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Volume Nr. 75., 16. December 1806

Full text: Berlin oder der preußische Hausfreund (Public Domain) Issue1.1806 (Public Domain)

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alle andere, welche sich cinfinden, werden von den Po- 
lizeiofficiantcn und von den ausgestellten Wachen zu 
rückgewiesen. Dies ist auch in der Fcuerordnung Tic. 
IW. §. 22. festgesetzt. 
Aber schwierig ist es in der Nacht, die zu den Lösch- 
anstalren nöthigen Menschen zusammen zu bringen, 
und diese Schwierigkeit ist jetzt in Berlin um so grö 
ßer, da dir Trommel bei einem ausgebrochenen Feuer 
nicht mehr gerührt werden darf. 
Kann man diesen Mangel nicht auf eine andere 
Art ersetzen? Bei Gelegenheit deS letzteren Feuers in 
der Nacht vom 28 bis zg. Nov. ist mir ein Mittel ein 
gefallen, und ich eile, dasselbe bekannt zu machen, in 
der Hoffnung, daß die Vorgesetzten bei denFcuerlösch- 
anstalten davon Gebrauch machen mögten. MeinErsatz- 
mittel für die Trommel ist sehr einfach, und kann auch, 
wenn die Trommel wieder eingeführt werden sollte, 
mit Nutzen beibehalten werden. 
Wenn ein Feuer in der Nacht ausgebrochen ist, 
fo haben fast jedesmal die Nachtwächter die erste öf-' 
fcntlichc Kenntniß davon. Außer dem Lärm, welchen 
diese machen, muß aber auch die Sturmglocke gezogen, 
und von den Thürmen geblasen werden. Alles geschieht 
vorzüglich, um die Spritzen mit der dazu bestellten 
Mannschaft herbeizurufen. Wie langsam aber die lctz- 
tcrn oft zusammen kommen, ist Jedermann bekannt. 
Die Nachtwächter haben sich manchmal schon müde ge 
blasen und geknarrt, ehe die Glocken anschlagen und 
von den Thürmen geblasen wird. Nach der Feuerord 
nung Tit. III. §. 4. sollen zwar die Kunstpfcifer oder 
StaNmusikanten auf den Thürmen wachen '), und sich 
alle Viertelstunden umsehen, ob nicht irgendwo Feuer 
zu bemerken ist, und dann sogleich Lärm blasen: allein 
dieß geschieht seit langen Jahren nicht mehr. — Mein 
Vorschlag ist daher folgender: 
V Man gebe den Nachtwächtern unter Androhung 
einer bedeutenden Strafe aus, bei jedem in der Nacht 
ausgebrochenen Feuer, sogleich neben dem Lärmmachen 
den Glockenzicher, Stadtmusikantcn, die Spritzenleute 
und sonstige vorzügliche Offizianten bei den Fcucrlösch- 
Anstaltcn, selbst zu wecken, und 
2) allen diesen Personen befehle man, ebenfalls bei 
Straft, den Nachtwächtern des Quartiers ihre Woh 
nungen genau anzuzeigen. 
Wenn diese zwei Punkte erfüllt werden, so wird 
es niemals an schleuniger Hülfe bei einem Feuer feh 
len. Die übrige» werden dann noch durch den allge 
meinen Lärm herbei gerufen. 
Den Nachtwächtern wird hierdurch wirklich nur 
«ine geringe Mühe aufgelegt, denn e§ giebt 15°Nacht 
wächter, und 133 Straßen und 91 Gassen. Da nun 
itder Nachtwächter nur einige Straßen zu bewachen 
hat, so wird er auch gerade nur so viel Personen zu 
wecken haben, und dabei kann er immer da« Blasen 
oder Knarren fortsetzen. Wollte man auch alle Nächte 
') Dam schicken n» Invaliden besser; denn alte beute 
habe» e>»k» leisen und wenigen Schlaf, d. H. 
ei tilge Mann in den Spritzenhäusern wachen lassen, 
so würde das Aufwecken der übrigen doch nöthig seyn, 
und um alleEehülfen bey einem Fruer zu 
versammeln, würde man doch blasen, knar 
ren und stürmen müssen. Pariser Fcuerlöschan- 
staltcn, welche, wie bekannt, seit fünfzig oder mehre 
ren Jahren die vorzüglichsten sind, haben wir nicht, 
und wir können ohne Lärm, so wie in Paris, nicht 
viel ausrichten. 
Alles hier gesagte habe ich nur in Bezug aus eine 
FeuerSbrunst bei Nacht gesagt. Bei Tage aber sollten 
jetzt wirklich die Thürme besetzt werben, denn wer soll 
sogleich Feuerlärm machen, da nicht mehr getrommelt 
werden darf, und die Nachtwächter am Tage zu schla 
fen pflegen? I. CI. G. 
Maria Read (Ried), eine Seeräuberinn. 
(Beschluss.) 
Wie sehr aber auch das Betragen Mariens, selbst 
bloß nach ihrem eigenen Geständniß beurtheilt, von 
männlicher Roheit zeugt, so verlor ste doch nie den 
Sinn für die beiden Hauptzüge im weiblichen Charak 
ter, für Sittsamkcit und für zarte Gefühle Beharr 
lich machte sic ein Geheimniß au§ ihrem Geschlecht, 
und beobachtete es so strenge, baß eine andre mir ihr 
auf dem Raubschiff« lebende Frauensperson, Anna Bon- 
ny, — die nämliche, die mit ihr um Aufschub des TodeS- 
urthcils nachsuchte — sie für einen Dtann nahm, und 
ihr mit feurigen Anträgen entgegen ging. Freilich kam 
eS nun zwischen Beiden zu Erläuterungen; allein Ma 
rie machte unverbrüchliches Stillschweigen zur Pflicht, 
welches auch treulich beobachtet wurde, bis sie selbst 
sich wieder durch Liebe zu einem Jüngling hingezogen 
fand. Er war ein SchiffSzimmermann und von einem 
erbeuteten Kauffabrer, seiner Brauchbarkeit halber, ganz 
gegen seinen Willen auf den Kaper gebracht und mit 
Zwang am Bord behalten worden. Der tiefe Kummer, 
den er über seine Lage verrieth, machte ihn gleich Ma 
rien interessant; bald fesselte er ihre Neigung, und sie 
legte cS nun darauf an, auch die seine zu gewinnen. 
Besondere bewirkte sie dies durch häufige Aeußerun 
gen ihrcS großen Mißfallens an dem Seeräubcrgcwer- 
bc. Als sie sich damit nach und nach sein Vertrauen im 
hoben Grade errungen, gab sie sich ihm endlich zu er 
kennen, und sah ihre Leidenschaft durch die setnige feu 
rig erwiedert. Noch immer aber hielt sie sich in den 
Grenzen des Wohlstandes, ungeachtet sie ihm übrigens 
die überzeugendsten Proben von ihrer innigen Liebe er 
theilte. Sie stellte sogar ihr eignes Leben der augen 
scheinlichsten Gefahr blos, um sic bemManii ihres Her 
zens zu ersparen. Er, ein schüchterner Jüngling, ge- 
ricth mir einem Veteranen der Seeräuber in Streit, 
der, wie gewöhnlich, durch einen Zweikampf enrschiedcn 
werden sollte. Dieser Vorfall versetzte Marien in die 
äußerste Nnruhe. Sie wünschte nicht, daß ihr Geliebter 
sich dem Kampfe entziehe; theils weil Feigheit an ei 
nem Manne ihr im hohen Grade verächtlich war; 
theils weil sie die Beschimpfungen und Mißhandlungen
	        
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