Path:
Volume Nr. 29., 10. April 1810

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1810 (Public Domain)

154 
setzen dcrBilligkeit entscheiden und bestimmen, welche 
für ihre Kinder das Schulgeld entweder gar nicht, 
oder nur zum Theil zu bezahlen, vermöge», und den 
hierdurch entstehenden Ausfall am Schulgelde sollen 
sic soviel als möglich durch Zuschüsse aus Armenmil» 
,eln, aus den Kirchenkassen, durch Schul - Collekten, 
durch freiwillige Beiträge bemittelterer Gemeinde 
glieder re. zu decken suchen. UeberdieS steht es nicht 
allein einer jeden Gemeinde frei, sondern die Regie» 
rung weiset sie auch ausdrücklich an, das rcglements- 
mäßige Schulgeld in Schulbcitrage zu verwandeln, 
und dabei nach den angeführten Bestimmungen des 
Allg. L. Rechts zu verfahren. 
(Beschluß folgt.) 
Neuigkeiten und 
Berlin. 
Theater» und Konzert-Nachrichten. 
Ein neues Stück, D e v d a t a,*j von Kotzebue, ist auf 
unsrer Bühne gegeben worden. Die Begebenheit fällt 
in's Mittelalter, und trägt daeGegräge der Kotzebue» 
fchen Stücke an sich. An Ueberraschungcn, Verschlin 
gung des Fadens, prächtigen Dekorationen, artiger 
Musik und recht hübschen Tänzen hat cs der Verfasser 
und die Direktion nicht fehlentlassen. Desto mehr fehlt 
c» aber dem Stücke selbst an innerer Ordnung und 
Wahrscheinlichkeit. Dieser Mangel ist besonders auf 
fallend in der letzten Scene des ersten Aufzugs, wo 
Rüdiger mit Deodara in dem Augenblick, als 
Theobald den Befehl zum Sturmlaufen und einer 
Anzahl Bogenschützen den Auftrag giebt, Alles nie 
derzuschießen, was den Sturmanlauf hindern will, auf 
dicZugbrücke vor demBurgthore tritt, und den Stür 
menden, indem er einen Dolch auf D eo d atasBrust 
zuckt, droht, diese in dem Augenblick zu durchboren, 
wo jener die Burg erstürmen würde. Anstatt daß die 
Bogenschützen, oder auch nur einer derselben, da sie 
Loch wahrscheinlich ihres Handwerks geübt waren, 
Len Drohenden niederstrecken, giebt Theobald nach 
einer Menge fentimenlaler Tiraden den Befehl zum 
Einhalt des Sturm«, und zieht ganz geduldig mit 
Sang und Klang und einer langen Nase wieder ab 
von den Mauern der Burg. Noch mehr als hier trift 
dieser Vorwurf der Unwahrschcinlichkcit das Stück in 
der Scene, wo die Reisigen desThcobald der De o- 
d a l a auflauern, sich in die Höhle eines Waldes, wo 
hin dieselbe, einen Schutz zuhaben, kommen soll, ver 
bergen, und in derselben durch ein Fallgitter, das, 
da sie doch mehrere Lage zuvor in der Höhle zuge 
bracht haben, unmöglich ihren Augen und Ohren ganz 
unbcmcrkbar angebracht werden kann, gerade in dem 
Augenblick, wo sie hervorstürzen wolle», gefangen 
werden. So etwas, ein echter Theatercoup^ gefällt 
der Eallcrie von oben ganz besonders, und würde auch 
hier recht hübsch seyn, wenn cs mit der gehörigen 
Wahrscheinlichkeit verbunden wäre. 
JmUcbrigen aber zeichnet sichDeodata vor vie» 
len der neuern Stücke des Herrn v. Kotzebue rühm 
lich aus. Man trifft wieder auf die gewohnte Leben» 
digkeil undRaschheit derBegebenheilen und Charaktere, 
welche man in Herrmann und Unna, Johanna 
Monifaucvn, womit es, in cinigerHinsichl, auch 
Aehnlichkeit hat, mit Vergnügen sieht. 
Hauptrollen hatten Herr Mattausch, als Rüdi 
ger, Herr Bethmann als Theobald und Demoi» 
feile Schick als Deodata, welche letztere vie ihrige 
nur nicht unbefangen genug spielte. Unter den Neben 
rollen zeichnete sich Herr Iffland, als alter Diet 
rich, ein lebendiges Gemählde, und HerrBesch o rt, 
als Narr, ganz besonders aus. Die legte Scene, wel 
che die Zerstörung der Burg durch Flammen darstellt, 
bildet ein überraschende», brillantes Feuerwerk. Man 
sicht die Flamme von auffen und im Innern der Burg 
auflodern, das Gemäuer Stück für Stück mit großem 
•) Muß kurz (Deoäata), nicht, wie im Theater gkbvrt 
»icd, lang gesprochen werde», d, R, 
Korrespondenzen. 
Geprassel herabrollen, und endlich da» Ganze in ei 
nem großen Feucrregen, unter dem Sinken des Vor 
hangs, zusammenstürzen. Die sehr gedrängte Ver 
sammlung des schaulustige» Publikums wird wahr 
scheinlich die Kaffe für den großen Aufwand, welchen 
dies Stück jedesmal erfordert, entschädigen. 
Unter den letztcrn Konzerten, wodurch unser hor 
chender Sinn ergötzt wurde, erheben sich besonder» 
das Konzert des Herrn H e nn i gViolinisten, und das 
der Herren Bits euer und Tausch jun., Klarinet 
tisten, beide im Saale des Nationaliheaters gegeben. 
Da» Letztere war besonders sehr zahlreich an Zuhö 
rern, und die Stücke, welche man Höne, so wie d:e 
Personen, welche sich hören ließen, sehr gut gewählt. 
Weniger zahlreich, aber nicht minder gehaltvoll und 
werth, von jedem Kenner und Musikfreunde gehört 
zu werden, war dar Konzert de» Herrn Henning, 
wie man sagt, das erste, welches derselbe hier giebt. 
Mit einem Ausdruck und einer Präcision, die eben so 
sehr das feine Gefühl, als die Fertigkeit des Künstler- 
auf seinem Instrumente bekundeten, wurden die von 
ihm gesetzten Stücke auch von ihm vorgetragen. Ihm 
wurde dafür der allgemeine und lauteste Beifall seiner 
Zuhörer zu Theil, der ihm und der Kunst mit Recht 
gebührte, und selbst die Zweifel an seine Eomposition, 
die man besonders in dem Adagio und ber Polonoisc, 
mit welchen er sich in dem B l i sen er» und Tau s ch- 
schen Konzerte hören ließ, für von Möser oder 
Dupui» halten wollte, möchten ihm ehcrzum Ruhm, 
als zum Vorwurf gereichen. A. F. 
KönlaSbcrz in Preußen. 
Herr W. Lanz wird hier ein Museum errichten. 
Eine solche Anstalt fehlte bis jetzt unserer Stadl, die 
sich so mancher trefflichen Einrichtungen und Anstal 
ten erfreut. — Nächsten» wird die Bibliothek des 
verstorbenen ConsistorialrathsHennig vcrauktionirt. 
Sein Sohn, Dr. Hcnnig, befindet sich noch hier 
und arbeitet mit unermüdelcm Eifer an seinem Ge 
schäfte. In dem Jahre seines Hiersein» hat er über 
600 Lief- Est- und Knrländische Urkunden in drei 
Exemplaren nach Rußland geliefert. — Glän 
zend und durch literarische Arbcllcn voriheilhaft be 
kannt sind die Namen unserer Professoren. Außer de 
nen, die schon längst die Zierde der Akademie waren, 
nenne ich nur zum Beweise : Delbrück, Gas pari, 
Schweiger und Vater. — Wir besitzen jetzt viele 
Zeitschriften. Der Spiegel, von Carnier und 
Fleischer herausgegeben, verdient seiner Trefflich 
keit wegen auch eine wünschenSwcnhe Verbreitung 
außerhalb den Bezirken der Hauptstadt. DerVolks- 
freund und das B ü r g e r b l a 11 haben bis jetzt un 
gehinderten Fortgang. Der Königsberger Kor 
respondent liefert in den neuesten Stucken man 
chen interessanten Aufsatz. A. K —e. 
Mit dem May wird die Pestalozzische Methode 
hier viel Neue» bringen. Zu Ende April komme» 
viele hieher berufene Prediger und Lehrer au» der 
f rovinz, die P. Methode im Normalinstitute de» 
eilet zu lernen; sie bleiben einen Monat hier.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.