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Volume No. 85., 21. Oktober 1809 Beylage zu No. 85.

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1809 (Public Domain)

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fung, welche die Zcitumstände ihm auflegen, zu 
reizen. So kaufte ich vor einigen Tagen de» treffli 
chen Fürstcnspiegel von Engel für wenige Gro 
schen, der, even werl er so viele Wahrheiten enthalt, 
von denen, die sie scheuen, nicht gelesen wird. — 
Fragtman: woher cs komme, daß dieser Handelszweig 
eine so wunderbare Richtung nehme? so findet sich 
die Antwort von selbst, wenn man einen Blick auf 
die Aermlichkeit und den Druck der Zcitumstände 
wirft Bücher find leichter zu entbehren als Brod, 
und wo dies fehl«, bleibt nichts als die Entäußerung 
dessen, was unter bessern Umständen angeschafft wurde. 
Für den Buchhandel giebt diese Erscheinung eine 
traurige Aussicht. 
Herr Rellstab wird ein Kollegium über den Ge 
neralbaß lesen. Für die zahlreichen Freunde der Ton 
kunst, denen diese ersten Vorlesungen der Art gewiß 
sehr willkommen seyn werden, theilen wir die Ankün 
digung derselben hier wörtlich mit. 
„Unsre Generalbaßanweisungen sind sowie unsere 
G-neralbaßlehrer größtenlkeil« unverständlich. Erstere 
sind nach Mathematiken Grundsätzen abgefaßt, die ei 
ner dem andern nachplauder!, selbst ohne sich zu ver 
stehen. Darum wird der Generalbaß Lehrern oft un- 
erklärbar und Lernenden noch öfter unbegreiflich. 
Der Generalbaß ist eine Wissenschaft, welche man 
füglich mehreren zugleich praktisch und theoretisch l>h 
rcn kann. Ich habe diesen Sommer dazu a> gewandt, 
ein faßliches Lehrbuch für Damen und Dilettan 
ten zu einwerfen, worüber ich den Winter gesonnen 
bin, eine theoretische und praktische Vorlesung des Sonn 
tag« von -2 bis i Uhr in meinem Hause, Iägerstiaße 
Nr. it. zu halten. Dar Praktische wird durch -in 
Eiavierinstrumcnt dabey erklärt. Diese Vorlesung wiid 
sich dadurch gegen andre auszeichnen, daß nicht der 
Lesende allein sprechen wird, sondern er erwartet, wenn 
man thu nicht versteht, daß man ihn unterbreche, und 
er erläutert alsdann, bi» er vollkommen verständlich 
wird. Die Dorkenntnissc. welche die Zuhörer inildiin- 
f.cn müssen, sind Kenntnisse vom Clavier oder Singen. 
Daß bas Lehrbuch faßlich ist, glaub- ich daher ver 
sprechen zu köniien, weil ich cs theils vielen Damen, 
die nicht Generalbaß verstehen, sondein nur da» 
Clavier spielen, oder singe», vorgelesen habe, und sie 
e« größkcntheile verstanden. Außerdem soll auch der 
Generalbaß praclisch in der Folge dadurch gelehrt 
werden, daß gesungen wird, und die Zuhöreriiuren 
einander abwechselnd mit dem Fortepiano begleiten. 
Die Anzahl der Zuhörer soll nicht groß seyn, damit 
man gehörig fragen uud verstehen könne. Da» Hono 
rar ist für diese, sechs Monate dauernde Vorlesung 
Sech« Thaler Courant, wofür man sich bei mir un 
terzeichnet, und 3 Rlhlr. voraus und oie zweite Hälfte 
den ersten Februar bezahlt. Den ulen November wird 
die erste Vorlesung «eyn 
Wie ein redlicher Siaaisdicncr auch im unver 
schuldete» Unglück gegen sein Vaterland und seinen 
König denkt, davon zeigen zwei Schreiben, zu de 
ren Mittheilung die Redaction befugt ist, und solcher 
es um so lieber thu«, da sie dadurch ähnlichen Un 
glückliche» Muth und Vertrauen einzuflößen, und | 
dem Schreibenden selbst vielleicht die Erfüllung sei 
ne» Wunsches zu bewirken hoffen darf: der Unglück 
liche hatte sich nämlich namentlich an den Verle 
ger des Hausfr. mir dem Schreiben Nr. r. gewandt. 
Als dies schon abgedruckt, und dem Vers, zur Be 
stätigung zugesandt war, lief von ihm nachstehende 
Antwort Nr. 2. ein: 
I. 
— Wenn es gleich wahr ist, daß Armuth 
nicht schändet, so ist doch Schüchternheit und Verschämt 
heit ihr stet» eigen, und oft nimmt sie weil lieber zu 
ganz Unbekannten, als zu sogenannte» Freunden oder 
ehemaligen Glücksgenoffen ihre Zuflucht. — Die un 
glücklichen Zeitverhältniffc haben auch mich gewalt 
sam mit in ihren Strudel gezogen, und die Quelle 
verstopft, au» der ich eine» sehr anständigen Unter 
halt zog: ich diente als Rath bei der. . zu . , und 
habe nun feit drei Jahren meinen Posten verlohren. 
Das wenige Vermögen, was ich aus den Trüm 
mern meines Glücke gereuet hatte, ist wahrend dieser 
Zeit drauf gegangen, und ich sehe mit schmerzlichem 
Kummer der Zukunft entgegen. Zwar habe ich die 
wohl etwas beruhigende feste Zusicherung, bei vor 
kommenden Gelegenheiten wieder angestellt zu werden: 
aber hilft diese süße Hoffnung dem Bedürfniß der Ge 
genwart ab? Ich habe es auf alle Weise versucht, 
mir einigen Verdienst zu erwerben; ich habe mich in 
öffentlichen Blättern dem Publiko als Konsulent und 
Privalkommiffionär, vorzüglich in Korrespondenz- 
Angelegenheiten, empfohlen; auch har die» etwas, aber 
leider nur sehr wenig, gefruchtet. Es fehlt mir an 
Dreistigkeit und ausgebreiteter Bekanntschaft, auch 
sind der Mitbewerber in diesem Fache hiesigen Orrs 
gar zu viel. Vielleicht könnte mir durch gelä-lige An 
zeige meiner Lage in dem Pr. Hausfreund und durch 
Empfehlung wesentlich geholfen werden. Zwar erlau 
ben es die Gesetze nicht, mich dem Publiko als Kon 
sulent i» Rechtssachen zu empfehlen; müffcn cs denn 
nun aber gerade Rechrsangclegenheitcn fei)»? cs gi bt 
ja der Geschäfte mit andern Bureaux und ReffortS so 
viele, ohne die der Herren Justiz-Commiffarieii zu 
berühren, als Besorgung von Korrespondenzen u. dgl. 
wobei ich bemerke, daß ich sowohl in Deutscher, als 
auch in Französischer Sprache Genüge zu leisten im 
Stande bin. Ich scheue keine Beschäftigung, wodurch 
ich auf eine anständige Art mir mciucn Unterhalt er 
werben kau» u. f. w. 
2. 
Meine Bcdränqniß ist nun durch die 
Gnade unsers theuren Monarchen, welche» Menschen 
liebe und Gerechtigkeit, selbst unter den beschränkte 
sten Verhälrniffcn, so königlich auszeichnen, abgehol 
fen; für meine ersten dringendsten Bedürfnisse bei 
der nahenden rauhen Jahreszeit ist gesorgt, so daß ich, 
pflichtmäßig genügsam, mit stiller Ergebung in den 
Willen de« Verhängnisses, den Zeiipuiikl abwarten 
kann, wo mein sehnlichster Wunsch nach einer Wieder« 
ansiellung im Komgl. Dienst befriedigt wird, und 
ich Gelegenheit erhalte, meinem gnädigsten Monar 
chen und meinem theuren Varerlandc auf» Neue mich 
ganz zu widmen. Indessen möchte ich doch bt» da« 
hin nicht gerne die Hände müßig in den Schooß le« 
gen, sondern möglichst nützlich werden tc. !c. Wolle» 
Sie hiernach die Güte haben, besprochenermaßen 
durch den so beliebten Hausfreund dies Vorhaben zu 
unterstütze», so wird solche» meine Daukverpflichlung 
vermehren. 
Berlin, straße, Nr. ... von . 
Sehr gern wird der Unterzeichnete jedem, den 
nicht bloße Neugier reitzt, sondern der vielleicht helfen 
kann, nähere Nachricht geben von einem Manne, der 
so denkt und spricht, und der so leider! Möge dieser 
Versuch von glücklichen Folgen für >h» seyn! 
Der Verleger. 
( Di« eingesandten ®tucff«Met in «er Stdbanelung über 
Armen« ssekurani erfolgen im nächsten Stücke.)
	        
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