Path:
Volume Nr. 8., 27. Januar 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

- 35 
Dieser RcchtShandel hätte lehrreich und interessant 
werden können, wenn dabei die Fragen beantwortet 
worden waren: i) Hai der Akicur oder die Aktrice das 
Recht, ohne Erlaubniß des Principals (Direktor«) 
Anreden an das Publikum zu hatten? s) Darf ein 
Schauspieler eigenmächtige Zusatze zu seiner Rolle 
machen? 
Wahrscheinlich sprechen darüber schon die Thea- 
«ergesetze jedes Orts; vielleicht aber sind sie auch zu 
unbestimmt, um entscheiden zu können. Dies ist we< 
nigstens der Fall bei dem vor mir liegenden Ham 
burger Reglement, welches aus 17 Artikeln bestehr, 
wovon der 9te so lauter: 
„Wer in seinen Rollen Aenderungen oder Zusatze 
zum Nachtheil des Stück« macht, unsittliche 
Thearerspiele anbringt, Possen macht, bezahlt 
den fünften Theil seiner Gage." 
Zum Nachtheil! Wer entscheidet dar? — Ein 
Gesetz muß nicht der Willkühr des Einzelnen unter 
worfen werden. Und doch möchte wieder ein zu 
strenges Gesetz die momentane Begeistrung hemmen, 
und das Genie fesseln. Hierbei erinnere ich mich 
einer Anekdote, die man von Voltaire erzählt. Er 
war zugegen bei der Probe des Trauerspiels M e r 0 p e. 
Die Schauspielerinn Dürmenil konnte mit ihm 
wegen einer Stelle in ihrer Rolle durchaus nicht 
einig werden, und da sie die Geduld verlor, sagte 
sie: Monsieur, il saut ayoir le Diable au corps, 
pour expriiner le sens de ces vers lä. — Oui, oui, 
Mademoiselle, erwiederte Voltaire, «ans le Diable 
au corps on ne peut etre ni bon poete, ni bon 
comedien! — Ich glaube er hat recht; und wer den 
Teufel im Leibe hat, wie kann der nach Gesetzen 
handeln! 1 
K a f f e e l t e d. 
trinket hier im «rauten Kreise, 
Von der schönen braunen Flurhl 
Diese Bohnen machen weise, 
Diese Wellen geben Muth! 
Große Denker haben immer 
Noch in stiller Mitternacht, 
Bei der Sterne gvldnem Schimmer, 
Solche Denkstuth sich gemacht. 
Ali und grau wird isicher werden, 
Wenn er auch ein wenig hinkt, , 
Wer mit Herzenslust auf Erden 
Lange seinen Kaffe« trinkt, 
Voltaire ha« wohl achtzig Jahre 
Diese Sitte mitgemacht, 
Und im Schmucke grauer Haare 
Große Werke noch erdacht. 
Von der Weiber Rosenlippen 
Fließt die Rede wundersam, 
Wenn sie ihren Kaffee nippen. 
Alle Zungen bleiben lahm, 
Bis in hell polinen Taffen 
Die Begeistrung lieblich raucht, 
Und in Mützen und Carcassen 
Ihre Götterkräfre haucht. 
Selbst ein fauler, fetter Kater, 
Seelenlos und ohne Geist, 
Wie ein aufgeschwemmter Pater, 
Wird geschmeidig, schnurrt und kreis'l 
Um den Faltenrock der Schönen, 
Wenn beim ersten Sonnenstrahl 
Löffelchen und Taffen tönen 
Zn dem reingefeglen Saal. 
Wenn in langen, weißen Pfeifen 
Ganz geheim da« Fünkchen lebt, 
Und zu sanften, blauen Streifen 
Sich empor die Wolke hebt: 
Ach! so leer« man mit Entzücken 
Seine Schaale Nektar aus, 
Und verschmäht mir stolzen Blicke» 
Einen fetten Putcrschmaus. 
War ein Kranker der Verwesung 
In dem Todtenreiche nah, 
Und die Stunde der Genesung 
Ist nun endlich wieder da: 
Ha! so schlürft er mit Vergnügen 
Diesen braunen Labewein, 
Und, in wiederholten Zügen, 
Wahren Lebensbalsam ein! — 
Sei gesegnet, schöne Bohne! 
Dich besinge Gott Apoll, 
Wenn er auf dem Musenthrone 
Allen Göttern singen soll! — 
Sei gesegnet jede Landung, 
Die dem Steuermann gelingt, 
Und trotz Wirbelwind und Brandung 
Dich in ganzen Centner» bringt. 
Zwar in goldnen Zeiten saßen 
Menschen in der Felsenbuch«, 
Gähnten, streckten sich und aßen 
Von der hohen Eiche Frucht; 
Aber diese goldnen Zeilen 
Sind un« nicht nach Her, und Sinn, 
Nehme solche Herrlichkeiten 
Sich der Große Mogul hin.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.