Path:
Volume Nr. 18., 4. März 1809

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1809 (Public Domain)

— 92 — 
nungen. Schon in der apostolisches Kirche gab e» 
Epi«kopen (Bischöfe), Presbyter«, Evangelisten, Dia« 
konen rc. Die Thatsache ist richtig, leidet aber hier 
keine Anwendung. Denn Ueberrretung einer an sich 
heilsamen Verordnung war durch früheres Beispiel 
ähnlichen Frevele ja keincswegce gerechtfertiget; auch 
ist der Fall nicht völlig derselbe. Jene Benennun 
gen waren an sich nicht leere Titel, sondern sie be 
zeichneten die verschiednen Beschäftigungen der 
Personen, welche sie führten. Lpiskopen waren, so 
wie die Presbyter, von denen sie eigentlich bloß 
dem Namen, nicht dem Amte oder dem Range 
nach verschieden waren, Religionslchrer bestimm 
ter Gemeinen; Evangelisten waren wandernde Mis 
sionarien, und die Diakonen Almosen« und Kran 
kenpfleger. Erst in der Folge erhoben sich die Bischöfe 
über andre Lehrer, und weil sie nun mit hundert 
fremden Dingen zu thun bekamen, so wurde das Lehr 
amt auch den Diakonen anvertraut, und unter diesen 
nach und nach die Stufenfolge von Archidiakoncn, 
Diakonen und Subdiakonen eingeführt, und auch auf 
die Protestanten vererbt. Allein bei uns wird höch 
sten« nur noch in den Dotationen, von diesen Ti 
teln Gebrauch gemacht; im gemeinen Leben geht e« 
gerade wie Jesu» e« haben will: der größefie ist wie 
ber jüngste — Prediger. Mil den Titeln der Bei 
sitzer unsrer geistlichen Kollegien und der Aufseher 
ganzer Diäresen aber hat cs eine andre Bewandmiß; 
sie werden nicht dem Religionslehrer als sol 
chem, sondern dem Staatsbeamten *), und zwar durch 
besondre Bestallungen, die von ihren Predigervoea- 
rionen ganz verschieden sind, gegeben. 
Uebrigens kann ich die Freude über den Titel 
Superintendent, womit jetzt die Diäresen - Auf 
seher bezeichnet werden, keineswegc» theilen, weil er 
mir nicht glücklich gewählt zu seyn scheint. Denn ein 
mal ist er lateinisch, und also vielen Leuten unver 
ständlich , und dann ist er so schwer auszusprcchen, 
und dem Nachtheil, geradebrecht, und zwar oft sehr 
possierlich geradebrecht zu werden, in hohem Maaße 
unterworfen; weit mehr, als die« bei Geistlicher 
oder K i r ch e nr a th, oder einem andern zweckmäßi 
gen Deutschen Titel der Fall seyn würde. 
*) Eine Ausnahme scheinen iedoch solche Hvfvrediger iu ma 
chen, die nie vor dem Host »redigen, nnd an Orten ange 
stellt sind, N»o kein Hofstaat ist, »ielletchk nie vvrhanden war. 
Dies» Anomalie muß man sich durch jene grammatische Fi 
gur (-ntixdrazi») erklären, welche darthu», wie Dinge, 
nach dem, was sie nicht sin», denaanr werden. Wollte 
man Predigern, di, nicht die ersten und ältesten bei ihrer 
Gemeine sind, den r-tel O b«r p r e d i g c r beilegen, so würde 
Name und Wirklichkeit in gleichem Widerspruch stehe«. 
Neuigkeiten und 
Berlin. 
Seit einiger Zeit ist dem Publikum der Staate 
wagen gezeigt worden, welchen nebst schönen Ge 
schirren, m,t Silberbeschlag won Le Brün gear 
beitet, die Stadt der Königinn Majestät bei Ihrem 
erwarteten Einzug in Berlin verehren will. Den 
Griff am Kutschcnschlag bildet ein silberner Adler. 
Das Ganze ist einfach, aber geschmackvoll gearbeitet. 
AuS einem Schreiben aus Puttliy, den 2&. Aebr. 
. . . Manche« Gute, Nützliche und Wahre haben 
Sie uns zeilher über Cultus, Prediger und Prediger- 
titel ausführlich mitgetheilt; möchten doch nun auch die 
Herren Verfasser einen Aufsatz ausarbeiten und ein 
rücken: über die schlechte Schulverfassung 
in derProvinz. — Es war stet« im höchsten Grade 
traurig, wie schlecht hierin der Wille der Regierung 
erfüllt wird, indem manche Geistliche überreichliche 
Besoldung haben, und dabei die Schulen vernachläßi- 
gen. Jetzt, da dieStädtcordnung eingeführt werden 
soll, wo jeder Bürger Theil an der Regierung seiner 
Vaterstadt erhält oder erhalten kann, ist e« doppelt 
nöthig, daß einmal hierin Ernst gebraucht werde, da 
mit wenigstens die künftige Generation eine gewisse 
und bessere Ausbildung erhalte. Man muß sie in der 
Nähe sehen, um sich einen Begriff von der Schlech 
tigkeit der Provinzialschulen zu machen! — Nehmen 
Sie meine gutgemeinte Absicht nicht übel; Sie wür 
den sich aber gewiß um die Menschheit verdient ma 
chen, wenn Sie meinen Wunsch beförderten, u.s.w. 
Korrespondenzen. 
Göttingen. 
Herr Hofrath und Professor Os« an der macht 
bekannt, daß er ein sehr wohlfeile», ja umsonst 
zu habendes Mittel wisse, solchen Schuhen, wie sie 
der edle Neander im Friedrichsinstitut zu Berlin 
anfertigen läßt, die Dauerhaftigkeit de« Leder« zu 
gebe». Er bietet e« Hannöverschen und Westphäli« 
schen armen Familien und Armen-Anstalten, die ihm 
beweisen können, daß sie mit Erfolg die Anfertigung 
ähnlicher Schuhe unternommen, unemgeldlich an; 
meldet sich aber niemand in 6 Wochen, so will er e« 
dem gedachten Friedrichsstift mittheilen. Sollte der 
würdige Mann dies nicht auf jede» Fall thun, wenn 
fein Mittel mehr leistet, als das bisher hier ange 
wandte? Konkurrenz in diesem Artikel ist ja nicht zu 
fürchten! 
KdnigSderg, den 15. z«br. 
Gestern hatten wir dar Vergnügen, Rcichart« 
würdige Komposition zu hören. Herr rc. Ri el führte 
nämlich Miltons Morgengesang durch sein treffliche« 
Institut auf. Da« Ganze wurde mit seltener Prä 
cision ausgeführt. E« ist unstreitig das Beste, was 
Reichart im religiösen Styl geliefert hat. Sehr an 
genehm war uns die Ucberraschuna, daß Herr Riet 
die Demoisellc Müller in sein Institut aufgenom 
men hat. Letztere und er selbst, beide werden dabei 
gewinnen, und wir haben doch hierdurch die frohe 
Aussicht, in der Folge eine gute Sängen» auf dem 
Theater zu hören, da wir uns schon lange mit einem 
Etwa« haben behelfen müssen. Vor Miltons Mor 
gengesang
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.