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Volume No. 75., 16. September 1809

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1809 (Public Domain)

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schafi mehrere M'cublcs neu überziehen lassen wolle, 
uns sich daher einige Kattun-Probe», oder wenn e» 
seyn könnte, ganze Stucke vom modernsten Muster 
zur Ansicht und Auswahl erbitte. 
Ohne Argwohn übergab ihr der Kaufmann zwei 
Stücke Kattun. Sie eilte damit zur Apotheke, ver» 
barg hier das eine Stack unier den Kleidern, und 
keck mit dem andern im Arm, suchte sie den Apotheker 
in seinem Zimmer sich auf. 
Jetzt erfolgten die freundlichsten Komplimente 
von dem Kaufmann, als ihrem Brodherrn. Herr F., 
so fuhr sie fori: läßt so dringend als herzlich um 
eine nachbarliche Gefälligkeit zur Herstellung seines 
kranken Dieners bitten. Der gute Mensch ist seit 
mehreren Tagen mit einer gefährlichen Verstopfung 
behaftet. Medikamente wollen nicht wirken. Ein 
Klistier zu nehmen weigert er sich, und Gewalt möchte 
der Herr, der kränklichen Frau wegen, im Hause 
nicht gerne gebrauchen. Es würde ihrem Herrn da 
her eine besondere Liebe und Freundschaft seyn, wen» 
er sich erlauben dürfte, den Diener und einen Ehirur- 
gus Nachmittag gegen 4 Uhr hinüberzufchicken. Als 
Vorwand würde er dem Diener eine fingirte Rech 
nung mitgeben. Sollte in Güte nicht« auszurichten 
seyn: so möchte er den Parienten durch die Aporhck« 
Stößer festhalten lassen, bis das Klistier angebracht 
worden. 
Der Apotheker verbat sich das höchst wunderliche 
Ansinnen. Das Weib ließ nicht nach mit bitten. 
Endlich willigte der Apotheker ein, doch sollte sie 
ihrem Herr» sagen: mit dergleichen Anmulhungen 
ihm künftig vom Halse zu bleiben. 
Das Weib verfügte sich nun wieder zum Kauf 
mann. Das eine Stück Zeug gab sie zurück, mit 
Sem Beifügen: das andere sey von ihrer Herrschaft 
sehr schön befunden und genommen worden. Ihr 
Herr wünsche Nachmittag gegen 4 Uhr durch den 
Diener, den er ohnehin zu sprechen hätte, die Nora 
über den Betrag zu erhalten, um die Sache gleich 
abzumachen, weil er gegen Abend verreisen wolle. 
Jetzt bestellte die Betrügerin noch einen Chirur« 
gu» z. Uhr Nachmittags in die Apotheke, um dort 
einem- Kranken ein Klistier zu geben. 
Der Ehirurgus fand sich ei», bald auch der Die 
ner mit der Note. Ungefähr folgender Zwrisprach 
erhob sich nun zwischen dem Apotheker und dem 
Diener- i 
Apvtheker. Legen Sie nur'hin das Papisr: 
Hier ist eigentlich von Ihrer Verstopfung die Rede. 
Wollen Sie sich den Brand zuziehen d 
Dien er. Was meinen Sie denn, HcrrM.? — 
Sie verwechseln mich wahrscheinlich mit irgend ei, 
nein Andern. Ich heiße G - . ., bin in der Hand 
lung bei Herrn F. .und soll, das Geld für den ausgs» 
nommcnen Kattun in Empfang nehmen. Sie haben 
mich ja auch noch selbst sprechen wollen. 
Apotheker. Da» Geld und den Kattun lasse» 
Sie nur in Ruhe, Herr G.... Aber sagen Sie mir: 
wie kann ein Mann in Ihren Jahren so kindisch 
seyn, vor einem Lavement sich zu furchten? Es ist 
ja das-leichteste und sicherste Mittel bei Verstopfun 
gen. Was ich einmal Ihrem Herrn versprochen, 
werde ich halle». 
Diener. Wa« haben Sie denn versprochen? 
Apotheker. Ein Klistier Ihnen setzen zu las 
sen, nach Ihrem Betragen, mit Güte oder Gewalt. 
Ueberlaut lachte der Diener bei dieser drolligen, 
unerwarteten Anmuihung. Aber der Apotheker rief 
den Ehirurgus, und da sich durchaus der Diener 
gütlich nicht fügen wollte, so wurden die Stößer zu 
Hülfe genommeu. Wie sehr der Diener sich auch 
sträubte und lobte, er ward überwältigt, und der 
Chirurgns that nach Gebühr und Schuldigkeit. 
Man kann leicht urtheilen, in welcher Gemülhs- 
stimmung der geglaubte Patient das Zimmer verließ, 
und hinüberstürzte zu seinem Herrn. Höchst aufge, 
bracht über die unsinnige Mißhandlung, lief der 
Kaufmann zum Apotheker. Dem Letzter» war der 
Aufirin unterdessen höchst verdrießlich und fatal ge 
worden, und so empfing auch, er den Kaufmann eben 
nicht mit den freundlichsten Augen. 
Beide polterten gegen einander los. Der Kauf 
mann: daß er solchen Spaß mit seinen Leuten nicht 
verstände, und den Vorgang anhängig machen werde; 
der Apotheker: daß er solche Ansinnungcn sich künftig 
verbitte, die leicht falsch erzählt und falsch beurtheilt 
werde» könnten. So lange Beide im Unmuth immer 
zugleich sprachen, war cs unmöglich sich zu verstän 
digen. Endlich faßte der Apotheker allein das Wort. 
Apotheker. Sie habe» mich ja heute Mittag 
durch Ihre Magd auf das dringendste bitten lassen, 
dafür zu sorgen, daß dem Menschen mit Güte oder 
Geivali ein Lavement beigebracht werde. Darm».
	        
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