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Volume Nr. 16., 24. Mai 1806

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue1.1806 (Public Domain)

Nr. 16. 
Berlin 
oder 
d e r Preußische Hausfreund. 
Tonnabend, 
DieAltargemälde oder die Kirchweihe. 
( Eine Pfingstfeier. ) 
Im Juli des Jahres 17" zündete der Blitz in dem 
herrschaftlichen Schlosse eines der Dörfer des Rcichs- 
grafcn von " Ein heftiger Sturm trieb die Flamme 
schnell nach allen Seiten hin. Ehe man noch den Um 
fang der Gefahr kannte, war schon alle Rettung un 
möglich. Bald lag das ganze Dorf in der Asche. Nichts 
blieb, als was der Gewalt des Feuers von selbst wi 
dersteht. 
DerRcichsgras, welcher mit seiner ganze» Familie 
erst acht Tage zuvor angekommen war, um, nach seiner 
Gewohnheit, den Sommer in diesem Stammorte seines 
Hauses zuzubringen, bewies sich auch in diesem Falle, 
wie immer, als Vater seiner Unterthanen. Er ließ 
die Unglücklichen auf seine übrigen nahen Dvrsschaften, 
allermeist in seinen eigenen Gebäuden, unterbringen. In 
kurzer Zeit waren sic alle unter Obdach und geborgen. 
Der allgemeine Schmerz über den Verlust an Glücks- 
gütcrn wurde vermehrt und vermindert durch Trauer 
und Besorgniß andrer Art. Oes Schulzen Sohn hatte 
die jüngste Gräfinn aus dem schon brennenden Flügel 
der Schlosses gerettet; aber kaum blieb ihm Kraft ge 
nug, die theure Deute in Sicherheit zu bringen, als 
er selbst eine Beute ward der tödtlichen Wunde, wel 
che ihm das Feuer cinbranntc. Der jüngste Graf, Max, 
zurückkehrend vom Felde, eben als die Flamme empor- 
I. 
en 24. Mai« 
schlug, hörte, da er am Hause der gewesenen Amme 
seiner jüngsten Schwester, seiner geliebten Bertha, 
vorübcrritt, eine ihm wohl bekannte Stimme, die um 
Hülfe rief Er stürmte hinein, entriß die Frau, die krank 
darnieder lag, der nahen Todesgefahr; aber ein herab 
stürzender Balken zerschmetterte ihm den linken Arm. 
Schwer verwundet langte er auf dem nächsten Land 
gute an. Indeß geschickte Wundärzte verbürgten nach 
einiger Zeit seine glückliche Wiederherstellung; und, s», 
bald man für den jungen Grafen nichts mehr zu fürch 
ten batte, fing man an, das L00S dessen, der das Leben 
der Gräfinn Bertha mit seincm-Lcben bezahlte, mehr 
zu beneiden, als zu betrauern. Jeder betrachtete die gute 
Bertha, die im Stammortc gebohrcn war, als ein Ei 
genthum; jeder liebte sie als Ebenbild der schönen und 
guten Mutter, so wie zweier trefflichen Schwestern. 
Herrsch.st und Unterthanen, jederzeit im glücklichsten 
Einverstandniß, hatten einander ihre treue Ergebenheit 
schon durch viele entscheidende Proben bewährt; oberes 
war, als hatte am Tage des Drangsals auch selbst die 
gegenseitige Anhänglichkeit die Feuerprobe bestan 
den. Eines der furchtbarsten Gewitter ließ daher auch 
-sogar nicht in abergläubigen Gemüthern eine unwür 
dige Spur zurück. Nicht als Schrcckbild eines Straf 
gerichtes, nein! als Trostbild der Prüfung in der 
Liebe, grub es sich dem Gedächtniß ein. 
Oie Erndte beschäftigte alle Hände und erftcuete
	        
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