392
Konstanlinoxel zurück, ward hier aber sogleich erkannt
und zum zweitenmale auf ein Schiff gebracht, wo
man besser, al» vorher, sorgte, ihm alle Mittel
u einem abermaligen Entkommen zu benehmen. In
England sperrte man ihn ins Narrenhaurein; die Idee
von feinem Drkehrungsgeschäft hatte aber so «ief Wur,
zel gefaßt, daß er auch im Gefängniß seine Predigten
fortsetzte, bis ihn endlich der Tod in seinem Beruf
wegnahm. K. F. W. Fleischer.
Daö Weibergelüst.
ie dritte Gemahlinn Philipp'» des vierten hatte ein
Paar Papageien au« ihrem Daterlande, Frankreich,
mit sich gebracht. Ihre alte Oberhofmeisterinn, Her
zoginn von Ten» nova, konnte diese Geschöpfe nicht
leiden, die ihr immer Französisch vorplauderten, wel,
cher ihr herzlich verhaßt war. Einst blieb sie zu Hause,
vorgebend, daß eine Unpäßlichkeit sie befallen habe,
als die Königinn ein wenig zur Belustigung umher,
wandelte; kaum fleht sie sich aber allein, so dreht sie
den Pagageien, mit höchst eigner Hand, den Hals um.
Die Königinn kommt zurück und verlangt die Papa,
geicn. Die Kammerfrauen sehen eine die andre schwei
gend an und wagen nicht die grausame Mordgeschichte,
zu erzähle», bis endlich die Eine Herz faßt, und den
Hergang der Sache meldet. Die Königinn unterdrückt
ihren Aerger, als aber die Herzoginn erschien, und
ihr die Hand küssen wollte, gab sie ihr ein Paar Ohr
feigen. Ueber diesen nicht angenehmen Empfang ent
rüstet, ließ sdie Oberhofmeisterinn sogleich alle ihre
Verwandte, Freunde und mehr als vierhundert Da
men zusammen kommen, und eilte, begleitet von ihnen
in da» Gemach de« König», von dem sie unter vielen
Thränen Genugthuung forderte. Dieser begab sich hier,
auf zu der Königinn, und hielt ihr da« üble Betra,
gen vor. Sie erwiederte aber auf alle Vorstellungen
ganz kurz: Seniior, da« ist ein Weibergelust*). Diese
wenigen Worte umformten plötzlich die ganze Lage
der Sache. Der König glaubte, seine Gemahlinn sey
schwanger, umarmte Eie, ihr Betragen billigend, und
erlaubte ihr, im Falle zwei Ohrfeigen nicht genug
wären, noch zwei Dutzend zu ertheilen. Jur Herzo
ginn sagte er: „Seyn Sie ruhig, diese Ohrfeigen sind
nur die Felgen eine« Weibergelustc«."
A. Krause.
*) Scnuor, cito es un antojo.
Reflexionen.
eduld ist da« beste Magen-Elexier, aber nur mit
dem Zucker der Hoffnung genießbar.
Wir sind Regentropfen an dem großen Hause
Gottes; Alle, dieser früher, jener später, sinken in
das Grab — damit ihnen Andre folgen.
Wenn ich in der Phantasie meine Arme weit
und unendlich öffne — das ist ein Gemälde der Liebe.
Zn die Zirkelbahn des Leben« hat das Schicksal
einen furchtbaren Stein gewalzt, der täglich Tausende
darnieder wirft und alle verwundet—es ist der Tod.
Wer billigt die That deffcn, dem die Fackel zum
Erleuchten gereicht ward, und der damit anzündet? —
Wenn durch zwei Oeffnungen Wind geht, so ent«
steht ein »alter Zug und wahrscheinlich kommt« daher,
daß es mir immer kalt überläuft, wenn in einer Ge
sellschaft zwei gegenüber sich Wind machen.
Die Menschen sind wie Wassereimer, die erst recht
verquollen seyn müssen, ehe sie Wasser halten. Es
läßt sich viel Schädliches durch Gewohnheit unschäd,
lich machen, aber e« läßt sich nicht alle« vortragen,
war sich thun läßt.
Der Morgen ist die Blütezeit der Empfindung.
Oft, wenn vor meinem Auge der Osten erglüht war,
sah ich in der Nöthe nur da« Bluinetz, welches eine
heilige Gestalt umhüllt. Aber dann! erstiegen die Ne,
bel und wuschen das Blut weg, und die Wunde schim
merte daraus hervor — auf daß ich gläubere, wie
die Jesusjünger.
Freundschaft ist ein Thauiropfen, der vom Him,
mel quillt. Sie glänzt in eignem, milden Lichte, bi«
die Sonne (die Liebe) hervortritt, welche tausend
liebliche Farbengemälde in ihr Innre» wirft.
D. Feige.
Die alten und neuen Narren.
Zu der Väter Zeiten waren
Narren, sagt man, weise Leute.
Umgekehrt ist'« nun; denn heute
Sind die weise» Leute — Narren.
F. H.