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Dieser RcchtShandel hätte lehrreich und interessant
werden können, wenn dabei die Fragen beantwortet
worden waren: i) Hai der Akicur oder die Aktrice das
Recht, ohne Erlaubniß des Principals (Direktor«)
Anreden an das Publikum zu hatten? s) Darf ein
Schauspieler eigenmächtige Zusatze zu seiner Rolle
machen?
Wahrscheinlich sprechen darüber schon die Thea-
«ergesetze jedes Orts; vielleicht aber sind sie auch zu
unbestimmt, um entscheiden zu können. Dies ist we<
nigstens der Fall bei dem vor mir liegenden Ham
burger Reglement, welches aus 17 Artikeln bestehr,
wovon der 9te so lauter:
„Wer in seinen Rollen Aenderungen oder Zusatze
zum Nachtheil des Stück« macht, unsittliche
Thearerspiele anbringt, Possen macht, bezahlt
den fünften Theil seiner Gage."
Zum Nachtheil! Wer entscheidet dar? — Ein
Gesetz muß nicht der Willkühr des Einzelnen unter
worfen werden. Und doch möchte wieder ein zu
strenges Gesetz die momentane Begeistrung hemmen,
und das Genie fesseln. Hierbei erinnere ich mich
einer Anekdote, die man von Voltaire erzählt. Er
war zugegen bei der Probe des Trauerspiels M e r 0 p e.
Die Schauspielerinn Dürmenil konnte mit ihm
wegen einer Stelle in ihrer Rolle durchaus nicht
einig werden, und da sie die Geduld verlor, sagte
sie: Monsieur, il saut ayoir le Diable au corps,
pour expriiner le sens de ces vers lä. — Oui, oui,
Mademoiselle, erwiederte Voltaire, «ans le Diable
au corps on ne peut etre ni bon poete, ni bon
comedien! — Ich glaube er hat recht; und wer den
Teufel im Leibe hat, wie kann der nach Gesetzen
handeln! 1
K a f f e e l t e d.
trinket hier im «rauten Kreise,
Von der schönen braunen Flurhl
Diese Bohnen machen weise,
Diese Wellen geben Muth!
Große Denker haben immer
Noch in stiller Mitternacht,
Bei der Sterne gvldnem Schimmer,
Solche Denkstuth sich gemacht.
Ali und grau wird isicher werden,
Wenn er auch ein wenig hinkt, ,
Wer mit Herzenslust auf Erden
Lange seinen Kaffe« trinkt,
Voltaire ha« wohl achtzig Jahre
Diese Sitte mitgemacht,
Und im Schmucke grauer Haare
Große Werke noch erdacht.
Von der Weiber Rosenlippen
Fließt die Rede wundersam,
Wenn sie ihren Kaffee nippen.
Alle Zungen bleiben lahm,
Bis in hell polinen Taffen
Die Begeistrung lieblich raucht,
Und in Mützen und Carcassen
Ihre Götterkräfre haucht.
Selbst ein fauler, fetter Kater,
Seelenlos und ohne Geist,
Wie ein aufgeschwemmter Pater,
Wird geschmeidig, schnurrt und kreis'l
Um den Faltenrock der Schönen,
Wenn beim ersten Sonnenstrahl
Löffelchen und Taffen tönen
Zn dem reingefeglen Saal.
Wenn in langen, weißen Pfeifen
Ganz geheim da« Fünkchen lebt,
Und zu sanften, blauen Streifen
Sich empor die Wolke hebt:
Ach! so leer« man mit Entzücken
Seine Schaale Nektar aus,
Und verschmäht mir stolzen Blicke»
Einen fetten Putcrschmaus.
War ein Kranker der Verwesung
In dem Todtenreiche nah,
Und die Stunde der Genesung
Ist nun endlich wieder da:
Ha! so schlürft er mit Vergnügen
Diesen braunen Labewein,
Und, in wiederholten Zügen,
Wahren Lebensbalsam ein! —
Sei gesegnet, schöne Bohne!
Dich besinge Gott Apoll,
Wenn er auf dem Musenthrone
Allen Göttern singen soll! —
Sei gesegnet jede Landung,
Die dem Steuermann gelingt,
Und trotz Wirbelwind und Brandung
Dich in ganzen Centner» bringt.
Zwar in goldnen Zeiten saßen
Menschen in der Felsenbuch«,
Gähnten, streckten sich und aßen
Von der hohen Eiche Frucht;
Aber diese goldnen Zeilen
Sind un« nicht nach Her, und Sinn,
Nehme solche Herrlichkeiten
Sich der Große Mogul hin.