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nungen. Schon in der apostolisches Kirche gab e»
Epi«kopen (Bischöfe), Presbyter«, Evangelisten, Dia«
konen rc. Die Thatsache ist richtig, leidet aber hier
keine Anwendung. Denn Ueberrretung einer an sich
heilsamen Verordnung war durch früheres Beispiel
ähnlichen Frevele ja keincswegce gerechtfertiget; auch
ist der Fall nicht völlig derselbe. Jene Benennun
gen waren an sich nicht leere Titel, sondern sie be
zeichneten die verschiednen Beschäftigungen der
Personen, welche sie führten. Lpiskopen waren, so
wie die Presbyter, von denen sie eigentlich bloß
dem Namen, nicht dem Amte oder dem Range
nach verschieden waren, Religionslchrer bestimm
ter Gemeinen; Evangelisten waren wandernde Mis
sionarien, und die Diakonen Almosen« und Kran
kenpfleger. Erst in der Folge erhoben sich die Bischöfe
über andre Lehrer, und weil sie nun mit hundert
fremden Dingen zu thun bekamen, so wurde das Lehr
amt auch den Diakonen anvertraut, und unter diesen
nach und nach die Stufenfolge von Archidiakoncn,
Diakonen und Subdiakonen eingeführt, und auch auf
die Protestanten vererbt. Allein bei uns wird höch
sten« nur noch in den Dotationen, von diesen Ti
teln Gebrauch gemacht; im gemeinen Leben geht e«
gerade wie Jesu» e« haben will: der größefie ist wie
ber jüngste — Prediger. Mil den Titeln der Bei
sitzer unsrer geistlichen Kollegien und der Aufseher
ganzer Diäresen aber hat cs eine andre Bewandmiß;
sie werden nicht dem Religionslehrer als sol
chem, sondern dem Staatsbeamten *), und zwar durch
besondre Bestallungen, die von ihren Predigervoea-
rionen ganz verschieden sind, gegeben.
Uebrigens kann ich die Freude über den Titel
Superintendent, womit jetzt die Diäresen - Auf
seher bezeichnet werden, keineswegc» theilen, weil er
mir nicht glücklich gewählt zu seyn scheint. Denn ein
mal ist er lateinisch, und also vielen Leuten unver
ständlich , und dann ist er so schwer auszusprcchen,
und dem Nachtheil, geradebrecht, und zwar oft sehr
possierlich geradebrecht zu werden, in hohem Maaße
unterworfen; weit mehr, als die« bei Geistlicher
oder K i r ch e nr a th, oder einem andern zweckmäßi
gen Deutschen Titel der Fall seyn würde.
*) Eine Ausnahme scheinen iedoch solche Hvfvrediger iu ma
chen, die nie vor dem Host »redigen, nnd an Orten ange
stellt sind, N»o kein Hofstaat ist, »ielletchk nie vvrhanden war.
Dies» Anomalie muß man sich durch jene grammatische Fi
gur (-ntixdrazi») erklären, welche darthu», wie Dinge,
nach dem, was sie nicht sin», denaanr werden. Wollte
man Predigern, di, nicht die ersten und ältesten bei ihrer
Gemeine sind, den r-tel O b«r p r e d i g c r beilegen, so würde
Name und Wirklichkeit in gleichem Widerspruch stehe«.
Neuigkeiten und
Berlin.
Seit einiger Zeit ist dem Publikum der Staate
wagen gezeigt worden, welchen nebst schönen Ge
schirren, m,t Silberbeschlag won Le Brün gear
beitet, die Stadt der Königinn Majestät bei Ihrem
erwarteten Einzug in Berlin verehren will. Den
Griff am Kutschcnschlag bildet ein silberner Adler.
Das Ganze ist einfach, aber geschmackvoll gearbeitet.
AuS einem Schreiben aus Puttliy, den 2&. Aebr.
. . . Manche« Gute, Nützliche und Wahre haben
Sie uns zeilher über Cultus, Prediger und Prediger-
titel ausführlich mitgetheilt; möchten doch nun auch die
Herren Verfasser einen Aufsatz ausarbeiten und ein
rücken: über die schlechte Schulverfassung
in derProvinz. — Es war stet« im höchsten Grade
traurig, wie schlecht hierin der Wille der Regierung
erfüllt wird, indem manche Geistliche überreichliche
Besoldung haben, und dabei die Schulen vernachläßi-
gen. Jetzt, da dieStädtcordnung eingeführt werden
soll, wo jeder Bürger Theil an der Regierung seiner
Vaterstadt erhält oder erhalten kann, ist e« doppelt
nöthig, daß einmal hierin Ernst gebraucht werde, da
mit wenigstens die künftige Generation eine gewisse
und bessere Ausbildung erhalte. Man muß sie in der
Nähe sehen, um sich einen Begriff von der Schlech
tigkeit der Provinzialschulen zu machen! — Nehmen
Sie meine gutgemeinte Absicht nicht übel; Sie wür
den sich aber gewiß um die Menschheit verdient ma
chen, wenn Sie meinen Wunsch beförderten, u.s.w.
Korrespondenzen.
Göttingen.
Herr Hofrath und Professor Os« an der macht
bekannt, daß er ein sehr wohlfeile», ja umsonst
zu habendes Mittel wisse, solchen Schuhen, wie sie
der edle Neander im Friedrichsinstitut zu Berlin
anfertigen läßt, die Dauerhaftigkeit de« Leder« zu
gebe». Er bietet e« Hannöverschen und Westphäli«
schen armen Familien und Armen-Anstalten, die ihm
beweisen können, daß sie mit Erfolg die Anfertigung
ähnlicher Schuhe unternommen, unemgeldlich an;
meldet sich aber niemand in 6 Wochen, so will er e«
dem gedachten Friedrichsstift mittheilen. Sollte der
würdige Mann dies nicht auf jede» Fall thun, wenn
fein Mittel mehr leistet, als das bisher hier ange
wandte? Konkurrenz in diesem Artikel ist ja nicht zu
fürchten!
KdnigSderg, den 15. z«br.
Gestern hatten wir dar Vergnügen, Rcichart«
würdige Komposition zu hören. Herr rc. Ri el führte
nämlich Miltons Morgengesang durch sein treffliche«
Institut auf. Da« Ganze wurde mit seltener Prä
cision ausgeführt. E« ist unstreitig das Beste, was
Reichart im religiösen Styl geliefert hat. Sehr an
genehm war uns die Ucberraschuna, daß Herr Riet
die Demoisellc Müller in sein Institut aufgenom
men hat. Letztere und er selbst, beide werden dabei
gewinnen, und wir haben doch hierdurch die frohe
Aussicht, in der Folge eine gute Sängen» auf dem
Theater zu hören, da wir uns schon lange mit einem
Etwa« haben behelfen müssen. Vor Miltons Mor
gengesang