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Hausfreunde verschaffen könnte», weil gerade diese
patriotische Schrift hier und in der umliegenden Ge
gend besonders gern gelesen wird. Nur von An
sehen kenne ich den Kommerzien-Rath Herrn St ren
ke; ich würde mich aber dennoch freuen, wenn er
die Bekanntmachung seiner Großthat als einen
Beweis meiner Achtung und Wcrthschckyung anneh
men wölbte.
Geschichte
der unterm Listen Marz 1S09 geschehenen Berprv-
viantirnng eines über 3 Meilen N. W. von
Pillau im Eise gelegenen Schiffes.
Unterm 18. März kam bei stürmischen S.W. Winde
ein dreimastige« Schiff, welches im Eise steckte, von
Süden »ach Norden treibend, allhier zu Gesicht. Nach
mittags um 5 Uhr war dasselbe N. W. von Pillau
über 3 Meilen vom Lande entfernt, und da nun der
Wind von S. W. auf N. W. sprang, so stopfte sich
das Eis, und da« Schiff blieb in dieser Richtung
tu:? Entfernung vom Lande, in dem von dem höch
sten Berge unabsehbaren Eismeere fest liege». Man
konnte durchaus keine Kenntniß von diesem Schiffe
erhalten, und, obgleich ich die Möglichkeit, an das
Schiff zu gelangen, wohl einsah, so durfte ein solches
Unternehmen theils wegen des Kostenaufwandes, theils
auch wegen der Lebensgefahr, der flch mehrere Men
schen aussetzen mußten, doch um so weniger ausge
führet werden, da.sich das Schiff nach meiner völli
gen Ueberzeugung in keiner Gefahr befand. Am
ig. luiju« Abends um 6 Uhr kam der Königl. Preuß.
Consul Herr Kellner aus Earlscrcna, der sich auf
gedachtem Schiffe, welches Leres heißet, de» Kauf
leuten HerrGuttzeit et Comp. in Königsberg zuge-
höret und vom Lapirain G 0 rrli cbSp rin ge r ge
führt wird, als Passagier befand, und mit welchem
er lunlerm ^ten d. M. von Kopenhagen abgesegelt
war, nebst noch Einem Matrosen nach einer neunstün
digen, mühsamen Reise zu Fuße, bei Lochstadt Reu-
Häuser an Land, und .Abends um 8 Uhr hier in Pil
lau mit der Nachricht an; daß der Schiffer nur noch
auf 8 Tage Proviant am Bord habe. Ich machte
also gleich noch in der Nacht Anstalten, engagrrte
12 freiwillige Leute, größtcntheils Seclothsen, die
mit einem leichten, auf 2 ebenfalls leichte Schlitten
gesetzten Böthe, die für den Kapiiain Springer
nöthigen Lebensmittel den nächst-anbrechenden Tag
nach dem Schiffe transporliren sollten. Der Pro
viant ward besorgt und die nöthigen Vorkehrungen
zum Transporte getroffen, auch die Reise den folgen
de» Tag unter meiner Anführung unternommen. Wir
waren aber kaum £ Meile auf dem Eise, al» wir die
Eisschollen schon so hoch ausgechürml fanden, daß
ich die Unmöglichkeit unsers Fortkommens einsah,
und den Transport des Proviantes auf diesem Wege
einstellen mußte. Der einzige Weg war nur noch
der: durch Leute, von denen jeder 30 b»s 40 Pfund
auf den Rücken nehmen konnte, den Proviant nach
dem Schiffe zu befördern- Mit der größten Mühe
brachte ich diesen Tag so Menschen zusammen, die
sich freiwillig verpflichteten, gegen eine Belohnung
von 10 Rthlr. für den Mann, jeder zc> bis 40 Pfund
auf dem Rücken zu Fuß an da« Schiff zu bringen.
Den 2t. d. M. früh um 4 Uhr begann die Reise bei
sehr schönem Weiter, welcher aber gegen 9 Uhr Vor
mittags in sehr ungestüme Witterung au« Norden
überging; dessen ungeachtet war doch das Schiff
nicht so leicht zu verfehlen, oder ein Unglück zu be
fürchten, indem ich die Transporteurs mit Kompassen,
Larcrnen und anderen zu diesem iknrcrnrhmeri nöthi
gen Gcräthschafkcn hinlänglich versehen hatte. Nach
dem von mir angeordneten Signale, welche« in ei
nem Kanonenschüsse und einer Flagge bestaiid, war
der größte Theil dieser Karavane Mittags um 1 Uhr
bei dem Schiffe angelangt, von wo sie', sobald der
Proviant abgeliefert war, sogleich den Rückweg wie
der antrat. Da ich nun einsah, daß die Leute ,pat
an Land kommen würden, so hatte ich zum Beistand
derselben 2 Ober-Lothsen nebst 5 andere» Loch,en mit
Laternen in der Gegend des Lehmbergs (j Meile
nördlich von Pillau) etwas über eine halbe Meile
vom Lande, aufs Eis postirt, um de» Ankommenden
die beste Stelle anzuweisen. Um 8 Uhr Abends kam
die erste Abtheilung von 13 Wann glücklich ans Land;
um 10 Uhr brach das Eis etwa | Meile vom Lande
mit einem schrecklichen Geröse in Stücken und trieb
nach Sec. Don 3 Menschen, die wieder angekom
men waren, hatten Zwei oben das noch am Laude
feststehende Eis erreicht, der dritte aber, Namens
Hvldt, trieb mit schrecklichem Jammergeschrei auf
dem losen Eise nach See. Auf den erhaltenen Rap
port von diesem Vorfalle eilte ich sogleich mit einer
kleinen Jolle (Nachen) und den nöthigen Rektungs-
anstalien, nebst noch 9Mann, welches Alles ich durch
Pferde transporliren ließ, nach der Gegend hin, wo
sich der Unglückliche befand. Auf dem halben Hin
wege begegneten mir aber schon 2 Lothsen, die dort
zu bleiben beordert waren, mit der Nachricht: daß
von dem in Gefahr seienden Menschen nia-ts mehr
zu hören sey, und es nicht der Mühe belohnen wür
de, in der finstern Nacht noch etwas zu unternehmen;
ich kehrte mich aber micht daran, sondern ermunterte
vielmehr den bei mir habenden Lothsen, nicht den
Muth sinken zu lassen, und mich mit allen Kräften
zu unterstützen, welches denn auch geschah. Nach
unsäglicher Mühe und Gefahr, indem wir das klei
ne Both, welches höchstens 6 Menschen fassen konnte,
der hohen Eisgebürge wegen mit 10 Mann i Meile
bei finstrer Nacht über das Eis schleppen, und oft
solche Stellen paffiren mußten, wo ein Mensch nicht
allein hinüber konnte, gelang es mir endlich, den üu«
lücklichen, den man schon verloren glaubte, und der
ei der rauhen Nacht schon fast gänzlich erstarret
war, von einer treibenden Eismsel des Nachts um
3 Uhr zu retten und an's Land zu bringen. Nach Aus
sage des Geretteten waren die z noch fehlenden Men
schen ihrer Ermattung wegen am Schiffe zurückge
blieben, daher denn auch die werteren Bemühungen
eingestellet wurden. Den Tag darauf, als den 22.
gegen Abend, entdeckte man diese Leute, die nicht auf
dem Schiffe zurück geblieben waren, sondern 27 Stun
den lang sich auf dem Eise herumgetrieben hatten,
etwa eine Meile südlich von Pillau, wo dar Eis
aus Norden Hingetrieben war, auf dem Eise, und
wurden ebenfalls glücklich gerettet. So wurde nun
defe Expedition, die hier ohne Beispiel ist, und die
keine Stunde später hätte unternominen werden kön
nen, ohne da« mindeste Unglück geendet. Das Schiff
-war den nächsten Tag mit dem Eise schon soweit
nach See getrieben, daß es nicht mehr zu sehen war.
3. G . . di.
Erweckung zur Besonnenheit bei dem Denken an die
Vergangenheit, an die Gegenwart und an die Zu
kunft. — Von D. Fr. Sam. Gvttfr Sack
Königl. erstem Hofprcdiger tc. Zum Besten der
Berlinischen Erwerbschulen. Preis 6 Gr. Kurant.
(Ist bei dem Verleger b. Hausf. zu haben.)