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Volume No. 94., 24sten November 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

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ten un« freilich die Folgen unserer Verweichlichung deut» 
lich genug vor die Augen. Ich glaube indessen doch, 
daß man sich bei einer solchen Folgerung aus Kosten der 
gegenwärtigen Generation irren würde. Jene allen 
Rüstungen scheinen zwar für einen weil großer« Men 
schenschlag gcmachl zu seyn, als der jetzige ist; sie sind 
ev aber in der Thar nichr. Man bediente sich nämlich 
auch noch nach der Erfindung des Schießpulvers der 
ritterlichen Rüstungen, jedoch yach einem vergrößerten 
Maßstabe. Alle Veclheidigungsivaffen, Harnisch, Helm 
und Schild, ursprünglich nur für Hieb, Stich und Kol« 
benschlag geeignet, wurden nun massiver und gewichti« 
ger als vorher verfertigt, um auch kugelfest zu seyn. 
Ein völlig geharnischter Ritter harte daher eine unge« 
heure Waffen last zu tragen. Diese unverhaltnißmaßig 
schwere Rüstung war selbst für die Stärkern so drückend, 
daß sic sie nicht lange zu »ragen im Stande waren, und 
schon in ihren besten Jahre», besonders an Brust und 
Schultern, unvermögend wurden. Wenn man nun er 
wägt, daß die meisten von den Ritterrüstungen, die noch 
gegenwärtig in den Rüstkammern zu sehen sind, au» der 
Zeit herstammen, wo das Ririerwesen seinem Untergänge 
nahe war, so darf un« die kolossale Schwere und Gedie 
genheit der alten (Vertheidigung«-) Waffen nicht so sehr 
befremden, als gewöhnlich geschieht. Den Vorzug einer 
größer» und gewandkern Leibeskraft muß und kany man 
zwar den alten Rittern zugestehen! er folgt ganz natürlich 
au« ihrer, ausschließlich dem Kampfe und Streite gewid, 
meten Lebensweise; daß man in ihnen aber sich lauter 
Giganten mit fast übermenschlichen Kräften denkt, heißt 
die Liebe ,um Außerordentlichen zu weit lrelbe». Die un 
geheure Größe und Schwere der Waffen au« demscchs« 
zehnren Jahrhundert haben unstreitig zu solche» über 
triebenen DorstellungenAulaß gegeben; und es scheint fast, 
als ob man den Ursprung von dieserKoleffaliläl entweder 
absichtlich übersehen will, oder nicht hinlänglich kennt. 
Wie früh man aber damals den Körper zu dieser schwe 
ren Tracht abzuhärten suchte, beweisen un« kleine Har 
nische für Knaben von 12 bis 13 Jahren, wovon auch 
einer auf Hohcnzollern zu finden ist. 
Jetzt liegen diese stolzen Rüstungen hier im Staube 
und rosten. Vor einigen und zwanzig Jahren holten sie 
zuweilen die Schüler der Jesuiten in Rotenburg am 
Neckar hervor, um eine elende jesuitische Farce aufzu 
führen, wo der Teufel, der Tod, da» Fleisch, die Welt 
und die Religion, personificirl, Hauptrollen spielt n. 
Neben dem Zeughause findet man zwei Mühlen 
über einander, wovon die untere durch Pferde, die obere 
durch Menschen in Umlrieb gefegt wird. Ein schöne«, 
einfaches, mechanisches Werk! Vor vierzig Jahren, wo 
»» der Gegend großer Wassermangel war, bediente man 
sich dieser Mühlen mit großem Nutzen. 
Im Hose befindet sich ein großer kupferner Kessel 
in den Boden eingesenkt, und mit einem Häuschen be 
deckt. Er ist dreißig Sckuh lief, und das Kupfer, da, 
wo man es sehen.kaun, Fingers Dies. Oben har er zehn , 
Schuh im Durchmesser, and am Rande steht : „Mar 
Sidonia, Markgräfin von Baden," welche ihn in ihrem 
Witlwenstande soll haben machen lassen. Es ist ein schö, 
ne« Alterthumsstück, da s schwerlich seine» Gleichen in 
Deutschland finden möchte. Seine Bestimmung war: in 
Kriegszeiten einen großen Wasservorralh darin haben 
zu können; denn nicht weil davon ist ein Brunnen, der 
zwar nicht lief ist, aber doch klare« und gute« Wasser 
hat. Von diesem gingen drei Kanäle unter der Erde 
weg zu dem Kessel, wovon die Spuren noch sichtbar 
sind, durch welche diese kupferne Cisterne, wenn es ge 
schehen sollte, in zwei Tagen angefüllt ward. Aus ihr 
schöpfte man Wasser zum Waschen und zu andern Be 
dürfnissen, aus jenem das zum Kochen und Trinken. 
(Fortsetzung folgt.) 
Bemerkungen über die Quellen der Preußischen 
Geschichte und deren Benutzung von den Herren 
v. Kotzebue und v. Baczko. 
(Fortsetzung.) 
«kleine Versehen z. B. Th. u S 366, wo die Ge 
mahlinn Kaiser» Friedrich II.*) Isabelle mit dessen 
Mutter Constantia verwechselt wird, oder unrechte 
Angaben der Urkunden-Nummern ic. sind Ueberei» 
lungen, wobei man nur an das «bi xiurr niienr rc. 
erinnert wird. Es ist nichts leichter, als bei einem 
historischen Werke von diesem Umfange Lücken aufzu, 
finden, besonders wenn man die Quellen desselben 
mit Muße durchstudircn kann. Aber eine höchst schwere 
Aufgabe theilte sich K. selbst zu, in der so kurzen 
Zeit eine« Winters, von der er sich noch einen Theil 
zu dramatischen Arbeiten abbrach, jenen großen Schatz 
von historischen Erläuterungen — den verdienstlich 
sten Theil seine» Werks — anzulegen, wodurch er 
nicht nur die Geschichte des Ordens und Preußens, 
sondern auch die Geschichte der umliegenden und vie 
ler mit dem Orden in Verhältnissen gestandnen Län 
der berichtigt, erläutert und ergänzt hat. Besonders 
viel verdankt ihm die Liefländische Geschichte, die 
bisher fast nur eine Kontrolle historischer Fragmente 
seyn konnte, weil ihren Schriftstellern die Nachwei 
sung mangelte, wo sie den Faden der Preußischen 
aufzunehmen hatte, ein Mangel, der durch K. glück, 
lich gehoben ist. Siaunenswerth ist dieser Theil sei, 
ne» Werk«, vorzüglich für denjenigen, welcher den 
Zustand kennt, in welchem K- die von ihm benutzten 
Quellen vorfand. Damals war das Archiv eben 
•) Da« «eh. Sli'riji» Stützt viele Werke von Friedrich II. 
.di« manche Deuchtigungrn seiner Kio^raxliie liefern.
	        
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