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Volume No. 952, Sonnabend, den 3. April 1830 Humoristisches Diorama der auswärtigen Angelegenheiten. Beilage zum "Berliner Courier" No. 952

Full text: Der Berliner Courier (Public Domain) Issue3.1830 (Public Domain)

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bungen, die bequeme Gelegenheit, die Augen sogleich senken zu 
können, ist eine Gelegenheit, aus einer Verlegenheit zu kommen; 
man kaun das Gespräch mit der Masche zugleich fallen lassen, und 
mit der neuen Masche ein neues Gespräch aufnehmen. Wenn wir 
jedoch wüßten, wie viel Seufzer, Wünsche, Verlegenheiten, heiße 
Gebete und bittergesaljene Thränen in manchen Sirumpf mit eia, 
gestrickt werden, wir würden mit ehrfurchtsvollen Augen einett 
solchen Strumpf den einzigen, heimlichen Vertrauten stillet Lust 
und stillen Weh's, betrachten. Wir Männer wissen aber mit un 
sern Händen gar nicht wo aus, wir spielen mit den Uhrketten, 
wir schreiben mit den Fingern auf den Tisch, oder auf die Kniee, 
oder wir streichen uns daS Schöpfchen, oder wir zupfen an den 
Halskragen, oder wir wickeln uns den Schnurrbart um den Fin< 
ger, oder wir spielen mit der Dose, oder wir wenden und drehen 
ein Stückchen Papier zwischen den Fingern, anstatt daß wir den 
Gegenstand der Conversativn drehen und wenden sollten. 
Um es uns aber ja nicht zu verhehlen, daß wir Langeweile 
haben, nehmen wir noch zwei oder drei Zeugen dazu und spielen 
Karten. Denn eine Parihie Whist, oder L'hombre, oder Boston, 
ist doch gar nichts ander« als ein stillschweigendes Gedächtniß, 
welches sich vier Personen gegenseitig machen, daß sie nicht wissen, 
was ste miteinander anfangen sollen. Wir könnten unsere 52 Wo 
chen ohne die 52 Karten gar nicht mehr herumbringen. Den Da, 
men verzeihe ich es noch, denn ste finden, in der ihnen eigenen 
Scharffinnigkeit, in den dreizehn Kartenblättern ein ganzes Sit 
ten, und Lebensbüchlein; bei der „Eins" denken fie: einen Ge 
genstand muß man lieben und keinen mehr; bei der „Zwei:" daß 
es doch besser ist, ein Paar zu sein; bei der „Drei:" an die Ge, 
walt der Grazien; bei der „Vier:" an die weise Einrichtung der 
vier Temperamente; bei der „Fünf:" an die Macht der fünf 
Sinne; bei der „Sechs:" an die häuslichen Geschäfte der sechs 
Wochentage; bei der „Sieben" und „Achtdaß die Männer sich in 
Acht nehmen keine böseSiebenzu heiratben; bei der „Neun:" 
an die neun Musen, ohne welche es doch keine Grazien giebt; bei 
der „Zehn:" an die sonderbare Einrichtung, daß eine Nulle durch 
eine hinzugefügte Einzelheit erst zu hohem Werthe kommt, diese 
Einzelheit aber wieder durch diese Nulle zehnmal mehr werth wird. 
Bei den Duden denken sie sich, was sie sich bel allen Gecken und 
kaffe» denken: sie sind gerade gm genug, um mir ihnen zu spielen. 
Mir den Damen gehen sie wie mir den Damen im reden um, machen 
ihnen anscheinlich die Honneurs, können ste ihnen aber bei gurec 
Gelegenheir einen Stich versetzen, oder sie rllchrig abtrumpfen, so un 
terlassen sie es auch nicht; bei dem König endlich zeigen sie sich alS 
gute Royalisten.
	        
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