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herausnahm, hatten nur zu unglücklichen Erfolg.
Freundinn, indem ich Ihnen meinen ersten Fehllritt
gestehe, verlange ich nicht Verzeihung desselben; aber
ich bit<e.ISie, die Gefahren der Lebhaftigkeit und In-
konsequenz wohl zu erwägen; gewiß Sie werden in
diesen beiden Fehlern zwei Klippen vermeiden, an wel
chen die Tugend der Frauen und das Glück der Män
ner nur zu leicht Schiffbruch leiden.
Die zweite Frau, der ich huldigte, war zärtlich
und empfindsam; fie seufzte oft, las den ganzen
Tag Romane, und war häufig in Träume versenkt.
Ihre Grundsätze und Erziehung schienen ein sichres
Bollwerk gegen jede Verführung: aber ich seufzte mir
ihr, ich stellte mich äußerst empfindsam, und weinte
bei jeder Erzählung guter Handlungen. Mein Kopf
war mit Geschichtchen unglücklicher Liebschaften aus-
staficrt, die ich so im Ton der Wahrheit und so ge
rührt vortrug, daß sie mich nicht mehr entbehren
konnte. ES währte nicht lange, so erntete ich die
Frucht meiner schändlichen Heuchelei, und überließ
sie ihren Gewiffensbiffen, sobald sie mir nichts mehr
zu bewilligen halte. Seyn Sie daher, meine Liebe,
weder empfindsam noch romanhaft, und achten Sie
nicht auf die Seufzer schmachtender Herrchen; diese
heucheln nur Tugend, und sind weit gefährlicher als
die liederlichsten Taugenichtse.
Eine eigensinnige Frau ward meiite dritte
Eroberung. Nachdem ich ihren Charakter studir«,
sah ich ein, daß ich in Allem ihr nachgeben müsse,
um Alles zu erhalten. Daher unterwarf ich mich je
dem ihrer Einfalle, verehrte blindlings jede ihrer
Launen, und bald gehorchte sic nun der mcinigen.
Nach Ihrem guten Verstände, theure Freundinn, wer
den Sie hieraus abnehmen, daß eine Frau nie eigen
sinnig seyn müsse, um nicht das Spiel und das Opfer
des Eigenwillens eines andern zu werden.
Sie werden nicht neugierig seyn; denn nur
durch Neugier gelang es mir, meine vierte Geliebte
zu verführen; sie wollte Alles sehe!', Alles kennen;
ach, und bald kannte Sie nichts mehl",'als ihr Un
glück und meine Treulosigkeit.
Sie werden auf keinen Ball gehn; (hiermachte
die junge Frau eine Miene des Erstaunens, die aber
der Mann nicht zu gewahren schien) auf keinen Ball
werden Sie gehn, denn an diesem gefährlichen Platze
wurde ich von Julien bezaubert. Julie liebte den
Tanz, ich tanzte gut; was hedurft es weiter?
Sie werden nie das S ch a u s p i e l besuchen; (glei
ches Befremden von Seiten der Frau, gleiche Unackl-
samkeil darauf von Seiten des Mannes) Sie werden
also nie das Schauspiel besuchen, denn was sicht man
da, als betrogne Männer, verführte, eifersüchtige oder
rachsüchtige Weiber, zügellose, geckenhafte, impertinente
Kerlchen, die eine ehrbare Frau mit unbescheidncn
Blicken durchbohren, und mit plumpen Lobsprüchen
betäuben.
Sie werden keine Freundinn haben, denn ich
habe oft bemerkt, daß Weiber die schlimmste Gesell
schaft für Weiber find; noch weniger aber einen
Freund, denn ich fing immer damit an, mich für
den Freund aller derer Frauen zu erklären, nach de
ren Gunstbezcugung ich strebte.
Ohne Zweifel werden Sie meine Sprache insolent
und lächerlich finden; Sie werden mich für eifersüch
tig halten, und ihr niedliches Mündchen wird kaum
das Wort Tyrann unterdrücken können. Allein hö,
ren Sie mich nur aus, und Sie werden sich^ über
zeugen, daß ich weder tyrannisch noch eifersüchtig,
noch lächerlich bin.
Als ick Sie heirathete, war meine Absicht, eine
Gefährtinn für das Leben zu wähle»; ich suchte eine
Frau, deren Glück also von dem Glück, welckes sie
mir gewährt, abhängen muß. Durch einander müssen
wir also glücklich seyn. Wie könnten Sie sich aber
glücklich fühlen, wenn Sie, bei Ihrer Jugend und
Ihrem Mangel an Erfahrung, ohne Leitung in dem
Labyrinthe der Gesellschaft, den Dclführungen des
Lasters, und den Versuchungen eine« jeden Libertin»
Preis gegeben würden? Ich kenne alle Ranke, deren
mein Geschlecht sich bedient, um das Ihrige zu ver
führen; ich müßte Ihnen deshalb davon Nachricht
geben, um uns beide vor der so gewöhnlichen Ehehölle
zu sichern.
Sie find vernünftig, ich bin gerecht. Sie stehn
in dem Auer des Vergnügens; ich werde e« Ihnen
verschaffen, ohne daß daraus Gefahr für Sic erwachse
oder Unannehmlichkeit für mich. Gesellschaft Ihrer
Verwandten während de« Winters, ländliche Zerstreu
ungen während des Sominers werden unsre Lustbar
keiten; leichte Arbeit, das Vermögen, ohne Kargheit,
wie ohne Verschwendung Gutes zu thun, unsre Be
lästigungen seyn. Vorsorglichkeit, sich gleichbleibende
Gcinülhsstimmung, Gefälligkeit, Zärtlichkeit für einen
Gallen, der sein ganzes Leben anwenden wird, um
Ihren Wünschen zuvorzukommen, werden de» Um
kreis Ihrer Pflichten bilden. Meine Anstalten aber
und Ihre Pflichttreue werden uns ein Glück verschaf
fen, das wir in dem Getümmel der Welt, und In der
Mitte rauschender und gefährlicher Vergnügungen
nicht antreffen wurden. — I7#
Von den
Hauptveranderungen und den Schicksalen
der Killnischen L e h r a n st a l r re.
(Beschluß.)
3^a mm wurde in Len Ruhestand gesetzt und behielt