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Volume Nr. 54., 7. Juli 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

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Deutschland geschehen könnte, um die Einheit, die im 
Innern unsers Gemüths schon vorhanden sey, auch 
im Aeußern darzustellen. 
Das Unwandelbare ist der Deutsche Boden. 
Ihn begrenzt und schließt der Vers, nach den ur< 
sprünglichen Bestimmungen de« Erdbodens, und theilt 
ihn wieder in einzelne Landschaften oder Gauen, von 
denen jede durch Flußgebiete begrenzt ist. Entgegen« 
gesetzt ist da« Wandelbare, das im Volk und im 
Staat liegt. Dieser Theil der Schrift ist der aus 
führlichste. 
Um Einheit unter das Deutsche Volk zu brin« 
gen, wäre cs gut, wenn alle Deutsche außerhalb Lan 
des eingetauscht würden gegen die in Deutschland 
ansässigen Ausländer. Da dieser Völ- 
kertausch aber theils zu schwierig, theils auch zu 
schmerzhaft seyn würde, auch bei den Juden, die kein 
Mutterland mehr haben, nicht Anwendung finden 
kann: so wird das langsamere Mittel einer Volks- 
erzichung vorgezogen. Sie wird bewirkt durch 
Aufhebung der Schutzgenvffcnschaflen (Kolonien), die 
dann auch in Schulen, Kirchen und im gemeinen Le« 
den nicht nur ihre alte Landessprache gegen die Deut 
sche, sondern auch ihre Namen gegen inländische ver 
rauschen müssen. Von Seiten der Urdeurschen aber 
wäre nöthig, sich aller Ausländereien streng zu ent 
halten, und ihre kräftige Ursprache nicht mit frem 
dem Flitterstaat aufzustapeln. Hier bietet sich ein 
breites Feld dar über Reinheit der Sprache, und 
mittelbar auch der Gesinnung. Bei dieser Gelegen 
heit wird einer Gesellschaft erwähnt, die sich in Ber 
lin gebildet hak, um reines Deutsch zu sprechen, und 
auf jede Ausländerei dieser Art eine Geldstrafe ge 
setzt ha«. (Gern hallen wir in einer Note über diese 
Gesellschaft etwa« Ausführlicheres gelesen!) Zugleich 
wird der, von Andern schon geäußerte Wunsch aus 
gesprochen, daß in unsern Volsschulen das alt - Deutsche 
Heldenbuch der NiebelungenLied gelesen werden 
möchte, wodurch auch noch Deutsche Mundarten er 
lernt werden könnte» — ein Wunsch, der viele Geg 
ner finden möchte. Vor allen Dingen wird hier, und 
mit Recht, gewünscht, daß die Fürsten sich in ihren 
Kundmachungen und Benennungen inner rein-Deut 
schen Sprache befleißigen möchten. Ein Gleiches 
würde bei den Inschriften auf öffentlichen Denkmä 
lern geschehen können. Sehr zweckmäßig in dieser 
Hinsicht erscheint die für unser Zeughaus vorgefchla, 
gene Ueberfchrift 
Freunden zum Schutz, 
Feinden zum Trutz, 
und die Umänderung des Namens Gen«d'armen- 
Markt in Schauspielplatz, so wie schon eia 
anderer der Opernplatz (Singspiel-Platz) heißt. 
Zur Belebung des Volksgeistes und Beförderung 
der Einheit wird eine große gemeinschaftliche Unter 
nehmung vorgeschlagen, und zwar unter mehrern denk 
baren am liebsten eine Entdeckungsreise. Zur Kosten- 
bestreiiung findet der Verf. einen guten Anfang in den 
zu Luthers Denkmahl gesammelten 20,000 Rthlrn., 
(von denen man lange nicht« gehört har), und wünscht, 
daß das Hauptschiff dieser Reise dem großen Refor 
mator zu Ehren Luther genannt werden möglc. 
Nächst der Einheit der Staarelenkung und Staats 
sicherung wäre auch die Einheit der SiaaiSgesctzge- 
bung höchst wünschenSwerlh. Wir haben jetzt in 
Deutschland zwei vorzügliche Gesetzbücher: da« Preu 
ßische Laiidrechl und das Napoleons-Gesetzbuch (co- 
dexNapoleon). Mil Zuziehung beider würde sich ein 
ächt »deutsches Gesetzbuch, etwa ein Dcutschenspicgel, 
wie es einen Sachsen« und Schwabenspiegel gab, aus 
arbeiten lassen. Könnte dies in kurzen kräftigen Sprä 
chen, oder in gereimter Rede geschehen: so gäbe Deutsch 
land das erste Beispiel einer ganz volksihümlichen 
Gesetzgebung. 
Um auch in die Staatseinkünfte und deren Er 
hebung Einheit zu bringen, schlägt der Derf. eine 
F rei hei ts abga be vor, nach welcher der Bürger 
ohne Unterschied des Standes und der Beschäftigung 
a» einem bestimmten Tage, etwa nach der Aerme, sei 
nen Beitrag nach seinem Gefühl und Gewissen dar 
brächte. — Was indessen sich der Verf. auch davon 
versprechen mag: eine solche Abgabe kann schon ih 
rer Willkür und Ungewißheit wegen kein Haupt, 
Staats-Einkomme» seyn; denn dieses muß sich be 
rechnen lassen können. 
Desto zweckmäßiger ist der Vorschlag zurEinfüh- 
führung einesund desselben Maaße« und Gewichtes in 
Deutschland, wobei der Sckundenpendcl zu Grunde 
gelegt werden könnte. Alle diese Maaße und Gewich 
te könnten, der Bequemlichkeit des Rechnen» wegen, 
nach Zehnteln eingetheilt seyn, oder immer durch die 
Zweiheit g-spalicnkwerde», wie imDeukschcn gewöhn 
licher ist. 
Das letzte starke Band zur Beförderung der 
Staalseinhcit findet der Verf. in der Einheit der 
Kirche. Er will (mit vielen andern frommen Den 
kern) eine Vereinigung der evangelischen und katho 
lische» Kirche zu cinerDeutschen Kirche, die er sich 
möglich denkt, wenn die altgläubige Kirche in Aus 
hebung der Klöster und in Gestaltung der Priester-
	        
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