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im Februar ifso nämlich erfolgte Karl« und Ludwig«
Versöhnung, ja auch sogar de» legiern feierliche Be
lehnung mit den Marken, und erst bedeutend später
die Untersuchung zu Nürnberg, deren Ausgang <* ,f o
• schon im Vorau« beschlossen seyn mnßte. Noch
geschah sie unter dem Vorsitze Pfalzgraf Ruprecht«
vom Rheine, der zugleich Markgraf Ludwig« Anwald
war Daß Waldemar vor diesem Gerichte nicht er«
schien, kann man ihm wohl, nach Beckmann« richtiger
Bemerkung, so wenig verdenken, als den Protestanten
ihr Wegbleiben vom Tridentinischen Concilio. Der
Brief, in welchem Karl IV. die Stadt Rathenow von
Waldemar ab, und wieder zu Ludwig hin mahnt, ist
ein Muster der Verworrenheit und schlecht versteckten
Verlegenheit.
Al« Hauptanstifter nennt man außerdem noch
Herzog Rudolph den ältern von Sachsen, und Erz
bischof Otto von Magdeburg, einen gebornen Hesflschen
Prinzen. Welche Gründe bietet dem, die Geschichte
dar, um beiden Fürsten einen so schmählichen Verrath
zutrauen zu dürfen? C« laßt stch weder von Rudolph
noch von Otto etwa« Ueblere« behaupten, als daß sie
au« allen Kräften nach Vergrößerung ihrer Länder
gestrebt haben, aber nie ander», als mit der offenen
Gewalt der Waffen, welche damals auch geistlichen
Fürsten nicht unverständig war, und doch immer durch
irgend einen Anspruch unterstützt wurde. Zudem war
Herzog Rudolph ein frommer Fürst, worüber ihm zwar
unsre »»fromme Zeit nicht« Beffre« zutrauen wird;
doch möge sie in Erwägung zieh», daß die Männer
jener Tage wirklich mit ganzem Ernste an Gott, See,
ligkcit und Verdammniß glaubte», und daß der Greis
Rudolph wohl schwerlich eine so himmelschreiende Sünde
mit jahrelanger besonnener Vorbereitung — denn an
seinem Hofe soll der Müller abgerichtet worden sey», — j
auf sich genommen hätte. Ein feierlicher Eid, — und
auch der wog in jenen Tagen schwer, — besiegelte au«
seinem und Otto'« Munde Waldemar« Aechtheit.
Zum Eidhelfer hatten sie unter andern de» Grafen
Albrecht von Anhalt, der Waldemar« Mündel gewesen
war, und ihn gut mußte gekannt haben. Diesem
Albrecht aber und seinem jünger» Bruder Waldemar
möge» selbst Duchholz und andre Gegner de« Pilger»
keinen Theil am Betrüge geben; sie nennen sie Be-
lrogne. Und wahrlich, wenn sie dar waren, waren sie
e« auf eine ungeheure Art. Denn sie erhielten den
schon abgerreknen Waldemar »och Jahre lang bei sich
in Dessau, erzeigten ihm alle fürstliche Ehre, al« ihrem
Oheim und ehemaligem Vormunde, und ließen ihn,
nach Beckmann, in einer Kapelle beisetzen, wo die Ge«
deine Unterschiedlicher von ihren Ahnherren ruhten,
und die auch noch späterhin in Dessau die Waldemar«,
kapclle geheißen haben soll. Und diese waren seine
Mündel gewesen, und hatten ihn wahrscheinlich beide
persönlich gekannt.
Man pflegt noch als Einwand gegen Waldemar«
Aechtheit die große Freigebigkeit anzuführen, mit wel»
cher er den Städten Freiheiten, Erlassungen und andre
Gaben zugestanden habe, wie auch, daß er in Urkunden
Ludwigen dennoch Markgraf nenne, und einmal fol«
gende Worte gebraucht: Wäret ock, dak wy sy in
eynghen vorsprätten stukken vor unrechteden, unde dy
briue on ok nicht en hylden, dy sy hebben, so schoten
Sy dy Macht hebben, dar sy sich oder met andern
Serben eyme Heren ualen, die on vre« recht« verde,
dingsen. — Was nun jene Geschenke betrifft, so war
Waldemar von je al« ein freigebiger Herr bekannt;
die Siadr Stendal, für welche er eine besondre Vor«
liebe hegte, erfuhr die« vorzüglich, und auch der Pilger
bewies ihr dieselbe Neigung vor andern Orten. Au
ßerdem aber war e« auch jetzt ganz besonder« an der
Zeit, die Herzen auf alle Weise für sich zu gewinnen,
so daß schon die bloße Politik ein Betragen hätte vor,
schreiben mögen, welches in eine« heimgekehrten Für»
sten Seele wohl noch aus viel edieren Wurzeln ent«
sprießen konnte. Auch Ludwig verschenkte viel in diesen
Jahren — D»n Markgraf«titel, welchen Waldemar
seinem Gegner giebt, leitet Deckmann theil« au« dem
einmal angenommenen Gebrauche ab, und weil Alle»
den Ludwig unter diesem Namen kannte, theile au«
der ritterlichen Höflichkeit Waldemar». Ich möchte
hinzusetzen, daß wenn der Pilger ein Müllcrknecht war,
ihm seine Führer gewiß nicht da« Aussetzen und Aus«
fertigen der Urkunden allein überließen, und also der
Fehler doch immer von Fürsten und Rittern herkam.—
Jene Clausel endlich, wo er seinen Unterthanen zuge,
steht, von ihm zu weichen, dafern er von seinen Der,
hcißungcn wiche, ist nicht so unerhört in einer Zeit,
wo da« Verhältniß der Fürsten zu Ritterschaft und
Städten fast eben so sehr einem Dündniß, al» einer
Beherrschung gleich sah. Wir finden dergleichen in
mehreren Urkunden.
Noch will man gegen den Pilger die feierliche
Beisetzung Waldkmar« zu Chorin im Jahre 1319 an«