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Volume Nr. 41., 23. Mai 1809

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue3.1809 (Public Domain)

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Da die Schutzengilden aller Städte im Besitz sol 
cher mit Medaillen geschmückter Ordensbänder sind, 
so ist es zu wünschen, daß dieses, von der Hauptstadt 
ausgehende Beispiel, zum Besten des Staate bald 
allgemeine Nacheiferung bewirken möge. 
Unter den Gaben, welche die Unterthanen dem 
Staate darbringen, verdient auch noch bemerkt zu 
werden, daß ein hiesiger Bürger vor Kurzem eine, 
sorgfältig aufbewahrte meffingene Kanone dem Gou 
vernement zuschickte, welches diesen Beweis uneigen 
nütziger Vaterlandsliebe dankbar annahm, und dem 
Geber in einem freundlichen Schreiben darüber sein 
Wohlgefallen bezeugte. 
Die hiesige Münze hat neue Achtgroschenstücke 
ausgeprägt. Auf der Vorderseite steht das Brustbild 
unsers Königs im Kostüm eines Römischen Kaiser 
kopfs, mit der Umschrift:^Friedr. Wilhelm 111 Koe- 
nigvcn Preussen. Die Rückseite ist, wie bei den allen 
Achtgroschenstücken Friedrichs 11, (z einen Reiche- 
thaler), hat aber noch die Umschrift: Zwei und 
Vierzig Eine Feine Mark. Da sie nur um weniges 
größer als die Preußischen Viergroschenstäcke sind: so 
scheinen sie leicht einer Verwechselung unterworfen, 
und für den Handel unbequem zu seyn, daher man 
auch glaubt, daß man zur Abhclfung dieses Uebelstan 
des einen größeren Stempel wählen werde. 
Die Todtenlistc der legren Woche gibt ein trau 
riges Resultat. Es waren 90 geboren und 146 ge 
storben. Unter letzter» befanden sich auch 8 Kinder, 
die ein Raub der natürlichen Pocken geworden sind. 
Mehrere darunter sind von z und zJahren, eins von 
9 Jahr, so daß sich die Eltern nicht damit entschul 
digen können, daß dieseKrankhci« ihre Kinder zu früh 
befallen habe. Es scheint nicht, daß die große Wenge 
durch bloße Vcrnunflgründe zur Annahme der Schutz 
pocken zu bestimmen wäre. 
Wie sehr die Regierung dahin strebt, allen trü 
gerischen Schein von ihren Unterthanen zu entfernen, 
beweist unter ander» auch ein neuerdings ergangener 
KabinetSbefchl, nach welchem Sr. Majestät Selbst zu 
dem Entschluß sich bewogen gefunden haben, 
„daß (wie die eigenenWortc lauten) künftig keine 
Lire!, welche ein Amt bezeichnen, mehr gegeben 
werden sollen, weshalb es auch gerne gesehen wer 
ben wird, wenn die noch im Dienste begriffenen 
Officianlen, die einen andern Titel führen, diesen 
ablegen, und den ihres Amts annehmen; daß der 
Karaktcr GehcimerKriegsrath und Kriegsrath künf 
tig eine wirkliche Charge ausschließlich im Kriegs- 
Ministerium bezeichnen soll, und daß diejenigen, 
welchen dieser Posten verliehen ist, so lange, bis 
die jetzigen Titularen auSgcstorbcn sind, zum Un 
terschied das Prädikat wirklich führen sollen." 
So wäre denn das, was ein geistvoller Mitarbeiter 
des Preuß. Hausfreunde« über'die Äriegsrälhe (Nr. 
6.J gesagt hat, von der Regicruna selbst als wahr 
und zweckmäßig anerkannt, und zur Freude Aller, die 
Simplilität und Wahrheit lieben, realisir« werden. 
Aus einem Schreiben aus KSnigSbcrg, 
den ex. Mal. 
— — Wie oft denke ich jetzt an unsre traulichen 
Spaziergänge im vorigen Sommer, die wir des Abends, 
nach vollendeten Geschäften, durch den schönen Thier 
garten zurücklegten! wie wirnur wenig über politisch- 
Gegenstände — dafür aber, gleichsam als Verwaisete, 
lieber von unserm entfernten Könige sprachen; wie wir 
uns der frohen Rückerinncrung überließen, bei dem 
Anblick dieser wder jener Allee, wo, in den früheren 
glücklichen Jahren das Königliche Paar, ohne Pomp 
und Begleitung, im hohen Selbstbewußtseyn, im Frie 
den mit der Welt und geliebt von seinem Volke, uns 
vorbeifuhr nach Charlottenburg, um dort in den Schooß 
der zärtlich < hoffenden Familie empfangen zu wer en! 
— und wie wir uns nun aufs neue nach seiner Nähe 
und nach seinem Anblick sehnten Diese Sehnsucht, 
dieserinnige Wunsch wurde mir gestern gewährt! Mit 
ernster Stimmung ging ich hier zum ersten Male in 
die Kirche, die gedrängt voll war. Unserguter, wahr 
haft frommer König, so w,c da« ganze Königliche 
Haue, befand sich „1 dieser Stunde der Andacht unter 
uns. Ich erblickte Ihn in der Loge, dem Hofprediger 
Weyl gegenüber, welcher in einer durchdachten Pre 
digt über die Worte sprach: „der verborgene Gott ist 
uns immer nahe!" — O Freund. was ist doch die 
äußere Welt! Wie unglücklich, wer nur ihre Güter 
kennt, wer nur diese als sein einzig vorgesteckte« Ziel 
zu erreichen strebt! — Nur durch uns selbst, durch 
Ausbildung unsere Innern können wir glückl ch wer 
den, und mit hohem Gleichmuih die Schicksale der 
Welt betrachten rc. 
In der Grafschaft Warwik Hat sich folgender tra 
gische Auftritt »ereignet. Lieutenant Sharp lag zu 
Daventry in Garnison, erhieli Zutritt auf dem be 
nachbarten Schlosse Schuckburgh, und faßte eine leb« 
haste Neigung gegen die älteste 19jährige schöne Toch 
ter vom Hause Seine Zärtlichkeit wurde erwiedert, 
und seine Besuche dauerten fort, bis Sr. Schuckburgh, 
der'Nachricht von der niedrigen Herkunft des Lieu 
tenants eingezogen, sie verbot. Zugleich bewarb sich ei» 
anderer um die Hand der jungen Dame, welche jedoch 
wahrscheinlich Verkehr, vielleicht auchZusammenkänsre 
mit ihrem Geliebten halte Den Lüsten März früh 
Morgens ritt dieser nach Schuckburgh, schickt den Be 
dienten sammt den Pferden zurück, mit der Versicherung, 
daß er sich einige Tage hier aufhalten werde, trat un 
ter das Fenster der Miß, und erhielt auf seinen Ruf zur 
Antwort, in Z Minuten werde sie bei ihm im Garten 
seyn. Ein Bediente, der dies beobachtete, schlich ihnen 
heimlich nach, sah, daß sie in einen Pavillon gingen, 
dessen Thür eilig verschlossen, und Hörle kurz hinter 
einander 2 Pistolenschüsse. Da er die Thür nicht zu 
öffnen vcrmogte, rief er die Familie, man drang mit 
Gewalt ein und traf beide Unglückliche entseelt. Der 
Bediente hatte nach dem Schuß blos ihren Fall, aber 
keinen Seufzer vernommen. Sharp haue noch ei 
ne Zie Pistole bei sich, und auf ein Papier mit Blei 
stift die Worte geschrieben: Ich besorgte, nicht Ent 
schlossenheit genug zur Ausführung meines Vorsatzes 
zu haben, jetzt bin ich meiner gewiß. 
1 
Neapel. 
Marie Avalla, ein arme» Mädchen, wurde kürz 
lich durch die fürchterliche Slrafpieoigt eine« Geist 
lichen so erschüttert, daß sic au« der Kirche nach Hau 
se eilte, ein Crucifix umarmte, und sich wie rasend in 
einen Brunnen stürzte. Zwei junge Handwerker, die 
das bemerkten, retteten sie mit Gefahr ihres eigenen 
Lebens, und überließen die ihnen von der Polizei an 
gebotene Belohnung der Unglücklichen, die man wie 
der zur Vernunft bekehrt hat.
	        
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