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Volume Nr. 5., 13. Januar 1807

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue2.1807 (Public Domain)

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Indem er nun in Begriff war, die Thräne fortzu 
küssen, die sie nicht weinen sollte, lächelte di« 
junge Frau: Loch galt dieses Lächcly zunächü den Ka 
ter, der durch einen Wink eine Ordre er 
hielt, und diese Ordre sehr wohl verstand. 
Er machte nämlich einen blitzschnelle» Latz, packte den 
delikaten Hecht in der Nackengegend, und eilte in gro 
ßen Sätzen zur offnen Thür hinaus. 
„Ach, der verfluchte Kater! der verfluchte Kater!" 
— schrie Herr Unzufrieden, und wollte mit einem 
dicken spanischen Rohre hinter ihm her. „Todrge- 
schlagen muß er werden! todtgcschlagen— Ist daS 
Biest wohl so, wie es seyn sollte?" — 
Hänschen (sagte die Frau mit einem Lächeln, 
das zwar gezuckert schien, aber doch auch eine gute 
Portion Pfeffer und Salz hatte) er ist so philoso 
phisch, alt du seyn solltest: er nimmt den Fisch, 
wie er ist, und so kommt» am besten durch die Welk. 
Unser Hofrath stellte den Stock wieder in den 
Winkel, setzte sich still auf den Eopha und hielt eine 
Mittagsruhe, wie ste jeder halten sollte, dem es schwer 
wird, Wahrheiten zu verdauen, die ihm von 
einer klugen Frau aufgetischt werden. 
Polösai». Jan, sch. 
W e l l a n s i ch t» 
Jugendalter. 
So laßt! uns nicht zürnen über die langen Jahr 
hunderte deS Unglücks. Die Erde kennet keine Geburt 
ohne Schmerzen, und nur Augenblicke währet die Freu 
de höchsten Genusses. In der Geschichte der Mensch 
heit sind dies die kurzen Tage der Ruhe und des Frie 
dens, und die goldenen Zeitalter, welch« die großen 
Thaten ihrer , Frühgeschlcchter durch Wort und 
Stein verewigen. Holde Erinnerung, führe du mir 
die Seele und vielen vor Tausenden,cne glänzenden 
Tage, und jene blühenden Gärten von Fiorenza, Ve° 
nckia und ganz Ikalia. Laßt uns. Freunde, vergessen 
der blutigen und ehernen Gegenwart, laßt uns feiern 
in der stillen Einsamkeit die goldenen Zeiten der Me 
dici, laßt uns erwärmen in der Kälte des Zeitalters 
an dem Feuer des göttlichen Dante, des alten Pro 
pheten und Vorgängers kommrndcr Eefchlechterz laßt 
uns bewundern bei der Feigheit unserer Männer 
die kühnen Thaten Rolanto'S; in der schwer verschul- 
deren Knechtse'.cht laßt un§ feiern Taffo'S Triumpfe 
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der befreiten GotteSstadt, und während die Welt von 
der Kriegcsfuric gegeißelt wird, laßt nnS Schatz su 
chen bei Petrarca's Lorbeer und seinen ewigen Gesän 
gen der Liebe. — O cö ist ein unaussprechliches Yelück, 
der Mensch kann frei seyn in Kctren, siegen im Tode! 
Wunderbar I so wie die Jugendzeit der alten Welt mit 
PcrikleS und ihr ManncSalter mit AugustuS schloß, 
so endigte auch die Jugendzeit der neuen Welt, das 
Mittelalter, mit der schönsten Epoche, dhe je d'e Wc!r 
sahe. Fast sollte eS scheinen, als gingen alle Bestre 
bungen der Geschlechter nur auf riese letzten Zeiten tce 
Reise menschlicher Bildung hinaus. Nur Lco'S Zeit 
alter waren jene große Schöpfungen eines Raphael 
und Angelo aufbewahrt. Nie ist seitdem cive so rei 
che Saat der herrlichsten Früchte wieder gereift, nie ist 
seitdem ein Zeitalter der Fantasie und des heitern Le 
bens so glänzend wieder erschienen, nie hat sich das 
höchste einer übersinnlichen Welt so sichtbar in die 
Wirklichkeit, hinabgelassen, daß diese gleichsam wie um 
geschaffen erschien, wie eine ideelle Natur, in welcher 
Künstler und Dichter wie in einer ihnen eigenthüm 
lichen Werkstatt arbeiten konnten. Wae legt kaum die 
begeisterte Fantasie unserer Dichter zu schaffe» vcriuag, 
daS war damals Umgebung des gewöhnlichen Lebens. 
Eine alte Welt nur in veränderter Form; denn neben 
Griechenlands Götter ließen sich kühn die Götter ei 
ner europäisch romantischen Wcstwell stelle». Wie dort 
war hier die Religion die ewige Anschauung, und die 
Liebe — sie bildet den Gegensatz — daS ewige Gefühl 
dcS Lebens. Holde Bilder cincr schönern Vergangen 
heit« die ihr durch die öden Steppen der Gegenwart 
fließet wie silberhelle Ströme, kehrt mir noch einmal 
vor die Seele! Du Wclr der Unschuld, mit deinen ir 
renden Rittern und ihr Fürsienhöse der Liebe, ihr Flu 
ren unsers Arkadiens, wo, entfernt vom eitlen Schmuck 
der Welt, die Könige sich ihrer Kronen und Scepter 
entäußerten, horchend den süßen Gesängen der Dich 
ter, wie siehst du in so weiter Ferne gegen die Jahr 
hunderte der neuen Welt, wo die Unschuld zur Schwä 
che, die Liebe zur Thorheit, der gerade Sinn zur Dumm- 
heit geworden, und die Intrigue, die Schaamlosizkeir 
und die Poiuik an ihre Stelle getreten sind; du Him 
mel der Heiligen mir deinen wandernden Pilgrimm.n 
und deinem neugegründcten Dom, dem zweiten Capi 
tol, all' ihr heiligen Oerter der Andacht, wo »eben 
dem Scepter der Hirrcnsiab ruhte, wo der Kaiser mit 
dem Bettler kniet«, und in Wchmnth zerfloß, n» »er
	        
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