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Volume No. 84., 17. Oktober 1809

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1809 (Public Domain)

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zu dem höhern BlinLcnunterrichte nöthige Geräth- 
schäften beschreiben, da ich auf meiner Reise be- 
merkte, daß dieselben den andern Anstalten noch fehl 
ten, auch vielleicht manchem lernbegierigen Blinden 
dieselben zu kennen lieb ist: a) zur Meßkunde habe 
ich von dünner Pappe Fluchen und aus hartem Holz 
Körper. Jene sind gebrochen, diese zerlegbar, so daß 
die verschiedenen Limen und Flachen daran Igezeigt 
werden können, z. B. die DurchschuittSlinie beim 
Viereck (Diagonale), die Durchschniirslinie beim 
Kreise (Durchmesser), die verschiedenen Beweise des 
pythagonschen Lehrsatzes, die Kegelschnitte u. s. w. 
Die hölzernen Körper verfertigt der hiesige ge 
schickte Tischler Herr Tieder sehr gui, und sie sind 
in der Kunsthandl. des Hn. Caiel zu haben. 2) Zur 
Naturbeschreibung sind dic BechstcinschenThicrfvnncn 
aus Pappe empfchlcuewcrth, da sie Richtigkeit, Leich 
tigkeit, Unzcrbrcchiichkcil verbinden. Nur wäre zu 
wünschen, daß dabei das Verhältniß der Größe der 
Thiere unter einander besser beobachtet worden wäre. 
So ist j-B. derLöwe fast so hoch, als dasgroßeeng- 
ländische Pferd, der Elefant aber kleiner als dassel 
be. z) Zur Erdkunde ist eine er habene Erdkugel oder 
Tafierdkugel (Reliefglobus) nöthig, damit da» feste 
Land und die Gebirge darauf gefühlt werden kön 
nen. Ich habe deren zwei. Die größere hat vier 
Fuß im Durchmesser, ist von starker Pappe und das 
Land und Gebirge von einer festen Gipsmaffe. Sic 
dient mir zugleich zum Geschichtsunterricht, wie ich 
in meinem Belifar, Berlin bei Weißei3"8, 8. 
gezeigt habe. Zum Handgebrauche habe ich einen 
kleinern Erdball aus Holz, von i Fuß im Durch 
schnitt, und da noch keine dergleichen Erdbälle ange 
fertigt worden sind, so wird cs vielleicht Vielen nicht 
unwillkommen seyn, wenn ich von dieser kleinen Tast 
erdkugel einen Abguß, und daraus wieder Abdrücke 
verfertigen lasse. Hier ist die genauere Ankündigung: 
Erdbälle 
für Sehende und Blinde. 
Da Erdkunde z» der höhern menschlichen Aus 
bildung durchaus gehört, indem selbst die Weltge 
schichte, diese große Lchrcrin der Menschheit, auf ihr 
fußr; da aber zur Zeit noch keine Erdkugeln für 
Blinde, und selbst für Sehende nur sehr kostspielige 
zu haben sind: so wird mancher Blindenanstalt, ,a 
manchem gebildeten Blinden, z.B. einem v. B aczko, 
v. Golz, Korsepiu», Dülo», auch selbst wohl 
mancher Lehranstalt für Sehende, und manchem 
Sehenden selber, eine wohlfeile Tasterskugel (oder 
wie ich der Kürze wegen sage Erdball, weil im Be 
griff Ball, z. B. Fangball, Schneeball, nicht die 
vollkommnc Rundung liegt, wie im Begriff Kugel, 
z. B. Boselkugel, Billardkugel) nicht unerwünscht 
sein. Ein solcher Erdball wird einen Fuß im Durch 
schnitt halten, au» feiner weißen gelackte» Pappe hohl 
gebildet sein, und mit dem Südpol (weil hier we 
niger Land ist als auf dem Nordpol) auf einer Spin 
del stehen, welche wieder auf einem hölzerne» ge 
schmackvollen Gestelle ruhen soll. Das Vorbild ist 
mein einfüßiger BlinSenerdball, zu welchem ein hie 
siger geschickter Tischler die Kugel angefertigt Hai, 
und ich mit einer festen Gipsmaffe das Land nebst 
seinen verschiedenen Erhöhungen auftrug. Die schwan 
kenden Slaatengrenzcn fallen hier weg, aber dafür 
sind nicht bloß alle Gebirge, sondern and) die auf 
Landkarte» nicht bemerkbaren allmähligcn Abdachun 
gen dargestellt, (der Tsckimboraffo sst drei Linien 
hoch) und selbst die vorzüglichsten Städte sind durch 
aufgeklebte Stückchen Tuch bezeichnet. Sch-Mirtags- 
uns Siundeukreife würden zur Ersparung der Kosten, 
weil sie auch nicht in den Nrunterrichi gehören, und 
überdtcß den Blinden das leichte Nebertasten erschwe 
ren, wegbleiben. Dafür würde der Preis eines sol 
chen Erdballes nebst Kasten zum Versende» nur einen 
Dnkaicii sein, also über zu Mal wohlfeiler als ge 
wöhnliche clitfüßige Erdkugeln. Da nun solche zu 
gleich kast^ und sichtbare Erdbälle nach ineincr und 
einiger hiesige» Gelehrten Erfahrung auch für Sehende 
mehr Eiiidi uck machen al» die gewöhnlichen nur sichtli» 
chcnErdkugcln, und da viele Schulen wegen der Thcu< 
rung der i» Kupfer gestochenen ganz darauf Verzicht 
leiste» i,lüste,.: so habe ich auch eine Ausgabe dieser 
Erdbälle zum Gebrauch für Sehende veranstaltet. 
Namen würde» hier eben so >vohi als dort wegfallen, 
aber dafür würden sie nach einer für den Erdkenner 
gewiß willkommneu Art ausgemahlt sein. Die Ober 
fläche der Erde ist nämlich entweder Wasser, oder 
E>s und Schnee (versteh, sich nur der ewige Schnee) 
oder Sandsieppen, oder endlich bewachsene Fluren 
(sei es mir Gras, Getreide, Gebüsch oder Wald). 
Hiernach würden nun auf diesen gefärbten und auch 
überlackren Erdbällen vier Hauplfarben erscheinen: 
dunkelblau die Wasserflächen, weiß die Schnecflächen, 
gelb die Sanostächc», grün die Pflanzenflächen. Die 
vorzüglichsten Städte würden als rothe Pünktchen 
erscheinen. Da bei dieser Art von Erdbällen, so wie 
bei jener ersten kein kaufmännrscher Erwerb, sondern 
der Wunsch, die Erdkunde zu vereinfachen und zu 
verbreiten, zum Grunde liegt, so werde ich von die 
ser Art das Stück nebst Packkästchen zu 2 Dukare» 
liefern. Der kleine Ucbcrschuß über die Bercirungs- 
kostcn ist der Erweiterung meiner Blindenanstalt ge 
widmet. Auch kann durch diese Erdbälle den herrli 
chen Erdkugeln, die kürzlich in Nürnberg bei Herrn 
Franz erschienen sind, kein Eintrag geschehen, da 
die meinigcn mehr zum ersten Unterricht und zur Ueber 
sicht im Großen, die Franzischen mehr zur weitern 
Belehrung und zur Kenntniß ,m Einzelnen geeignet 
sind. Wünscht Jemand einen Leitfaden für so e,ncn 
namenlosen Erdball, so kann ihm dazu mein Hand 
buch der Erdkunde Gea, Berlin, bei Wittich 
(jetzt Hitzig) 1606, 8; dienen. Die Kunsthandlung 
der Herren Schropp und Genossen, Hr. Buchhndl. 
Hitzig, so wie ich selbst, nehmen Bestellung an. Fin 
det sich eine hinlängliche Zahl Abnehmer, so können 
solche Erdbälle schon zu Weihnachten erscheinen. Zum 
Zeichen der Echtheit wird aus der untern Seile de»
	        
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