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die reichen Kaufleute und Fabrikanten zu Athen den
armen Leuten etwa« vorgeschossen halten, so war der
Verlust vcrhältnißmäßig gering, weil Solon, der uns
selbst als reich geschildert wird, hiebei nur 5, nach
einer andern Angabe 15 Talent, folglich höchstens
agovoRthlr. hiedurch einbüßte. Es ist also bei dieser
ganzen Sache keine Aufopferung der Eeldeigenthümer
an die Grundeigenihümcr, sondern zur Verhütung
eines Bürgerkrieges mußte der Gesetzgeber des schwa
chen Staat« den aufrührischen Armen einen Theil des
Vermögens der Reichern, die sonst vielleicht gar er,
schlagen worden waren, aufopfern.
Ein zweites Beispiel giebt Valerius Zlaccus,
der nach dem Zeugniß des VellcjuS Paicrculus, der
ihn aber auch deshalb den Urheber des schändlichsten
Gesetzes nennt, den Schuldnern nur ein Viertel ihrer
Schuld abzuzahlen, gestaltet. Es war damals zu
Rom ein Kampf der Parlheisn des Marius und Syl-
la, und Flaccus, einer der verworfensten Mensche»,
suchte durch das angezeigte schändliche Gesetz die
SanSculotlS an seine Parihei zu feste!». Dellcjus
sagt daher -auch, daß er, der durch Fimbria ermordet
wurde, die verdiente Strafe seines Verbrechens hie
durch erlitten habe. Roms Leiden aber wurden durch
dies Gesetz vermehrt, denn alle Treue und Glauben
ging verloren, und allerHandel und Erwerb hörte auf. *
Ein drittes Beispiel gibt Cäsar, der aber keines,
weges den Schuldnern die Gelder ihrer Gläubiger
schenkte, sondern den Schuldnern nur die Abtretung
ihrer Güter (cessio bonorum) gestattete, wodurch die
Gläubiger ungefähr den vierten Theil ihrer Schuld
verloren, und nach dem Zeugniste des Dio Caffiu«
suchte er noch hiebei Untcrschlcise der Schuldner zu
verhüten und es dahin zu bringen, daß auch ihr baa-
rcs Geld den Gläubigern zu Theil wurde.-Ein Be
weis, daß Cäsar, so sehr er auch seine Parihei und
seinen Anhang zu verstärken suchte, doch weit entfernt
war, die schändliche» Grundsätze eines Caiilina anzu,
nehmen, der, um eine» Haufen von Verzweifelten,
die sich selbst durch ihre Schuld zu Grunde gerichtet
hatten, in Wohlstand zu versetzen, ihnen ihre wohl
habenden Mitbürger Preis geben wollte.
Diese kaltblütige Auseinandersetzung von Schuld«
erlass ungcn, die wir bei den Alien finden, wird die.
jenigen Männer, welche diese Quellen nicht selbst prü
fen können, überzeugen, daß die Gründe jener weni
gen Menschen, die den Gedanken zu verbreiten suchen)
daß der Staat nur durch die gewaltsamsten Mittel,
durch Verletzung des heiligen Eigenthumsrecht» und
aller Gesetze, kurz durch Beraubung eines Theils
seiner Bürger den andern erhalten könne, bei genauer
Prüfung nicht Stich halten. Da aber durch ein sol,
ches Geschwätz von der einen Seile Unzufriedenheit
bei solchen Menschen, die sich nicht genug unterstützt
wähnen, und von der andern Seite.ei» noch größe
res Mißtrauen gegen alle Grundeigenthümer erwacht,
weil es wohl einige so schwache und argwöhnische
Menschen gibt, die eine so verabscheuungswürdige
Maßregel für möglich halten und es wirklich glauben
können, das Vermögen derer, die es redlich erworben
haben, könnte denen geschenkt werden, die sich durch
falsche Spcculationen und unerhörten Aufwand um
das Ihrige gebracht haben; — so scheint es nicht un
zweckmäßig, darauf aufmerksam zu machen, daß, wenn
wirklich, wie zu Sparta durch Lykurg eine gleicheLän«
dervertheilung möglich wäre, doch alsdann jeder Haus
vater eine» eben so großen Ackerantheil als der an
dere erhalten müßte, folglich doch nie ein Theil der
Bürger dem andern hingeopfert werde» könnte. Weil
aber in einem Staate, dessen Gebiet größer, als das
Spartanische ist, eine solche Ackerveriheilung wohl
zu denUnmöglichkeiten gehört, so läßt sich doch auch
mit Gewißheit folgern, daß, wenn durch die Leiden
der gegenwärtigen Periode ein Theil der Bürger zu
Grunde.gehen müßte, man doch gewiß nie alle Ge
setze unter die Füße treten und doch gewiß nicht de
nen, die cs bewiesen haben, daß sie Geld zu erwer
ben und zu erhalten wiffen, ihr Eigenthum nehmen
wird, um es solchen Menschen zu geben, die cs be
wiesen haben, daß sie Schulden zu machen, und
fremdes Eigenthum zu vergeuden verstehn. Auch sind
gewiß alle unsre reellen Erundeigenthümer mit Ab
scheu gegen solche Entwürfe erfüllt, die bloß einige
wenige Menschen, die nichts weiter zu verlieren ha
ben, so gern in Umlauf zu bringen wünschten. Allein
noch Hai ein Staat, worin ein guter und geliebter
König, Religion und Tugend, Gesetz und Ordnung^
Erwcrbfleiß und Vaterlandsliebe auch in der trau
rigsten Periode zu neue» Hoffnungen berechtigen,
keine so verzweifelte Hülfsmittel von Nöthen, sondern
Hoffnung und Vertrauen aus die Vorsehung, Aufbie
tung jeder Kraft, Vermehrung unserer Thätigkeit