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Volume Nr. 42., 26. Mai 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

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Seile; denn in derThat liegt Wahrheit darinn, daß 
Kinder das Sprechen nicht nur gewöhnlich von den 
Weibern erlernen, sondern es auch von diesen ge 
wiß «m besten erlernen. Ueberdem wird den Wei 
bern die Gabe, sich selbst zu beherrschen, und ihr fluch, 
»ige« Zünglein zu zügeln, wenn es die Klugheit er- 
federt, keinesweges abgesprochen. Lasten fieaeer, was 
freilich nicht zu laugncn ist, auch in männlicher Ge 
sellschaft mehr als uns lieb ist, dem Wortstrohm freien 
Lauf, so sollten wir, ehe wir verdamme», billig erst 
ihr Urtheil über die Anwesenden erforschen Führt 
sie das Gespräch oder das Verhalten derselben fast 
nothwendig zu der Vermuthung: daß die jungen 
Herrn, nach Schmellies Theorie, etwa nur von der 
Natur maskirte Mädchen, oder schnell aufgcschoßne 
Knäblein sind: wer kann es ihnen verargen, daß 
sie dann gleich jene Zwanglosigkeit im Reden zeigen, 
die sie im Umgänge mit Personen ihres Geschlechts 
oder mit Kindern frei zu äußern gewohnt sind. Auch 
vcrgeste man nicht, daß selbst der ernsthafte Mann, 
nach vollbrachtem sauren Tagewerk, dem süßen, er 
heiternden, wenn gleich nicht immer gehaltvollen Ge 
schwätz der Weiblcin, willig sein Ohr leihet, und da 
durch willkommene Aufmunterung giebt. 3—, 
Ueber die Freiheit zu sprechen und zu schreiben. 
W»S deines Amis nichl tk» 
Laß deinen Vorwitz fahren! 
an hört bisweilen in einigen Staaten Klage 
darüber führen, daß man nichl mehr weder frei 
sprechen, noch frei schreiben dürfe. Wir wollen se 
hen, in wiefern und in welchem Maaße dies Recht 
der Freiheit einem Jeden zukomme oder nichl. 
Jeder Mensch, in so fern er in seinen eigenen 
Verhältnissen, gleichviel welchen, ein eigene«, für sich 
bestehendes Ganze ausmacht, Hai nicht nur das Recht, 
sondern auch die Freiheit über Alles das, was ihn 
selbst und diese seine Verhältnisse betrifft, zu schrei 
ben und zu sprechen, war und wieviel er wolle. Zn 
so fern er aber mit Andern in Verbindung, gl« ein 
Glied der bürgerlichen Gesellschaft, wo Liner 
dem Andern^ und Alle dem Ganzen angehören, ge 
dacht wird: muß die« Recht in so fern be chränkl 
werden, daß Jeder, wie sein eigenes, das Verhält 
niß des Andern und des Ganzen ehre, und also Kei 
ner etwas zum ostenbare» Nachtheil des Andern und 
des Ganzen unternehme, sey es im Sprechen, im 
Schreiben, oder im Handeln. 
Die Allen gemeinsamen Gesetze geben dabei den 
Maaßstab an, nach welchem nicht nur die dem Gan 
zen , oder einem einzelnen Theile — denn der Staat 
besteht in der ungekrankien Erhaltung seiner Theile 
zum Ganzen — widrige» und schädlichen Handlun 
gen; sondern auch Worte und Schriften zu würdigen 
und zu bestrafen sind. Jeder, auch der Niedrigste im 
Staat, ist, vermöge dieser Gesetze, befugt, wegen 
schimpflicher Worte oder Schriften (injuriarum.) von 
seinem Beleidiger, und war' er der Angesehenste im 
Staate, Genugthuung und Bestrafung zu fordern. 
Dies Recht, Allen, ohne Ausnahme, zukommend, 
steht aber auch dem Ersten (principi), dem Aufrecht 
halter des Ganzen, zu, und in so fern Jemand etwas 
schreibt, oder spricht, was dem Interesse des Ganzen 
oder der eigenen Person des Ersten im Staate zuwi 
der ist, hat Jener auch, wie jeder Einzelne, das 
Recht, denselben, nach der völligen, darüber sprechen 
den Strenge der Gesetze bestrafen zu lassen. 
ES bleibt daher eine Klage ohne Grund, daß es 
ungerecht sey, Jemand die Freiheit rauben zu wollen, 
zu spreche» oder zu schreiben, was ihm guldünkr. 
Dies Recht der Freiheit bleibt Jedem ohne Ausnah 
me; denn jeder gute Bürger im Staate wird nur da» 
sprechen und schreiben, was dem Ganzen heilsam und 
ersprießlich ist; aber das Recht, dem Ganzen oder 
einem einzelnen Theile zu schaden, sey es durch Hand 
lungen oder Worte, oder Schriften hat Niemand, 
und, wer daher das Recht der Freiheit zu sprechen 
und zu schreiben, wie das zu handeln, mißbraucht, 
bcweis't dadurch, daß er ein schlechter Bürger sey, 
und erhält dort, wie hier, die nach den Gesetzen be 
stimmte und also gerechte Strafe; denn da« schlechte 
Wort, gesprochen oder geschrieben, bringt oft dem 
Einzelnen, wie dem Ganzen, eben so viel und manch 
mal noch mehr Nachtheil, als die schlechte That. 
Es bleibt daher Sache des Staats, darüber zu 
wachen, daß, wie das Einzelne, ft das gemeinsame 
Interesse, überall ungekränkl bleibe, und Jeder hat 
es nur sich selbst beizumeffen, wenn er für da«, wo 
durch er, in Wort oder That, Nachtheil bringt, oder 
zu bringen sucht, in Anspruch geiiommc», und be 
straft wird. Der Staat kann hierbei auch nicht stren 
ge Rücksicht nehmen weder auf den guten, noch auf
	        
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