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fung, welche die Zcitumstände ihm auflegen, zu
reizen. So kaufte ich vor einigen Tagen de» treffli
chen Fürstcnspiegel von Engel für wenige Gro
schen, der, even werl er so viele Wahrheiten enthalt,
von denen, die sie scheuen, nicht gelesen wird. —
Fragtman: woher cs komme, daß dieser Handelszweig
eine so wunderbare Richtung nehme? so findet sich
die Antwort von selbst, wenn man einen Blick auf
die Aermlichkeit und den Druck der Zcitumstände
wirft Bücher find leichter zu entbehren als Brod,
und wo dies fehl«, bleibt nichts als die Entäußerung
dessen, was unter bessern Umständen angeschafft wurde.
Für den Buchhandel giebt diese Erscheinung eine
traurige Aussicht.
Herr Rellstab wird ein Kollegium über den Ge
neralbaß lesen. Für die zahlreichen Freunde der Ton
kunst, denen diese ersten Vorlesungen der Art gewiß
sehr willkommen seyn werden, theilen wir die Ankün
digung derselben hier wörtlich mit.
„Unsre Generalbaßanweisungen sind sowie unsere
G-neralbaßlehrer größtenlkeil« unverständlich. Erstere
sind nach Mathematiken Grundsätzen abgefaßt, die ei
ner dem andern nachplauder!, selbst ohne sich zu ver
stehen. Darum wird der Generalbaß Lehrern oft un-
erklärbar und Lernenden noch öfter unbegreiflich.
Der Generalbaß ist eine Wissenschaft, welche man
füglich mehreren zugleich praktisch und theoretisch l>h
rcn kann. Ich habe diesen Sommer dazu a> gewandt,
ein faßliches Lehrbuch für Damen und Dilettan
ten zu einwerfen, worüber ich den Winter gesonnen
bin, eine theoretische und praktische Vorlesung des Sonn
tag« von -2 bis i Uhr in meinem Hause, Iägerstiaße
Nr. it. zu halten. Dar Praktische wird durch -in
Eiavierinstrumcnt dabey erklärt. Diese Vorlesung wiid
sich dadurch gegen andre auszeichnen, daß nicht der
Lesende allein sprechen wird, sondern er erwartet, wenn
man thu nicht versteht, daß man ihn unterbreche, und
er erläutert alsdann, bi» er vollkommen verständlich
wird. Die Dorkenntnissc. welche die Zuhörer inildiin-
f.cn müssen, sind Kenntnisse vom Clavier oder Singen.
Daß bas Lehrbuch faßlich ist, glaub- ich daher ver
sprechen zu köniien, weil ich cs theils vielen Damen,
die nicht Generalbaß verstehen, sondein nur da»
Clavier spielen, oder singe», vorgelesen habe, und sie
e« größkcntheile verstanden. Außerdem soll auch der
Generalbaß praclisch in der Folge dadurch gelehrt
werden, daß gesungen wird, und die Zuhöreriiuren
einander abwechselnd mit dem Fortepiano begleiten.
Die Anzahl der Zuhörer soll nicht groß seyn, damit
man gehörig fragen uud verstehen könne. Da» Hono
rar ist für diese, sechs Monate dauernde Vorlesung
Sech« Thaler Courant, wofür man sich bei mir un
terzeichnet, und 3 Rlhlr. voraus und oie zweite Hälfte
den ersten Februar bezahlt. Den ulen November wird
die erste Vorlesung «eyn
Wie ein redlicher Siaaisdicncr auch im unver
schuldete» Unglück gegen sein Vaterland und seinen
König denkt, davon zeigen zwei Schreiben, zu de
ren Mittheilung die Redaction befugt ist, und solcher
es um so lieber thu«, da sie dadurch ähnlichen Un
glückliche» Muth und Vertrauen einzuflößen, und |
dem Schreibenden selbst vielleicht die Erfüllung sei
ne» Wunsches zu bewirken hoffen darf: der Unglück
liche hatte sich nämlich namentlich an den Verle
ger des Hausfr. mir dem Schreiben Nr. r. gewandt.
Als dies schon abgedruckt, und dem Vers, zur Be
stätigung zugesandt war, lief von ihm nachstehende
Antwort Nr. 2. ein:
I.
— Wenn es gleich wahr ist, daß Armuth
nicht schändet, so ist doch Schüchternheit und Verschämt
heit ihr stet» eigen, und oft nimmt sie weil lieber zu
ganz Unbekannten, als zu sogenannte» Freunden oder
ehemaligen Glücksgenoffen ihre Zuflucht. — Die un
glücklichen Zeitverhältniffc haben auch mich gewalt
sam mit in ihren Strudel gezogen, und die Quelle
verstopft, au» der ich eine» sehr anständigen Unter
halt zog: ich diente als Rath bei der. . zu . , und
habe nun feit drei Jahren meinen Posten verlohren.
Das wenige Vermögen, was ich aus den Trüm
mern meines Glücke gereuet hatte, ist wahrend dieser
Zeit drauf gegangen, und ich sehe mit schmerzlichem
Kummer der Zukunft entgegen. Zwar habe ich die
wohl etwas beruhigende feste Zusicherung, bei vor
kommenden Gelegenheiten wieder angestellt zu werden:
aber hilft diese süße Hoffnung dem Bedürfniß der Ge
genwart ab? Ich habe es auf alle Weise versucht,
mir einigen Verdienst zu erwerben; ich habe mich in
öffentlichen Blättern dem Publiko als Konsulent und
Privalkommiffionär, vorzüglich in Korrespondenz-
Angelegenheiten, empfohlen; auch har die» etwas, aber
leider nur sehr wenig, gefruchtet. Es fehlt mir an
Dreistigkeit und ausgebreiteter Bekanntschaft, auch
sind der Mitbewerber in diesem Fache hiesigen Orrs
gar zu viel. Vielleicht könnte mir durch gelä-lige An
zeige meiner Lage in dem Pr. Hausfreund und durch
Empfehlung wesentlich geholfen werden. Zwar erlau
ben es die Gesetze nicht, mich dem Publiko als Kon
sulent i» Rechtssachen zu empfehlen; müffcn cs denn
nun aber gerade Rechrsangclegenheitcn fei)»? cs gi bt
ja der Geschäfte mit andern Bureaux und ReffortS so
viele, ohne die der Herren Justiz-Commiffarieii zu
berühren, als Besorgung von Korrespondenzen u. dgl.
wobei ich bemerke, daß ich sowohl in Deutscher, als
auch in Französischer Sprache Genüge zu leisten im
Stande bin. Ich scheue keine Beschäftigung, wodurch
ich auf eine anständige Art mir mciucn Unterhalt er
werben kau» u. f. w.
2.
Meine Bcdränqniß ist nun durch die
Gnade unsers theuren Monarchen, welche» Menschen
liebe und Gerechtigkeit, selbst unter den beschränkte
sten Verhälrniffcn, so königlich auszeichnen, abgehol
fen; für meine ersten dringendsten Bedürfnisse bei
der nahenden rauhen Jahreszeit ist gesorgt, so daß ich,
pflichtmäßig genügsam, mit stiller Ergebung in den
Willen de« Verhängnisses, den Zeiipuiikl abwarten
kann, wo mein sehnlichster Wunsch nach einer Wieder«
ansiellung im Komgl. Dienst befriedigt wird, und
ich Gelegenheit erhalte, meinem gnädigsten Monar
chen und meinem theuren Varerlandc auf» Neue mich
ganz zu widmen. Indessen möchte ich doch bt» da«
hin nicht gerne die Hände müßig in den Schooß le«
gen, sondern möglichst nützlich werden tc. !c. Wolle»
Sie hiernach die Güte haben, besprochenermaßen
durch den so beliebten Hausfreund dies Vorhaben zu
unterstütze», so wird solche» meine Daukverpflichlung
vermehren.
Berlin, straße, Nr. ... von .
Sehr gern wird der Unterzeichnete jedem, den
nicht bloße Neugier reitzt, sondern der vielleicht helfen
kann, nähere Nachricht geben von einem Manne, der
so denkt und spricht, und der so leider! Möge dieser
Versuch von glücklichen Folgen für >h» seyn!
Der Verleger.
( Di« eingesandten ®tucff«Met in «er Stdbanelung über
Armen« ssekurani erfolgen im nächsten Stücke.)