Path:
Volume Nr. 46., 10. Juni 1809

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1809 (Public Domain)

225 
nur zurück an die nächste Vergangenheit. Durch das 
unselige wae hilft'« wurden Schlachten verloren, 
gingen Festungen über, und erfolgten Capitulationen. 
Das scheint sonderbar. Gleichwohl liegt darin mehr 
Wahrheit als Mancher denken möchte. Denn Herr 
v. Massen dach selbst wirft die Frage auf: wa« 
hätte es geholfen, wen» wir bei Prenzlow nicht ca- 
pitulirt hatten? und unsre Klügler, die vom Lehn 
stuhle aus, bei einem Glase Bier gerne die ganze Welt 
regieren möchten, wissen noch jetzt gar keine schickli 
chere Schlußformel als — was hilft 's! 
Wenn diese Formel aus dem Munde eines Feld 
herrn, eines Festungs-Kommandanten, oder eines Ci, 
vil- Beamten in einem großen Wirkungskreise gehört 
wird: dann wehe dem Regenten, der durch jene Die 
ner große Zwecke erreichen wollte! Findet man sie 
gar in dem Munde des Volks, das an die Erhaltung 
seiner Nationalität nie verzweifeln darf, dann reift 
es zeitig und schnell seinem sichern Untergang ent 
gegen Wo diese Formel an der Tagesordnung ist, 
da herrscht Sittcnvcrdcrbniß, Hochverraih, Insubor 
dination, elende Klügelei, Pflichcvergesscnhcil, und ein 
solches Zeitalter kann seinem Verderben nicht entgehen. 
Zugleichzeigt diese Redensart von einer Schwä 
che des Verstandes, der nicht begreift, daß, wenn 
jeder Einzelne fragt — w a s hilft'«? nie etwas ge 
than, wenn aber jeder ohne Klügelei seiner Pflicht 
lebt, alles gethan wird. Es gibt Menschen, die es 
nicht einmal ahnen, daß aus dem Unscheinbaren einst 
etwa» Großes hcrvorgthcn könne, und daß die un 
verständige Frage was hilflt's — wenn sie die 
Welt regieren sollte — über die meisten Unternehmun 
gen nothwendig den Stab breche» muß. 
Ein Prediger, der nicht sagt: w a e h i l ft' S l hat 
oft nach Jahren die Freude, ein Dorurthcil in seiner 
Gemeine ausgerottet zu sehen. Ein Arzt, der bei ei 
nem gefährlichen Kranken nicht gleich in ein — w a S 
hilft'« ausbricht, stellt oft auch den siechesten Kör- 
per wieder her. Ein Lehrer, der bei alle» vergeblichen 
Ermahnungen dennoch feinen Zögling durch ein was 
hilft'« nicht aufgicbl, erzieht oft »och einen brauch 
baren Staatsbürger. Und ein Feldherr, der nach ver 
lornen Schlachten dem was hilft'- kein Gehör 
gibt, gehl vielleicht bald als glorreicher Sieger her 
vor. Auch der Schriftsteller, der für Wahrheit, Frei 
mil, Recht uns Vaterland spricht, — möge bei al 
ler Kaltsinnigkeit seines Publikums doch nie ausru 
fen: war h i l f t' s ! Es kommt eine Zeit, wo er sich 
sagen wird: es hat geholfen! T. 
Brandenburg ische Cnriosa. 
( Fortsepung ). 
Beleidigung, Balgereien, Thorheiten und Ver 
gehungen gegen die allgemeine Ordnung und Ruhe, 
wurden unter dem großen Kurfürsten mit Geldstrafe 
belegt. Diese Einnahme wandte er dazu an, ver 
schiedene Bauten, Anlagen und Reparaturen davon zu 
bestreiten. Wie beträchtlich sie gewesen seyn müssen, 
kann man daraus sehen, daß in dem Zeitraume von 
1660 bis 1670 der Maricnlhurm, der Thurm der Pe- 
irikirche, die Kanzel der Nikolaikirchc u. s. w. bloß 
von diesen Strafgeldern erbaut wurden. Erlaubt 
man sich daraus einen Schluß auf die Moralität 
damaliger Zeit, so bekommt man freilich davon keinen 
vorlheilhafien Begriff; indcffen waren die Geldstra 
fen in der That auch sehr ansehnlich. So mußte z. 
B. ein Nadler in Berlin wegen ausgestoßencr Got 
teslästerung aoo Rthl. zahlen, die zur Pflasterung 
de« neuen Mark!« angewandt wurden. 
Unter Friedrich Wilhelm waren die Traucrklei- 
der bei dem weiblichen Geschlecht völlig weiß, 
und vermummten den ganzen Körper, so, daß nur 
Auge und Nase zu sehen waren. 
Die Männer hatten damals Stutzbarte, eine 
Sitte, die sich auch den Geistlichen mittheilte, die 
anfänglich den Bart in seiner ganzen Länge trugen. 
Friedrich Wilhelm selbst mit allen seinen Generalen, Mi 
nistern und SlaalSbcdicntcn hatten einen Stuyban. 
Die brandcnburgischen Soldaten de« großen Kur, 
fürsten unterschieden sich von den Truppen anderer 
Machthaber durch Eichenlaub, welches sie auf dem 
Hut trugen. Dies war da« älteste Feldzeichen der 
Brandenburger, und hat sich lange bei ihren Armeen 
erhalten. Noch zur Zeit König Friedrich Wilhelm I. 
mußten alle Rekruten, die ihm bei den Special-Re, 
vüen vorgestellt wurden, dieses Unterscheidungszeichen 
auf den Huten tragen. Der Prcuß. General-Feld- 
marschafl Fürst Leopold von Anhalt hat sich auch 
öfter mit diesem Feldzeichen von dem bcrühuneo 
Peene mahlen lassen.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.