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Rolle, und bekenne, daß ich , an die Robe und di«
viereckige Mätze (die Amtelracht der Gerichtsperso
nen im allen Frankreich) gewöhnt, im Coihurn mich
gar übel ausnehme. — Um Gottes willen nicht wei
ter! rief hier Madam — mit jedem neuen Worte
würde ich eine neue Soltise sagen, und sie wieder
gut zu machen nicht im Stande seyn.
Erziehungsinstitut für Grazien.
Jj» der Anstalt, welche der Professor Cors zu Mün
chen für junge Frauenzimmer errichtet hat, wurde zu
Anfang d. M. zweimal öffentliche Komödie, nebst ei
nem pantomimischen Ballet gegeben. „Die ganze
französische Art," berichtet die dortige Zeitung, „Aus
sprache und Leichtigkeit dieser Mädchen in den zwei
vorgestellten Stücken war einzig, wurde allgemein
bewundert, und gereicht ihrer Erzieherinn zur großen
Ehre. Der allgemein thätig bekannte Professor CorS
hat auch hier feinen rühmlichen Eifer im glänzend
sten Lichte dargestellt und bewiesen, daß er sich seines
Namens, Professor, in doppelter Rücksicht wohl ver
dient gemacht habe. Denn ihm gebühren wohl dreWorre:
krokesseur des Graces; da wirklich dieser Mann Mäd
chen bildet, und dem Zuschauer vorstellt, welchen man
den Namen Grazien mit Recht beilegen kann." —
Wie weit stehn doch die Vorsteher rmsrer weiblichen
Erziehungsanstalten, selbst die Professoren unter ih
nen, gegen ihren Münchner Kollegen zurück. Sie
scheinen eine Erziehungswcise wie die scinige nur
für eine Theaterschule geeignet zu halten, m,d es gar
nicht darauf anzulegen, Grazien im emrnentern Sinn
zu schaffen; denn cs genügt ihnen, den Grazien nur
gelegentlich opfern zu lassen, ihr Hauptzweck aber be
schränkt sich darauf, uns gute, gebildete Mädchen und
achtungswürdige Hausfrauen zu erziehen. — Wie
weit sind sie zurück!
Dem er klingen
über dir Wünsche und Vorschläge einer zcit-
uud zweckgemäßen Reform unsrer öffentlichen Gor-
rcsverehrungen, in den beiden Beilagen zu No. 4
und 5 des Preuß. Hausfreundes,
t, Beschluß )
Wenn man nun zu diesen Bemerkungen hinzu-
nimmr, daß auch da, wo »och vieles von dem be
steht, was hier von der Gesellschaft gefordert wird,
doch der Verfall des Cultus nicht hat ^ verbätet
werden können und man dort Klage darüber hört
so laut wie bei uns; wenn mau den Maasstab,
womit das vorhandene Bedürfniß gemessen wcrden.
muß, an das anlegt, was hier als Abhülfe dagegen
angeboten ist: so scheint sich die völlige Unzuläng
lichkeit dieser Vorschläge und Wünsche sehr natürlich
zu ergeben, und was etwa davon in der Probe be
stehen möchte, nur ganz an das Ende einer ..zcik-
und zwcckgemäßen Reform unsrer öffentlichen Gotkes-
verehrungen" gestellt werde» zu dürfen, nachdem
vorhergegangen ist, woran sich dergleichen Dinge
anschließen und wodurch sie allein bestehe» können.
Die Hauptsache nämlich, worauf hier allein alles
ankommt und welche die Theilnahme und Vereini
gung aller Gute» in Anspruch nehmen muß, ist ein.
absichtliches Einwirken auf das religiöse Gefühl, da
mit cs nicht in wenigen Einzelnen wahrgenommen
werde, sondern sich mit lebendiger Kraft als Glaube
und Liebe wieder in dem Ganzen bewege. Dies laßt
sich nun nicht auf einmal bewirken und am wenig
sten durch solche Vorschlage, die nur obenhin das
Aeußre berühren, die in der Gestalt einer Reform,
eingeschlichcncr Mißbrauche auftreten und daher die
Sache selbst nicht treffen können, sondern den Scha,
den nur überstreichen und seine Heilung verspäten.
Dieß Gefühl selbst ist ewig und nothwendig in dem
menschlichen Gemüthe vorhanden und wohl mag es
auf eine zeitlang in seiner freien Regsamkeit gestört,
nie aber ganz unterdrückt, oder vertilgt werden kön
nen. Wenn nun, damit ce wieder zu seinen Rechten
und zu seiner Herrschaft gelange, auf der einen Seite
zwar das meiste von deni fortschreitenden Gange der
allgemeinen Bildung mit allem Recht erwartet
werden darf; so ist doch auf der andern Seite, ob
wohl die Zeit sich auch hierin weder übereilen, noch
etwas von sich erzwingen läßt, nichts zu versäumen,
was als absichtliche Mitwirkung einen Einfluß auf
ihre Produktionen haben kann. Sind die aufrichtige»
Freunde der öffentlichen Kirchenandacht mit dieser
Voraussetzung einverstanden; so werden sic hoffent
lich zweien Vorschlägen Gehör geben, deren Reali-
sirung eben so ivohl da- Werk der Laien als der
Geistlichen und ihrer Behörden seyn muß, und die
wohl scheinen als Beförderungsmittel dessen gellen
zu könne», was das ruhige Bilden der Zeit hervor
bringen will. Aller gründliche» Reform des Kirchen-
wescns, in so fern nämlich die Laien dazu mitwirken
können, denn davon ist hier allein die Rede, scheint
vorangehen zu müssen:
1. Die Wiederherstellung unserer Ge
meinen als solcher und der Verbindung,
worin sie mit ihren Geistlichen stehen sol
len. Denn was sind unsre Gemeinen? Kaum etwas
mehr als eine An topographischer Eintheilung der
Sradi. Und was sind unsre Geistlichen? Wenigstens
keine Seelsorger mehr, sondern nur Prediger, mei
stens in leeren Kirchen, auch wohl Kanzelredncr und
Volkslehrer genannt, auf jeden Fall aber immer nur
die Hälfte dessen, wozu ihr herrlicher Beruf sie ge-
wcihet hakte. Auch diejenigen unter ihnen, die sich
wenigstens eine zeitlang rühmen dürfen, daß sie
gern gehört und die darum wunderlich genug di«
beliebten genannt werden, können wohl sagen,
daß sie ein Auditorium habe» und vor einer Ver
sammlung reden, schwerlich aber, daß sie an einer
Gemeine arbeitendie nicht nur als ein dürftiges
Fragment der christlichen Kirche in einem kümn.cr--
lichen und kraftlosen Daseyn gefristet, sondern als
ein lebendiger und integrircnder Theil derselbe»
von ihnen gebildet avird und mit einer gewissen Ei--