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Volume Nr. 9., 22. Januar 1807

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue2.1807 (Public Domain)

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derbar, afs Me fce» Hauses in Loretto. Sic wird von 
den Geistlichen i» Czenstochau auf folgend« Art erzählt r 
Nach der Himmelfahrt Jesu lebte seine Mutier 
Maria in Jerusalem in dem Hause des alte» Zcbeväu«, 
de« Water» der beiden Apostel Jakobu» und Johanne». 
Letzterm war sie von Christo am Kreuze empfohlen 
worden, und er nahm fie von Stund an zu sich und 
versorgte sie bis zu ihrer Himmelfahrt. Hundert und 
zwanzig fromme Jungfrauen hatten sich vereinigt, un 
ter der Aufsicht der frommen Maria zu leben, und 
ihre Bildung, und ihren Unterricht zu genießen. Diese 
Jungfrauen wünschte» sie durch irgend einen berühm 
ten Künstler malen zu lassen, um wenigsten« ihr Por, 
traik zu haben, wenn sie ihnen dereinst für diese Well 
genommen werden sollte. 
Um diese Zeit kam der Evangelist Lukas, der ein 
sehr berühmter Maler war, in Gesellschaft de« Apo 
stel« Paulus nach Jerusalem, um sich bei der Maria 
nach einigen Lebensumstanden Jesu zu erkundigen, da 
er sein Evangelium zu schreiben sich vorgenommen 
hatte- Diesen baten jene Jungfrauen, die Mutier Jesu 
zu malen; wozu er auch sogleich bereitwillig war. 
Er malte sie auf eine Tafel von Zypreffeuholz, und, 
wie man leicht denken kan», mir dem Originale völlig 
übereinstimmend; und diese» Gemälde ist nun vasienige, 
welches in Czenstochau zu sehen ist, und da« außeror 
dentliche Dinge thut. 
In der Zerstörung Jerusalems wurde dieses Ge 
mälde wunderlhätig erhalten, und in demselben Hause, 
ln welchem er Luka« gemalt harte, aufbewahrt. 
Nachdem Kaiser Konstantin der Große zum Chri 
stenthum« übergetreten war, so machte seine Mutier 
Helena eine Reise nach Jerusalem, um dort da« Kreuz 
Christi and die Leidensinstrumenk« aufzu,uchen. Nach 
langem vergeblichen Suchen war man endlich so glück 
lich, dieses Heiligthum mit Hülfe der dort wohnenden 
Christen zu entdecken, und so die groß« und ehrwür 
digste unter allen Reliquien an« licht zu bringen. He 
lena erkundigte sich hierauf in dem noch nnversehrt 
gebliebenen Haufe, in welchem Maria ehedem gewohnt 
halte, nach dem vom Lukas gemalten Bildnisse dieser 
Heiligen, und war so glücklich, auch diesen Schatz in 
ihre Hände zu bekommen. 
Sie sandte e« hierauf nach Konstantinopel an ih 
ren Sohn, den Kaiser Konstantin, wo cs als ein gro 
ßes Heiligihum empfangen und verwahrt wurde, und 
sich durch «ine Menge der größten Wunder, besonder» 
während der Zeit, als Konftantinopel feindlich belagert 
wurde verherrlichte. Zur Zeit der großen Bildcrstär- 
mung wurde es wunderlhaiig erhalten. Im Jahre »o, 
schenkte c» der morgenländifche Kaiser Nizephoru« an 
Kaiser Karl den Großen, nebst vielen andern Reliquien, 
die in Aachen aufbewahrt werden. Bon Karl dem 
Großen erhielt es der Russische Fürst Leo, der es auf 
sein Schloß Bcle bringen ließ, wo es da« Reich gegen 
die Einfälle der Tartaren schützen sollte. 
Auf tiefem Schlosse fand es der damalige Fürst. 
Zahrg. II. (Januar.) 
von Dppeln Uladislau», ein naher Verwandter des 
Königs von Ungarn und Polen Ludwig, den letzterer 
zum Vicckönig gemacht hatte 1370; und die anziehen« 
de Kraft diese» Bilde«, von der sich Uladislau« sogleich 
durchdrungen fühlte, bewog ihn, dieser Schloß zu sei 
nem Auftnthalre zu wählen. 
Hier hatte er «inst rinen auffallenden Beweis der 
wunderihatigen Kraft des Gnadenbilde«. Da« Schloß 
wurde von den Tartarcn bestürmt, und während daß 
seine Truppen tapfer fochten, um den Sturm abzu 
schlagen, lag er vor dem Bilde aus seinen Knjeen, und 
flehte um Hülfe. In demselben Augenblicke flog ein 
Tartariicher Pfeil durch, Fenster der heiligen Kapelle, 
in der diese» Wunderbjid fich befand, und brachte ihm 
die Wunde am Halse bei, die e« noch hat, und die 
durch keine Kunst verwischt werden kann. Aber so 
gleich folgte die Rache Gotte« dieser Frevelthat auf 
der Stelle. Der Schwarm der Tartaren wurde plötz 
lich mit einer große» finstern Wolke umgebe», aus wel 
cher fürchierliche Riesen auf sie los stürmte», und sie 
mit Angst und Schrecken erfüllten, worauf sie von 
ihrem Sturme ablassen, und die Flucht ergreifen inußleu. 
An« Lrkenmlichkeit für diese wundervolle Rettung 
wünschte Uladislaus das Gnadenbild zu besttzen, und 
es mit nach Schlesien zu nehmen, damit es in Del« 
den fernern würhenden Angriffen der Tartaren nicht 
ausgesetzt bliebe. König Ludwig bewilligte seine Bitte 
aus Dankbarkeit für die ihm geleisteten Dienste; und 
fröhlich trat er nun mit dem heiligen Bilde die Reise 
nach Schlesien an. Schon befand er sich nahe an den 
Grenzen dieses Landes; aber, 0 Wunder! mit einem 
male ist da« Bild unbeweglich, und alle Bemühungen, 
es von der Stelle zu bringen, sin» vergeblich. Uladis 
lau« fällt vor dem Bilde auf seine Knie nieder, und 
bittet Gott, ihm seinen Willen zu offenbaren. Nach 
verrichtetem Gebete überfallt ihn ein tiefer Schlaf, 
und im Traume wird ihm geossenbaret, daß da« Bild 
seinen Wohnsitz in Czenstochau aufschlagen wolle. Die« 
sem zu Folge wurde es im Jahre 19*2 am csstcii Au 
gust auf dem Klarenberge zu Czenstochau aufgestellt, 
und der Orden der Pauliner wurde gewürdigt, die 
Heiligkhümer diese« Gnadenbildes zu verwalten. 
Hier halle es ungefähr acht und vierzig Jahre 
gestanden, und sich durch eine Menge Wunder ver 
herrlicht, wodurch es in allen umliegenden Ländern 
einen ganz außerordentlichen Ruf erlangt halte, als in 
dem Hussitenkriege ein Schwarm wilder Hussiken aus 
Böhmen durch Schlesien auch in Polen eindrang. Sie 
überfielen Czenstochau, mordeten die Geistlichen des 
dortigen Orden«, und vergriffen sich endlich auch an 
dem Heiligkhume, um dessen Vernichtung ihnen vor 
nehmlich zu thun warp Diese Ruchlosigkeit war indes 
sen zu ausschweifend, al« daß sie nicht durch ein auf 
fallende« Slrafwunder hätke geahndet werden müssen. 
Kaum waren diese Mörder und Kirchenräuber mit 
dem geraubten Marienbild« einige tausend Schrillt 
sorigeeill, al» der Waagen, auf dem es gefahren w«- 
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