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schafi mehrere M'cublcs neu überziehen lassen wolle,
uns sich daher einige Kattun-Probe», oder wenn e»
seyn könnte, ganze Stucke vom modernsten Muster
zur Ansicht und Auswahl erbitte.
Ohne Argwohn übergab ihr der Kaufmann zwei
Stücke Kattun. Sie eilte damit zur Apotheke, ver»
barg hier das eine Stack unier den Kleidern, und
keck mit dem andern im Arm, suchte sie den Apotheker
in seinem Zimmer sich auf.
Jetzt erfolgten die freundlichsten Komplimente
von dem Kaufmann, als ihrem Brodherrn. Herr F.,
so fuhr sie fori: läßt so dringend als herzlich um
eine nachbarliche Gefälligkeit zur Herstellung seines
kranken Dieners bitten. Der gute Mensch ist seit
mehreren Tagen mit einer gefährlichen Verstopfung
behaftet. Medikamente wollen nicht wirken. Ein
Klistier zu nehmen weigert er sich, und Gewalt möchte
der Herr, der kränklichen Frau wegen, im Hause
nicht gerne gebrauchen. Es würde ihrem Herrn da
her eine besondere Liebe und Freundschaft seyn, wen»
er sich erlauben dürfte, den Diener und einen Ehirur-
gus Nachmittag gegen 4 Uhr hinüberzufchicken. Als
Vorwand würde er dem Diener eine fingirte Rech
nung mitgeben. Sollte in Güte nicht« auszurichten
seyn: so möchte er den Parienten durch die Aporhck«
Stößer festhalten lassen, bis das Klistier angebracht
worden.
Der Apotheker verbat sich das höchst wunderliche
Ansinnen. Das Weib ließ nicht nach mit bitten.
Endlich willigte der Apotheker ein, doch sollte sie
ihrem Herr» sagen: mit dergleichen Anmulhungen
ihm künftig vom Halse zu bleiben.
Das Weib verfügte sich nun wieder zum Kauf
mann. Das eine Stück Zeug gab sie zurück, mit
Sem Beifügen: das andere sey von ihrer Herrschaft
sehr schön befunden und genommen worden. Ihr
Herr wünsche Nachmittag gegen 4 Uhr durch den
Diener, den er ohnehin zu sprechen hätte, die Nora
über den Betrag zu erhalten, um die Sache gleich
abzumachen, weil er gegen Abend verreisen wolle.
Jetzt bestellte die Betrügerin noch einen Chirur«
gu» z. Uhr Nachmittags in die Apotheke, um dort
einem- Kranken ein Klistier zu geben.
Der Ehirurgus fand sich ei», bald auch der Die
ner mit der Note. Ungefähr folgender Zwrisprach
erhob sich nun zwischen dem Apotheker und dem
Diener- i
Apvtheker. Legen Sie nur'hin das Papisr:
Hier ist eigentlich von Ihrer Verstopfung die Rede.
Wollen Sie sich den Brand zuziehen d
Dien er. Was meinen Sie denn, HcrrM.? —
Sie verwechseln mich wahrscheinlich mit irgend ei,
nein Andern. Ich heiße G - . ., bin in der Hand
lung bei Herrn F. .und soll, das Geld für den ausgs»
nommcnen Kattun in Empfang nehmen. Sie haben
mich ja auch noch selbst sprechen wollen.
Apotheker. Da» Geld und den Kattun lasse»
Sie nur in Ruhe, Herr G.... Aber sagen Sie mir:
wie kann ein Mann in Ihren Jahren so kindisch
seyn, vor einem Lavement sich zu furchten? Es ist
ja das-leichteste und sicherste Mittel bei Verstopfun
gen. Was ich einmal Ihrem Herrn versprochen,
werde ich halle».
Diener. Wa« haben Sie denn versprochen?
Apotheker. Ein Klistier Ihnen setzen zu las
sen, nach Ihrem Betragen, mit Güte oder Gewalt.
Ueberlaut lachte der Diener bei dieser drolligen,
unerwarteten Anmuihung. Aber der Apotheker rief
den Ehirurgus, und da sich durchaus der Diener
gütlich nicht fügen wollte, so wurden die Stößer zu
Hülfe genommeu. Wie sehr der Diener sich auch
sträubte und lobte, er ward überwältigt, und der
Chirurgns that nach Gebühr und Schuldigkeit.
Man kann leicht urtheilen, in welcher Gemülhs-
stimmung der geglaubte Patient das Zimmer verließ,
und hinüberstürzte zu seinem Herrn. Höchst aufge,
bracht über die unsinnige Mißhandlung, lief der
Kaufmann zum Apotheker. Dem Letzter» war der
Aufirin unterdessen höchst verdrießlich und fatal ge
worden, und so empfing auch, er den Kaufmann eben
nicht mit den freundlichsten Augen.
Beide polterten gegen einander los. Der Kauf
mann: daß er solchen Spaß mit seinen Leuten nicht
verstände, und den Vorgang anhängig machen werde;
der Apotheker: daß er solche Ansinnungcn sich künftig
verbitte, die leicht falsch erzählt und falsch beurtheilt
werde» könnten. So lange Beide im Unmuth immer
zugleich sprachen, war cs unmöglich sich zu verstän
digen. Endlich faßte der Apotheker allein das Wort.
Apotheker. Sie habe» mich ja heute Mittag
durch Ihre Magd auf das dringendste bitten lassen,
dafür zu sorgen, daß dem Menschen mit Güte oder
Geivali ein Lavement beigebracht werde. Darm».