Path:
Volume Nr. 35., 1. Mai 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

158 
herausnahm, hatten nur zu unglücklichen Erfolg. 
Freundinn, indem ich Ihnen meinen ersten Fehllritt 
gestehe, verlange ich nicht Verzeihung desselben; aber 
ich bit<e.ISie, die Gefahren der Lebhaftigkeit und In- 
konsequenz wohl zu erwägen; gewiß Sie werden in 
diesen beiden Fehlern zwei Klippen vermeiden, an wel 
chen die Tugend der Frauen und das Glück der Män 
ner nur zu leicht Schiffbruch leiden. 
Die zweite Frau, der ich huldigte, war zärtlich 
und empfindsam; fie seufzte oft, las den ganzen 
Tag Romane, und war häufig in Träume versenkt. 
Ihre Grundsätze und Erziehung schienen ein sichres 
Bollwerk gegen jede Verführung: aber ich seufzte mir 
ihr, ich stellte mich äußerst empfindsam, und weinte 
bei jeder Erzählung guter Handlungen. Mein Kopf 
war mit Geschichtchen unglücklicher Liebschaften aus- 
staficrt, die ich so im Ton der Wahrheit und so ge 
rührt vortrug, daß sie mich nicht mehr entbehren 
konnte. ES währte nicht lange, so erntete ich die 
Frucht meiner schändlichen Heuchelei, und überließ 
sie ihren Gewiffensbiffen, sobald sie mir nichts mehr 
zu bewilligen halte. Seyn Sie daher, meine Liebe, 
weder empfindsam noch romanhaft, und achten Sie 
nicht auf die Seufzer schmachtender Herrchen; diese 
heucheln nur Tugend, und sind weit gefährlicher als 
die liederlichsten Taugenichtse. 
Eine eigensinnige Frau ward meiite dritte 
Eroberung. Nachdem ich ihren Charakter studir«, 
sah ich ein, daß ich in Allem ihr nachgeben müsse, 
um Alles zu erhalten. Daher unterwarf ich mich je 
dem ihrer Einfalle, verehrte blindlings jede ihrer 
Launen, und bald gehorchte sic nun der mcinigen. 
Nach Ihrem guten Verstände, theure Freundinn, wer 
den Sie hieraus abnehmen, daß eine Frau nie eigen 
sinnig seyn müsse, um nicht das Spiel und das Opfer 
des Eigenwillens eines andern zu werden. 
Sie werden nicht neugierig seyn; denn nur 
durch Neugier gelang es mir, meine vierte Geliebte 
zu verführen; sie wollte Alles sehe!', Alles kennen; 
ach, und bald kannte Sie nichts mehl",'als ihr Un 
glück und meine Treulosigkeit. 
Sie werden auf keinen Ball gehn; (hiermachte 
die junge Frau eine Miene des Erstaunens, die aber 
der Mann nicht zu gewahren schien) auf keinen Ball 
werden Sie gehn, denn an diesem gefährlichen Platze 
wurde ich von Julien bezaubert. Julie liebte den 
Tanz, ich tanzte gut; was hedurft es weiter? 
Sie werden nie das S ch a u s p i e l besuchen; (glei 
ches Befremden von Seiten der Frau, gleiche Unackl- 
samkeil darauf von Seiten des Mannes) Sie werden 
also nie das Schauspiel besuchen, denn was sicht man 
da, als betrogne Männer, verführte, eifersüchtige oder 
rachsüchtige Weiber, zügellose, geckenhafte, impertinente 
Kerlchen, die eine ehrbare Frau mit unbescheidncn 
Blicken durchbohren, und mit plumpen Lobsprüchen 
betäuben. 
Sie werden keine Freundinn haben, denn ich 
habe oft bemerkt, daß Weiber die schlimmste Gesell 
schaft für Weiber find; noch weniger aber einen 
Freund, denn ich fing immer damit an, mich für 
den Freund aller derer Frauen zu erklären, nach de 
ren Gunstbezcugung ich strebte. 
Ohne Zweifel werden Sie meine Sprache insolent 
und lächerlich finden; Sie werden mich für eifersüch 
tig halten, und ihr niedliches Mündchen wird kaum 
das Wort Tyrann unterdrücken können. Allein hö, 
ren Sie mich nur aus, und Sie werden sich^ über 
zeugen, daß ich weder tyrannisch noch eifersüchtig, 
noch lächerlich bin. 
Als ick Sie heirathete, war meine Absicht, eine 
Gefährtinn für das Leben zu wähle»; ich suchte eine 
Frau, deren Glück also von dem Glück, welckes sie 
mir gewährt, abhängen muß. Durch einander müssen 
wir also glücklich seyn. Wie könnten Sie sich aber 
glücklich fühlen, wenn Sie, bei Ihrer Jugend und 
Ihrem Mangel an Erfahrung, ohne Leitung in dem 
Labyrinthe der Gesellschaft, den Dclführungen des 
Lasters, und den Versuchungen eine« jeden Libertin» 
Preis gegeben würden? Ich kenne alle Ranke, deren 
mein Geschlecht sich bedient, um das Ihrige zu ver 
führen; ich müßte Ihnen deshalb davon Nachricht 
geben, um uns beide vor der so gewöhnlichen Ehehölle 
zu sichern. 
Sie find vernünftig, ich bin gerecht. Sie stehn 
in dem Auer des Vergnügens; ich werde e« Ihnen 
verschaffen, ohne daß daraus Gefahr für Sic erwachse 
oder Unannehmlichkeit für mich. Gesellschaft Ihrer 
Verwandten während de« Winters, ländliche Zerstreu 
ungen während des Sominers werden unsre Lustbar 
keiten; leichte Arbeit, das Vermögen, ohne Kargheit, 
wie ohne Verschwendung Gutes zu thun, unsre Be 
lästigungen seyn. Vorsorglichkeit, sich gleichbleibende 
Gcinülhsstimmung, Gefälligkeit, Zärtlichkeit für einen 
Gallen, der sein ganzes Leben anwenden wird, um 
Ihren Wünschen zuvorzukommen, werden de» Um 
kreis Ihrer Pflichten bilden. Meine Anstalten aber 
und Ihre Pflichttreue werden uns ein Glück verschaf 
fen, das wir in dem Getümmel der Welt, und In der 
Mitte rauschender und gefährlicher Vergnügungen 
nicht antreffen wurden. — I7# 
Von den 
Hauptveranderungen und den Schicksalen 
der Killnischen L e h r a n st a l r re. 
(Beschluß.) 
3^a mm wurde in Len Ruhestand gesetzt und behielt
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.