzen durchgeführt. Bei der ersten Pressekonferenz – nach Abschluss der 1. Phase – wurde das Ergebnis der Vergleichsanalyse vorgestellt. 16. Pressekonferenz am 8.Mai 2015 Kooperationspartner Edgar Schmidt von Groeling / Michael Näckel Die zweite Pressekonferenz erfolgte unmittelbar beim Beginn des Einsatzes der Künstler *innen und Kommunikator *innen vor Ort. Die Anfragen von Filmteams und anderen Medien zur Begleitung der Teams nahm bis zum letzten Einsatztag nicht ab. Insgesamt 60 lokale, nationale und internationale Beiträge wurden erfasst und analysiert. Die Berichterstattung wurde zu 25 % positiv, 62 % ausgewogen und 13 % negativ eingeschätzt. Am weitesten wurde die Botschaft des „Stadtverträglichen Tourismus“ und „fair.kiez“ nach Amerika von BBC travel und FOX-TV in die Welt getragen. 17. Filmteam auf der Simon-Dach-Straße, Friedrichshain Fazit. Für den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg wurde im internationalen Vergleich eine kommunikative und kreative Methode zur Ansprache der Gäste ausgewählt und pilothaft erprobt. Mit der Umsetzung des Pilotprojektes – einer künstlerisch-performativen Intervention, dem Einsatz von Kommunikator*innen und einer gezielten Medienkampagne – sollten Besucher*innen für die Bedürfnisse der Anwohner*innen im Kiez sensibilisiert werden. Darüber hinaus wurde angestrebt, die Imagebildung des Bezirkes zu beeinflussen, in dem die Kreativität, Vielfalt und ein fairer Umgang miteinander im Vordergrund der Wahrnehmungen stehen. 18. Einsatz in der Simon-Dach-Straße, Friedrichshain Positiv wirkte der gemeinsame Schulterschluss von überbezirklich agierenden Partner*innen wie Service in the City / visitBerlin, der DEHOGA Berlin, die Clubcommission Berlin e. V. und lokalen touristischen Unternehmen im Bezirk aus der Gastronomie-, Club- und Hotelbranche und dem Bezirksamt. 17 Es ist gelungen, mit der Projektumsetzung ein kurzfristiges, aufsehenerregendes Zeichen zu setzen. Um aber langfristig eine Sensibilisierung für das Thema „stadtverträglicher Tourismus“ bei den Gästen und Tourist*innen zu erreichen, müsste eine kontinuierliche Wiederholung erfolgen. Der Einsatz der Pantomime-Künstler*innen wirkte in den ausgesuchten, von Gästen und Tourist*innen stark frequentierten Stadträumen sehr unterschiedlich (siehe Auswertung Seite 14/15). Als Einsatzorte besonders geeignet sind Plätze und parkähnliche Anlagen, die zum Verweilen einladen, da dort eine besonders entspannte Atmosphäre vorherrscht; aber auch Straßenzüge mit breiten Bürgersteigen und Außengastronomie. Die Teams müssen aus einer Distanz erkennbar sein. Ungeeignet sind Gebiete mit einem hohen „Durchgangsverkehr“ von Besucher*innen (z. B. S-Bahnbereiche), Autoverkehr (Lautstärkebelastung) sowie schmale Bürgersteige. 19. Einsatz im Wrangelkiez, Kreuzberg Die Reaktionen der Zielgruppe, also der Gäste und Tourist*innen vor Ort waren überwiegend positiv. Auch Anwohner*innen waren dem „Experiment“ gegenüber sehr interessiert und überwiegend offen. Positiv wurde festgestellt, „es wird was getan“. Sehr gut wurde das entwickelte Corporate Design mit den klaren Piktogrammen und der Botschaft „seid fair im Kiez / fair.kiez“ von Gästen und Anwohner*innen aufgenommen. Ca. 3.500 Personen wurden durch die Pantomime-Künstler *innen und die Kommunikator*innen direkt erreicht. Davon ließen sich 70 % auf die Künstler *innen und Kommunikator *innen ein, 60 % der Gäste kannten das Projekt durch die Öffentlichkeitsarbeit und 30 % befürworteten den fairen Umgang miteinander. (Evaluierung Projektleitung) 18 Marius Iden, Student / Straßenkommunikator: „Als Student der Politikwissenschaft empfinde ich die Kombination aus sprachlicher Kommunikation und künstlerischer Interventionen als absolut zielführend zur Vermittlung der positiven Inhalte wie Fairness und der Aufforderung zum Dialog. Besonders freute ich mich über die positiven Reaktionen, denn viele kannten das Projekt und die Inhalte. Die Offenheit führte vor allem dazu, dass die Menschen uns Dinge über ihre Kieze erzählten, die sie wohl sonst so nicht mitteilen würden, wir waren so etwas wie Seismografen. Und das sollte beibehalten werden…“ Die Teams nahmen unterschiedliche Feedbacks auf. Hier eine kleine Auswahl: Gespräch einer Gruppe von Touristen: „Was machen die denn da? Ach da ist einer, der erklärt das Ganze hier. Bringt das was?“ „Der andere da hinten hat gerade erklärt, es geht um die Anwohner hier, Ruhe, Lärm usw. Ich würde hier nicht wohnen wollen, bei so vielen Besuchern“; „Ist ja ganz witzig. Verstehe die Leute hier, wenn die es zu laut finden.“ 20. Einsatz der Pantomime-Künstler*innen und Kommunikator*innen Gäste „Die hier im Bezirk haben ja oft abgefahrene Ideen. Hoffentlich kommt die „Message“ an?“; „Komme aus Zehlendorf und gehe öfter hier aus, weil‘s cool ist, aber wohnen wollen würde ich hier nicht.“ Anwohner *innen „Die Maßnahme und die Umsetzung finde ich gut. Endlich tut der Bezirk etwas.“ „Finde ich echt gut. Durch die Glasscherben der Touristen musste ich schon mehrfach meine Autoreifen wechseln. Die denken einfach nicht rücksichtsvoll.“ „Naja, ich bin eher skeptisch. Aber es war ja in allen Medien und sogar im Fernsehen zu sehen, sogar in den RBB-Nachrichten.“ „Die dauernden Film-Teams sind ja etwas nervig. Ob da der gewünschte Effekt erreicht wird? Sonst finde ich das schon schick.“ „Die müssten einfach öfter kommen, die Pantomime und die „Erklärer“, dann wird das vielleicht was.“ Die Zielgruppe über die Medien vor ihrem Berlinbesuch zu erreichen war sinnvoll. Viele Besucher*innen kannten die Pantomime-Künstler*innen aus den Medien und die Botschaft konnte leichter übermittelt werden. Das überdurchschnittliche Interesse der Medienvertreter*innen an der Begleitung der Einsätze, insbesondere von Fernsehteams, wirkte sich etwas störend auf die Abendeinsätze aus. Bei der Anwesenheit der Medien wurde die Situation so beeinflusst, dass eine Mitnahme des Publikums durch die Künstler*innen in die Geschichten und die Übermittlung der Botschaften nur bedingt möglich war. Der Vergleich mit den anderen europäischen Metropolen und die gesammelten Erfahrungen bei der Umsetzung des Pilotprojektes haben gezeigt, dass es keine Standardlösungen für alle Orte, nicht die eine Lösung für alle Probleme, für die durchaus komplexen Herausforderungen zum Thema „Stadtverträglicher Tourismus“ gibt. Nutzungskonflikte sind ein typisches Phänomen der internationalen Stadtentwicklung im Spannungsfeld von Stadtökonomie, Touristification und der Ökonomie des Nachtlebens. Angesichts steigender Besucher*innenzahlen ist von einer Steigerung der Konflikte auszugehen. Dies ist für die Kieze, die von den Gästen 21. Einsatz auf der Warschauer Brücke, Friedrichshain 22. Einsatz im Wrangelkiez, Kreuzberg der Nachtkultur besucht werden, problematisch. Wegen der strategischen Bedeutung dieser Kieze für die Attraktivität Berlins im Binnen- und Außenmarketing sollte daher weiter auch nach präventiven Lösungen gesucht werden. In einer durch die Wirtschaftsförderung im Jahr 2015 in Auftrag gegebenen Studie „Handlungskonzeption für den Wirtschaftsstandort Friedrichshain-Kreuzberg“ wurde analysiert, dass der Tourismus in relativ kurzer Zeit eine hohe wirtschaftliche Bedeutung für den Bezirk bekommen hat und die Dynamik bei den Übernachtungszahlen und die Entwicklung des Übernachtungsangebotes voraussichtlich auch kurz- und mittelfristig auf diesem Niveau verbleiben werden. Auch die Clubszene wird das Image des Bezirkes weiter mitbestimmen. Der Bezirk / das Land Berlin, die verantwortlichen Landeseinrichtungen sowie alle touristischen Akteur*innen müssen weiterhin gemeinsam nach Lösungen suchen, anderenfalls besteht die Gefahr, dass die Grundlagen für den touristischen Aufschwung und auch Besonderheiten, die den Bezirk ausmachen, beschädigt oder sogar zerstört werden. 19 Statement der Kooperationspartner B E R L I N 20 Burkhard Kieker Geschäftsführer visitBerlin, Service in the City / visitBerlin www.visitberlin.de Willy Weiland Präsident DEHOGA Berlin www.dehoga-berlin.de „Das gute Miteinander von Bewohnern und Besuchern der Stadt ist uns sehr wichtig. Das Projekt „fair.kiez“ war ein guter Auftakt, bei dem die Bedürfnisse der Anwohner in den Kiezen nach nächtlicher Ruhe und Sauberkeit thematisiert und aktiv kommuniziert wurden. Durch die große Resonanz in den Medien hat die Kunstaktion auch über die Stadt hinaus eine breite Öffentlichkeit sensibilisiert. Für visitBerlin war fair.kiez daher ein sehr erfolgreicher erster Schritt in die richtige Richtung.“ „Es ist den Gastronomen und Hoteliers der Hauptstadt als gute Gastgeber wichtig, auch zukünftig so wahrgenommen zu werden. Nicht nur von den vielen Gästen, die zu uns kommen, sondern ganz genauso auch von den Berlinerinnen und Berlinern. Deshalb war und ist es uns ein Bedürfnis, uns aktiv dort zu engagieren, wo es nötig ist. Das „fair.kiez“-Projekt war eine tolle Sache, die auch international unerwartet große Aufmerksamkeit erfahren hat. Durch das positive Zusammenspiel der unterschiedlichen Projektbeteiligten konnte auf kurzen Wegen Kreatives und Praktisches zielführend mit einfließen und umgesetzt werden. Es ist wichtig und notwendig, die Erfahrungen dieses Pilotprojekts zu nutzen, auszubauen und auch in andere Bezirke zu übertragen, deren Bewohner*innen sich in ihrem Bedürfnis nach nächtlicher Ruhe und Sauberkeit beeinträchtigt fühlen. Aus unserer Sicht wurde das Projektziel erreicht. Jetzt kommt es ganz entscheidend auf die Fortsetzung an. Das Berliner Gastgewerbe ist gerne weiter mit dabei.“ Lutz Leichsenring Vorstand der Clubcommission Berlin e.V. www.clubcommission.de „Lösungen für so komplexe Frage können nicht am grünen Tisch erarbeitet werden. Viel wichtiger sei es, aus vorhandenen internationalen Erfahrungen zu lernen und Schritt für Schritt vorzugehen. „Wir stehen erst am Anfang einer Diskussion, bei der es um mehr als um einen einfachen Nutzungskonflikt geht. Den Hintergrund bilden zahlreiche Faktoren, unter anderem die veränderten Erwartungen an das Leben in der Großstadt.“ HOSTEL HOTEL Oliver Winter General Manager A&O HOTELS and HOSTELS Holding AG www.aohostels.com „Ein Projekt, dass das Image Berlins und der Bezirke stärkt, ist für den Tourismus und somit für A&O von großem Interesse. Wir sind sehr gespannt, wie sich die Idee weiterentwickelt und sich das Projekt in den nächsten Jahren etabliert – und natürlich, wie auch wir bestmöglich dazu beitragen können“. Edgar Schmidt von Groeling Geschäftsführer EASTERN-COMFORT hostelboat berlin GmbH www.eastern-comfort.com Ralf Brendeler Inhaber Suicide Circus Berlin www.suicide-berlin.com „Das „fair.kiez“/Pantomime-Projekt setzt ein Signal, dass die Belange der Kiezbewohner ernst genommen werden. Es sollten diesem Projekt in der kommenden Saison noch viele weitere Anstrengungen in gleicher oder ähnlicher Art folgen. Wir als ortsansässiges Hostel möchten hier gerne auch weiterhin mit Rat und Tat unterstützend mitwirken“. „Es war uns in den 20 Jahren, in denen wir in Berlin aktiv sind, immer wichtig, uns mit unseren Kulturstätten in den jeweiligen Kiez zu integrieren und gemeinschaftliche Ansätze mit den Anwohnern zu suchen. Insofern waren wir begeistert von dem Ansatz, auf so spielerische Art Verständnis füreinander zu erzeugen. Nachdem die erste Projektphase nun so erfolgreich war, freuen wir uns, Teil dieses Projektes zu sein und sind gespannt, wie es weitergehen wird.“ Michael Näckel Inhaber papaya restaurants www.papaya-service.de „Zu dem globalen Phänomen eines sich lokal immer stärker verdichtenden Tourismus setzt dieses Pilotprojekt eine wichtige Signal- und Stilmarke. Es ist ein erster wichtiger Baustein, der aufzeigt, wie mit den verschiedenen, sich widersprechenden Interessenlagen von einheimischen wie internationalen Gästen und denen der ansässigen Wohnbevölkerung umzugehen ist. Besonders hervorzuheben ist hierbei das nicht nur organisatorische, sondern auch das finanzielle Engagement der Projektpartner aus der Hotellerie und Gastronomie, die sich als lokale Akteure bewusst ihrer Verantwortung stellen und versuchen, im Interesse eines gemeinsamen Miteinanders neue Wege zu gehen. Auf dass wir künftig viele weitere Marken setzen!“ Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg Wirtschaftsförderung www.wirtschaftsfoerderung-friedrichshain-kreuzberg.de Die Wirtschaftsförderung im Bezirk setzt sich schon länger mit der Frage, wie die Auswirkungen der vielen Besucher*innen stadtverträglicher gestaltet werden können, auseinander. Es ist uns wichtig, die Kieze mit ihrer vielfältigen Gewerbestruktur zu erhalten. Die Berliner Mischung – das Nebeneinander von Wohnen und Arbeiten – hat unseren Bezirk geprägt und er ist auch deshalb so beliebt bei den Besucher*innen. Berechtigt ist aber auch die Sorge der Anwohner*innen. Unser Ansatz ist es, Lösungsstrategien neben ordnungsrechtlichen Einschränkungen aufzuzeigen. Das Besondere und Neue an dem Projekt war der gemeinsame Schulterschluss von bezirklichen und überbezirklichen Kooperationspartnern. Jetzt gilt es, gemeinsam darauf aufzubauen, damit auch künftig unsere Gäste die urbane Kiezkultur erleben können und die Anwohner*innen auch weiter gern im Kiez leben. Unter dem Motto „fair.kiez“ werden wir weiter daran arbeiten. 21 Impressum. Herausgeber Dr. Peter Beckers, Stadtrat für Wirtschaft, Ordnung, Schule und Sport des Bezirkes Friedrichshain Kreuzberg Projektsteuerung Wirtschaftsförderung Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg von Berlin Abteilung Wirtschaft, Ordnungsamt, Schule und Sport Frankfurter Allee 35-37, 10247 Berlin www.wirtschaftsfoerderung-friedrichshain-kreuzberg.de 22 Projektumsetzung Projektleitung: Rainer Grigutsch  Projektkoordinierung: Malena Medam / Eberhard Elfert clubcommission e. V. Verband der Berliner Club,- Party- und Kulturereignisveranstalter e. V. Brückenstraße 1, 10179 Berlin www.clubcommission.de Bildnachweise Clubcommission Berlin e. V. 1, 4, 5, 6, 7, 9, 10, 11, 14, 16, 17, 18, 19, 20, 22 visitBerlin / Sarah Lindemann 12 Wirtschaftsförderung Friedrichshain-Kreuzberg 2, 3, 13, 15, 17, 21 3BKE- Büro für Markenentwicklung & Design 8 Vergleichsstudie Stefanie Raab / Nils Grube coopolis gmbh, Planungsbüro für kooperative Stadtentwicklung Lenaustraße 12, 12047 Berlin www.coopolis.de Layout / Gestaltung 3BKE - Büro für Markenentwicklung & Design www.3bke.de Herausgegeben im Dezember 2015 Stadtverträglicher Tourismus – Internationale Erfahrungen im Vergleich mit Berlin und Best Practice in Friedrichshain Kreuzberg ist ein Projekt des Wirtschaftsstadtrats und der Wirtschaftsförderung Friedrichshain-Kreuzberg. Es wurde finanziert aus Mitteln des EFRE, des Landes Berlin und privaten Mitteln. Projektzeitraum 10 / 2014-08 / 2015, durchgeführt von der Clubcommission Berlin e. V. weitere Informationen www.fairkiez.berlin
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