tkli, drei Königlichen Aemtern, ii6Dörfern, und eini
gen Kolonnen und andern Anlagen, zählt man qegen
30,000, Einwohner, bei denen Spinnerei ein bedeu
tende« Nedengewerbe iß. Ein nicht geringer Theil
derselben bestehe au« Wenden, die seit Jahrhunderten
unter Deutschen leben, und dennoch ihre altväterlichen
Sitten, Gebräuche, Tracht und selbst die Sprache
nicht ganz verläugnet haben: e» wird daher auch noch
immer Gottesdienst in Wendischer Sprache gehalten.
Die gegenwärtige Preußische Regierung, die Verände
rungen der alten Verfassung nur bedachtsam vornimmt,
machte vor zwei Jahren mit diesem abgesonderten
Ländchen den Versuch einer unbeschränktern HlmdelS-
sreiheit, wodurch Leben und Verkehr sehr gewonnen
haben sollen.
Die Stadt KottbuS zählt 8oo wohlgebaute Häu
ser und 5000 Einwohner, die bedeutenden Handel, Lei
nen- und noch mehr Wolllnwcbcrci, und starke« Brau
gewerbe treiben. Das Kottbusser, oder wie es auch
genannt wird, das Kottwiyer Bier hat, nach Ber
lin besonders, ausnehmend großen Absatz.
Das Städtchen Peitz, ebenfalls an der Spree, mit
loa Häusern und über 900 Einwohnern, ist weniger
ssciner Weberei als seiner Eisenwerke wegen merkwür
dig. Die ehemaligen Festungswerke sind schon auf Bt-
fehl König« Friedrich II geschleift. —r.
Herz und Kopf.
Eine Erzählung nach Enges.
Winfried, Rektor in einem kandsiädtchen an der
Warte, war ein Mann von vielen Talenten, und, war
in solchem Falle eine Seltenheit ist, von dem bieder
sten Herzen. Die Natur hatte ihn für «inen großen
Wirkungskreis bestimmt, aber er glich dem bcscheidc«
nen Veilchen, das in der Nachbarschaft der prangen
den Sonnenblume unbemerkt bleibt. Auch strebte er
nie nach etwas Großem, und lebte in seiner Eingezo
genheit von dem kärglichen Ertrage seines kleinen
Amt«, dem er sich mit Elfer und Liebe hingab.
Der Mann hatt« viel gelesen und noch mehr ge-
dacht; auch hatte er in frühern Jahren die Welr ge
sehen, und das Treiben der Menschen kennen gelernt.
Daraus hatte er sich denn eine Menge von Resultate«
«nd Grundsätzen gesammelt, die, so einfach sie auch
waren, doch einen köstlichen Schatz ausmachten, von
dessen Besitz er nun zum Besten seiner Schälet den
gewissenhaftesten Gebrauch machte.
Er war nicht der Meinung, daß man junge Lcure
für die Welt bilden müsse; den», sagte er, di« Welr
soll nicht bleiben, wie sie ist, »e soll besser werden, der
Erzieher muß also seine Zöglinge über die Welt erhe-
. de», und sic gegen ihre Einflüsse für das Bessere em
pfänglich machen.
Wir glauben, der Mann hatte Recht, denn seine
Erziehungswcise fand — so sehr man auch anfangs
dagegen eiferte — Beifall, und seine Schüler wur
den sämmtlich als Menschen von seltner Art geschätzt.
. Vorzüglich hatte er einen biblischen Dcnkspruch
lieb gewonnen, den er in sein ganzes Denken und
" Handeln verwebte, und ihn bei allen schicklichen Ge
legenheiten im Munde führte, nämlich den: seid klug
wie di« Schlangen, und ohncFalsch wie die
Tauben. Er selbst lehrte ihn praktisch« denn in den
schwierigsten Fällen wußte er immer den besten Rath
zu geben, und da, wo aiidre die Moral einmal bei
Seite setzten, wußte er sich immer so zu nehmen, dag
jeder seine Klugheit und Rechtlichkeit nicht genug rüh
men konnte.
Als Erzieher wandte er diesen Grundsatz dahin
an, daß er Kopf und Herz seiner Schüler gleichmäßig
auszubilden suchte. An dieser Gleichmäßigkeit, meinte
er, fehle es den meisten Menschen: denn einige hät
ten zu viel Kopf und zu wenig Herz, und das gäbe
Ränkcmachcr, Beutelschn-idcr, Selbstsüchtige, und -
wen« das Schicksal sie aus einen hohen Standpunkt
stelle — Menschcnauälcr; -- — — andere hät
ten wieder zu wenig Kopf und zu viel Herz, und da
raus würden Einpsindclnde, Schwächlinge, die alles
gehen ließen, wie «S gehl, und — wenn sie hoch stän
den — über den Thränen eines alten Weibes die
Pflichten der Gerechtigkeit und Wahrheit vergäßen.
AuS dieser Ungleichmäßigkeit in den Kräften deS
Menschen leitete der Mann nun aller Unglück her,
d»S seit AdamS Zeiten die Welt heimgesucht hat.
Auf diese Weise hatte sich der Mann in se nem
Städtchen beliebt, und zu einer Art von Orakel ge
macht, da« jeder — der seine Krankheit nicht kannte
oder nicht kennen wollte — um Rath und Belehrung
fragte. Unter vielen and/rn kamen denn auch einst,
mal« zwei ehrsame Bürger zu gleicher Zeit zu ihm,
die ein ähnliche« Unglück hatten, das aber au« entzo
gen gefetzten Quellen entspang, und die seine Meinung
darüber zn hören verlangten.