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Volume No. 90., 10ten November 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

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spanische Amerika in dem Ruf, ein juridischer Eldo< 
rado zu seyn. Im Jahre -792 nährten sich in der 
Havanna, die zwar Hauptstadt der von 254,000 Seelen 
bewohnten Insel Cuba, aber nicht einmal Sitz eines 
ApeUalionegcrichls war, auf höchstens 24000 Einwoh- 
ncr, 72 Advokaten gar reichlich Berlin mit i6o,oco£iii, 
wohnern, und derSitz so vieler für die Stadl und für 
den gesammren S'-aal von 10 Millionen Einwohnern 
bestimmten Rcchtsbehörden, Hane nur 58 Justiz,Komr 
missarien, von denen 11 bei den Stadtgerichten dien- 
len. Nach Verhältniß mit der Havanna und Cuba in 
Ansehung der Volksmenge, müßte bei unsern Stadt 
gerichten ein Bataillon von 48», und in Berlin über 
haupt ein ganze-Regiment von ^LooJustiz-Kommissa- 
rien dienen. Wir wollen mit billiger Bescheidenheit 
uns (Mi dem wenigen, was wir haben, genügen lassen. 
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Friedenömittel. 
ei dem Vogelschießen zu Ahrweiler, einem Land 
städtchen in der Nähe von Bonn, herrscht eine ural 
te Sitte zur Abhaltung von Streitigkeiten. Entsteht 
nehmlich zwischen den Schützen ei» Zank, so tritt der 
Tambour der Gesellschaft zwischen die Streitenden, 
und schlägt die Trommel so laut, daß keiner des an 
dern Wort hört; die Kämpfer können also nur mit 
Eebehrden hadern, und müssen, wenn sie de» Zuschau 
ern nicht lächerlich werden wollen, eine Pause ma 
chen, die gemeiniglich den Frieden herbeiführt. 17. 
Einige Bemerkungen 
über die Erlassung der Schulden bei den Alten mit 
Bezug auf die Gegenwart. 
(Fortsetzung.) 
ei meiner hohen Achtung für reelle Grundeigcn- 
thümer und bei meinem sehnlichen Wunsche, allen 
preußischen Grundeigenlhümern durch allgemeine Hoch 
achtung und Theilnahme auch allgemeinen Kredit und 
hiedurch di« Mittel zum Retablissement im In- und 
Auslande zu verschaffen, wage ich hier auf einen 
Grundsatz aufmerksam zu machen, den, wie ich mit 
Freuden sage, nur einige wenige Schreier gellend zu 
machen wünschen, und den bei der schändlichsten Un 
redlichkeit, die damit verknüpft ist, seine Lobredner 
dadurch zu übertünchen suchen, daß nach ihrem Vor 
geben die berühmtesten Völker und Männer des Alter 
thums sich bereits dieser Maßregel bedienten. Diese 
ehrlose Maßregel, welche von ihnen höchst schaamlos 
empfohlen wird, ist Erlassung aller Schulden, entwe 
der ganz direct oder doch durch solche Mürel, wodurch 
sie ihre Kreditoren, hierunter alle nzUden Stiftungen, 
Wittwen und Waisen, zu Grunde richten und doch der 
Sache selbst noch einen Anstrich des Rechts geben 
wollen. Sic berufen sich zuvörderst auf Solons Bei 
spiel zu Athen. 
Plutarch erzählt hievon im Leben Solons, daß 
Athen durch drei Parteien äußerst zerrüttet, und die 
Ungleichheit zwischen den Armen und Reichen aufs 
höchste gestiegen, das gemeine Volk aber äußerst ver 
schuldet war. Ce ist folglich bei Solons Gesetz nicht 
von Grundeigenlhümern, sondern vom gemeinen Mann 
die Rede; dieser baute zum Theil das Feld zum Be, 
stcn der Reichen, mußte ihnen den sechsten Theil der 
Früchte entrichten, und führte davon nach Plutarch 
de» Namen der Sechsiheilner und Fröhner. Andere 
hatten ihren Leib verpfändet, wurden von den Rei 
chen zu Sklaven gemacht, mußten daher ihnen zu 
Haufe dienen, oder sich auswärts verkaufen lassen. 
Andre sahen sich durch die Noih so weit gebracht, 
ihre Kinder als Sklaven verkaufen oder ihr Vater 
land verlassen zu müssen. Nun verbanden sich die 
Meisten und Stärksten, dies nicht länger zu dulden, 
sondern einen redlichen Mann zum Anführer zu wäh 
len, die wegen Schulden Verhafteten in Freiheit zu 
setzen, die Ländereien aufs Neue zu vertheilen und 
die bisherige Verfassung gänzlich umzuändern. Es 
war folglich ein bürgerlicher Krieg zwischen dem 
armen, gemeinen Mann und seinen reichen Bedrük, 
kern auszubrcchen im Begriff, alsSolon Archon und 
Gesetzgeber wurde, und, wie Plutarch sagt, sich nicht 
gerade der besten und wirksamsten Umänderungen 
und Arzneimittel, sondern solcher, deren die Athenien« 
ser empfänglich waren, bediente. Diese Verordnung 
bestand darin, daß alle gegenwärtige Schulden erlas 
sen und künftig Niemanden auf seinen Leib Geld ge 
borgt werden sollte; doch, nach dem Zeugnisse eini 
ger Schristslellcr, bloß in einer Erlassung der Zinsen. 
Wenn aber auch völlige Erlassung aller Schulden statt 
gefunden hätte, so kann die» keineswegc» mit unsrer 
Lage verglichen werden. Athen war ein handelnder 
Staat, er bedurfte selbst Getreide - Einfuhr, weil sein 
Gebiet nur klein und gebirgig war; und wenn nun
	        
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