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Indem er nun in Begriff war, die Thräne fortzu
küssen, die sie nicht weinen sollte, lächelte di«
junge Frau: Loch galt dieses Lächcly zunächü den Ka
ter, der durch einen Wink eine Ordre er
hielt, und diese Ordre sehr wohl verstand.
Er machte nämlich einen blitzschnelle» Latz, packte den
delikaten Hecht in der Nackengegend, und eilte in gro
ßen Sätzen zur offnen Thür hinaus.
„Ach, der verfluchte Kater! der verfluchte Kater!"
— schrie Herr Unzufrieden, und wollte mit einem
dicken spanischen Rohre hinter ihm her. „Todrge-
schlagen muß er werden! todtgcschlagen— Ist daS
Biest wohl so, wie es seyn sollte?" —
Hänschen (sagte die Frau mit einem Lächeln,
das zwar gezuckert schien, aber doch auch eine gute
Portion Pfeffer und Salz hatte) er ist so philoso
phisch, alt du seyn solltest: er nimmt den Fisch,
wie er ist, und so kommt» am besten durch die Welk.
Unser Hofrath stellte den Stock wieder in den
Winkel, setzte sich still auf den Eopha und hielt eine
Mittagsruhe, wie ste jeder halten sollte, dem es schwer
wird, Wahrheiten zu verdauen, die ihm von
einer klugen Frau aufgetischt werden.
Polösai». Jan, sch.
W e l l a n s i ch t»
Jugendalter.
So laßt! uns nicht zürnen über die langen Jahr
hunderte deS Unglücks. Die Erde kennet keine Geburt
ohne Schmerzen, und nur Augenblicke währet die Freu
de höchsten Genusses. In der Geschichte der Mensch
heit sind dies die kurzen Tage der Ruhe und des Frie
dens, und die goldenen Zeitalter, welch« die großen
Thaten ihrer , Frühgeschlcchter durch Wort und
Stein verewigen. Holde Erinnerung, führe du mir
die Seele und vielen vor Tausenden,cne glänzenden
Tage, und jene blühenden Gärten von Fiorenza, Ve°
nckia und ganz Ikalia. Laßt uns. Freunde, vergessen
der blutigen und ehernen Gegenwart, laßt uns feiern
in der stillen Einsamkeit die goldenen Zeiten der Me
dici, laßt uns erwärmen in der Kälte des Zeitalters
an dem Feuer des göttlichen Dante, des alten Pro
pheten und Vorgängers kommrndcr Eefchlechterz laßt
uns bewundern bei der Feigheit unserer Männer
die kühnen Thaten Rolanto'S; in der schwer verschul-
deren Knechtse'.cht laßt un§ feiern Taffo'S Triumpfe
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der befreiten GotteSstadt, und während die Welt von
der Kriegcsfuric gegeißelt wird, laßt nnS Schatz su
chen bei Petrarca's Lorbeer und seinen ewigen Gesän
gen der Liebe. — O cö ist ein unaussprechliches Yelück,
der Mensch kann frei seyn in Kctren, siegen im Tode!
Wunderbar I so wie die Jugendzeit der alten Welt mit
PcrikleS und ihr ManncSalter mit AugustuS schloß,
so endigte auch die Jugendzeit der neuen Welt, das
Mittelalter, mit der schönsten Epoche, dhe je d'e Wc!r
sahe. Fast sollte eS scheinen, als gingen alle Bestre
bungen der Geschlechter nur auf riese letzten Zeiten tce
Reise menschlicher Bildung hinaus. Nur Lco'S Zeit
alter waren jene große Schöpfungen eines Raphael
und Angelo aufbewahrt. Nie ist seitdem cive so rei
che Saat der herrlichsten Früchte wieder gereift, nie ist
seitdem ein Zeitalter der Fantasie und des heitern Le
bens so glänzend wieder erschienen, nie hat sich das
höchste einer übersinnlichen Welt so sichtbar in die
Wirklichkeit, hinabgelassen, daß diese gleichsam wie um
geschaffen erschien, wie eine ideelle Natur, in welcher
Künstler und Dichter wie in einer ihnen eigenthüm
lichen Werkstatt arbeiten konnten. Wae legt kaum die
begeisterte Fantasie unserer Dichter zu schaffe» vcriuag,
daS war damals Umgebung des gewöhnlichen Lebens.
Eine alte Welt nur in veränderter Form; denn neben
Griechenlands Götter ließen sich kühn die Götter ei
ner europäisch romantischen Wcstwell stelle». Wie dort
war hier die Religion die ewige Anschauung, und die
Liebe — sie bildet den Gegensatz — daS ewige Gefühl
dcS Lebens. Holde Bilder cincr schönern Vergangen
heit« die ihr durch die öden Steppen der Gegenwart
fließet wie silberhelle Ströme, kehrt mir noch einmal
vor die Seele! Du Wclr der Unschuld, mit deinen ir
renden Rittern und ihr Fürsienhöse der Liebe, ihr Flu
ren unsers Arkadiens, wo, entfernt vom eitlen Schmuck
der Welt, die Könige sich ihrer Kronen und Scepter
entäußerten, horchend den süßen Gesängen der Dich
ter, wie siehst du in so weiter Ferne gegen die Jahr
hunderte der neuen Welt, wo die Unschuld zur Schwä
che, die Liebe zur Thorheit, der gerade Sinn zur Dumm-
heit geworden, und die Intrigue, die Schaamlosizkeir
und die Poiuik an ihre Stelle getreten sind; du Him
mel der Heiligen mir deinen wandernden Pilgrimm.n
und deinem neugegründcten Dom, dem zweiten Capi
tol, all' ihr heiligen Oerter der Andacht, wo »eben
dem Scepter der Hirrcnsiab ruhte, wo der Kaiser mit
dem Bettler kniet«, und in Wchmnth zerfloß, n» »er