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Die alte, Deutsche Ehrlichkeit
Thal gern ein Liedchk» singen,
Und trug voll ächt.r Treu' die Brust,
Und ließ dabei zu großer Lust
Die weiten Becher klingen.
Jetzt, wie man Hort und wie man steht,
Will'« mancher feiner machen,
Und haben besseres Gemüth,
Und haben bess're Sachen:
Das Hülhchen fein, das Kleidchen glatt,
Die Sohlen wie ein Kartenblalt;
Soll alles nur so lachen!
Allein, allein, ihr lieben Leut'!
' Beklagt die armen Sünder;
Denn ihrer Viele weit und breit
Sind nur — verzog'ne Kinder.
Sie haben bei dem Puppenspiel
Der wahren Freude gar nicht viel,
Und sind auch nicht gesünder.
Seit alte Sitl' und ächter Weiu
Zu Lande seltner worden,
Soll füglichcr zu zählen sein
Der Biedermänner Orden.
Man singt und trink, bedächtlich n»r,
Und spielt mit Händedruck und Schwur.
Da» ist kein guter Orden!
Zu diesem Orden schlagt euch nicht! —
Seid lirstig, fromm und bieder,
Seht jedem dreist in'» Angesicht,
Und trinkt, und singt auch Lieder! —
Verachtet — feine Heuchelei!
Ein jeder spreche frank' und frei,
Und lrebevoll wie Brüder!
Dann kommt in Paradiese» » Pracht
Die gvldne Zeit vom Himmel,
Und jeder brave Mann verlacht
Da« traurige Gewimmel,
Da» sich mit leerem Prunke schmück«,
Und keinen einz'gen Stern erblickt
Am wahren Freudenhimmel.
Dein Herz, o Mensch, und dein Verstand,
Da« sind die besten Sacken!
Nicht Schneiders oder Schuster« Hand
Kann Die — die Ruhe machen.
Bedenk' o Mensch, dein Ehrenkleid
Sind — frommer Sinn und Redlichkeit,
Und dadei magst du lachen.
««nutz. Janisch.
Ourieux Suppl.
zur Königs. Residenz Berlin hochverordneke
Herrn Bürgerschaft!. Syndici und Senatores,
Hochqedvrne, Hochedl. und Hochgelahrte,
Znsonders Hochziiehrende Herrn.
Ä^ir lesen beym Curtio Lib, X. eap. 5. daß Ale
xander M gefrage« worden, wem er sein Reich hin»
«erließe? Er geantwortet: demselben, so der beste seyn
würde; die Application Hochehr. Hr. auf denCöllnsch.
Organi.ten dienst, da« bedarf keiner subtilen Appli
cation. Es sind heute gerade 8 Tage, da Ew. Hochedl.
Magistrat ich die Teuscherey entdeckt, so Cantor
imster Petrinus Ludicke mit seinen mittelsten
Sohn bey seiner in der Marien, Kirche abgelegten'
Pioba begangen, und auch gemeiner Ew. Hochedel.
Magistrat würde hinter die Wahrheit zu kommen e«
mir meinen und seinen Sohne zu einer rechten probe
veranstalten, da er ohne allen Betrug zuginge, da»
mit offenbahr würde, wer von unsern beyden Söh«
ncn Ehörmäßig oder Thormäßig «Musikalischen Witz
oder Musik, kahlen Grütz in Kopf habe, oder nach
Lalomonis Ausspruch ein guter Meister oder ein
Hümpler <Z. v. stolidus) sey, Prov, eap. XYi. ro,
Allein weil die allgemeine Rede jetzt gehe« (publica
Fama ita snsurrat) daß Hr. Cantor Lüdicke mit recht
Seraphischer Weisheit die Sache so subtil eingefa»
ckelt, alle Steine de« Anstoßes aus dem Wege zu
räumen, daß er nobil. Lenatui vorgeschlagen, er
wolle seinen Sohn in Advent und Fasten, da die
Orgel etl. Wochen ruhe«, nach Leipzig zu den be»
rühmten Bachen schicken, der ihn noch weiter babili-
«irrn solle, und Sie ohne dem reaolviret, auch in
der Petri, Kirche eine neue Orgel zu bauen, da ein
Jahr oder 2 wohl zu gehören, so könnte sein Sohn
sich interim in der Fremde perkectioniren. Ich aber
noch hoffe, daß nach alter observence tres personae
eligibilcs lumina si non candelae noch zur Prob«
werden angestellet werden (denn e» sind bi« dato
würkl. nur erst 2 zur Probe ausgestellet worden)
nehml. Hr. Ladictens Sohn (wenn seine zuvor exer-
eine Stücke ja eine Probe heißen sollen) 2) Hr. EI-
linger bey deßen Probe Hr. Cantor Lüdicke so egal
uctirc«, als eine falsche Unruhe in der Uhr gehet,
und praesto dirigirt« wenn piano stand, maßen der
dritte von Havelberg Hr. Uoskv nicht eine Probe
sondern nur Cboraüter gespiele«, weil keine Figurae
Musik dabey gemacht, noch ihm sonst ein Thema zur