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nur zurück an die nächste Vergangenheit. Durch das
unselige wae hilft'« wurden Schlachten verloren,
gingen Festungen über, und erfolgten Capitulationen.
Das scheint sonderbar. Gleichwohl liegt darin mehr
Wahrheit als Mancher denken möchte. Denn Herr
v. Massen dach selbst wirft die Frage auf: wa«
hätte es geholfen, wen» wir bei Prenzlow nicht ca-
pitulirt hatten? und unsre Klügler, die vom Lehn
stuhle aus, bei einem Glase Bier gerne die ganze Welt
regieren möchten, wissen noch jetzt gar keine schickli
chere Schlußformel als — was hilft 's!
Wenn diese Formel aus dem Munde eines Feld
herrn, eines Festungs-Kommandanten, oder eines Ci,
vil- Beamten in einem großen Wirkungskreise gehört
wird: dann wehe dem Regenten, der durch jene Die
ner große Zwecke erreichen wollte! Findet man sie
gar in dem Munde des Volks, das an die Erhaltung
seiner Nationalität nie verzweifeln darf, dann reift
es zeitig und schnell seinem sichern Untergang ent
gegen Wo diese Formel an der Tagesordnung ist,
da herrscht Sittcnvcrdcrbniß, Hochverraih, Insubor
dination, elende Klügelei, Pflichcvergesscnhcil, und ein
solches Zeitalter kann seinem Verderben nicht entgehen.
Zugleichzeigt diese Redensart von einer Schwä
che des Verstandes, der nicht begreift, daß, wenn
jeder Einzelne fragt — w a s hilft'«? nie etwas ge
than, wenn aber jeder ohne Klügelei seiner Pflicht
lebt, alles gethan wird. Es gibt Menschen, die es
nicht einmal ahnen, daß aus dem Unscheinbaren einst
etwa» Großes hcrvorgthcn könne, und daß die un
verständige Frage was hilflt's — wenn sie die
Welt regieren sollte — über die meisten Unternehmun
gen nothwendig den Stab breche» muß.
Ein Prediger, der nicht sagt: w a e h i l ft' S l hat
oft nach Jahren die Freude, ein Dorurthcil in seiner
Gemeine ausgerottet zu sehen. Ein Arzt, der bei ei
nem gefährlichen Kranken nicht gleich in ein — w a S
hilft'« ausbricht, stellt oft auch den siechesten Kör-
per wieder her. Ein Lehrer, der bei alle» vergeblichen
Ermahnungen dennoch feinen Zögling durch ein was
hilft'« nicht aufgicbl, erzieht oft »och einen brauch
baren Staatsbürger. Und ein Feldherr, der nach ver
lornen Schlachten dem was hilft'- kein Gehör
gibt, gehl vielleicht bald als glorreicher Sieger her
vor. Auch der Schriftsteller, der für Wahrheit, Frei
mil, Recht uns Vaterland spricht, — möge bei al
ler Kaltsinnigkeit seines Publikums doch nie ausru
fen: war h i l f t' s ! Es kommt eine Zeit, wo er sich
sagen wird: es hat geholfen! T.
Brandenburg ische Cnriosa.
( Fortsepung ).
Beleidigung, Balgereien, Thorheiten und Ver
gehungen gegen die allgemeine Ordnung und Ruhe,
wurden unter dem großen Kurfürsten mit Geldstrafe
belegt. Diese Einnahme wandte er dazu an, ver
schiedene Bauten, Anlagen und Reparaturen davon zu
bestreiten. Wie beträchtlich sie gewesen seyn müssen,
kann man daraus sehen, daß in dem Zeitraume von
1660 bis 1670 der Maricnlhurm, der Thurm der Pe-
irikirche, die Kanzel der Nikolaikirchc u. s. w. bloß
von diesen Strafgeldern erbaut wurden. Erlaubt
man sich daraus einen Schluß auf die Moralität
damaliger Zeit, so bekommt man freilich davon keinen
vorlheilhafien Begriff; indcffen waren die Geldstra
fen in der That auch sehr ansehnlich. So mußte z.
B. ein Nadler in Berlin wegen ausgestoßencr Got
teslästerung aoo Rthl. zahlen, die zur Pflasterung
de« neuen Mark!« angewandt wurden.
Unter Friedrich Wilhelm waren die Traucrklei-
der bei dem weiblichen Geschlecht völlig weiß,
und vermummten den ganzen Körper, so, daß nur
Auge und Nase zu sehen waren.
Die Männer hatten damals Stutzbarte, eine
Sitte, die sich auch den Geistlichen mittheilte, die
anfänglich den Bart in seiner ganzen Länge trugen.
Friedrich Wilhelm selbst mit allen seinen Generalen, Mi
nistern und SlaalSbcdicntcn hatten einen Stuyban.
Die brandcnburgischen Soldaten de« großen Kur,
fürsten unterschieden sich von den Truppen anderer
Machthaber durch Eichenlaub, welches sie auf dem
Hut trugen. Dies war da« älteste Feldzeichen der
Brandenburger, und hat sich lange bei ihren Armeen
erhalten. Noch zur Zeit König Friedrich Wilhelm I.
mußten alle Rekruten, die ihm bei den Special-Re,
vüen vorgestellt wurden, dieses Unterscheidungszeichen
auf den Huten tragen. Der Prcuß. General-Feld-
marschafl Fürst Leopold von Anhalt hat sich auch
öfter mit diesem Feldzeichen von dem bcrühuneo
Peene mahlen lassen.