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Volume Nr. 3., 9. Januar 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

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Die alte, Deutsche Ehrlichkeit 
Thal gern ein Liedchk» singen, 
Und trug voll ächt.r Treu' die Brust, 
Und ließ dabei zu großer Lust 
Die weiten Becher klingen. 
Jetzt, wie man Hort und wie man steht, 
Will'« mancher feiner machen, 
Und haben besseres Gemüth, 
Und haben bess're Sachen: 
Das Hülhchen fein, das Kleidchen glatt, 
Die Sohlen wie ein Kartenblalt; 
Soll alles nur so lachen! 
Allein, allein, ihr lieben Leut'! 
' Beklagt die armen Sünder; 
Denn ihrer Viele weit und breit 
Sind nur — verzog'ne Kinder. 
Sie haben bei dem Puppenspiel 
Der wahren Freude gar nicht viel, 
Und sind auch nicht gesünder. 
Seit alte Sitl' und ächter Weiu 
Zu Lande seltner worden, 
Soll füglichcr zu zählen sein 
Der Biedermänner Orden. 
Man singt und trink, bedächtlich n»r, 
Und spielt mit Händedruck und Schwur. 
Da» ist kein guter Orden! 
Zu diesem Orden schlagt euch nicht! — 
Seid lirstig, fromm und bieder, 
Seht jedem dreist in'» Angesicht, 
Und trinkt, und singt auch Lieder! — 
Verachtet — feine Heuchelei! 
Ein jeder spreche frank' und frei, 
Und lrebevoll wie Brüder! 
Dann kommt in Paradiese» » Pracht 
Die gvldne Zeit vom Himmel, 
Und jeder brave Mann verlacht 
Da« traurige Gewimmel, 
Da» sich mit leerem Prunke schmück«, 
Und keinen einz'gen Stern erblickt 
Am wahren Freudenhimmel. 
Dein Herz, o Mensch, und dein Verstand, 
Da« sind die besten Sacken! 
Nicht Schneiders oder Schuster« Hand 
Kann Die — die Ruhe machen. 
Bedenk' o Mensch, dein Ehrenkleid 
Sind — frommer Sinn und Redlichkeit, 
Und dadei magst du lachen. 
««nutz. Janisch. 
Ourieux Suppl. 
zur Königs. Residenz Berlin hochverordneke 
Herrn Bürgerschaft!. Syndici und Senatores, 
Hochqedvrne, Hochedl. und Hochgelahrte, 
Znsonders Hochziiehrende Herrn. 
Ä^ir lesen beym Curtio Lib, X. eap. 5. daß Ale 
xander M gefrage« worden, wem er sein Reich hin» 
«erließe? Er geantwortet: demselben, so der beste seyn 
würde; die Application Hochehr. Hr. auf denCöllnsch. 
Organi.ten dienst, da« bedarf keiner subtilen Appli 
cation. Es sind heute gerade 8 Tage, da Ew. Hochedl. 
Magistrat ich die Teuscherey entdeckt, so Cantor 
imster Petrinus Ludicke mit seinen mittelsten 
Sohn bey seiner in der Marien, Kirche abgelegten' 
Pioba begangen, und auch gemeiner Ew. Hochedel. 
Magistrat würde hinter die Wahrheit zu kommen e« 
mir meinen und seinen Sohne zu einer rechten probe 
veranstalten, da er ohne allen Betrug zuginge, da» 
mit offenbahr würde, wer von unsern beyden Söh« 
ncn Ehörmäßig oder Thormäßig «Musikalischen Witz 
oder Musik, kahlen Grütz in Kopf habe, oder nach 
Lalomonis Ausspruch ein guter Meister oder ein 
Hümpler <Z. v. stolidus) sey, Prov, eap. XYi. ro, 
Allein weil die allgemeine Rede jetzt gehe« (publica 
Fama ita snsurrat) daß Hr. Cantor Lüdicke mit recht 
Seraphischer Weisheit die Sache so subtil eingefa» 
ckelt, alle Steine de« Anstoßes aus dem Wege zu 
räumen, daß er nobil. Lenatui vorgeschlagen, er 
wolle seinen Sohn in Advent und Fasten, da die 
Orgel etl. Wochen ruhe«, nach Leipzig zu den be» 
rühmten Bachen schicken, der ihn noch weiter babili- 
«irrn solle, und Sie ohne dem reaolviret, auch in 
der Petri, Kirche eine neue Orgel zu bauen, da ein 
Jahr oder 2 wohl zu gehören, so könnte sein Sohn 
sich interim in der Fremde perkectioniren. Ich aber 
noch hoffe, daß nach alter observence tres personae 
eligibilcs lumina si non candelae noch zur Prob« 
werden angestellet werden (denn e» sind bi« dato 
würkl. nur erst 2 zur Probe ausgestellet worden) 
nehml. Hr. Ladictens Sohn (wenn seine zuvor exer- 
eine Stücke ja eine Probe heißen sollen) 2) Hr. EI- 
linger bey deßen Probe Hr. Cantor Lüdicke so egal 
uctirc«, als eine falsche Unruhe in der Uhr gehet, 
und praesto dirigirt« wenn piano stand, maßen der 
dritte von Havelberg Hr. Uoskv nicht eine Probe 
sondern nur Cboraüter gespiele«, weil keine Figurae 
Musik dabey gemacht, noch ihm sonst ein Thema zur
	        
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