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Volume Nr. 13., 13. Februar 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

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Kleidungen, und schärfte zugleich den Befehl, daß 
die Advokaten nie anders als schwarz gehen, und ei. 
neu kleinen schwarzen Mantel tragen sollten. Dieser 
Aufzug erregte allgemeines Gelächter, und die Ber 
linischen Drechsler benutzten diesen Umstand zu ei 
nem neuen Erwerb»,weig. Puppen zu verfertigen, 
welche dergleichen Advokaten in ihrem Ornat vor 
stellten. Darüber erzürnt, beklagten sich die Advo 
katen bei Hofe, und baten, dieses Skandal zu unter 
sagen. Der König aber befahl, sein eignes Bild von 
einem Drechsler zu holen, und ließ solches starr der 
Antwort den Klägern zeigen, damit sie sehen möch 
ten, daß es ihm nicht besser gehe, und daß er sich 
dadurch nicht entehrt fände. 
Aemilius Papinianue oder der stechende Ring. 
er Magister W a cke rm a n n wurde von vielen für 
einen armseligen Pedanten gehalten, weil er eine ra 
benschwarze Perrücke trug, seine Schüler er nannte 
und alle Tage wenigsten« ein Dutzend Vokabeln ler 
nen ließ. Aber Wackermann wußte zu seiner Zeit 
das Herz zu treffen und ein Samenkorn zu streuen, 
welche« hundertfältig Früchte trug. Linst rief er einen 
Primaner zu sich, der nahe daran war nach Halle 
zu gehen. 
„Mein Sohn! ich weiß, daß er ein Jurist 
werden will. Weiß er, was das heißt?" — 
Ich will gründlich kennen lernen, was recht ist, 
will ein Rechrsgelehrter werden. 
„Lene! Aber man pflegt zu sagen — Juristen 
sind böse Christen?" — 
Hoffentlich giebt e« viele Ausnahmen, Herr Ma 
gister! und ich versichere, daß ich zu diesen Ausnah 
men gehören werde. 
„Gott helfe ihm dazu, mein Sohn! — Der 
wahre Jurist muß ein Rechtsausüber seyn auf 
Leben und Tod. Weiß er, was der gottlose Kaiser 
Ca racalla mir seinem jungen Bruder S eptimio 
Gera that, welchen ihm der Vaier in seinem Testa 
mente zum Gehülfen des Reiches zugeordnet hatte?" 
Ich erinnere mich daran, daß er ihn grausamer 
Weise in den Armen der Mutter umbringen ließ, so, 
daß de« Sohnes Herzblut das Gewand der Mutter 
mit einem Purpur färbte, der, wie Abels Blut, zu 
Gott schrie. 
„Schön! schön! — er hat mit Nutzen die Redner 
gelesen. Gor« gebe, daß er davon Gebrauch mache, 
wenn er die Unschuld vertheidigen soll. 
Aber — der Jurist hat Falle, wo er Herz, wo er 
ammuni haben muß, wie der Held in der Schlacht, 
und vielleicht noch mehr! — Weiß er auch von 
dem Acmilio Papiniano, dem Hofmarschall de» 
gottlosen Earacallae?" — 
DieserPapinianus war ein trefflicher Jurist, 
und der Kaiser mulhere ihm zu, daß er die Rechte ver 
drehen und den schändliche» Word vertheidigen 
solle. Allein der Bievermaim sagte; „Casar! es ist 
nicht so leicht einen Brudermord bei dem Volke zu 
entschuldigen, als ihn — zu begehen!" — Der 
Biedermann verlor dadurch seinen Kopf, aber 
nicht sein gutes Gewissen. 
Als der Magister sahe, daß der Primaner 
diese Worte mit tiefer Empfindung sprach: so griff 
er in seine große Westentasche, an welcher noch Glas« 
knöpfe prangten; er holte einen goldenen Ring heraus, 
und sprach mit flammende» Augen, indem er den Pri 
ma» e r umarmte: 
„Ich bin reif zum Grabe; hier har er ein An 
gedenken von seinem Magister. Es ist wohl nur ein 
schlechter Ring; aber ee stehet darauf - Aemilius 
Papinianus! — Wenn er irgend Gefahr ahndet, 
aus Eigennutz oder Ehrsucht, ein Rechtsverdreher 
zu werden: so mag der Ring eine Schlange seyn, die 
von dem Finger nach dem Herzen schleicht, um ihn 
zu stechen." — 
Der Primaner ward ein tüchtiger Jurist, ein 
Biedermann, und versicherte, daß er in manchen 
Fällen wohl nicht ein Held gewesen seyn würde, wenn 
der Ring ihm nicht zu rechter Zeit einen kleinen Stich 
ins Herz gegeben hätte. Er küßte ihn zuweilen und 
segnete seinen Magister, ohne an die Qual zu denken« 
welche ihm der angehende Lateiner und die 
Vokabeln gemacht hatten. Janisch. 
Die Unrergötker der alten Preußen. 
§)em Gott der Speise und de» Getränks, Gorcho, 
ward nahe bei Heiligenbeil ein ewiges Feuer unter 
halten. Die Opfer, die ihm dargebracht wurden, be 
standen in den Erstlingen der Früchte, und in frisch, 
gefangenen Fischen. Auch an einem andern Orte ward 
diesem Gon geopfert, nämlich am frischen Haf, wo 
sich ein großer Siein befand zwischen Frauenburg und
	        
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