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strafbarer war als die Vater der Stadt selbst. Uebri-
gcne dauerte es noch sehr lange, ehe man milder in
Zulassung der Komödianlen wurde. Noch Kurfürst
Friedrich Wilhelm der Große ließ die meisten fahren«
den Banden, die um Erlaubniß, spielen zu dürfen,
ansuchten, zurückweisen.
Neuigkeiten und Korrespondenzen.
Blrlio.
luac. 1
In dem ersten Hefte des Journals für Protcstantis«
mus und protestantische Geistlichkeit, wird Seite 109
in einer Note gesagt:" es sey bekannt, daß die Kö
niglichen Hofpredigcr, wenn sie zur Verrichtung irgend
eines religiösen Akte nach Hofe berufen werden, so
lange im Vorzimmer warten müssen, bis der Augen,
blick, wo sic ihr Amt verwalten, gekommen ist, und
daß sie unmittelbar nach Endigung der Akts wieder
dahin gehen, woher sie gekommen waren" — worü-
der, denn auf eine bittre Art die Bemerkung hinzu-
Aefiigt wird, daß ihnen diese Nichtachtung darum
begegne, weil sie nicht von Adel sind.
Die sonst schätzbaren Herausgeber dieses Jour
nals wurden wohl gethan haben, wenn sie sich zu
vor nach der Wahrheit des Angeführten erkundigt
hätten. Unterzeichneter, der seit dreißig Jahren alle
Ministerialhandlungen an dem Königlich Preußischen
Hofe (denn von diesem kann doch hier nur die Rede
seyn) verrichtet hat, bezeugt das gerade Gegentheil
von dem, was in dieser sehr unüberlegt hingeschriebe
nen Note gesagt ist. Es hat bei diesen Handlungen
ein Warten in der Vorkammer oder irgend etwas,
welches eine Geringschätzung des Geistlichen Stander
-u erkennen gegeben hätte, so wenig statt gefunden,
daß der Hofprcdiger vielmehr jedesmal bei Gelegen
heit eines solchen Geschäfte zur Tafel gezogen zu
werden die Ehre gehabt, und aller der Achtung ge«
wurdiger worden ist, die seinem Amte und der Hand,
lung, die er verrichtete, gebührt. Diese so zuver
sichtlich behauptete Unwahrheit würde nicht gerügt
worden seyn, wenn durch dieselbe nicht zugleich die
so äußerst liberale und von allem kränkenden Stolze
so durchaus entfernte Denkungsart unsers Hofes ver-
laumder worden wäre. Uebrigens ist zu wünschen,
daß die Herausgeber des Journals sich künftig von
ihrem sonst rühmlichen Eifer nicht zu Uebertreibun-
>cn oder zu leichtgläubiger Annahme jedes grundlo-
en Geredes verleiten lassen mögen, zumal sie dadurch
nur der guten Sache, die sie zu befördern wünschen,
Schaden thun. Berlin am roten März igoq.
Der Hofprediger Sack.
Am roten März d. I. feierte das hiesige Frie-
drichsflift sowohl seinen Stiftung«- als den Ge,
burtStag der Königinn Majestät durch eine stille und
religiöse Feierlichkeit.
Um ii Uhr Vormittag« versammelten sich die
Direktoren dieser wohlthätigen Anstalt, und mehrere
andre menschenfreundliche Edle in solcher, und das
Fest begann mit einem religiösen Gesänge. Hierauf
wurden die Pfleglinge der Anstalt von den drei Leh
rern klassenweise geprüft, und es war erfreulich, die
Fortschritte zu bemerken, die diese Kinder in vielen
nützlichen, ihren Fähigkeiten und ihrer künftigen Be,
Kimmung angemessenen Kenntnissen gemacht hatten.
Nach dieser Prüfung überreichte einer der Di
rektoren^ mit einer kurzen, aber gehaltreichen Rede
dem Gründer dieses wohlthätigen Institut«, dem Ar
tillerie-Hauptmann von Neander, eine Anzahlfll,
berner Verdienstmedaillen, die des Königs Majestät
für diejenigen Zöglinge zu überwachen geruht hatte,
welche sich besonders durch sittliches Betragen, Fleiß
und andre lobcnswcrlhe Eigenschaften ausgezeichnet
haben würden.
Der Hauptmann von Neander vertheilte sol,
che zur Belohnung an die vorzüglichsten Pfleglinge
und zur Aufmunterung für die übrigen.
Nachdem dies geschehen war, verfügten sich die
Zöglinge in das Speisezimmer, wo sie reichlich mit
wohlzubereitcten Speisen beköstiget wurden; vorher
aber sangen sie mehrere, der Feier dieses Tages entspre,
chende Lieder, und e» tönte im lauten Chor aus dem
Munde so vieler geretteten Kinder armer Eltern:
hoch lebe Luise!
in welchen Ausruf alle Anwesende mit gerührtem
Herzen einstimmten.
Sv-mdo«.
Es gehört zu den zweckmäßigen Einrichtungen
unsrer Zeit, daß die Wahl der Stadtverordneten durch
einen religiösen Akt eingeleitet wird. Der Zweck
desselben kann kein anderer seyn, als die Wählenden
in die, der Wichtigkeit und Wurde ihres Geschäfts,
angemeßne, ernste und religiöse Stimmung zu ver«
setzen, und sie an das zu erinnern, worauf es bei die«
ser Wahl ankommt. Au« diesem Gesichtspunkt be,
trachte«, konnte die Predigt des Herren Superinten
denten Schulze am gten März d. I. ihren guten
Zweck nicht verfehlen. Dieser ehrwürdige Mann
sprach über die sehr passenden Textesworte 4. Buch
Mos. Kap. 11. v. 16 u. 17, worin dem Moses be
fohlen wird, 70 Männer aus den Aeltesten zu wäh«
len, und verband damit 2 B. Mos. Kap. ig. v. 21
u. 22, wo die Eigenschaften der zu Wählenden ange
geben sind. Nach Anleitung dieser Worte zeigte der
Redner, worauf die Gemeinde bei der Wahl der
Stadtverordnete» zu sehen habe (auf Redlichkeit,
Gottesfurcht, Wahrhaftigkeit und Uneigennützigkeil)
und wie sie bei dieser Wahl handeln müsse, näm,
lich mit Weisheit und Unpariheilichkeit, Gott und
den guten Zweck der Sache vor Augen habend. —
Die Predig« ist zum Besten der Stadtarmen
hiesel bst, für 4 Groschen gedruckt zu haben. (Bei
dem Verleger des Preußischen Hausfreundes ).
Dtttan,
Auch bei un« ist die Wahl der Stadtverordne
ten glücklich vollzogen worden. HerrPredigerA t hen-
fiäd t leitete dazu ein durch eine, nun auch gedruckte,
lesenswerthe Rede (Königsberg b. Degen) worinn er,
nach Anleitung des Texte«, Ephes. 5. v. 15. die
Frage beantwortete: was können wir beitragen,
die Hoffnung einer bessern Zukunft f r
unser Vaterland zu begründen? und zeigte
dann, daß wir dazu mitwirken können durch Gemem,
sinn, Liebe zum König und Vaterland, wie durch
Achtung für Religion. Der sehr rednerische Vortrag
schließt mit der Anwendung der Gesagten auf die Wahl
der Stadtverordneten.