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Volume No. 90., 10ten November 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

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die reichen Kaufleute und Fabrikanten zu Athen den 
armen Leuten etwa« vorgeschossen halten, so war der 
Verlust vcrhältnißmäßig gering, weil Solon, der uns 
selbst als reich geschildert wird, hiebei nur 5, nach 
einer andern Angabe 15 Talent, folglich höchstens 
agovoRthlr. hiedurch einbüßte. Es ist also bei dieser 
ganzen Sache keine Aufopferung der Eeldeigenthümer 
an die Grundeigenihümcr, sondern zur Verhütung 
eines Bürgerkrieges mußte der Gesetzgeber des schwa 
chen Staat« den aufrührischen Armen einen Theil des 
Vermögens der Reichern, die sonst vielleicht gar er, 
schlagen worden waren, aufopfern. 
Ein zweites Beispiel giebt Valerius Zlaccus, 
der nach dem Zeugniß des VellcjuS Paicrculus, der 
ihn aber auch deshalb den Urheber des schändlichsten 
Gesetzes nennt, den Schuldnern nur ein Viertel ihrer 
Schuld abzuzahlen, gestaltet. Es war damals zu 
Rom ein Kampf der Parlheisn des Marius und Syl- 
la, und Flaccus, einer der verworfensten Mensche», 
suchte durch das angezeigte schändliche Gesetz die 
SanSculotlS an seine Parihei zu feste!». Dellcjus 
sagt daher -auch, daß er, der durch Fimbria ermordet 
wurde, die verdiente Strafe seines Verbrechens hie 
durch erlitten habe. Roms Leiden aber wurden durch 
dies Gesetz vermehrt, denn alle Treue und Glauben 
ging verloren, und allerHandel und Erwerb hörte auf. * 
Ein drittes Beispiel gibt Cäsar, der aber keines, 
weges den Schuldnern die Gelder ihrer Gläubiger 
schenkte, sondern den Schuldnern nur die Abtretung 
ihrer Güter (cessio bonorum) gestattete, wodurch die 
Gläubiger ungefähr den vierten Theil ihrer Schuld 
verloren, und nach dem Zeugniste des Dio Caffiu« 
suchte er noch hiebei Untcrschlcise der Schuldner zu 
verhüten und es dahin zu bringen, daß auch ihr baa- 
rcs Geld den Gläubigern zu Theil wurde.-Ein Be 
weis, daß Cäsar, so sehr er auch seine Parihei und 
seinen Anhang zu verstärken suchte, doch weit entfernt 
war, die schändliche» Grundsätze eines Caiilina anzu, 
nehmen, der, um eine» Haufen von Verzweifelten, 
die sich selbst durch ihre Schuld zu Grunde gerichtet 
hatten, in Wohlstand zu versetzen, ihnen ihre wohl 
habenden Mitbürger Preis geben wollte. 
Diese kaltblütige Auseinandersetzung von Schuld« 
erlass ungcn, die wir bei den Alien finden, wird die. 
jenigen Männer, welche diese Quellen nicht selbst prü 
fen können, überzeugen, daß die Gründe jener weni 
gen Menschen, die den Gedanken zu verbreiten suchen) 
daß der Staat nur durch die gewaltsamsten Mittel, 
durch Verletzung des heiligen Eigenthumsrecht» und 
aller Gesetze, kurz durch Beraubung eines Theils 
seiner Bürger den andern erhalten könne, bei genauer 
Prüfung nicht Stich halten. Da aber durch ein sol, 
ches Geschwätz von der einen Seile Unzufriedenheit 
bei solchen Menschen, die sich nicht genug unterstützt 
wähnen, und von der andern Seite.ei» noch größe 
res Mißtrauen gegen alle Grundeigenthümer erwacht, 
weil es wohl einige so schwache und argwöhnische 
Menschen gibt, die eine so verabscheuungswürdige 
Maßregel für möglich halten und es wirklich glauben 
können, das Vermögen derer, die es redlich erworben 
haben, könnte denen geschenkt werden, die sich durch 
falsche Spcculationen und unerhörten Aufwand um 
das Ihrige gebracht haben; — so scheint es nicht un 
zweckmäßig, darauf aufmerksam zu machen, daß, wenn 
wirklich, wie zu Sparta durch Lykurg eine gleicheLän« 
dervertheilung möglich wäre, doch alsdann jeder Haus 
vater eine» eben so großen Ackerantheil als der an 
dere erhalten müßte, folglich doch nie ein Theil der 
Bürger dem andern hingeopfert werde» könnte. Weil 
aber in einem Staate, dessen Gebiet größer, als das 
Spartanische ist, eine solche Ackerveriheilung wohl 
zu denUnmöglichkeiten gehört, so läßt sich doch auch 
mit Gewißheit folgern, daß, wenn durch die Leiden 
der gegenwärtigen Periode ein Theil der Bürger zu 
Grunde.gehen müßte, man doch gewiß nie alle Ge 
setze unter die Füße treten und doch gewiß nicht de 
nen, die cs bewiesen haben, daß sie Geld zu erwer 
ben und zu erhalten wiffen, ihr Eigenthum nehmen 
wird, um es solchen Menschen zu geben, die cs be 
wiesen haben, daß sie Schulden zu machen, und 
fremdes Eigenthum zu vergeuden verstehn. Auch sind 
gewiß alle unsre reellen Erundeigenthümer mit Ab 
scheu gegen solche Entwürfe erfüllt, die bloß einige 
wenige Menschen, die nichts weiter zu verlieren ha 
ben, so gern in Umlauf zu bringen wünschten. Allein 
noch Hai ein Staat, worin ein guter und geliebter 
König, Religion und Tugend, Gesetz und Ordnung^ 
Erwcrbfleiß und Vaterlandsliebe auch in der trau 
rigsten Periode zu neue» Hoffnungen berechtigen, 
keine so verzweifelte Hülfsmittel von Nöthen, sondern 
Hoffnung und Vertrauen aus die Vorsehung, Aufbie 
tung jeder Kraft, Vermehrung unserer Thätigkeit
	        
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